Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Martina Strele über die Berufung des Herrn B., vertreten durch RA Dr. C. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 28.05.2001, Zahl 3c-ST- 42267/00 wie folgt:
Gemäß § 66 Abs4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm §§ 24, 51 Abs1 und 51e Abs2 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs1 und 2 VStG hat der Beschuldigte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, somit S 600,-- (EUR 43,60) zu bezahlen.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, dass er am 25.10.2000, um
16.24 Uhr als Lenker des Pkw, mit dem amtlichen Kennzeichen O., in Lähn, auf der B 179 bei Str.Km 21.897 die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h um 44 km/h überschritten habe.
Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lita Z10a StVO begangen und wurde über ihn eine Geldstrafe von S 3.000,-- (EUR 218,02), im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden verhängt. Weiters wurde er verpflichtet einen Beitrag zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten von S 300,-- (EUR 21,80) zu leisten.
Dagegen erhob der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter Berufung. Darin wurde ausgeführt, dass er sich in einer klaren Notsituation befunden habe. Er habe die Tat nicht so begangen wie sie im Gendarmerieprotokoll dargestellt sei. Während des Überholvorganges des LKW, habe dieser plötzlich beschleunigt, sodass sich die zunächst zum Wiedereinordnen ausreichende Lücke schloss. Der Überholvorgang sei zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits soweit fortgeschritten gewesen, dass ein Abbruch nicht mehr möglich gewesen sei, daher habe er sein Fahrzeug in seiner Not weiter beschleunigen müssen um auch den vor dem LKW fahrenden PKW überholen zu können. Im Moment des Wiedereinordnens habe er dann das Beschränkungszeichen wahrgenommen und habe daher erst in weiterer Folge den PKW abbremsen können. Die Erstbehörde habe jedoch dieses Vorbringen mit einer lapidaren Begründung zu entkräftigen versucht. Es sei nicht klar warum die Erstbehörde die Notstandssituation negiert und grobfahrlässiges Verhalten angenommen habe.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über die gegenständlichen Berufung wie folgt erwogen:
Der Berufungswerber lenkte am 25.10.2000, um 16.24 Uhr den PKW, Marke Audi, mit dem amtlichen Kennzeichen O. (D) im Gemeindegebiet von Bichlbach, Bezirk Reutte, auf der B 179, bei StrKm 21.897, aus Richtung Reutte kommend in Richtung Lermoos. An genannter Stelle ist eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 60 km/h verordnet und durch gut sichtbar, beidseitig angebrachte Verkehrszeichen gekennzeichnet.
Mit einem Lasermessgerät der Marke LTI 20.20 TS/KM-E Nr. 4440, welches am 03.11.1998 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geeicht wurde (gültig bis 31.12.2001), wurde eine vom Berufungswerber eingehaltene Geschwindigkeit von 107 km/h gemessen.
Während der Anhaltung erwähnte der Berufungswerber nichts von einer etwaigen Notstandssituation, welche sich angeblich während einem - von ihm im Verfahren geschilderten - Überholvorgang ergeben habe. Ein Überholvorgang konnte, wie von beiden Meldungslegern in ihrer Zeugeneinvernahme übereinstimmend bestätigt wurde, nicht beobachtet werden. Die Beamten hatten freie Sicht auf einen Bereich von ca 300
m. Im Übrigen wurde in einer Stellungnahme seitens des Gendarmeriepostens Bichlbach daraufhin gewiesen, dass der Berufungswerber bei einem Überholmanöver eine in diesem Bereich vorhandene Sperrlinie überfahren hätte.
Die Geschwindigkeitsüberschreitung wurde auf eine Entfernung von 163 m gemessen. Eine manuelle Entfernungseinstellung an der Laserpistole ist nicht möglich.
Mit Schriftsatz vom 08.05.2001 führte der Berufungswerber aus, dass es erklärbar sei, dass die Beamten keine Feststellungen mehr zum Überholvorgang bzw. zum Wiedereinordnen seinerseits gemacht hätten, da der Beobachtungszeitraum zu kurz gewesen sei. Die Verantwortung des Berufungswerbers erweise sich sohin als widerspruchsfrei und richtig. Es sei also von einer Notstandssituation auszugehen.
Diese Feststellungen ergeben sich im Wesentlichen auf der Grundlage der einvernommenen Zeugen BI F. und RI S. in Verbindung mit der Anzeige sowie der ergänzenden Stellungnahme des Gendarmeriepostens Bichlbach, des Eichscheines sowie der Kopie des betreffenden Laser-Messprotokolles.
Festgehalten wird, dass die Geschwindigkeitsüberschreitung an sich seitens des Berufungswerbers nicht bestritten wurde. Er verantwortet sich während des gesamten Verfahrens damit, dass er durch das Missverhalten eines Lkw-Lenkers in eine Notsituation geraten sei und sein Fahrzeug derartig beschleunigen habe müssen, um eine Gefährdung für sich und andere Verkehrsteilnehmer zu verhindern.
Beide meldungslegenden Beamten gaben in ihrer Zeugeneinvernahme übereinstimmend an, dass sie freie Sicht auf einen ca 300 m langen Bereich gehabt und keinen Überholvorgang - wie vom Berufungswerber geschildert - beobachten hätten können. Der Berufungswerber habe im Übrigen bei seiner Anhaltung keinerlei Erwähnung bezüglich der angeblichen ?Notstandssituation? gemacht. Dies erklärte der Berufungswerber wiederum damit, dass er als ?rechtlicher Laie nicht wissen habe können, unter welchen Voraussetzungen eine Notstandssituation vorliege und nicht das Gefühl gehabt habe, dass die Beamten seinen Einwendungen Beachtung schenken würden?. Für die Berufungsbehörde ist jedoch nicht nachvollziehbar, dass jemand der in einer Notstandssituation eine Verwaltungsübertretung begeht, bei der diesbezüglichen Anhaltung keinen Hinweis auf einen allenfalls vorliegenden Entschuldigungsgrund gibt. Auch wenn es sich beim Berufungswerber um einen rechtlichen Laien handelt, ist davon auszugehen, dass er bei einer derartigen Situation zu seiner Rechtfertigung das angebliche Missverhalten des Lkw-Lenkers sehr wohl angegeben hätte. Aus diesen Gründen erscheint die Verantwortung des Berufungswerbers für die Berufungsbehörde nicht glaubhaft und ist es dem Berufungswerber mit seinem Vorbringen nicht gelungen die Berufungsbehörde von einem mangelnden Verschulden seinerseits an der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung zu überzeugen.
Im gegenständlichen Fall hat der Berufungswerber den Ermittlungsergebnissen der Erstbehörde die Behauptung des Vorliegens einer Notstandssituation entgegengehalten ohne hiefür einen entsprechenden Beweis anzubieten.
Selbst wenn man von der vom Berufungswerber geschilderten Sachlage ausginge, liegt ein Notstand im Sinne des § 6 VStG, nämlich ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten, in dem jemand sich oder einen anderen aus schwerer unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht, nicht gegeben. Auch wäre die irrtümliche Annahme eines Notstandes (Putativnotstand) nicht gerechtfertigt. Dem Berufungswerber wäre es durchaus zuzumuten gewesen sein Fahrverhalten den gegebenen Umständen derart anzupassen, dass er einen eingeleiteten Überholvorgang jederzeit abbrechen hätte können und somit das eventuelle Auftreten einer Gefahrensituation jedenfalls zu verhindern gehabt hätte.
Da alle entscheidungsrelevanten Fakten festgestellt wurden und der Sachverhalt ausreichend geklärt ist, konnte das seitens des Berufungswerbers beantragte Zeitweggutachten hinsichtlich der Wahrnehmbarkeit des Fahrverhaltens des Beschuldigten für die einschreitenden Beamten anhand der vorliegenden Daten betreffend der Geschwindigkeitsmessung unterbleiben.
Auf der Grundlage des druchgeführten Beweisverfahrens steht daher für die Berufungswerber zweifelsfrei fest, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver sowie subjektiver Hinsicht zu vertreten hat.
Rechtlich ist dieser Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:
Gemäß § 52 lita Z10a StVO darf die mit Beschränkungszeichen angegebene Fahrgeschwindigkeit nicht überschritten werden.
Im gegenständlichen Fall hat der Berufungswerber die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 60 km/h, unter Berücksichtigung der Messtoleranz von 3 Prozent um 44 km/h überschritten.
Die Messung wurde wie oben ausgeführt, mittels eines gültig geeichten Lasermessgerätes durchgeführt.
Es ist stRsp, dass eine Lasermessung grundsätzlich ein geeignetes Beweismittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit darstellt, ferner dass einem mit der Lasermessung betrauten Polizei- und Gendarmeriebeamten auf Grund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten ist. (ZVR 1994/65)
Somit hat der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.
Der Berufungswerber hat durch sein Verhalten abstrakt zu einer Verschärfung der im Straßenverkehr ohnehin bestehenden Gefahrensituation beigetragen und ist der Unrechtsgehalt der begangenen Tat als erheblich zu werten. Hinsichtlich dem Verschulden wird dem Berufungswerber Fahrlässigkeit angelastet, da es ihm durchaus zuzumuten gewesen wäre die entsprechenden Verkehrszeichen zu erkennen und sich danach zu verhalten.
Als erschwerend war kein Umstand und als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten. Die Berufungsbehörde geht mangels Angaben zu den Einkommens- und Vermögensverhältnissen von ausreichend wirtschaftlichen Verhältnissen des Berufungswerbers aus. Der Strafrahmen der einschlägigen Strafbestimmung § 99 Abs3 lita StVO sieht eine Geldstrafe bis zu S 10.000,-- (EUR 726,73) vor. Somit ist die verhängte Geldstrafe als schuld- und tatangemessen anzusehen. Eine Herabsetzung war aufgrund des Unrechtsgehaltes und des doch erheblichen Ausmaßes der Überschreitung nicht möglich.
Es war daher das erstinstanzliche Straferkenntnis zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden.