Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes
1991 ? AVG keine Folge gegeben und das erstinstanzliche
Straferkenntnis vollinhaltlich
bestätigt.
Die Berufungswerberin hat dem Land NÖ gemäß § 64 Abs 1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 ? VStG S 120,-- als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen zwei Wochen zu zahlen.
Innerhalb gleicher Frist sind die Geldstrafe und der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz zu bezahlen (§ 59 Abs 2 AVG).
Mit dem Straferkenntnis vom 10.7.2000, Zl. 3-*****-99, erkannte die Bezirkshauptmannschaft B**** die Rechtmittelwerberin für schuldig, am 14.7.1999, um
17,40 Uhr im Ortsgebiet von T***** im Kreuzungsbereich Raiffeisenstraße- K*********** das Fahrrad ? Mountainbike OFF Road blau/grün lackiert ? als Radfahrerin gelenkt zu haben
und dabei die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung anderen Straßenbenützer, die
sich auf den Vorgang einzustellen hatten, ohne vorheriges
Handzeichen nicht angezeigt
zu haben.
Die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz legte der Beschuldigten deswegen
die Übertretung des § 11 Abs 2 StVO zur Last und verhängte gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO
eine Geldstrafe in der Höhe von S 600,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von
36 Stunden.
Gemäß § 64 Abs 2 VStG wurde der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz in der Höhe von S 60,-- festgesetzt.
Dagegen hat der ausgewiesene Rechtsvertreter der Beschuldigten fristgerecht Berufung
erhoben. Den Antrag der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren einzustellen
begründet die Rechtsmittelwerberin im wesentlichen damit, es seien die zur Wahrheitsfindung notwendigen Beweise seitens der erstinstanzlichen Behörde nicht
erhoben worden, insbesondere sei nicht festgestellt worden, ob die Beschuldigte
überhaupt verbunden gewesen wäre, ein Handzeichen zu geben und wenn ja, wann sie es
zu geben gehabt hätte und letztlich wo es zum Zusammenstoß des Kraftfahrzeuges mit
der Beschuldigten gekommen sei.
Die Ausführungen seien nur im Zusammenhang mit einem Ortaugenschein
im Beisein
eines KFZ-technischen Sachverständigen zu klären, werde in diesem Sinne die Einholung
eines KFZ-technischen Sachverständigengutachtens und die Verhandlung
an Ort und Stelle beantragt.
Des weiteren führt der Rechtsmittelwerber zum Unfallhergang aus.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat nach Durchführung einer öffentlichen
mündlichen Verhandlung am 12.5.2001 nachfolgenden Sachverhalt als
erwiesen seiner
Entscheidung zugrunde gelegt:
Aus der Fotogrammetrie des Unfallsortes ergibt sich, dass die R*********** nach
gegenständlichem Kreuzungsbereich in annähernd geradem Verlauf (ein wenig nach
rechts geneigt) in die Kirchengasse verläuft und in annähernd 90 Grad dazu die Schlossgasse einmündet. Vorstehende Gassen bzw Straßen sind
annähernd gleich breit
und mit dem gleichen Straßenbelag ausgestattet.
Am 14.7.1999, um 17,40 Uhr lenkte I***** A****** ihr Fahrrad auf der R*************** mit
der Absicht, im Kreuzungsbereich mit der K*********** und der S*********** in die
S***********, dem bevorrangten Straßenverlauf, einzufahren und in einem
Lebensmittelgeschäft in der ************ einzukaufen. Zum selben Zeitpunkt lenkte Z******
Ö**** den PKW der Marke/Type Renault R 19 mit dem behördlichen Kennzeichen BN-****
auf der R*************** Richtung K*********** in der Absicht, mit ihrer am Beifahrersitz
mitgeführten Schwester G**** Ö****, eine Freundin in der K*********** zu besuchen. Im Kreuzungsbereich mit der S*********** setzte Z****** Ö**** mit ihrem
Kraftfahrzeug zum Überholen der Radfahrerin an.
Als sich diese in etwa auf gleicher Höhe mit der Radfahrerin befand,
lenkte diese das Fahrrad, wie beabsichtigt, in Fahrtrichtung S***********, stieß dabei gegen die rechte Seite
des Kraftfahrzeuges, welches von Z****** Ö**** gelenkt wurde, kam dabei zu Sturz, bei
dem sie sich dem Grade nach schwere Verletzungen zugezogen hat.
Die bevorstehende Fahrtrichtungsänderung hat die verunfallte I***** A****** nicht mit
einem Handzeichen angezeigt.
Vorstehender Vorfall konnte durch den nachfolgenden Radfahrer K*** K***** und die
nachfolgende Autolenkerin Mag. I*** B*********** beobachtet werden.
Dazu wurde erwogen wie folgt:
Die entscheidungswesentlichen Feststellungen gründen sich auf die Aussagen der Zeugen Z****** Ö****, G**** Ö****, K*** K***** und Mag. I*** B***********.
Übereinstimmend schilderten die Zeugen, keinerlei Wahrnehmungen getroffen zu haben,
dass die verunfallte I***** A***** ihre Fahrtrichtungsänderung mittels Handzeichen
angezeigt hätte. Vielmehr bestätigen die Zeugen wahrgenommen zu haben, dass während
des Überholmanövers von Frau Ö**** die Rechtmittelwerberin das Fahrrad nach links
lenkte, dabei gegen das überholende Kraftfahrzeug stieß. Der Zeuge K***** führt in Ergänzung dazu aus, dass aufgrund des Umstandes, dass von
der R*************** über die S*********** der Straßenzug bevorrangt ist, dort kaum jemand
die Fahrtrichtungsänderung nach links anzeigt. In diesem Sinne hat offensichtlich auch die Beschuldigte, den örtlichen Gepflogenheiten folgend, kein Handzeichen, welches die Fahrtrichtungsänderung angezeigt hätte, gesetzt, ist dem bevorrangten Straßenverlauf
folgend nach links gebogen ohne darauf zu achten, dass sie zu diesem Zeitpunkt von
einem Kraftfahrzeug, welches den gerade Fahrbahnverlauf folgt, überholt wurde.
Beantragt der Rechtvertreter namens seiner Mandantin die Durchführung eines Ortsaugenscheines in Anwesenheit eines KFZ-technischen Sachverständigen, so waren
diese Anträge abzuweisen, zumal sie keine für die Entscheidungsfindung maßgebliche
Erkenntnisse erwarten lässt. Die örtlichen Gegebenheiten so sie den fotogrammetrisch
dargestellten Straßenverlauf betreffen sind unbestritten, im Zuge eines
Lokalaugenscheines kein Hinweis zu erwarten, ob die Rechtmittelwerberin die
bevorstehende Fahrtrichtungsänderung zur Tatzeit am Tatort angezeigt hat, dahingehend
sind die schlüssigen, nachvollziehbaren und glaubwürdigen Aussagen der zum Unfallszeitpunkt anwesenden Personen aussagekräftiger, liegen diese dem Verfahren
zugrunde. Ferner ist für die hier der Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretung
der genaue Unfallshergang, Anstoßstelle, Sturzrichtung nicht maßgeblich, somit auch die Beiziehung eines KFZ-technischen Sachverständigen nicht erforderlich. In diesem Sinne
waren die Beweisanträge der Beschuldigten abzuweisen.
Rechtlich ergibt sich daraus:
Gemäß § 11 Abs 2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung
der Fahrtrichtung oder dem bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig
anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen
können. Er hat die Anzeige zu beenden, wenn er sein Vorhaben
ausgeführt hat oder von
ihm Abstand nimmt.
Der Lenker eines Fahrzeuges, der seine Fahrt auf einer Linkskurve von 30 Grad
beschreibenden und durch ein Verkehrszeichen gemäß § 52 c Z 23 (?Vorrang geben?) mit
der Zusatztafel gemäß § 54 Abs 5 lit e (besonderer Verlauf einer Vorrangstraße)
bevorrangten Bundesstraße fortsetzen will, ist bei Annäherung eines Fahrzeuges auf einer
die Bundesstraße geradlinig fortsetzenden (benachrangten) Landesstraße im Gegenverkehr gemäß § 11 Abs 2 StVO verpflichtet, eine beabsichtigte
Änderung der Fahrtrichtung rechtzeitig anzuzeigen.
Da der ?natürliche Verlauf? einer Straße häufig nur schwer zu
erkennen ist, ist es
notwendig, die Fahrtrichtung im Einzelnen nach ?vernünftigen Verkehrsauffassungen?
festzustellen, wobei vor allem den geradlinigen Verlauf einer Straße bzw ihrer geradlinigen
Fortsetzung in eine andere Straße entscheidender Bedeutung zukommt. Da die Landesstraße die geradlinige Fortsetzung der Bundesstraße bildet, beide Straßen
asphaltiert und annähernd gleich breit sind, die Bundesstraße hingegen in einer Linkskurve in einem Winkel von ca 30 Grad weiterführt (?Straßengabelung?), ist sie ihrem
Erscheinungsbild somit nicht als natürliche Fortsetzung der Bundesstraße anzusehen
(OGH 17.6.1993, 2OB21/93, ZVR 1994/146).
Aus dem festgestellten Sachverhalt, der zitierten Rechtsnorm sowie der Entscheidung des
obersten Gerichtshofes ergibt sich, dass, die in Fahrtrichtung der Beschuldigten
annähernd im 90-Grad-Winkel befindliche Schlossgasse, nicht dem natürlichen
Straßenverlauf entspricht, da die Kirchengasse in annähernd geradem Verlauf zur Raiffeisengasse in Fahrtrichtung der Beschuldigten führt, hat die Rechtsmittelwerberin
durch ihr Einbiegen in die Schlossgasse den natürlichen Straßenverlauf verlassen, wäre
damit verpflichtet gewesen, ihre Fahrtrichtungsänderung, obwohl sie die Vorrangstraße
nicht verlassen hat, mittels Handzeichen anzuzeigen. Da sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, hat sie objektiv der zitierten
Rechtsnorm zuwider gehandelt.
Subjektiv ist der Rechtsmittelwerberin im Sinne des § 5 Abs1 2 Halbsatz VStG
fahrlässiges Verschulden anzulasten, zumal sie mit ihren Behauptungen ihre
Schuldlosigkeit an der ihr angelasteten Verwaltungsübertretung nicht
glaubhaft darzulegen
vermochte.
Zur Strafbemessung durch die Bezirkshauptmannschaft B**** ist auszuführen wie folgt:
Gemäß § 19 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der
mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren
Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat
sonst nachteilige
Folgen nach sich gezogen hat.
Darüber hinaus sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Mit der von der Beschuldigten übertretenen Rechtsnorm sollen unklare Verkehrssituationen geklärt, Verkehrsunfälle, wie im vorstehenden Fall verhindert werden.
Damit, dass die Rechtsmittelwerberin die bevorstehende Fahrtrichtungsänderung nicht mit
einem Handzeichen angezeigt hat, hat sie dargestellten Schutzzweck verletzt.
Bezüglich des Verschuldens der Rechtsmittelwerberin, an der Herbeiführung der Tat wird
auf die Ausführung zur subjektiven Tatseite verwiesen.
Eine Vorstrafenabfrage durch die Bezirkshauptmannschaft B**** ergab, dass zur Rechtsmittelwerberin keine verwaltungsbehördlichen Vormerkungen zur Tatzeit auflagen.
Als mildernd war bei der Strafbemessung demzufolge die bisherige Unbescholtenheit, als
erschwerend kein Umstand zu werten.
Zu den persönlichen Verhältnissen brachte die Beschuldigte anlässlich der öffentlichen
mündlichen Verhandlung vor, sie beziehe derzeit eine Bruttopension von monatlich
S 7.008,--, besitze kein Vermögen und habe keine Sorgepflichten zu tragen.
Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Tat, den dargelegten Strafzumessungsgründen war die von der Bezirkshauptmannschaft B**** verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe als schuld- und tatangemessen zu werten. Diese ist geeignet, die Rechtsmittelwerberin und Dritte von der neuerlichen Begehung der Tat abzuhalten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.