TE UVS Steiermark 2001/10/05 20.14-7/2001

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Veröffentlicht am 05.10.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied r. Monika Gasser-Steiner über die Beschwerde des A T, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W V, G, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt, in eventu Beschwerde nach dem SPG, wie folgt entschieden:

Die Beschwerde und die Eventualbeschwerde werden als unzulässig zurückgewiesen.

Rechtsgrundlagen: Art 129 Abs 1 Ziff 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Ziff 2 AVG, § 88 Abs 1, Abs 2 und Abs 4 SPG

Gemäß § 79a Abs 3 iVm Abs 1 AVG wird der vom Beschwerdeführer beantragte Kostenersatz abgewiesen.

Text

I.)Am 9. Mai 2001 langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark die Beschwerde des A T ein, die sich gegen eine durch ein Organ des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz, erstellte Niederschrift vom 12.4.2001 richtet. Im wesentlichen wird nachstehender Sachverhalt geschildert:

Der Beschwerdeführer sei liberianischer Staatsangehöriger. Mit Bescheid vom 6.2.2001 zur Zahl: 209.606/0-XII/36/99 habe der Unabhängige Bundesasylsenat rechtskräftig festgestellt, dass dem Beschwerdeführer kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukomme. Dem Bescheid sei ein 6-jähriges Asylverfahren vorausgegangen.

Am 12.4.2001 sei der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde erschienen, um nachzufragen, wie die rechtliche Vorgangsweise wäre, seine Familie aus dem Titel des Familiennachzuges nach Österreich zu bringen. Diese Auskunft sei dem Beschwerdeführer nicht erteilt worden. Die belangte Behörde habe allerdings nicht nur die gewünschte Auskunft nicht erteilt, sondern habe sie den Beschwerdeführer einer detaillierten, fast drei Stunden dauernden Einvernahme unterzogen, ohne dass dem Beschwerdeführer, geschweige denn dem rechtsfreundlichen Vertreter, für diese Einvernahme eine Ladung - weder eine einfache Ladung noch einen Ladungsbescheid - übermittelt worden sei. Hierbei sei darauf hinzuweisen, dass der belangten Behörde seit Einbringung des Asylantrages bekannt sei, dass der nunmehrige Vertreter des Beschwerdeführers diesen im gesamten Asylverfahren rechtsfreundlich vertreten habe und vertrete. Eigenartigerweise habe sich die belangte Behörde nicht einmal eines Dolmetsch bedient, obwohl bei sämtlichen bisherigen Einvernahmen die Beiziehung eines Dolmetsch notwendig gewesen sei; der Beschwerdeführer spreche nur mangelhaft Deutsch. Die durchgeführte Einvernahme habe sich nahezu als kriminalpolizeiliches Verhör gestaltet, wobei der Beamte der belangten Behörde darauf hin arbeiten habe wollen, dass die Identität des Beschwerdeführers nicht stimme. Nachdem der Beschwerdeführer zu Beginn seiner rechtswidrigen Einvernahme einige Ausführungen zu seiner Frau und seinen Kindern getätigt habe, habe die belangte Behörde begonnen, ihn eingehendst zu seinem Stamm zu befragen. Gezählte 36 Fragen habe der Referent der belangten Behörde dem Beschwerdeführer gestellt, ohne ihn auf seine Rechte hinzuweisen. Am Beginn der Niederschrift sei zwar vermerkt, dass der Leiter der Amtshandlung den Beschwerdeführer auf die Folgen falscher Angaben aufmerksam gemacht habe, welche Folgen dies wären, sei der Niederschrift nicht zu entnehmen. Es sei davon auszugehen, dass die belangte Behörde den Beschwerdeführer habe einschüchtern wollen. Bezeichnenderweise sei der Beschwerdeführer auch davon ausgegangen, dass er einer polizeilichen Vernehmung ausgesetzt sei; er habe den Referenten der belangten Behörde als Polizisten angesehen. Der Beschwerdeführer habe im Rahmen der Einvernahme Skizzen von Monrovia zeichnen bzw. auch diverse Worte aufschreiben müssen. Der Zwangscharakter der Einvernahme werde daraus ersichtlich, dass der eingeschüchterte Beschwerdeführer die geforderten Skizzen anfertigte bzw. mehrmals "Oh God" sprach, woraus eindeutig zu ersehen sei, dass die Einvernahme nicht freiwillig erfolgt sei. Der Beschwerdeführer sei auch angehalten worden, einen Umschlag mit einer liberianischen Adresse zu versehen bzw. sei er aufgefordert worden, in seiner Heimatsprache von 1 bis 10 zu zählen. Diese Vorgangsweise der belangten Behörde sei nicht tolerabel, und der Beschwerdeführer fühle sich auch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung seines Privatlebens gemäß Artikel 8 EMRK verletzt. Während der Einvernahme sei ein Tonbandgerät verwendet worden, um die Sprache des Beschwerdeführer zwecks einer Sprachanalyse aufzunehmen. Der Beschwerdeführer erachte sich auch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Achtung seiner körperlichen Integrität verletzt, da die Durchführung einer Sprachanalyse analog einer DNA- Analyse als derartiger Eingriff zu werten sei. Der Beschwerdeführer habe nie ein Einverständnis zur Sprachaufnahme gegeben und sei ein solches konkludent wohl kaum anzunehmen. Die belangte Behörde hätte immer darauf hinweisen müssen, dass den Beschwerdeführer keinesfalls eine Pflicht treffe, diesen Anordnungen Folge zu leisten. Der Beschwerdeführer sei auch in seinem verfassungsgesetzlich gewährleistetem Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden, nachdem der Beschwerdeführer nahezu 3 Stunden ohne Rechtsgrundlage einvernommen worden sei. Es sei von einem Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsgewalt auszugehen, nachdem der Einvernahme kein Bescheid vorausgegangen sei. Eine normative Anordnung im Sinne eines Befehls liege vor, zumal zum einen der Beschwerdeführer das Organ der belangten Behörde als Polizisten angesehen und zum anderen dieser tatsächlich normative Anordnungen getroffen habe. Die Verwendung eines Tonbandgerätes zum Zwecke einer Sprachanalyse bei einem anerkannten Flüchtling, der noch dazu ständig rechtsfreundlich vertreten sei, sei immer eine Maßnahme gemäß § 88 (1) SPG. Sollte der Unabhängige Verwaltungssenat zu dem Schluss kommen, dass keine Maßnahme im Sinne des § 88 (1) SPG vorliege, werde vorgebracht, dass immer § 88 (2) SPG zur Anwendung komme. Die belangte Behörde erfülle Agenden der Sicherheitsverwaltung gemäß § 2 (1) SPG. Damit seien im weitesten Sinne alle hoheitlichen Verwaltungstätigkeiten im Bereich der Sicherheitsverwaltung erfasst. Der Einführungserlass zu § 88 (2) SPG normiere, dass die Missachtung von Rechten nach § 30 SPG bei der Ausübung von Befugnissen im Rahmen der Sicherheitsverwaltung von dieser Bestimmung umfasst sei. Dem Beschwerdeführer sei nicht einmal Anlass und Zweck seiner Einvernahme bekannt gegeben worden. Der Beschwerdeführer beantragte, der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark möge a.) eine Verhandlung anberaumen, b.) die durch ein Organ der belangten Behörde durchgeführte Niederschrift vom 12.4.2001 beginnend um 8.15 Uhr bis 11.00 Uhr für rechtswidrig erklären, c.) die belangte Behörde zum Kostenersatz verpflichten. II.) In ihrer Stellungnahme vom 13. Juni 2001 vertrat die belangte Behörde in erster Linie die Auffassung, der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark sei aus § 88 SPG nicht zuständig. Das SPG lege in den einschlägigen Bestimmungen eindeutig fest, dass der Prüfung durch die UVS nur die Rechtsmäßigkeit sicherheitspolizeilicher Maßnahmen (inklusive sicherheitspolizeilicher Befehls- und Zwangsgewalt) unterliege. Das Bundesasylamt sei weder eine Sicherheitsbehörde im Sinne des § 2 Abs 1 und § 4 SPG, noch erfülle es Aufgaben im Rahmen der Sicherheitsverwaltung. Hätte der Gesetzgeber die Geltung des SPG auch für das Asylverfahren einführen wollen, so hätte es weder des Verweises im § 27 Abs 3 Asylgesetz auf die Richtlinien zur Durchführung von Einvernahmen noch des ausdrücklichen Verweises in § 35 Asylgesetz letzter Satz "die §§ 65 Abs 4, 77 und 78 SPG gelten" bedurft. Gerade letzterer Beweis lasse argumentum e contrario den Schluss zu, dass das SPG auf das Asylverfahren grundsätzlich - mit Ausnahme des besonders geregelten Falles des § 35 Asylgesetzes - keine Anwendung finde. Selbst wenn man die Zuständigkeit des UVS als gegeben ansehen würde, sei die Maßnahmenbeschwerde ohne Grundlage. Der Asylwerber sei aus freien Stücken in das Bundesasylamt gekommen, um eine Nachzugsfrage zu klären. Da sich während des Gespräches Zweifel an der tatsächlichen Herkunft des Beschwerdeführers ergäben hätten, sei zur näheren Klärung der Umstände des Asylerstreckungsverfahrens eine Einvernahme durchgeführt worden, an der der Beschwerdeführer freiwillig teilgenommen habe. Dass vonseiten des Bundesasylamtes "Zwang" ausgeübt worden wäre, werde nicht behauptet. Die Behauptung, der Beschwerdeführer hätte den einvernehmenden Beamten für einen Polizeibeamten gehalten, erweise sich als unschlüssig, sei doch bereits das Asylverfahren erster Instanz im Bundesasylamt Graz durchgeführt worden und sei der Beschwerdeführer mit einem Auskunftsbegehren, eine Asylfrage betreffend, gekommen. Die Aufgabenstellung der Behörde sei dem Beschwerdeführer daher offensichtlich bekannt gewesen. Weder sei der Beschwerdeführer eingeschüchtert worden, noch seien die aufgezählten Handlungen (Tonbandaufnahme, Zählen, Schreiben) während der fraglichen Einvernahme erzwungen worden. Dem Beschwerdeführer sei es jederzeit freigestanden, die Einvernahme zu beenden, die Aufzeichnungen zu verweigern und das Tonband, welches er selbst während der Aufnahme in der Hand gehalten habe, wegzugeben. Bei der Einvernahme habe es sich aber auch nicht um eine schlichte Maßnahme, sondern um ein Ermittlungsverfahren im Sinne des § 39 Abs 2 AVG gehandelt. Auf Grund der Ergebnisse der Einvernahme sei der Akt an den für eine Wiederaufnahme des Verfahrens zuständigen Unabhängigen Bundesasylsenat weitergeleitet worden. Zu dieser Anregung auf Wiederaufnahme des Verfahrens sei das Bundesasylamt als Organpartei im Verfahren vor dem Unabhängigen Bundesasylsenat berechtigt. Die vom Bundesasylamt gesetzten Verfahrenshandlungen sind demnach Ermittlungshandlungen einer Verwaltungsbehörde in einem mit Bescheid abzuschließenden Verfahren. Das Bundesasylamt beantragte 1.) die Beschwerde mangels Zuständigkeit zurückzuweisen, in eventu 2.) die Beschwerde abzuweisen, in eventu 3.) eine mündliche Verhandlung anzuberaumen. Der Stellungnahme wurden die in Beschwerde gezogene Niederschrift vom 12.4.2001 und der an den Unabhängigen Bundesasylsenat gestellte Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens beigelegt. III.) Am 28. August und 5. Oktober 2001 fand vor dem Senat unter Mitwirkung der Parteienvertreter eine mündliche Verhandlung statt. An beiden Verhandlungsterminen ist der Beschwerdeführer trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen. Der Rechtsvertreter entschuldigte den Beschwerdeführer zum ersten Termin, dieser habe das Datum der Verhandlung verwechselt - er sei anstatt am 28.8.2001 am 29.8.2001 morgens in der Kanzlei des Rechtsvertreters erschienen. Der Grund für das Nichterscheinen zum zweiten Verhandlungstermin - dieser Termin wurde eigens zur Einvernahme des Beschwerdeführers anberaumt - blieb ungeklärt. Mag. N W - er war seinerzeit der amtshandelnde Beamte - wurde zum Zustandekommen der Niederschrift befragt. Der Zeuge gab an, es hätten sich für ihn im Zuge des Gespräches mit dem Beschwerdeführer - dieser habe im Bundesasylamt einen Antrag auf Familienzuzug stellen wollen - anhand der Daten im AIS-System Verdachtsmomente ergeben, dass der Beschwerdeführer nicht aus Nigeria stamme. Er habe ihm daraufhin gesagt, dass es zu überprüfen gelte, ob er tatsächlich Nigerianer sei. Er habe den Beschwerdeführer aufgefordert, an einer Niederschrift teilzunehmen und sei diese Niederschrift - teils auf Deutsch, teils auf Englisch durchgeführt worden.

Verständigungsschwierigkeiten hätten sich keine ergeben, weshalb er die Beiziehung eines Dolmetschers als für nicht erforderlich erachtet habe. Die Niederschrift habe der Zeuge selbst geschrieben und habe dazu ein im Computer eingespieltes Formular für eine normale Asyleinvernahme verwendet. Dies erkläre auch den Umstand, warum die Niederschrift eine Belehrung des Beschwerdeführers, seine Angaben müssen der Wahrheit entsprechen, enthalte. Der Zeuge habe offenbar übersehen, den Grund der Einvernahme in die Niederschrift aufzunehmen. Über den gesamten Zeitraum der Amtshandlung - sie habe um 8.15 Uhr begonnen und etwa um 11.10 Uhr geendet - habe der Berufungswerber keine Unmutsäußerungen abgegeben. Insbesondere habe er an der Tonbandaufnahme, die nach dem Ende des Gespräches laut Niederschrift erfolgt sei, mitgewirkt. Ohne sein Mitwirken wäre eine solche Tonbandaufnahme - der Zeuge habe sie zum Zweck einer Sprachanalyse aufgenommen - nicht möglich gewesen. Hätte der Beschwerdeführer nicht mitwirken wollen, hätte er nichts machen können. An eine Ladung des Beschwerdeführers unter Angabe des Gesprächsgegenstandes habe er nicht gedacht. Er habe den Beschwerdeführer in der Einleitungsphase zur Niederschrift gefragt, ob er einen Rechtsvertreter habe. Diese Frage habe er verneint. Da er gerade Zeit gehabt habe, habe er die Einvernahme gleich durchgeführt. Der Beschwerdeführer habe in keiner Phase des Gespräches nach dem Grund der Niederschrift gefragt. Er habe auch nie einen Vertreter verlangt. Er habe nie gesagt, dass er jetzt nicht mehr weitermachen wolle, den Raum verlassen wolle und dergleichen. Die in die Niederschrift aufgenommen Worte des Beschwerdeführers Scheiße , "Oh God" habe der Zeuge so verstanden, dass sich die Partei ertappt gefühlt habe. Mit der Tonbandaufnahme habe er ein zusätzliches Beweismittel schaffen wollen. Die Tonbandaufnahme sei so zustande gekommen, dass er zu Beginn das Diktiergerät in der Hand gehabt und die Einleitungssätze gesprochen habe. Dann habe er das Gerät für die Aufnahme dem Beschwerdeführer übergeben, der es während der ganzen Aufnahme bei sich gehabt habe. Ob eine Sprachanalyse gemacht werde, habe der UBAS zu entscheiden, dem die Niederschrift verbunden mit einem Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens vorgelegt worden sei. Der Vertreter der belangten Behörde brachte die Tonbandaufnahme in Kopie mit. Das Band - es hatte die Länge von etwa einer viertel Stunde - wurde in der Verhandlung abgespielt. Der Inhalt des Bandes deckt sich teilweise mit dem Inhalt der Niederschrift. Von der Stimmung her handelt es sich um ein normal geführtes Gespräch ohne Besonderheiten. Insbesondere gibt es keine Hinweise auf Ausübung von Druck seitens des Beamten auf den Beschwerdeführer oder auf Verständigungsschwierigkeiten. IV.) Die rechtliche Beurteilung ergibt Folgendes: Gemäß Art 129 a Abs 1 Ziff 2 B-VG iVm. § 67 a Abs 1 Z 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes. Die Zuständigkeit des Senates zur Prüfung der Beschwerde ergibt sich unmittelbar aus den obigen Bestimmungen. § 88 Abs 1 SPG gibt lediglich den Inhalt dieser verfassungsrechtlich fixierten Zuständigkeit der UVS in einer auf die Sicherheitsverwaltung zugeschnittenen Formulierung wieder, der keine eigenständige normative Kraft zukommt. Die Beschwerde langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 9. Mai 2001 ein und bezieht sich auf einen Vorfall vom 12.4.2001. Die Frist des § 67 c Abs 1 AVG für die Einbringung der Beschwerde vom Beschwerdeführer ist somit gewahrt worden. Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt liegt nach der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts dann vor, wenn die gesetzte Maßnahme Befehls- und Zwangscharakter trägt. Dieser fehlt bei Akten, die mit Zustimmung des Betreffenden gesetzt werden und bei denen Zwang weder ausgeübt noch angedroht wird (vgl. VSlg. 12791/1991). Hiebei kommt es darauf an, dass der Betreffende die Aufforderung des Organes zu einem bestimmten Verhalten nach eigenem Gutdünken unerfüllt lassen kann, ohne Gefahr zu laufen, dass er unverzüglich physischem (Polizei-)Zwang unterworfen wird, um den gewünschten Zustand herzustellen. Der Beschwerdeführer hat sich - aus welchen Gründen auch immer - am Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat nicht beteiligt, obwohl ihm durch die Vertagung der Verhandlung eine zweite Chance hiefür geboten wurde. Daher war es auch nicht möglich, die Glaubhaftigkeit seiner Angaben aufgrund einer persönlichen Einvernahme zu beurteilen. Selbst wenn sie zuträfen, kann allein aus dem Umstand, dass der Beschwerdeführer den Aufforderungen nachkam (Anfertigen von Skizzen, Tonbandaufzeichnungen usw.) die Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht abgeleitet werden. Das gilt auch dann, wenn sich der Beschwerdeführer subjektiv eingeschüchtert fühlte, ohne dass entsprechende objektive Handlungen von Behördenseite gesetzt worden sind. Äußerungen wie "Oh God" haben für sich genommen keine Aussagekraft. Die Ermittlungen ergaben, dass der Beschwerdeführer - er ist anerkannter Flüchtling - von einem Beamten der Asylbehörde aufgefordert worden ist, an der Aufnahme einer Niederschrift und an der Erstellung einer Tonbandaufnahme mitzuwirken. Beide Mittel sollten dazu dienen, aufgetauchte Verdachtsmomente im Hinblick auf die Identität des Beschwerdeführers zu überprüfen und bei Erhärtung des Verdachtes eine Wiederaufnahme des bereits abgeschlossenen Asylverfahrens anzuregen. Der Beschwerdeführer ist diesen Aufforderungen freiwillig nachgekommen. Es haben sich keine Anhaltspunkte dafür gefunden, dass der Beschwerdeführer der Einvernahme oder der Tonbandaufnahme widersetzt, dagegen protestiert oder nur durch Androhung von Zwang mitgewirkt hat. Der Beschwerdeführer hat keine einzige konkrete Drohung oder einschüchternde Zwangsmaßnahme angeführt. Insgesamt besteht kein Widerspruch zwischen dem Beschwerdevorbringen und den Aussagen des Zeugen Mag. Westreicher im Verfahren. Auch den äußeren Rahmenbedingungen lässt sich kein Hinweis auf einen Zwangscharakter entnehmen. Der Beschwerdeführer befand sich in ihm bekannten Räumlichkeiten des Bundesasylamtes, Außenstelle Graz, die im Hause Grabenstraße 88 - im gleichen Hause befindet sich eine Stelle der Caritas - untergebracht sind. Er saß einem Beamten in Zivil gegenüber. Das etwa drei Stunden lang dauernde und durch eine Pause unterbrochene Gespräch fand in normalen Büroräumlichkeiten statt. Der Beschwerdeführer befindet sich seit einigen Jahren in Österreich; im Laufe des mehrjährigen Asylverfahrens hat er auch Erfahrung mit der Asylbehörde machen und seine Rechte kennen lernen können. Am Fehlen von Befehl und Zwang vermögen die behaupteten Rechtsverletzungen nichts zu ändern. Die unterlassene Ladung des Beschwerdeführers zwecks Einvernahme stellt keinen Eingriff in subjektive Rechte dar, weil es ihm mit oder ohne Ladung freigestanden wäre, in der gegebenen Situation jederzeit zu gehen. Gleiches gilt sinngemäß für den behaupteten Eingriff in das Recht auf persönliche Freiheit, der nur dann vorliegt, wenn der Wille der Behörde primär auf eine solche Freiheitsbeschränkung gerichtet ist. Eine mit einer Vernehmung einhergehende Ortsanwesenheit ohne Zwangscharakter stellt keinen solchen Eingriff dar. Ob nun die einzelnen an den Beschwerdeführer gerichteten Fragen und seine Behandlung quasi als "Asylwerber" situationsadäquat waren und den Verwaltungsverfahrensvorschriften entsprochen haben oder nicht, hat der Senat im Rahmen seiner Überprüfungskompetenz nach § 67a Abs 1 Ziff 2 AVG nicht zu beurteilen. Eine Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt enthält die in Beschwerde gezogene Amtshandlung nicht. Die Beschwerde war daher als unzulässig zurückzuweisen. Gemäß § 88 (2) SPG erkennen die Unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Menschen, die behaupten, auf andere Weise durch die Besorgung der Sicherheitsverwaltung in ihren Rechten verletzt worden zu sein, sofern dies nicht in Form eines Bescheides erfolgt ist. In der Frage, ob das Sicherheitspolizeigesetz und damit die in den §§ 88 ff festgelegten Rechtsschutzinstrumente auch auf das Asylverfahren anzuwenden sind oder nicht, folgt der Senat im Ergebnis den Ausführungen der belangten Behörde, die die Anwendbarkeit verneint. Nach § 1 leg. cit. regelt das SPG die Organisation der Sicherheitsverwaltung und die Ausübung der Sicherheitspolizei. Gemäß § 2 Abs 2 SPG besteht die Sicherheitsverwaltung aus der Sicherheitspolizei, dem Pass- und dem Meldewesen, der Fremdenpolizei, der Überwachung des Eintrittes in das Bundesgebiet und des Austritt aus ihm, dem Waffen-, Munitions-, Schieß- und Sprengmittelwesen sowie aus dem Pressewesen und den Vereins- und Versammlungsangelegenheiten. Die Sicherheitsverwaltung obliegt nach Abs 2 leg. cit. den Sicherheitsbehörden. Gemäß § 4 Abs 1 SPG ist oberste Sicherheitsbehörde der Bundesminister für Inneres. Ihm unterstellt besorgen Sicherheitsdirektionen, ihnen nachgeordnet Bezirksverwaltungsbehörden und Bundespolizeidirektionen die Sicherheitsverwaltung in den Ländern (Abs 2 und 3 leg. cit.). Asylangelegenheiten sind - und dies ergibt schon die Textinterpretation - weder funktionell noch organisatorisch dem Sammelbegriff Sicherheitsverwaltung zu unterstellen. Asylbehörden sind demnach auch keine Sicherheitsbehörden, die dem SPG unterliegen. Allein durch die Anwendbarkeit einzelner Bestimmungen des SPG über einen Verweis im Asylgesetz wird noch nicht das gesamte Asylverfahren vom Rechtschutz des SPG erfasst. Eine Anwendbarkeit des § 88 Abs 2 SPG wird durch einen Verweis nicht begründet. Soweit sich die Beschwerde daher auf diese Bestimmung stützt, war sie ebenfalls als unzulässig zurückzuweisen. Gemäß § 79 a Abs 3 AVG ist im Falle der Zurückweisung der Beschwerde die belangte Behörde obsiegende und der Beschwerdeführer unterlegene Partei. Ihm steht nach Abs 1 leg. cit. kein Anspruch auf Aufwandersatz zu. Der belangten Behörde als obsiegender Partei war mangels eines entsprechenden Antrages kein Kostenersatz zuzusprechen.

Schlagworte
Asylverfahren Einvernahme Zwangsgewalt Sicherheitsverwaltung Beschwerderecht
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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