Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch die Kammer 6, bestehend aus der Kammervorsitzenden Dr. Martina Strele, dem Berichterstatter Dr. Alfred Stöbich sowie dem weiteren Mitglied Dr. Margit Pomaroli, über die Berufung des W.N. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 31.10.2000, Zl. 4-St-60191/98, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind S 3.000,- (EUR 218,02) zu bezahlen.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde Herrn W.N. vorgeworfen, er habe im Dezember 1999 im südlichen Grenzbereich zwischen Gp. X und Y, beide KG Imst (Eigentümer: J.N.), im Bereich des Böschungsfußes des dort befindlichen Humushaufens Klärschlamm in einer Menge von ca. 80 Kubikmeter Klärschlamm abgelagert bzw mit Humus vermengt eingeackert und somit betriebliche Abfälle unbefugt abgelagert.
Der Beschuldigte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 27 Abs 1 lit f Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz 1990, LGBl Nr 50/1990, idF LGBl Nr 76/1998 (TAWG) begangen und wurde über ihn gemäß § 27 Abs 2 TAWG eine Geldstrafe von S 15.000,- (EUR 1090,09), Ersatzfreiheitsstrafe 15 Tage, verhängt. Auch wurde ein Beitrag zu den Verfahrenskosten I. Instanz in Höhe von S 1.500,-
(EUR 109,01) festgesetzt.
Dagegen erhob der Berufungswerber fristgerecht Berufung und führte unter Verweis auf seine Stellungnahme vom 15.06.2001 begründend aus, es treffe zu, dass von ihm die besagten 80 Kubikmeter mit Humus vermengt und eingeackert worden seien. Allerdings handle es sich dabei nicht um eine unbefugte Ablagerung betrieblicher Abfälle. Ein untersuchtes Klärschlamm-Humusgemisch sei kein betrieblicher Abfall, sondern eine einmalige Düngergabe. Die Klärschlämme (60 Kubikmeter aus ARA Imst und 20 Kubikmeter aus ARA Nauders) seien laut der Behörde vorliegenden Untersuchungen für diese Ausbringungsweise in der Landwirtschaft geeignet. Dies habe der Berufungswerber am 25.01.2001 unter Beisein des Herrn Mag. M., des Herrn Mag. S. und des Amtsarztes Herrn E. bei einem Lokalaugenschein der Behörde bereits mitgeteilt und damals auch angeboten, die 80 Kubikmeter Klärschlamm zu entfernen, sollten diese für die Ausbringung nicht geeignet sein. Die zuständigen Beamten hätten dem Berufungswerber sodann mitgeteilt, er könne das Material liegen lassen.
Jedenfalls sei der Klärschlamm aber laut vorliegenden Befunden für eine Verwertung in der Landwirtschaft geeignet. Dieses Material sei ordnungsgemäß zwischengelagert und mittlerweile nach den Richtlinien entsprechend verarbeitet und eingebaut worden. Es sei eine Vermischung mit lehmigem Boden beabsichtigt gewesen, um diesen für die landwirtschaftliche Nutzung zu verbessern. Der Berufungswerber bestreite keinesfalls, diese Maßnahmen im Auftrag des Grundbesitzers J.N. durchgeführt zu haben.
Im Dezember 1999 wurden vom Berufungswerber ca. 80 Kubikmeter mit Mist und Humus vermischter Klärschlamm, welcher aus den Kläranlagen Imst (60 Kubikmeter) und Nauders (20 Kubikmeter) stammt, am Fuße des Humushaufens im Bereich der Gp. X unterhalb des Sportzentrums Imst mit einem Bagger eingegraben (Lichtbild 2, 7 und 8). Die Gp. X, KG Imst, steht im Eigentum des Josef Neururer. Eine Untersuchung des betroffenen Bodens wurde im Februar 2001 anläßlich der Rekultivierung der landwirtschaftlichen Grundstücke des Herrn J.N. durch den gerichtlich beeideten Sachverständigen ÖkRat Landwirtschaftsmeister H. S. durchgeführt. Vor der Einbringung des Klärschlammes in den Boden der Gp. X wurde eine Untersuchung des Bodens entsprechend der Richtlinie für die Ausbringung von Klärschlamm auf Böden nicht durchgeführt. Der eingebrachte Klärschlamm war aus seuchenhygienischer Sicht zur Verwertung geeignet. Die gesetzlich vorgegebenen Schwermetallgrenzwerte wurden ebenfalls nicht überschritten (Beilagen ./1 und ./2). Durch die Eingrabung des Klärschlammes kam es zu keiner Schädigung der Vegetation, hingegen lag eine Gefährdung des Grundwassers speziell durch Verschmutzung mit organischen Schafstoffen vor.
Der Berufungswerber bestreitet nicht, dass er 80 Kubikmeter Klärschlamm mit Humus vermischt und ?eingeackert? hat. Er bestreitet jedoch, dass es sich dabei um eine unbefugte Ablagerung von Abfällen handle bzw ein Klärschlamm-Humusgemisch betrieblichen Abfall darstelle, sondern es handle sich um eine einmalige Düngergabe. Dieser Ansicht des Berufungswerbers kann nicht gefolgt werden.
Gemäß § 2 Abs 4 TAWG sind betriebliche Abfälle alle dem TAWG unterliegenden Abfälle mit Ausnahme von Haushaltsmüll. Zweifelsohne ist davon auszugehen, dass Klärschlamm als betrieblicher Abfall zu werten ist. Dass dieser Klärschlamm mit Humus und Mist vermischt wurde, vermag daran nichts zu ändern. Gemäß § 10 TAWG müssen Abfälle nach den Bestimmungen des TAWG gesammelt und abgeführt werden. Nach Abs 2 lit b leg cit gilt diese Verpflichtung nicht für jene betrieblichen Abfälle, die einer Verwertung zugeführt werden oder in einer Anlage des Betriebsinhabers zulässigerweise behandelt oder abgelagert werden. Unter Verwertung ist die Gewinnung von Sekundärrohstoffen oder von Energie von Abfällen zu verstehen. Nicht verwertbare betriebliche Abfälle, mit Ausnahme von Inertabfällen und Baurestmassen, sind zu jener öffentlichen Behandlungsanlage oder öffentlichen Deponie abzuführen, in deren Entsorgungsbereich der Betrieb liegt. Grundsätzlich ist eine Verwertung von Klärschlamm auch in der Landwirtschaft zulässig. Wie dies die Erstbehörde zutreffend angemerkt hat, war eine Verwertung des Klärschlammes nur nach Maßgabe der zum Zeitpunkt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung geltenden Richtlinien des Amtes der Tiroler Landesregierung für die Ausbringung von Klärschlamm auf Böden zulässig.
Zwar war aufgrund der vorgelegten Prüfzertifikate des Klärschlammes (Beilagen ./1 und ./2) - wenn auch im Zweifel, da eine genaue Zuordnung des geprüften Schlammes nicht möglich war - davon auszugehen, dass der gegenständliche Klärschlamm entsprechend diesen Richtlinien stabilisiert und entseucht worden und insofern auch eine Ausbringung auf Böden grundsätzlich zulässig war. Von einer einmalige Düngergabe kann jedoch keine Rede sein. Einem Abnehmer von Klärschlamm obliegt nämlich die Pflicht, den Klärschlamm nach den Regeln der Düngepraxis auszubringen und muß danach der Klärschlamm gleichmäßig auf den Düngeflächen verteilt werden. Dieser Vorgehens-weise hat der Berufungswerber durch Vermischen und Vergraben des Klärschlammes nicht entsprochen und ist in dieser Handlungsweise eine Ausbringung einer einmalige Düngergabe keinesfalls ersichtlich. Es ist vielmehr von einer unzulässigen Ablagerung des Klärschlammes durch Vergraben am Böschungshang auszugehen.
Von einer Rekultivierung kann deshalb nicht gesprochen werden, weil der Hang, an welchem der Klärschlamm eingebracht wurde, bereits bewachsen war, es ist deshalb nicht weiter darauf einzugehen. Aber selbst dann, wenn man unter Rekultivierung eine Verbesserung eines bereits bestehenden Bodens verstehen wollte, kann gegenständlich dennoch nicht von einer ?Rekultivierung? ausgegangen werden, da eine solche durch Aufbringen einer Schichte von Material von 35 - 40 cm durchgeführt werden müßte, wie dies der Sachverständige ÖkRat S. in seinem Gutachten zur Erstellung eines Saatbeetes beschreibt. Eine ?Rekultivierung? in diesem Sinne macht nur flächendeckend Sinn und kann im Vergraben des Klärschlammes im Böschungshang eine solche Vorgehensweise nicht erblickt werden.
Insofern steht aber außer Zweifel, dass gegenständlich nicht eine einmalige Düngergabe, sondern eine unbefugte Ablagerung von betrieblichen Abfällen durchgeführt wurde und der Berufungswerber insofern objektiv eine Verwaltungsübertretung nach § 27 Abs 1 lit f TAWG begangen hat. Daran ändert nichts, dass der Berufungswerber die Entfernung des vergrabenen Klärschlammes angeboten hat.
Was die subjektive Tatseite betrifft, ist zunächst auszuführen, dass für die Verwirklichung der angelasteten Übertretung nicht vorsätzliches Verhalten erforderlich ist, sondern bereits Fahrlässigkeit ausreicht. Fahrlässigkeit ist gemäß § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Dies vermochte der Berufungswerber im gegenständlichen Fall aus oben erwähnten Gründen nicht und ist ihm sein Verhalten zumindest als fahrlässiges Verschulden anzulasten. Einen Schuldausschließungsgrund bildet nur der unverschuldete Rechtsirrtum, ein solcher liegt jedoch nicht vor. Der Berufungswerber hätte erkennen müssen, dass durch das Vergraben von Klärschlamm nicht eine zulässige Verwertung in Form einer Düngung erfolgt, sondern dadurch der Klärschlamm unzulässigerweise abgelagert wird.
Zur Strafbemessung:
In Bezug auf die Strafhöhe wird zunächst auf die Ausführungen im angefochtenen Straferkenntnis verwiesen. Nach § 19 Abs 1 VStG ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Zwar wurde durch die Ablagerung des Klärschlammes der Vegetation kein Schaden zugefügt, hingegen war dadurch eine Gefährdung des Grundwasser speziell durch Verschmutzung mit organischen Schadstoffen gegeben. Erschwerend und mildernd war nichts. Die verhängte Geldstrafe erscheint somit auch unter Berücksichtigung der Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Berufungswerbers als schuld- und tatangemessen.