TE UVS Tirol 2001/09/17 2001/11/062-1

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Veröffentlicht am 17.09.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Vorsitzenden Dr. Gert Ebner über die Berufung des Herrn J.B., vertreten durch Rechtsanwälte OEG gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 13.02.2001, ZI VIc/ST- 13957/99, wie folgt:

 

1. Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Abs 2 VStG wird der Berufung zu den Spruchpunkten 1 und 3 Folge gegeben und das Verfahren zu Spruchpunkt 1 gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG und zu Spruchpunkt 3 gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

2. Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Abs 2 VStG wird der Berufung zu Spruchpunkt 2 insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe von ATS 5.000,-- (EUR 363,36) auf ATS 3. 3.000,-- (EUR 218,02) und die Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen auf 3 Tage, herabgesetzt wird.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit ATS 300,-- (EUR 21,80) (10 % der verhängten Strafe) neu festgesetzt.

Text

Mit dem gegenständlichen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 13.02.2001 zur ZI IVc/ST- 13957/99 wurde dem Berufungswerber nachfolgender Sachverhalt spruchgemäß vorgeworfen:

 

?Sie haben am 12.09.1999 um 15.00 Uhr als Lenker des KKW, Kennzeichen XXX, in Wörgl, A 12, Km 16,5, in Richtung Innsbruck

 

1.  zu einem vorausfahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre.

2.  ein Fahrzeug rechts überholt, obwohl nur hätte links überholt werden dürfen.

3.  die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h wesentlich überschritten.?

 

Dadurch habe er zu Pkt. 1 eine Übertretung nach § 18 Abs 1 StVO, zu Pkt. 2 eine Übertretung nach § 15 Abs 1 StVO und zu Pkt. 3 eine Übertretung nach § 20 Abs 2 StVO begangen und wurde über ihn gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO zu Pkt. 1 eine Geldstrafe in Höhe von ATS 2.000,-- (EUR 145,35), im Uneinbringlichkeitsfall 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, zu Pkt. 2 eine Geldstrafe in Höhe von ATS 5.000,-- (EUR 363,36), im Uneinbringlichkeitsfall 5 Tage Ersatzfreiheitsstrafe und zu Pkt. 3 eine Geldstrafe in Höhe von ATS 2.000,-- (EUR 145,35), im Uneinbringlichkeitsfall 48 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verhängt.

 

Dagegen erhob der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Berufung und führte im Wesentlichen aus, dass das Verfahren mangelhaft sei, denn die Behörde verlasse sich auf die bloße Aussage einer Privatperson und habe sich nicht mit dem Vorbringen des Beschuldigten auseinandergesetzt. Überdies hätte ein Sachverständiger aus dem Bereich der KFZ- und Verkehrstechnik beigezogen werden müssen und weiters wäre auch ein Lokalaugenschein angebracht gewesen. Bezüglich des Vorwurfes in Spruchpunkt 2, habe der Beschuldigte dieses Überholmanöver gewählt, um eine Kollision mit einem plötzlich auf seine Spur wechselnden, anderen Verkehrsteilnehmer zu vermeiden. Zu Spruchpunkt 1 werde nicht dargelegt warum ein plötzliches Anhalten nicht mehr möglich sei und auch die Geschwindigkeitsüberschreitung sei nicht mittels eines geeichten Messgerätes durchgeführt worden. Beweis wurde aufgenommen durch die Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt.

 

Der Berufung kommt bezüglich Spruchpunkt 1 und 3 Berechtigung zu, der Berufung zu Spruchpunkt 2 kommt bezüglich der Strafhöhe Berechtigung zu.

 

Der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Tirol vom 12.09.1999 zu GZ P 1918/99-Lo ist zu entnehmen, dass Herr Thomas Pernecker seinen PKW der Marke Opel Vectra, Kennzeichen WWW (A), auf der A 12 Inntalautobahn, von Kufstein kommend in Richtung Innsbruck gelenkt hat. Auf Höhe von ca KM 16,5 im Gemeindegebiet von Wörgl, seien nach den niederschriftlichen Angaben von T.P. vom Lenker des PKWs der Marke Fiat Kombi, Kennzeichen XXX (A) die im Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführten Übertretungen begangen worden.

 

Der Anzeigenerstatter Herr T.P. gab ihm Zuge seiner Einvernahme am 12.09.1999 an, dass er am 12.09.1999 gegen 15.00 Uhr seinen Pkw der Marke Opel Vectra, mit dem amtlichen Kennzeichen WWW (A) auf der A 12 Inntalautobahn von Kufstein kommend in Richtung Innsbruck gelenkt habe. Er sei auf Höhe Wörgl Ost mit ca 130 km/h auf der Überholspur der A 12 gefahren, wobei sich ein Wohnwagengespann vor ihm befunden habe. Aufgrund dessen sei er auf der Überholspur geblieben. Plötzlich habe er gesehen, wie der Lenker des Pkws mit dem amtlichen Kennzeichen XXX (A), Marke Fiat Kombi, hinter ihm auf der Überholspur ganz knapp auf sein Fahrzeug aufgeschlossen habe. In weiterer Folge sei der Lenker dieses Fahrzeuges, ein älterer Herr auf die Normalspur gefahren und habe ihn rechts überholt. Zu diesem Zeitpunkt habe sich vor dem Anzeigenerstatter kein anderes Fahrzeug befunden. Im Anschluss daran sei der Lenker des Pkw vor ihm auf die Überholspur gefahren und habe Gas gegeben. Im Zuge dessen habe er das Kennzeichen erkennen können und sei diesem Fahrzeug nachgefahren. Der Anzeigenerstatter habe den Beschuldigten auf der Überholspur ca ein bis zwei KM lang mit einer Geschwindigkeit von 180 km/h verfolgt. Danach habe der Anzeigenerstatter sein Tempo reduziert und sei auf den rechten Fahrstreifen zurück gekehrt. Sodann habe er wahrgenommen, dass der Beschuldigte zum nächsten Auto ganz knapp aufgefahren sei und Anstalten gezeigt habe einmal von links und dann von rechts an diesem Fahrzeug vorbeizukommen.

 

Im Zuge der Fahrzeughalterermittlung konnte der Beschuldigte als Zulassungsbesitzer des gegenständlichen Fahrzeuges festgestellt werden. Mit Schreiben vom 05.10.1999 wurde dieser aufgefordert bekanntzugeben, wer zum damaligen Zeitpunkt das gegenständliche Fahrzeug gelenkt hat, woraufhin er mitteilte, dass er zum Vorfallzeitpunkt selbst am Steuer gesessen sei.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

 

Zu Spruchpunkt 1:

 

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat, die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, die verhängte Strafe und die angewendete Gesetzesbestimmung zu enthalten.

 

Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw

 

Dadurch soll einerseits gewährleistet werden, dass der Täter in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, andererseits soll der Beschuldigte rechtlich davor geschützt werden, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

In Spruchpunkt 1 des angefochtenen Straferkenntnisses wird dem Berufungswerber vorgeworfen, dass er zu einem vorausfahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten habe, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre.

 

Gemäß § 18 Abs 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

Nach der Judikatur des VwGH müssen dabei spruchgemäße Feststellungen über die Fahrtgeschwindigkeit und den dabei eingehaltenen Abstand getroffen werden. Diesen Anforderungen genügt der Schuldvorwurf nicht.

 

Zu Spruchpunkt 3:

 

Das Nachfahren mit einem Dienstfahrzeug stellt grundsätzlich ein taugliches und zulässiges Beweismittel zur Feststellung der Geschwindigkeistüberschreitung dar, wobei es ohne Bedeutung ist, dass der Tachometer nicht geeicht ist, insbesondere wenn es sich um eine beträchtliche Überschreitung handelt.(s. E 21.10.1984, 84/02/0244, 17.05.1976, 2151/75 und 03.07.1986, 86/02/0049).

 

Auch stellt eine Radarmessung, wie eine Messung durch ein Lasermessgerät, grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Fahrgeschwindigkeit dar (s. E 16.12.1987, 87/02/0155).

 

Durch das Nachfahren des Privatanzeigers mit überhöhter Geschwindigkeit hinter dem Beschuldigten, wurde die angebliche Geschwindigkeitsüberschreitung nicht in geeigneter Weise festgestellt und kann daher diese Verwaltungsübertretung nicht als erwiesen angenommen werden.

 

Zu Spruchpunkt 2:

 

Nach § 15 Abs 1 StVO darf der Lenker eines Fahrzeuges außer in den Fällen der Abs 2 und 2a nur links überholen.

 

Dadurch, dass der Beschuldigte den Anzeigenerstatter auf der A 12, bei km 16,5 rechts überholt hat, hat er eine Übertretung der oben genannten Norm zu verantworten. Überdies wurde diese Übertretung von ihm nicht in Abrede gestellt.

 

Als Verschuldensgrad war Fahrlässigkeit anzunehmen.

 

Der Unrechtsgehalt der begangenen Verwaltungsübertretung ist nicht unerheblich, da der Beschuldigte durch sein Verhalten zu einer abstrakten Erhöhung der Gefahren im Straßenverkehr beigetragen hat.

 

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Als strafmildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers berücksichtigt, als erschwerend wurde nichts gewertet. Unter Bedachtnahme auf die oben angeführten Strafbemessungsregeln erscheint die durch die Berufungsbehörde herabgesetzte Strafe bei einem möglichem Strafrahmen des § 99 Abs 3 lit a StVO bis ATS 10.000.-- (EUR 726,73), als schuld- und tatangemessen und zumindest erforderlich, um den Berufungswerber in Hinkunft von weiteren derartigen strafbaren Handlungen abzuhalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Nachfahren, Privatanzeiger, Fahrgeschwindigkeit, Abstand
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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