TE UVS Niederösterreich 2001/08/31 Senat-BN-00-498

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.08.2001
beobachten
merken
Spruch

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes

1991 ? AVG keine Folge gegeben und das erstinstanzliche

Straferkenntnis vollinhaltlich

bestätigt.

 

Die Berufungswerberin hat dem Land NÖ gemäß § 64 Abs 1 und 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 ? VStG S 120,--  als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen zwei Wochen zu zahlen.

 

Innerhalb gleicher Frist sind die Geldstrafe und der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz zu bezahlen (§ 59 Abs 2 AVG).

Text

Mit dem Straferkenntnis vom 10.7.2000, Zl. 3-*****-99, erkannte die Bezirkshauptmannschaft B**** die Rechtmittelwerberin für schuldig, am 14.7.1999, um

17,40 Uhr im Ortsgebiet von T***** im Kreuzungsbereich Raiffeisenstraße- K*********** das Fahrrad ? Mountainbike OFF Road blau/grün lackiert ? als Radfahrerin gelenkt zu haben

und dabei die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung anderen Straßenbenützer, die

sich auf den Vorgang einzustellen hatten, ohne vorheriges

Handzeichen nicht angezeigt

zu haben.

 

Die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz legte der Beschuldigten deswegen

die Übertretung des § 11 Abs 2 StVO zur Last und verhängte gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO

eine Geldstrafe in der Höhe von S 600,-- und eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von

36 Stunden.

 

Gemäß § 64 Abs 2 VStG wurde der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz in der Höhe von S 60,-- festgesetzt.

 

Dagegen hat der ausgewiesene Rechtsvertreter der Beschuldigten fristgerecht Berufung

erhoben. Den Antrag der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren einzustellen

begründet die Rechtsmittelwerberin im wesentlichen damit, es seien die zur Wahrheitsfindung notwendigen Beweise seitens der erstinstanzlichen Behörde nicht

erhoben worden, insbesondere sei nicht festgestellt worden, ob die Beschuldigte

überhaupt verbunden gewesen wäre, ein Handzeichen zu geben und wenn ja, wann sie es

zu geben gehabt hätte und letztlich wo es zum Zusammenstoß des Kraftfahrzeuges mit

der Beschuldigten gekommen sei.

Die Ausführungen seien nur im Zusammenhang mit einem Ortaugenschein

im Beisein

eines KFZ-technischen Sachverständigen zu klären, werde in diesem Sinne die Einholung

eines KFZ-technischen Sachverständigengutachtens und die Verhandlung

an Ort und Stelle beantragt.

 

Des weiteren führt der Rechtsmittelwerber zum Unfallhergang aus.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat nach Durchführung einer öffentlichen

mündlichen Verhandlung am 12.5.2001 nachfolgenden Sachverhalt als

erwiesen seiner

Entscheidung zugrunde gelegt:

 

Aus der Fotogrammetrie des Unfallsortes ergibt sich, dass die R*********** nach

gegenständlichem Kreuzungsbereich in annähernd geradem Verlauf (ein wenig nach

rechts geneigt) in die Kirchengasse verläuft und in annähernd 90 Grad dazu die Schlossgasse einmündet. Vorstehende Gassen bzw Straßen sind

annähernd gleich breit

und mit dem gleichen Straßenbelag ausgestattet.

 

Am 14.7.1999, um 17,40 Uhr lenkte I***** A****** ihr Fahrrad auf der R*************** mit

der Absicht, im Kreuzungsbereich mit der K*********** und der S*********** in die

S***********, dem bevorrangten Straßenverlauf, einzufahren und in einem

Lebensmittelgeschäft in der ************ einzukaufen. Zum selben Zeitpunkt lenkte Z******

Ö**** den PKW der Marke/Type Renault R 19 mit dem behördlichen Kennzeichen BN-****

auf der R*************** Richtung K*********** in der Absicht, mit ihrer am Beifahrersitz

mitgeführten Schwester G**** Ö****, eine Freundin in der K*********** zu besuchen. Im Kreuzungsbereich mit der S*********** setzte Z****** Ö**** mit ihrem

Kraftfahrzeug zum Überholen der Radfahrerin an.

Als sich diese in etwa auf gleicher Höhe mit der Radfahrerin befand,

lenkte diese das Fahrrad, wie beabsichtigt, in Fahrtrichtung S***********, stieß dabei gegen die rechte Seite

des Kraftfahrzeuges, welches von Z****** Ö**** gelenkt wurde, kam dabei zu Sturz, bei

dem sie sich dem Grade nach schwere Verletzungen zugezogen hat.

 

Die bevorstehende Fahrtrichtungsänderung hat die verunfallte I***** A****** nicht mit

einem Handzeichen angezeigt.

 

Vorstehender Vorfall konnte durch den nachfolgenden Radfahrer K*** K***** und die

nachfolgende Autolenkerin Mag. I*** B*********** beobachtet werden.

 

Dazu wurde erwogen wie folgt:

 

Die entscheidungswesentlichen Feststellungen gründen sich auf die Aussagen der Zeugen Z****** Ö****, G**** Ö****, K*** K***** und Mag. I*** B***********.

 

Übereinstimmend schilderten die Zeugen, keinerlei Wahrnehmungen getroffen zu haben,

dass die verunfallte I***** A***** ihre Fahrtrichtungsänderung mittels Handzeichen

angezeigt hätte. Vielmehr bestätigen die Zeugen wahrgenommen zu haben, dass während

des Überholmanövers von Frau Ö**** die Rechtmittelwerberin das Fahrrad nach links

lenkte, dabei gegen das überholende Kraftfahrzeug stieß. Der Zeuge K***** führt in Ergänzung dazu aus, dass aufgrund des Umstandes, dass von

der R*************** über die S*********** der Straßenzug bevorrangt ist, dort kaum jemand

die Fahrtrichtungsänderung nach links anzeigt. In diesem Sinne hat offensichtlich auch die Beschuldigte, den örtlichen Gepflogenheiten folgend, kein Handzeichen, welches die Fahrtrichtungsänderung angezeigt hätte, gesetzt, ist dem bevorrangten Straßenverlauf

folgend nach links gebogen ohne darauf zu achten, dass sie zu diesem Zeitpunkt von

einem Kraftfahrzeug, welches den gerade Fahrbahnverlauf folgt, überholt wurde.

Beantragt der Rechtvertreter namens seiner Mandantin die Durchführung eines Ortsaugenscheines  in Anwesenheit eines KFZ-technischen Sachverständigen, so waren

diese Anträge abzuweisen, zumal sie keine für die Entscheidungsfindung maßgebliche

Erkenntnisse erwarten lässt. Die örtlichen Gegebenheiten so sie den fotogrammetrisch

dargestellten Straßenverlauf betreffen sind unbestritten, im Zuge eines

Lokalaugenscheines kein Hinweis zu erwarten, ob die Rechtmittelwerberin die

bevorstehende Fahrtrichtungsänderung zur Tatzeit am Tatort angezeigt hat, dahingehend

sind die schlüssigen, nachvollziehbaren und glaubwürdigen Aussagen der zum Unfallszeitpunkt anwesenden Personen aussagekräftiger, liegen diese dem Verfahren

zugrunde. Ferner ist für die hier der Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretung

der genaue Unfallshergang, Anstoßstelle, Sturzrichtung nicht maßgeblich, somit auch die Beiziehung eines KFZ-technischen Sachverständigen nicht erforderlich. In diesem Sinne

waren die Beweisanträge der Beschuldigten abzuweisen.

 

Rechtlich ergibt sich daraus:

 

Gemäß § 11 Abs 2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung

der Fahrtrichtung oder dem bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig

anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen

können. Er hat die Anzeige zu beenden, wenn er sein Vorhaben

ausgeführt hat oder von

ihm Abstand nimmt.

 

Der Lenker eines Fahrzeuges, der seine Fahrt auf einer Linkskurve von 30 Grad

beschreibenden und durch ein Verkehrszeichen gemäß § 52 c Z 23 (?Vorrang geben?) mit

der Zusatztafel gemäß § 54 Abs 5 lit e (besonderer Verlauf einer Vorrangstraße)

bevorrangten Bundesstraße fortsetzen will, ist bei Annäherung eines Fahrzeuges auf einer

die Bundesstraße geradlinig fortsetzenden (benachrangten) Landesstraße im Gegenverkehr gemäß § 11 Abs 2 StVO verpflichtet, eine beabsichtigte

Änderung der Fahrtrichtung rechtzeitig anzuzeigen.

Da der ?natürliche Verlauf? einer Straße häufig nur schwer zu

erkennen ist, ist es

notwendig, die Fahrtrichtung im Einzelnen nach ?vernünftigen Verkehrsauffassungen?

festzustellen, wobei vor allem den geradlinigen Verlauf einer Straße bzw ihrer geradlinigen

Fortsetzung in eine andere Straße entscheidender Bedeutung zukommt. Da die Landesstraße die geradlinige Fortsetzung der Bundesstraße bildet, beide Straßen

asphaltiert und annähernd gleich breit sind, die Bundesstraße hingegen in einer Linkskurve in einem Winkel von ca 30 Grad weiterführt (?Straßengabelung?), ist sie ihrem

Erscheinungsbild somit nicht als natürliche Fortsetzung der Bundesstraße anzusehen

(OGH 17.6.1993, 2OB21/93, ZVR 1994/146).

 

Aus dem festgestellten Sachverhalt, der zitierten Rechtsnorm sowie der Entscheidung des

obersten Gerichtshofes ergibt sich, dass, die in Fahrtrichtung der Beschuldigten

annähernd im 90-Grad-Winkel befindliche Schlossgasse, nicht dem natürlichen

Straßenverlauf entspricht, da die Kirchengasse in annähernd geradem Verlauf zur Raiffeisengasse in Fahrtrichtung der Beschuldigten führt, hat die Rechtsmittelwerberin

durch ihr Einbiegen in die Schlossgasse den natürlichen Straßenverlauf verlassen, wäre

damit verpflichtet gewesen, ihre Fahrtrichtungsänderung, obwohl sie die Vorrangstraße

nicht verlassen hat, mittels Handzeichen anzuzeigen. Da sie dieser Verpflichtung nicht nachgekommen ist, hat sie objektiv der zitierten

Rechtsnorm zuwider gehandelt.

 

Subjektiv ist der Rechtsmittelwerberin im Sinne des § 5 Abs1 2 Halbsatz VStG

fahrlässiges Verschulden anzulasten, zumal sie mit ihren Behauptungen ihre

Schuldlosigkeit an der ihr angelasteten Verwaltungsübertretung nicht

glaubhaft darzulegen

vermochte.

 

Zur Strafbemessung durch die Bezirkshauptmannschaft B**** ist auszuführen wie folgt:

 

Gemäß § 19 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der

mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren

Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat

sonst nachteilige

Folgen nach sich gezogen hat.

Darüber hinaus sind die Erschwerungs- und Milderungsgründe, das Ausmaß des Verschuldens sowie die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Mit der von der Beschuldigten übertretenen Rechtsnorm sollen unklare Verkehrssituationen geklärt, Verkehrsunfälle, wie im vorstehenden Fall verhindert werden.

Damit, dass die Rechtsmittelwerberin die bevorstehende Fahrtrichtungsänderung nicht mit

einem Handzeichen angezeigt hat, hat sie dargestellten Schutzzweck verletzt.

 

Bezüglich des Verschuldens der Rechtsmittelwerberin, an der Herbeiführung der Tat wird

auf die Ausführung zur subjektiven Tatseite verwiesen.

 

Eine Vorstrafenabfrage durch die Bezirkshauptmannschaft B**** ergab, dass zur Rechtsmittelwerberin keine verwaltungsbehördlichen Vormerkungen zur Tatzeit auflagen.

 

Als mildernd war bei der Strafbemessung demzufolge die bisherige Unbescholtenheit, als

erschwerend kein Umstand zu werten.

 

Zu den persönlichen Verhältnissen brachte die Beschuldigte anlässlich der öffentlichen

mündlichen Verhandlung vor, sie beziehe derzeit eine Bruttopension von monatlich

S 7.008,--, besitze kein Vermögen und habe keine Sorgepflichten zu tragen.

 

Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Tat, den dargelegten Strafzumessungsgründen war die von der Bezirkshauptmannschaft B**** verhängte Geld- und Ersatzfreiheitsstrafe als schuld- und tatangemessen zu werten. Diese ist geeignet, die Rechtsmittelwerberin und Dritte von der neuerlichen Begehung der Tat abzuhalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten