Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Vorsitzenden Dr. Gert Ebner über die Berufung des Herrn W., vertreten durch die Rae M., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 12.03.2001, Zl 2.2- 748/01, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm §§ 24, 51, 51 c und 51e Abs2 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs1 Z2 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 12.03.2001 zur ZI 2.2- 748/01 wurde dem Beschuldigten nachfolgender Sachverhalt spruchgemäß zum Vorwurf gemacht:
?Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als nach außen vertretungsbefugtes Organ der Firma A., zu verantworten, dass am 21.02.2000 von Ihrem Betrieb A. Lebensmittel, falsch bezeichnet und durch Bereithalten im Verkaufsraum des genannten Betriebes in Verkehr gebracht wurden, da die Proben in der Kennzeichnung gesundheitsbezogenen Angaben aufweisen, nämlich
1. ?Schneekoppe Weizenkleie? reguliert die Verdauung auf natürliche Weise bzw drei bis vier Esslöffel (ca 15-20 g) pro Tag reichen aus, um die Darmtätigkeit anzuregen;
2. ?Schapfenmühle Weizenkleie? fördert die Darmbalance bzw die feinen Flocken bewirken ein starkes Quellvermögen im Darm und tragen zu dessen Füllung und Mobilität bei. Somit wird ihre Verdauung auf natürliche Weise angeregt und die Darmbalance unterstützt.
und es aufgrund des § 9 des LMG 1975 bei Lebensmitteln, Verzehrprodukten und Zusatzstoffen verboten ist
a) sich auf die Verhütung, Linderung oder Heilung von Krankheiten oder Krakheitssymptomen oder auf physiologische oder auf pharmakologische, insbesondere jungerhaltende, Altererscheinungen hemmende, schlankmachende oder gesunderhaltende Wirkungen zu beziehen oder den Eindruck einer derartigen Wirkung zu erwecken;
b) auf Krankengeschichten, ärztliche Empfehlungen oder auf Gutachten hinzuweisen;
c) gesundheitsbezogene, bildliche oder stilisierte Darstellungen von Organen des menschlichen Körpers, Abbildungen von Angehörigen der Heilberufe oder von Kuranstalten oder sonstige auf Heiltätigkeiten hinweisende Abbildungen zu verwenden.
und eine Zulassung der oben genannten Angaben durch das Bundesministerium für Soziale Sicherheit und Generationen nach den Bestimmungen des § 9 Abs3 des LMG 1975 nicht erfolgt ist.?
Dadurch habe er Verwaltungsübertretungen nach § 74 Abs1 iVm § 8 litf iVm § 7 Abs1 litc LMG 1975 iVm § 9 Abs2 VStG begangen und wurde über ihn gemäß § 74 Abs1 iVm § 7 Abs1 litc iVm § 74 Abs8 LMG 1975 iVm § 9 Abs1 VStG zu Pkt 1 und zu Pkt 2 jeweils eine Geldstrafe in Höhe von ATS 1.000,-- (EUR 72,67), im Uneinbringlichkeitsfall jeweils 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verhängt. Überdies wurden ihm gemäß § 45 Abs2 LMG 1975 die Kosten für die Untersuchung der entnommenen Proben, der U-Zahl 724/2000 und 725/2000 durch die Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchungen Innsbruck vom 20.12.2000, in Höhe von ATS 675,-- (EUR 49,05) in Rechnung gestellt.
Dagegen erhob der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Berufung und führte im Wesentlichen aus, dass festzustellen sei, ob die nationalen Vorschriften des österreichischen Lebensmittelgesetzes, primären und sekundärem Gemeinschaftsrecht entgegenstehen würden. Überdies werde Mangelhaftigkeit des Verfahrens vorgebracht, da der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses nicht den Anforderungen des § 44a VStG entspreche. Weiters gehe die Erstbehörde davon aus, dass der Beschuldigte handelsrechtlicher Geschäftsführer der A. sei, dies entspreche aber nicht der Wahrheit, da es sich bei ihm lediglich um einen Arbeitnehmer der oben genannten Gesellschaft handle, der zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden sei. Auch sei dem Beschuldigten keine Möglichkeit zur Akteneinsicht gegeben worden, da nach dessen Einspruch gegen die Strafverfügung sofort das gegenständliche Straferkenntnis erlassen worden sei. Durch ein Sachverständigengutachten solle bewiesen werden, dass die beanstandeten Hinweise auf den Produkten ?Schneekoppe Weizenkleie? und ?Schapfenmühle Weiszenkleie? tatsächlich richtig seien. Ein weiters Gutachten von Sachverständigen aus der Meinungsforschung solle nach Durchführung einer demoskopischen Erhebung bei einer repräsentativen Anzahl und einem repräsentativen Querschnitt von österreichischen Verbrauchern und Gemeinschaftsbürgern beweisen, dass die Hinweise auf den oben genannten Produkten nicht geeignet seien, zu täuschen oder irrezuführen.
Beweis wurde aufgenommen durch die Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt sowie in den Akt der Berufungsbehörde.
Der Berufung kommt aufgrund nachfolgender Ausführungen Berechtigung zu:
Aus dem der Berufungsbehörde vorliegenden Firmenbuchauszug vom 10.01.2001 geht hervor, dass die A., vom handelsrechtlichen Geschäftsführer A. vertreten wird. Einer der Prokuristen ist Herr H., der seit 01.01.1991 selbständig vertretungsbefugt ist.
Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 11.01.2001 zur ZI. 2.2-748/01 wurde Herrn A. der im gegenständlichen Straferkenntnis enthaltene Spruch zum Vorwurf gemacht. Woraufhin dieser der Erstbehörde bekannt gab, dass der Beschuldigte zum verantwortlichen Beauftragten für den Bereich Einkauf - Warengruppe ?Babynahrung? bestellt worden sei, sodass dieser in weiterer Folge zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung herangezogen wurde.
Sodann wurde von der Berufungsbehörde mit Schreiben vom 16.07.2001 eine Kopie der Bestellungsurkunde des Beschuldigten zum verantwortlichen Beauftragen verlangt. Dieser Bestellungsurkunde ist zu entnehmen, dass der Beschuldigte seit 01.01.1996 verantwortlicher Zentraleinkäufer in den Bereichen Wasch-Putz - Reinigungsmittel, Babynahrung, Diät/Reform, Gesundheit, Papierwaren, Tiernahrung, Filme/Fotoausarbeitung und Windeln, der A. ist. Diese Bestellungsurkunde zum verantwortlichen Beauftragen wurde vom Beschuldigten und vom Prokuristen der A., Herrn H. unterfertigt.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:
Gemäß § 9 Abs1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Gemäß § 9 Abs2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, und soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besitzt ein Prokurist nach den §§ 48 ff HGB zwar eine umfangreiche Vertretungsmacht, Organstellung kommt ihm jedoch nicht zu, weshalb er nicht zu den zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des § 9 Abs1 VStG zählt (vgl VwGH vom 08.10.1992, 90/19/0532, vom 24.03.1994, 92/18/0176, 0181 ua).
Da im vorliegenden Fall die Bestellung des Beschuldigten zum verantwortlichen Beauftragten für den Bereich Einkauf - Warengruppe ?Babynahrung? der A. nicht vom handelsrechtlichen Geschäftsführer A., der zur Vertretung dieser GmbH nach außen berufen ist, sondern vom Prokuristen H. vorgenommen wurde, ist im Sinne des § 9 Abs2 VStG keine rechtswirksame Bestellung des Berufungswerbers zum verantwortlichen Beauftragten der A. für den Bereich Einkauf - Warengruppe ?Babynahrung? erfolgt. Somit ging die strafrechtliche Verantwortlichkeit vom handelsrechtlichen Geschäftsführer A. nicht auf den Berufungswerber über, sodass der Beschuldigte die ihm zum Vorwurf gemachten Verwaltungsübertretungen nicht zu verantworten hat.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.