TE UVS Tirol 2001/09/20 2001/18/049-1

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Veröffentlicht am 20.09.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alois Huber über die Berufung des Herrn H., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 26.02.2001, Zahl A-1033/99, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm § 24 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs6 iVm Abs2 VStG hat der Beschuldigte einen Verfahrenskostenbeitrag in der Höhe von 20 Prozent der über den Beschuldigten mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 27.10.1999 zu Zahl A- 1033/99 verhängten Strafen, somit zu Punkt 1) S 60,-- (EUR 4,36) und zu Punkt 2) S 200,-- (EUR 14,54), insgesamt somit S 260,-- (EUR 18,90), zu bezahlen.

 

Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Verfahrenskostenbeitrag nach § 64 Abs6 iVm Abs2 VStG erfolgt und die Wortfolge ?und die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen? zu entfallen hat.

Text

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom 26.02.2001 wurde spruchgemäß Nachstehendes verfügt:

 

?Die Bezirkshauptmannschaft Lienz entscheidet über den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens nach § 69 AVG des Herrn H., gegen die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 27.10.1999, Zahl A-1033/99, rechtskräftig am 16.11.1999, 00.00 Uhr, wie folgt:

 

Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs1 litb AVG wird als unbegründet abgewiesen.

 

Der Antragsteller hat als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens gemäß § 64 AVG

S 130,-- (EUR 9,45) zu zahlen und die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen.?

 

Gegen diesen Bescheid wurde fristgerecht berufen. In dieser Berufung wurde angeführt, dass der EU-Gerichtshof mit Urteil vom 09.03.2000 in der Rechtssache zu C-437/97 ausgesprochen habe, dass die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke dem Art3 Abs2 der Verbrauchssteuerrichtlinie widerspreche. Die nationalen Rechtsvorschriften, auf deren Grundlage die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke erhoben werde, seien damit verdrängt worden. Der Erhebung der Getränkesteuer auf alkoholische Getränke sei damit die rechtliche Grundlage entzogen worden. Eindeutig sei somit, dass der Bescheid (Strafverfügung) vom 27.10.1999 von Vorfragen nach § 38 abhängig gewesen sei, der EU-Gerichtshof am 09.03.2000 in wesentlichen Punkten anders entschieden habe und das Tiroler Getränkesteuergesetz in wesentlichen Teilen rückwirkend zum 01.01.1995 aufgehoben worden sei. Somit gehe die Argumentation der Behörde insoferne ins Leere, da zum Zeitpunkt der Erlassung der Strafverfügung (Bescheid), nämlich am 27.10.1999, die Getränkesteuer auf alkoholische Getränke nicht mehr in Geltung gewesen sei. In seinem Antrag auf Wiederaufnahme habe der Beschuldigte zusätzlich auch Beweismittel bei der Bezirkshauptmannschaft Lienz deponiert, die er zum Zeitpunkt des Strafverfahrens noch nicht zur Verfügung gehabt habe (Getränkesteuer-Erklärung vom August 1999, Eingangsstempel Gemeinde Ainet vom 29.11.1999).

 

Weiters wären Beweismittel und Tatsachen neu hervorgekommen, insbesondere der Berichtigungsbescheid der Gemeinde Ainet vom 05.02.2001 sowie die Vereinbarung mit der Abgabenbehörde zwecks Einkaufsversteuerung.

 

Dieser Berufung kommt keine Berechtigung zu.

 

Festgehalten wird, dass dem Beschuldigten mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 27.10.1999, Zahl A- 1033/99, zur Last gelegt worden ist, er habe es als Steuerschuldner von den entgeltlich verkauften Getränken und von Speiseeis hinsichtlich des Betriebes ?A.? zu verantworten, dass

1.  die Getränke- und Speiseeissteuererklärung für den Monat August 1999 nicht bis zum Fälligkeitstermin 15.10.1999 bei der Gemeinde Ainet eingebracht worden ist und

2.  die Getränke- und Speiseeissteuer für den Monat August 1999 nicht bis zum Fälligkeitstermin 15.10.1999 an die Gemeinde Ainet entrichtet wurde, zumal bis 18.10.1999 die Beträge noch immer nicht bei der Abgabenbehörde eingelangt seien und sohin durch Unterlassung eine Verkürzung der Getränkesteuer bewirkt, da der Steuerschuldner die Steuer selbst zu berechnen und bis zum Eintritt der Fälligkeit, das ist ein Kalendermonat und 15 Tage nach der Entstehung der Steuerschuld, an die Gemeinde zu entrichten habe,

 

Dem Beschuldigten wurde zu Punkt 1) eine Übertretung nach § 16 Abs2 litc iVm § 1 Abs2 des Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetzes 1993 und zu Punkt 2) eine Übertretung nach § 16 Abs1 iVm § 11 Abs1 des Tiroler Getränke- und Speiseeissteuergesetzes zur Last gelegt und wurde über ihn zu Punkt 1) eine Geldstrafe in der Höhe von S 300,-- und zu Punkt 2) eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- verhängt.

 

Diese Strafverfügung wurde dem Beschuldigten am 02.11.1999 zugestellt und ist mangels eines Einspruches mit 16.11.1999 rechtskräftig geworden.

 

In der Begründung des erstinstanzlichen Bescheides auf Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme führte die Erstbehörde aus, dass der Beschuldigte den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens betreffend die Strafverfügung vom 27.10.1999, Zahl A-1033/99, mit der Begründung gestellt habe, dass, nachdem der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol durch Dr. Alois Huber zu Zahl uvs-2000/18/039-2 sowie uvs-2000/18/038-1, in der gleich gelagerten Getränkesteuer-Angelegenheit Entscheidungen getroffen habe, aus denen sich nun ?neue Beweise sowie Erkenntnisse? ergeben, die sich eindeutig auf die Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Lienz zu Zahl A-1033/99 vom 27.10.1999 umlegen ließen. Die Erstbehörde führte weiter aus, dass der Antragsteller vorgebracht habe, dass die Begründung für diesen Antrag auf der Hand liege und vor allem aus dem Text der Entscheidung im Berufungserkenntnis auf Seite 7 Absatz 2 hervorginge:

?nicht angelastet werden, dass die Getränkesteuererklärungen betreffend alkoholische Getränke nicht rechtzeitig erstattet hat sowie die (unzulässige) Getränkesteuer auf alkoholische Getränke nicht entrichet hat.? Aus der Getränkesteuererklärung für den Monat August 1999 würde nach Meinung des Antragstellers eindeutig hervorgehen, dass ausschließlich ?alkoholische? Getränke auf der Erklärung aufscheinen würden, daher weder eine Getränkesteuererklärung abzugeben noch eine Zahlung zu leisten gewesen sei.

 

Rechtlich führte die Erstbehörde aus, dass mit Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft vom 09.03.2000 zu C-437/97 ausgesprochen worden sei, dass Art3 Abs3 der Richtlinie 92/12 EWG des Rates vom 25.02.1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung, die Kontrolle verbrauchssteuerpflichtiger Waren der Beibehaltung einer auf alkoholfreie Getränke und Speiseeis erhobenen Steuer nicht entgegensteht, Art3 Abs2 dieser Richtlinie jedoch mit der Beibehaltung einer auf alkoholische Getränke erhobenen Steuer nicht vereinbar sei.

 

Zum Zeitpunkt der Erlassung der Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Lienz, nämlich am 02.11.1999, sei die Getränkesteuer für alkoholhaltige Getränke noch in Geltung gewesen und sei sohin bis zu den Fälligkeitsterminen sowohl die Getränkesteuererklärung einzureichen als auch die Getränkesteuer zu entrichten gewesen. Die Änderung einer Rechtslage oder die Änderung der rechtlichen Beurteilungen von Tatsachen stelle keinen Wiederaufnahmegrund dar, weshalb der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens spruchgemäß als unbegründet abzuweisen gewesen sei.

 

Mit dieser Auffassung ist die Erstbehörde im Recht. Die vom Beschuldigten in der Berufung angeführte Entscheidung des EU-Gerichtshofes stellt auch keinen, wie in der Berufung behauptet, Wiederaufnahmegrund im Sinne des § 69 Abs1 Z3 AVG dar. Danach ist einer Wiederaufnahme stattzugeben, wenn der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden worden ist. Die angeführte Entscheidung des EU-Gerichtshofes stellt keine Vorfrage im Sinne des § 38 AVG dar, sondern war die allfällige Verpflichtung zur Abgabe der entsprechenden Erklärungen und Entrichtung der Abgaben Teil der von der Berufungsbehörde zu lösenden Hauptfrage. Überdies wurde im angesprochenen Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaft ausgesprochen, dass sich niemand auf Art3 Abs2 der Verbrauchersteuerrichtlinie berufen könne, um Ansprüche betreffend Abgaben, wie die Steuer auf alkoholische Getränke, die vor Erlassen dieses Urteiles entrichtet wurden oder fällig geworden sind, geltend zu machen, es sei denn, er hätte vor diesem Zeitpunkt Klage erhoben oder einen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt. Im gegenständlichen Fall ist die Strafverfügung bereits geraume Zeit vor Ergehen des angesprochenen Urteiles rechtskräftig geworden, sodass der Beschuldigte diesbezüglich jedenfalls keinen entsprechenden Rechtsbehelf eingelegt hat, sodass diese Sache auch nicht mit jenen Angelegenheiten, über die mit Berufungserkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 24.01.2001 zu Zahl 2000/18/039 und 2000/18/038, abgesprochen worden ist, vergleichbar ist. Von einer allgemein geltenden Rückwirkung des Urteiles der Europäischen Gemeinschaften kann daher nicht gesprochen werden.

 

Hinsichtlich des erst in der Berufung vom 22.03.2001 vorgebrachten Berichtigungsbescheides der Gemeinde Ainet vom 05.02.2001 sowie der Vereinbarung mit der Abgabenbehörde zwecks Einkaufsversteuerung ist anzuführen, dass gemäß § 69 Abs2 AVG der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen vom Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich vom Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung oder mündlichen Verkündung des Bescheides bei der Behörde einzubringen ist, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

 

Auf dem vom Beschuldigten vorgelegten Berichtigungsbescheid ist offenbar vom Beschuldigten das Zustelldatum mit 06.02.2001 vermerkt worden. Eine Anfrage bei der Gemeinde Ainet hat ergeben, dass an diesem Tag tatsächlich dem Beschuldigten dieser Berichtigungsbescheid zugestellt worden ist. Somit ist der diesbezügliche Antrag schon als verspätet zu betrachten, zumal ein solcher Antrag bis 20.02.2001 zu stellen gewesen wäre. Gleiches gilt für die erst in der Berufung behauptete Vereinbarung mit der Abgabebehörde zwecks Einkaufsversteuerung, wobei anzuführen ist, dass der Beschuldigte im Antrag auf Wiederaufnahme betreffend die Verfahren der Bezirkshauptmannschaft Lienz zu Zl A-705/99 und Zl A-973/99 behauptet hat, dass seit März 1994 eine Vereinbarung gemäß § 14 des Tiroler Getränkesteuergesetzes, LGBl Nr 88/1993 zwischen ihm als Steuerpflichtigen und der Abgabenbehörde bestehe. Somit liegt klar auf der Hand, dass auch der mit diesem Umstand begründete Wiederaufnahmeantrag schon als verspätet anzusehen war. Hinzu kommt, dass der Beschuldigte keinerlei Begründung dargelegt hat, warum ihn an der Nichtgeltendmachung dieses Umstandes im Bezug habenden Verwaltungsstrafverfahren kein Verschulden treffe, zumal die behauptete Vereinbarung schon aus dem Jahre 1994 datiert.

 

Somit war der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid keine Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Änderung, Rechtslage, Wiederaufnahmegrund
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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