TE UVS Steiermark 2001/09/03 20.3-25/2001

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.09.2001
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die am 31. Juli 2001 eingelangte Beschwerde der Firma J M, Inhaberin E F, N, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß §§ 67c Abs 1 und Abs 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 31 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG), wie folgt entschieden:

Die von einem Organ der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag mit Aktenvermerk vom 19. Juli 2001 unmittelbare Anordnung von Maßnahmen in den Punkten 1.), 2.) und 3.) war rechtswidrig

Text

I.1. In der Beschwerde vom "23. Juni 2001" (offensichtlich 23. Juli 2001) wurde Nachfolgendes vorgebracht:

Betreff: Aktenvermerk 3.0.-60/01 vom 19.07.2001m 19.15 Uhr Wir nehmen Bezug auf den Aktenvermerk und möchten in dieser Form klarstellen, dass wir in diesem Fall nicht als Verpflichteter heranzuziehen sind.

Die vom Sachverständigen vorgeschlagenen Maßnahmen sind Maßnahmen zur Sanierung einer Altlast, beziehungsweise Maßnahmen zur Sanierung einer defekten Tankanlage. Die durch unser Fahrzeug/durch unsere Belieferung verursachte Kontamination von ca. 100 l HEL wurde unmittelbar nach Auftreten entfernt und die in der Folge festgestellte Altlast hat mit unserer Tätigkeit nichts zu tun. Weiters ist festzuhalten, dass diese Überfüllung nur dann dadurch auftreten konnte, weil die Tankanlage nicht ordnungsgemäßem Zustand war. So war offensichtlich die Inhaltsanzeige defekt und die Überfüllsicherung, die, wie der Name sagt eine Überfüllung die möglicherweise durch einen falsch anzeigenden Inhaltsanzeiger hervorgerufen werden kann, verhindern soll, versagte. Wie sich bei weitere Untersuchungen herausstellte, war die Entlüftungsleitung gebrochen und erst dadurch konnte das Produkt in das Erdreich versickern. Offensichtlich ist diese gebrochene Entlüftungsleitung auch der Grund für die Altlast. Wie sich heute durch Sondierungen der Fa. I herausgestellt hat, ist das Grundwasser nicht kontaminiert und durch unseren Vorfall bestand und besteht auch heute keine Gefährdung des Grundwassers. Wieweit die nicht durch unser Unternehmen verursachte Altlast Auswirkungen auf das Grundwasser haben kann, kann nicht in unserem Verantwortungsbereich zu klären. Somit trifft aus unserer Sicht der § 31 WR für diesen Vorfall insbesondere für die Fa. M als Verpflichteter zu. Wir stellen nochmals fest, dass wir auf Grund dieser Sachlage keinerlei Kosten übernehmen werden. 2. Die Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag legte den Verwaltungsakt GZ: 3.0- 60/01 vor und gab keine weitere Stellungnahme ab. II. Auf Grund des Beschwerdeinhaltes und des vorgelegten Verwaltungsaktes konnte die erkennende Behörde von nachfolgendem entscheidungsrelevantem Sachverhalt ausgehen: Am 17. Juli 2001, um ca. 13.30 Uhr wurde die belangte Behörde verständigt, dass im Gemeindegebiet Mi infolge eines Heizölbetankungsvorganges beim Wohnhaus, R-straße, Mi Mineralöl unkontrolliert ausgetreten sei und in den Untergrund gelangt sei. Es wurde der Ölalarmdienst beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilungsgruppe Landesbaudirektion, Fachabteilung 1a vom Vertreter der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag verständigt und eine Ortserhebung zwecks Anordnung wasserpolizeilicher Maßnahmen durchgeführt. Aus dem Aktenvermerk der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 17. Juli 2001 geht hervor, dass sich beim Familieneigentumswohnhaus der gemeinnützigen Wohn- und Siedlungsgenossenschaft Ennstal in Mi, ein zylindrischer Stahltank für die Lagerung von Heizöl (15.000 l) befindet. Der Tank ist unterirdisch westlich des Wohnhauses verlegt und wurde am 17. Juli 2001 die Beschwerdeführerin beauftragt, den Tank mit Heizöl extra leicht zu füllen. Die Füllung wurde um 12.40 Uhr vom Kraftfahrzeuglenker und Betanker, K K, durchgeführt, wobei er zuvor das Heizöl extra leicht von der Firma BP Heizöl GmbH & Co KG in B holte. Nach ca. 9.728 l wurde der Vorgang von K K unterbrochen, da Heizöl extra leicht über die Tankentlüftung an der nördlichen Hausmauer des Wohnhauses austrat. Eine Peilung des Ölstandes in der Tankanlage wurde nicht durchgeführt, da diese mit keinem Peilstab, sondern mit einem Grenzwertgeber ausgestattet ist. Der Lagertank befindet sich in einer Betonwanne, die zum Füllungszeitpunkt zum Teil mit Wasser und Öl gefüllt war und ist die Tankanlage auch mit einer Tankuhr ausgestattet. Der Grenzwertgeber und die Tankuhr wurden im Juni 2001 von einer Installationsfirma eingebaut, wobei die Tankuhr noch vom Installateur zu einem späteren Zeitpunkt eingestellt werden sollte. Die Haussprecherin S S gab an, dass der Installateur erklärte, dass eine Befüllung der Tankanlage ohne weiters möglich sei, da der Grenzwertgeber funktioniere. Dies wurde auch dem Betanker mitgeteilt. Auf Grund des Befüllungsvorganges sind mehr als 100 l Heizöl extra leicht in den unter der Entlüftungsleitung befindlichen Erdboden versickert. Ein Teil des Öles geriet über die Niederschlagswasserkanalisation, die unterm Haus verlegt ist und auch in den zentralen Sickerschacht der derzeitigen Niederschlagsentwässerung des Wohnhauses. Ein weiterer Teil des Öles gelangte beim Abschlauchen in die Betonwanne der Tankanlage. Der runde Sickerschacht, der sich südwestlich des Wohnhauses befindet, hat einen Durchmesser von 6,7 m und eine Tiefe von 3,2 m und ist mit einer fixen Betonplatte überdeckt. Eine mit einem Betondeckel abgedeckte versehene Öffnung ist vorhanden. Laut Baubewilligungsakt der Marktgemeinde Mi handelt es sich bei dem groß dimensionierten Schacht um einen Sickerschacht für die Einleitung der gereinigten Überwässer der früheren mechanischen Kläranlage (Durchmesser 3 m, Einbautiefe 2,15 m) des Wohnhauses und deren Niederschlagsgewässer. Der Boden des Sickerschachtes ist schottrig und offensichtlich wasserdurchlässig, da im Sickerschacht kein stehendes Wasser wahrnehmbar war. Heizöl extra leicht gehört zu den wassergefährdenden Stoffen. Die Unfallstelle liegt im Einzugsgebiet des Grundwasserstromes (ca. 8 m Tiefe), der die Mürz begleitet. Aus diesem werden eine Vielzahl von Wasserversorgungsanlagen gespeist. Es besteht daher für das Grundwasser Gefahr im Verzug (Befund des chemisch technischen Amtssachverständigen OBR DI Dr. M R). Die belangte Behörde trug sodann der Beschwerdeführerin gemäß §§ 31 Abs 3 und 98 Abs 1 WRG auf ihre Kosten sieben Maßnahmen auf. Im Aktenvermerk vom 19. Juli 2001, GZ: 3.0-60/01, wurde festgehalten, dass die Sanierung des Mineralölaustrittsbereiches noch nicht abgeschlossen werden konnte und wurden neue wasserpolizeiliche Maßnahmen von der belangten Behörde im Zusammenarbeit mit dem chemisch technischen Amtssachverständigen OBR DI Dr. M R angeordnet. Der chemisch technische Amtssachverständige gab nachfolgenden Befund und Gutachten ab: Die am 17.07.2001 angeordneten wasserpolizeilichen Maßnahmen 1.), 2.) und 3.) wurden erfüllt. Die Maßnahme 4.) wurde teilweise erfüllt. Insbesondere ist das Erdreich unter der Tankentlüftung noch stark mit Heizöl verunreinigt, obgleich kontaminiertes Erdreich bis unter die Fundamentkante des Wohnobjektes in einer Tiefe von ca. 2,5 - 3 m ausgehoben wurde. Ebenso ist das Erdreich (Schotter) noch nicht als ölfrei anzusehen, obwohl über 10 Kubikmeter Bodenmaterial bis in eine Tiefe von ca. 2 m unter Oberkante des Sickerschachtbodens abgesaugt wurde. Zur Weiterführung der Sanierung sind daher noch nachstehende zusätzliche Maßnahmen erforderlich:

Durch eine geeignete Fachstelle ist in der Nähe der Unfallstelle eine Sondierung bis ins Grundwasser abzuteufen, um die Verunreinigung des Erdbodens und des Grundwassers mit Mineralöl feststellen zu können.

Beginn: 19.07.2001 18.00 Uhr

Fertigstellung: 20.07.2001 20.00 Uhr

2.) Die offene Aushubgrube unter der Tankentlüftung ist durch ein behelfsmäßiges Dach gegen Niederschlageintrag vorübergehend abzudecken.

Beginn: 19.07.2001 19.00 Uhr

3.) Die Schächte für die Hausniederschlagsentwässerung sind so abzudichten, dass der direkte Zufluss der Niederschlagswässer in den Sickerschacht bzw. in die Aushubgrube bei der Tankentlüftung verhindert wird. Die belangte Behörde ordnete gemäß §§ 31 Abs 3 und 98 Abs 1 WRG wegen Gefahr im Verzug die vom chemisch technischen Amtssachverständigen zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung vorgeschlagenen Maßnahmen insoweit an, dass die Beschwerdeführerin diese auf ihre Kosten zu treffen habe bzw. gegen Ersatz der Kosten durch die Verpflichtete unverzüglich durchführen zu lassen sind. Auf Grund der Teilnahme der Beschwerdeführerin bei der Amtshandlung am 19. Juli 2001 wurden die aufgetragenen Maßnahmen ihr gegenüber sofort wirksam. Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die im vorgelegten Verwaltungsakt dokumentierten Erhebungen der belangten

Behörde. Eine öffentliche, mündliche Verhandlung konnte gemäß § 67 d Abs 2 Z 3 AVG entfallen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Verwaltungsakt als rechtswidrig zu erklären ist. III. Die Rechtsbeurteilung ergibt Folgendes: 1. Die Beschwerde über die unmittelbare Anordnung von Maßnahmen gemäß § 31 WRG langte am 31. Juli 2001 beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark ein, wodurch die 6-wöchige Beschwerdefrist gemäß § 67 c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Ausdrücklich wird festgehalten, dass Gegenstand der Maßnahmenbeschwerde die aufgetragenen Maßnahmen im Aktenvermerk vom 19. Juli 2001, GZ: 3.0-60/01 - wie in der Beschwerde im Sinne des § 67 c Abs 2 Z 5 AVG angeführt - sind. 2. Gemäß § 31 Abs 2 WRG hat der nach Abs 1 Verpflichtete unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen und die Bezirksverwaltungsbehörde, bei Gefahr im Verzug den Bürgermeister oder die nächste Dienststelle des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu verständigen, wenn dennoch die Gefahr einer Gewässerverunreinigung eintritt. Bei Tankfahrzeugunfällen hat der Lenker, sofern dieser hiezu nicht oder nicht allein in der Lage ist, auch der Beifahrer, die erforderlichen Sofortmaßnahmen im Sinne der Betriebsanweisung für Tankfahrzeuge zu treffen. Die Verständigungs- und Hilfeleistungspflicht nach anderen Verwaltungsvorschriften, wie vor allem nach der Straßenverkehrsordnung, wird dadurch nicht berührt. Sind außer den Sofortmaßnahmen weitere Maßnahmen zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlich, so ist zu ihrer Durchführung der Halter des Tankfahrzeuges verpflichtet. Gemäß Abs 3 leg cit hat die Wasserrechtsbehörde, wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, soweit nicht der unmittelbare Werksbereich eines Bergbaues betroffen wird, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzug unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Wenn wegen Gefahr im Verzuge eine Anordnung der Wasserrechtsbehörde nicht abgewartet werden kann, ist der Bürgermeister befugt, die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen - soweit nicht dem Bergrecht unterliegende Anlagen betroffen werden - unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Gefahr im Verzug ist jedenfalls gegeben, wenn eine Wasserversorgung gefährdet ist. Vorauszuschicken ist, dass der nach § 31 Abs 3 WRG Verpflichtete mit dem nach § 31 Abs 2 leg cit Verpflichteten identisch ist. Verpflichteter im Sinne des Abs 3 kann daher sein, wer eine Anlage oder ein Tankfahrzeug hält oder Maßnahmen setzt bzw. Unterlassungen begeht, der eine Einwirkung auf Gewässer herbeiführen können (VwGH 5.7.1979, 580/79; VwGH 12.3.1993, 90/07/0105). § 31 Abs 2 leg cit kann sinnvollerweise nur dahin verstanden werden, dass die Verpflichtung, unverzüglich die zur Vermeidung einer Verunreinigung erforderlichen Maßnahmen zu treffen, den trifft, der die Gefahr beherrscht und damit in der Lage ist, entsprechende Maßnahmen zu setzen. Wohnungseigentümer in einem Haus mit einer gemeinsamen Heizungsanlage können "Betreiber" einer Anlage im Sinne des § 31 Abs 1 leg cit und damit primär Haftende im Sinne des § 31 Abs 3 leg cit sein (OGH 27.8.1997, 1 Ob 72/97p SZ70/159). Somit ist jemandem, in dessen Haus sich eine Heizöltankanlage befindet, diese als "Anlage" zurechenbar, sodass er zur Setzung von Maßnahmen nach § 31 WRG verpflichtet ist (VwGH 12.3.1993, 90/07/0105). Bei einem Ölaustritt während der Befüllung eines Heizöltankes, der (auch) auf die unsachgemäß errichtete Einfüllanlage zurückgeht, ist dies in erster Linie der Eigentümer der Liegenschaft, auf der sich diese Einfüllanlage befindet (OGH 22.10.1992, 1 Ob 35/92 SZ65/136). In Anbetracht des vorliegenden Sachverhaltes, insbesondere dem Aktenvermerk der belangten Behörde vom 17. Juli 2001, dem Bericht des GPK Mi vom 18. Juli 2001 als auch den Ausführungen in der Beschwerde geht in unzweifelhafter Weise hervor, dass der Anlagenbetreiber durch die Haussprecherin dem Befüller mitteilte, dass die Anlage laut Mitteilung des Installateurs in Ordnung sei. Auf Grund des defekten Grenzwertgebers kam es jedoch bei der Befüllung zu einem Austritt von Heizöl extra leicht und ist die Ursache der Gefahr der Gewässerverunreinigung primär der Heizöltankanlage zurechenbar, wodurch der Befüller und damit die Beschwerdeführerin keinesfalls Adressat der Maßnahmen im Sinne des § 31 Abs 3 WRG sein kann. Vielmehr wäre der Anlagenbetreiber, nämlich derjenige, der die wirtschaftliche Verfügungsmacht über eine Anlage hat und auf dessen Rechnung sie betrieben wird, in concreto die Eigentümer, als Verpflichtete über die Maßnahmen im Sinne des § 31 Abs 3 WRG heranzuziehen. Auf die in der Beschwerde im weiteren aufgeworfene Frage, dass auf Grund der vorgeschriebenen Maßnahmen auch eine Altlastsanierung durchgeführt werden sollte, wird auf Grund der festgestellten fehlenden Verpflichtung nicht mehr näher eingegangen. Ebenfalls entfällt ein Abspruch über die Verfahrenskosten gemäß § 79 a AVG, da kein Kostenantrag gestellt wurde. Da somit die Beschwerdeführerin nicht als Adressat der vorgeschriebenen Maßnahmen im Sinne des § 31 Abs 3 WRG angesehen werden kann, ist der Beschwerde stattzugeben und die Maßnahme vom 19. Juli 2001 als rechtswidrig zu erklären.

Schlagworte
Anordnungen Gefahr im Verzug Heizöltank Ölaustritt Verpflichteter Anlagenbetreiber Befüller
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten