Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Siegfried Denk über die Berufung des Herrn T.M., D-, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 20.06.2001, Zahl VST- 194544/01, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Abs 3 Z 3 VStG wird
I. die Berufung hinsichtlich Spruchpunkt 1. als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Beschuldigte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe zu Spruchpunkt 1., das sind S 300,-- (EUR 21,80) , zu bezahlen.
II. der Berufung hinsichtlich des Spruchpunktes 2. Folge gegeben, das bekämpfte Straferkenntnis hinsichtlich dieses Spruchpunktes behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Im Hinblick auf § 44a Z 3 VStG hat die für die verhängte Strafe angewendete Gesetzesbestimmung hinsichtlich Spruchpunkt 1. zu lauten wie folgt: § 134 Abs 1 KFG
Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde der Berufungswerber für schuldig erkannt, er habe am 18.11.2000 um 16.00 Uhr in Schönberg im Stubaital, auf der Brennerautobahn A 13 bei km 10,8 von Italien kommend bis zur Hauptmautstelle Schönberg im Stubaital , den PKW, amtliches Kennzeichen XXX, gelenkt
1. und dabei, abgesehen vom Lenker insgesamt 6 Personen in diesem KFZ befördert und somit die bei der Genehmigung festgesetzte größte zulässige Anzahl von 5 Personen um 2 Personen überschritten.
2. Weiters hätten die 4 mitbeförderten Kinder keine entsprechenden Kindersitze gehabt, wobei auch die vorhandenen Sicherheitsgurte nicht verwendet worden wären. Ein sicherer Transport sei dadurch nicht gewährleistet gewesen.
Dadurch habe der Berufungswerber zu 1. gegen § 106 Abs 3 KFG und zu 2. gegen § 106 Abs 1a KFG verstoßen, weshalb über ihn gemäß § 134 KFG zu 1. und 2. jeweils eine Geldstrafe von S 1.500.-- (EUR 109,01) verhängt wurde.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Berufungswerber fristgerecht Berufung und brachte im Wesentlichen vor, dass es sich nicht um eine illegale Reise gehandelt habe und er kein Schlepper sei. Auf den Tatvorwurf des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ging er nicht ein.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen:
Da die Voraussetzungen des § 51e Abs 3 Z 3 VStG vorlagen, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Laut Anzeige des Gendarmeriekommandos für Tirol wurde am 18.11.2000 gegen 16.00 Uhr von zwei Beamten der AGM Kontrollgruppe Autobahn im Zuge einer Lenker-und Fahrzeugkontrolle im Sinne des Schengener Abkommens festgestellt, dass der Berufungswerber als Lenker des Fahrzeuges, Marke Ford, amtliches Kennzeichen XXX (D) insgesamt 6 Personen auf der Brennerautobahn aus Richtung Italien kommend bis zur Mautstelle Schönberg beförderte, obwohl das Fahrzeug nur für fünf Personen (inkl Fahrer) zugelassen ist. Desweiteren wurde festgestellt, dass für vier mitbeförderten Kinder keine Kindersitze vorhanden waren und diese auch nicht angegurtet waren.
Dieser Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem erstinstanzlichen Akt und wurde vom Berufungswerber zu keinem Zeitpunkt bestritten.
Zu Spruchpunkt 1.
Gemäß § 106 Abs 3 KFG darf die bei der Genehmigung festgesetzte größte zulässige Anzahl der Personen , die mit dem Fahrzeug und der Personen, die auf jeder einzelnen Sitzbank befördert werden dürfen, nicht überschritten werden. Ein Kind gilt wie ein Erwachsener als eine Person. Das vom Berufungswerber gelenkte Fahrzeug ist für 5 Personen (inkl Fahrer) zugelassen, der Berufungswerber hat 6 Personen befördert und laut Anzeige auch gewußt, dass zu viele Personen im Fahrzeug saßen.
Gemäß § 134 Abs 1 KFG ist ein Verstoß gegen die Bestimmungen des KFG mit einer Geldstrafe von bis zu S 30.000.-- (EUR 2180,19) zu bestrafen. Über den Berufungswerber wurde eine Geldstrafe von S 1.500.-- (EUR 109,01) verhängt. Dies entspricht 5 % der Höchststrafe. Der Berufungswerber hat durch sein Verhalten in höchstem Maße die beförderten Personen gefährdet. Man kann daher nicht behaupten, dass die verhängte Geldstrafe überhöht wäre. Ganz im Gegenteil, sie ist aufgrund des hohen Unrechtsgehaltes der Tat in jedem Fall notwendig, um den Berufungswerber in Hinkunft von weiteren derartigen strafbaren Handlungen abzuhalten.
Da der Berufungswerber die Höhe der verhängten Geldstrafe im Hinblick auf seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekämpft hat, ist davon auszugehen, dass diese diesen entsprechen.
Zu Spruchpunkt 2.
Dem Berufungswerber wird von der Erstbehörde vorgeworfen, er habe 4 Kinder befördert, ohne dass für diese ein Kindersitz vorhanden gewesen wäre. Auch wären diese nicht angegurtet gewesen.
Gemäß § 106 Abs 1b KFG hat der Lenker eines KFZ dafür zu sorgen, dass Kinder unter 12 Jahren, die kleiner als 150 cm sind, auf Sitzen, die mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind, nur befördert werden, wenn dabei geeignete, der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechende Rückhalteeinrichtungen (Kindersitze) verwendet werden, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringern können.
Der Lenker ist aber im verwaltungstrafrechtlichen Sinne nicht mehr verantwortlich bei der Beförderung von Kindern unter zwölf Jahren, die bereits größer als 150 cm sind und bei Kindern die älter als 12 Jahre aber kleiner als 150 cm sind. In diesem Fall gibt es auch keine Strafbarkeit für den Lenker, wenn er nicht für das Angurten der mitbeförderten Kinder gesorgt hat.
Im Spruch und der Begründung des erstinstanzliche Straferkenntnisses gibt es aber keinerlei Hinweise auf Größe oder Alter der vom Berufungswerber beförderten Kinder. Mangels konkretisierten Tatvorwurfes ist es daher nicht möglich eine Strafbarkeit des Berufungswerbers festzustellen.
Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs 2) vorgenommen worden ist. Gemäß § 31 Abs 2 VStG beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist von diesem Zeitpunkt. Gemäß § 32 Abs.2 VStG ist Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung udgl.) und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat.
Eine Verfolgungshandlung muß, damit sie den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt (§ 31 Abs 1 VStG)
a) von einer Behörde (welche das VStG anzuwenden hat, aber nicht zuständig sein muß) ausgehen,
b) gegen eine individuell bestimmte Person als Beschuldigten gerichtet sein,
c) innerhalb der Verjährungsfrist nach außen in Erscheinung getreten sein und
d) wegen eines bestimmten strafbaren Sachverhaltes erfolgen. Dies erfordert, dass sie sich auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente zu beziehen hat.
Wesentliche Tatbestandselemente einer Verfolgungshandlung nach § 106 Abs 1b KFG sind Alter und Körpergröße der beförderten Kinder. Diese Tatbestandselemente wurden in keiner Verfolgungshandlung dieses Verfahrens angeführt und ergeben sich auch nicht aus der Anzeige. Die Umschreibung in Spruchpunkt 2. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses, die 4 mitbeförderten Kinder hätten keine entsprechenden Kindersitze gehabt, wobei auch die vorhandenen Sicherheitsgurte nicht verwendet worden wären, reicht für die Konkretisierung der Tat im Hinblick auf § 44a Z 1 VStG nicht aus, da keinesfalls ausgeschlossen werden kann, dass die beförderten Kinder älter als 12 Jahre oder größer als 150 cm gewesen sind.
Der Tatvorwurf der Erstbehörde bezieht sich auf den 18.11.2000. Die Frist für die Verfolgungsverjährung beträgt im gegenständlichen Fall 6 Monate.
Da zu Spruchpunkt 2. innerhalb der zur Verfügung stehenden Verjährungsfrist eine ausreichend konkretisierte Tatanlastung nicht erfolgte, sind weitere Ermittlungen seitens der Berufungsbehörde nicht erforderlich.