Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Siegfried Denk über die Berufung von Frau I.M., D-, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 22.08.2001, Zahl VST- 199883/01, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Abs 3 Z 3 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind S 300,-- (EUR 21,80), zu bezahlen.
Im Hinblick auf § 44a Z 1 VStG hat es bezüglich des Tatzeitpunktes zu lauten wie folgt: am 29.03.2001 um ca 15.30 Uhr
Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde die Berufungswerberin für schuldig erkannt, sie habe am 29.03.2001 um 15.30 Uhr in Gries am Brenner auf der A13 bei km 29,5 in Richtung Norden das Sattelzugfahrzeug, Kennzeichen XXX, mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t gelenkt und das deutlich sichtbar aufgestellte Verbotszeichen Überholen für Lastkraftfahrzeuge verboten nicht beachtet, weil mit einem Lastkraftfahrzeug mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt worden sei.
Dadurch habe die Berufungswerberin gegen § 52 lit a Z 4c StVO verstoßen, weshalb über sie gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe von S 1.500.-- (EUR 109,01) verhängt wurde.
Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Berufungswerberin fristgerecht Berufung und brachte im Wesentlichen vor, dass sie nachweislich erst um 15.31 Uhr am Brenner eingereist sei. Dies würde durch die übermittelte Kopie, die die Abbuchung der Ökopunkte belegt, eindeutig bewiesen. Sie müsste daher gegen die Zeit gereist sein, wenn sie um 15.30 Uhr bei Gries überholt haben soll und eine Minute später erst am Brenner eingereist sei. Desweiteren sei ab der Rastanlage Gries in Richtung Norden das Überholverbot ohnehin aufgehoben. Auch aus diesem Grund sei der Vorwurf nicht haltbar.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen:
Da die Voraussetzungen des § 51e Abs 3 Z 3 VStG vorlagen, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung abgesehen werden.
Der Berufung kommt keine Berechtigung zu.
Die Berufungswerberin beschränkt sich in ihrer Rechtfertigung darauf, dass beim ihr vorgeworfenen Tatort kein Überholverbot mehr bestünde und dass der Tatzeitpunkt nicht zutreffen könne. Dass sie am 29.03.2001 auf der A13, der Brennerautobahn, bei km 29,5, in Richtung Innsbruck, ein Lastkraftfahrzeug überholt hat, ergibt sich aus der Anzeige des Landesgendarmeriekommando für Tirol, Verkehrsabteilung, Außenstelle 6141 Schönberg iSt, vom 03.04.2001, GZP 3046/01 und wird von ihr auch nicht ausdrücklich bestritten.
Zum ersten Einwand ist anzumerken, dass es amtsbekannt ist, dass auf der A13, der Brennerautobahn auf der gesamten Richtungsfahrbahn Innsbruck ein Überholverbot für Lastkraftfahrzeuge mit einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t besteht.
Dem Einwand der Berufungswerberin, sie könne zum festgestellten Tatzeitpunkt die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung gar nicht begangen haben, ist Folgendes zu erwidern:
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl VwGH 13.06.1984, Slg Nr 11.894/A) ist der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses der(m) Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass sie(er) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, die(den) Beschuldigte(n) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zu Verantwortung gezogen zu werden. Nach diesen Gesichtspunkten ist jeder konkrete Fall eigens zu prüfen, d. h. bei der Konkretisierung der Tatzeit sind die Anforderungen je nach Delikt und Begleitumständen verschieden.
Im gegenständlichen Fall ist es zwar richtig, dass die Berufungswerberin am 29.03.2001 erst um 15.31 Uhr am Brennerpass eingereist ist und daher der Tatzeitpunkt mit 15.30 Uhr nicht zutreffen kann. Diese Tatsache ist durch die im Akt befindliche Frächterabfrage bezüglich der Abbuchung von Ökopunkten bei der Bundeswirtschaftskammer vom 06.08.2001 und durch eine zusätzliche Anfrage der Berufungsbehörde bei der Fa. Kapsch vom 03.10.2001 belegt. Der Tatort der Verwaltungsübertretung befindet sich auf der A13, der Brennerautobahn, bei km 29,5 in Fahrtrichtung Innsbruck. Der Lichtschranken, durch den die Abbuchung der Ökopunkte aktiviert wird, befindet sich bei km 33,5 in Fahrtrichtung Innsbruck, also 4 km vorher. Nimmt man nun eine ohnehin geringe Fahrtgeschwindigkeit von 80 km/h an, so wird diese Fahrtstrecke von 4 km in 3 Minuten zurückgelegt. Dies würde bedeuten, die Verwaltungsübertretung hat um 15.34 stattgefunden.
Durch eine im Bereich weniger Minuten liegende Ungenauigkeit bei der Angabe des Tatzeitpunktes ist die Berufungswerberin aber weder in ihren Verteidigungsrechten beschränkt, noch besteht die Gefahr einer Doppelbestrafung. Für das Vorliegen einer tauglichen Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs.2 VStG kam es daher im gegenständlichen Fall nicht auf die exakte Angabe der jeweiligen Minute an. Somit war die Berufungsbehörde auch berechtigt, den Spruch hinsichtlich des Tatzeitpunktes zu präzisieren.
Der begangenen Verwaltungsübertretung wohnt ein hoher Unrechtsgehalt inne, denn die missachtete Bestimmung dient sowohl der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs als auch der Verkehrssicherheit und über dieses Interesse hat sich die Berufungswerberin durch ihr zumindest fahrlässiges Verhalten hinweggesetzt. Mit S 1.500.-- (EUR 109,01) wurden lediglich 15 % des gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO vorgesehenen Strafrahmens von S 10.000.-- (EUR 726,73) ausgeschöpft. Es kann daher nicht davon gesprochen, dass die verhängte Geldstrafe zu hoch ausgefallen wäre.
Da die Berufungswerberin die Höhe der verhängten Geldstrafe im Hinblick auf ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekämpft hat, ist davon auszugehen, dass diese diesen entspricht.