Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Josef Hauser über die Berufung des Herrn M.O., D-81539 München, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 06.04.2001, Zahl 3c-ST-42582/00, nach der am 28.08.2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe als Lenker des Motorrades mit dem Kennzeichen HH-XX, am 28.10.2000 in Forchach auf der B 198 bei km 62,741 in Richtung Weißenbach die auf Freilandstraßen gesetzlich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 53 km/h überschritten.
Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 20 Abs 2 StVO begangen. Über den Berufungswerber wurde gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 5.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage, verhängt und gleichzeitig ein Verfahrenskostenbeitrag festgestellt.
Dagegen hat der Berufungswerber innerhalb offener Frist Berufung erhoben. Darin wurde zusammenfassend vorgebracht, dass das für die Geschwindigkeitsmessung verwendete Messgerät auf die große Entfernung von 479 m einspurige Kraftfahrzeuge nicht entsprechend genau erfassen könne. Gleichzeitig wurde vorgebracht, dass die für die Bedienung des Laser-Geschwindigkeitsmessgerätes vorgesehenen Verwendungsbestimmungen nicht entsprechend genau eingehalten wurden. Das diesbezügliche Verwaltungsstrafverfahren sei daher einzustellen.
Aufgrund dieser Berufung wurde am 28.08.2001 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt. Beweis wurde aufgenommen durch Einvernahme der Zeugen Abt.Insp. H. und Rev.Insp. E. sowie durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt und den Akt der Berufungsbehörde.
Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest, dass die diesem Verwaltungsstrafverfahren zugrunde liegende Geschwindigkeitsmessung mit einem Laser-Geschwindigkeitsmessgerät der Marke LTI 20.20 TS/KM-E durchgeführt wurde. Die Geschwindigkeit wurde auf der B 198 bei km 62,741 in Richtung Weißenbach auf eine Entfernung von 479 m gemessen. Die Messung erfolgte gegen die einfallende Sonne. Bei der Messung wurde das Licht des vom Berufungswerber gelenkten Motorrades mit dem Kennzeichen HH-XX bzw. der Berufungswerber im Oberkörperbereich anvisiert. Aus dem vorgelegten Laser-Messprotokoll geht hervor, dass die in den Verwendungsbestimmungen für das gegenständliche Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät vorgesehenen halbstündigen Funktionstests nicht regelmäßig durchgeführt wurden. Aus dem Laser-Messprotokoll geht nicht hervor, ob die vorgesehene Horizontal- und Vertikaljustierung vorgenommen wurde.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:
Gemäß § 20 Abs 2 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges auf Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren.
Gemäß § 99 Abs 3a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu S 10.000,-- zu bestrafen, wer als Lenker eines Fahrzeuges gegen die Vorschriften dieses Bundesgesetzes (StVO) verstößt und das Verhalten nicht nach anderen Bestimmungen dieses Gesetzes zu bestrafen ist.
Das für die diesem Verfahren zugrunde liegende Geschwindigkeitsmessung verwendete Gerät der Bauart LTI
20.20 TS/KM-E ist grundsätzlich ein taugliches Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät. Dementsprechend wurde dieses Gerät auch aufgrund des § 40 des Maß- und Eichgesetzes zu Zahl 43427/92 bzw. Zahl 43427/92/1, zugelassen. In der Zulassung wurden unter Punkt F.
Bestimmungen für die Verwendung bei straßenaufsichtsbehördlichen Kontrollen festgelegt. Diese lauten unter anderem:
?F.2.6. Die einwandfreie Funktion des Laser-VKGM ist durch die nachstehenden Kontrollen vor Beginn der Messungen, während der Messungen mindestens jede halbe Stunde sowie nach jedem Wechsel des Aufstellungsortes zu überprüfen:
Beim Einschalten des Gerätes muss die fehlerfreie Kontrollanzeige ?8.8.8.8.? kurz aufleuchten. Stellt dieser Selbsttest einen Fehler des Gerätes fest, so wird eine Fehlermeldung angezeigt. Bei Betätigen des Test-Knopfes muss ebenfalls die fehlerfreie Kontrolle ?8.8.8.8.? aufleuchten. Vor Beginn der Messungen an einem neuen Aufstellungsort ist die einwandfreie Zielerfassung in horizontaler und vertikaler Richtung entsprechend der Bedienungsanleitung zu überprüfen. Daran anschließend ist eine Messung gegen ein ruhendes Ziel durchzuführen, wobei eine einwandfreie Messung mit der Geschwindigkeitsanzeige ?0? erfolgen muss.
Wenn diese Bedingungen nicht eingehalten werden, gilt der Laser-VKGM als fehlerhaft und darf nicht weiter verwendet werden. Die Durchführung der Kontrollen ist in einem Protokoll zu belegen.
F.2.8. Beim Anvisieren eines Fahrzeuges ist auf dessen Front- bzw. Heckpartie, keinesfalls aber auf Fensterflächen zu zielen.?
Im gegenständlichen Fall steht aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens fest, dass die vorgeschriebenen halbstündigen Funktionsprüfungen des Laser-Geschwindigkeitsmessgerätes nicht genau vorgenommen wurden. So geht aus dem vorgelegten Laser-Messprotokoll hervor, dass mehrmals - auch den verfahrensgegenständlichen Messzeitpunkt betreffend - die Funktionsprüfungen erst nach mehr als 30 Minuten durchgeführt wurden. Ob vor Beginn der Messungen eine entsprechende Horizontal- und Vertikaljustierung durchgeführt wurde, konnte nicht mit der erforderlichen Sicherheit festgestellt werden. Wenn auch die befragten Zeugen ausführen, dass dies regelmäßig gemacht werde, so geht dies einerseits aus dem vorgelegten Laser-Messprotokoll nicht hervor und haben andererseits beide Gendarmeriebeamten als Zeugen einvernommen ausgesagt, dass sie sich an die verfahrensgegenständliche Messung am 28.10.2000 nicht mehr erinnern können. Auch ergeben sich aus der Tatsache, dass das vom Berufungswerber gelenkte einspurige Kraftfahrzeug im Bereich des Lichtes anvisiert wurde, Bedenken in Hinblick auf die festgelegten Verwendungsbestimmungen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sind die Verwendungsbestimmungen für das hier verwendete Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät genauestens einzuhalten. Nur unter diesen Bedingungen wurde die entsprechende Zulassung für die Verwendung dieses Gerätes bei straßenaufsichtsbehördlichen Kontrollen erteilt. Aus den Verwendungsbestimmungen geht eindeutig hervor, dass das Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät als fehlerhaft gilt und nicht weiter verwendet werden darf, wenn die Verwendungsbestimmungen nicht eingehalten werden. Die genaue Einhaltung der Verwendungsbestimmungen ist unabdinglich, um entsprechend genaue Messergebnisse zu erhalten. Zudem erfolgte die gegenständliche Messung zwar im für dieses Messgerät vorgesehenen Messbereich von 30 bis 500 m, aber doch auf eine sehr große Entfernung von 479 m.
Es konnte daher nicht mit der für eine Bestrafung erforderlichen Sicherheit festgestellt werden, dass der Berufungswerber tatsächlich die ihm vorgeworfene Geschwindigkeitsübertretung begangen hat.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.