Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Kammervorsitzenden Dr. Gert Ebner sowie durch die weiteren Mitglieder Dr. Siegfried Denk und Dr. Volker-Georg Wurdinger über die Berufung des Herrn B., vertreten durch den RA Dr. J., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 20.08.2001, ZI. OP-638- 2001, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Abs2 VStG wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die Geldstrafe von ATS 20.000,-- (EUR 1453,46) auf ATS 3.000,-- (EUR 218,02) und die Ersatzfreiheitsstrafe im Uneinbringlichkeitsfall von 5 Tagen auf 1 Tag herabgesetzt wird.
Gemäß § 64 Abs1 und 2 VStG wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit ATS 300,-- (EUR 21,80) (10 Prozent der verhängten Strafen), neu festgesetzt.
Der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses wird dahingehend richtiggestellt, als der Ausspruch über die Strafe nach § 23 Abs2 GütbefG idF BGBl I Nr 106/2001 erfolgt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 28.08.2001 zur ZI OP- 638-2001 wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 10.03.2001 als Lenker des auf die Firma M., zugelassenen Sattelkraftfahrzeuges, bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen S. (D) und dem Sattelanhänger mit dem amtlichen Kennzeichen S. (D), von Italien kommend eine ökopunktepflichtige Transitfahrt durch das Gebiet der Republik Österreich nach Deutschland durchgeführt und dabei weder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular noch eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt mitgeführt, wie anlässlich einer Kontrolle durch Bedienstete des Landesgendarmeriekommandos für Tirol, Verkehrsabteilung, Aussenstelle Schönberg am 10.03.2001 um 14.35 Uhr auf der A13 an der Hauptmautstelle Schönberg iSt bei km 10,8 im Gemeindegebiet von Schönberg iSt festgestellt worden sei. Durch das elektronische Abbuchungsgerät ECO-TAG sei keine Abbuchung von Ökopunkten erfolgt, weil laut elektronischem Abbuchungssystem der Frächter bzw. das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug gesperrt gewesen sei.
Dadurch habe er eine Übertretung nach § 23 Abs1 Z8 GütbefG, BGBl Nr 593/1995 idF der Novelle BGBl I Nr 17/1998 iVm Art1 Abs1 lita sowie Art2 Abs1 EG-VO Nr 3298/94 idF der EG-VO Nr 1524/96 idF der EG-VO Nr 609/2000 und EG-VO Nr 2012/2000 begangen und wurde über ihn gemäß § 23 Abs1 Z8 iVm § 23 Abs2 zweiter Satz GütbefG idF der Novelle BGBl I Nr 17/1998 eine Geldstrafe in Höhe von ATS 20.000,-- (EUR 1453,46), im Uneinbringlichkeitsfall 5 Tage Ersatzfreiheitsstrafe sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verhängt.
Dagegen erhob der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter fristgerecht Berufung und führte im Wesentlichen aus, dass die Auffassung vertreten werde, dass es in den Verantwortungsbereich des Fahrzeughalters falle, für das Vorhandensein von Ökopunkten zu sorgen. Dem Fahrzeugführes sei es nämlich nicht möglich, selbst bei Kenntnis vom Nichtvorhandensein von Ökopunkten - diese zu erwerben. Der Beschuldigte bringe monatlich lediglich DM 3.700,-- ins Verdienen und habe für seine Ehefrau sowie für fünf Kinder zu sorgen. Sollte es bei einer Bestrafung bleiben, so werde eine Anpassung an die Einkommensverhältnisse des Beschuldigten erbeten.
Beweis wurde aufgenommen durch die Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt.
Der Berufung kommt bezüglich der Strafhöhe Berechtigung zu.
Fest steht, dass der Beschuldigte am 10.03.2001 um 14.35 Uhr das Sattelzugfahrzeug Daimler, Kennzeichen S. (D) und den Sattelanhänger, Kennzeichen S. (D) mit einen höchstzulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 Tonnen auf der Brennerautobahn bei km 10,8 im Gemeindegebiet von Schönberg iSt in Richtung Innsbruck fahrend, lenkte. Der betreffende Frächter scheint im Zentralrechner der Ökopunktezentrale Österreichs als gesperrt auf, wodurch keine automatische Abbuchung von Ökopunkten erfolgte.
Das vom Beschuldigten gelenkte Fahrzeug wurde von GI E. und RI S. der VAASt Schönberg iSt angehalten und hinsichtlich der korrekten Abbuchung der Ökopunkte kontrolliert. Vom kontrollierenden Beamten wurde eine nachträgliche manuelle Abbuchung der Ökopunkte vorgenommen, wobei eine Bestätigung an den Beschuldigten ausgefolgt wurde. Das angeführte Fahrzeug wurde bis zum Abschluss der Amtshandlung am 12.03.2001 um 11.35 Uhr am Parkplatz Europabrücke vorläufig abgestellt. Im Zuge der Anhaltung gab der Beschuldigte an, dass ihm gesagt worden sei, dass genügend Ökopunkte vorhanden seien.
Mit Schreiben vom 03.05.2001 erhielt der Beschuldigte die schriftliche Aufforderung, sich zu dem ihm vorgeworfenen Sachverhalt zu rechtfertigen, woraufhin dieser angab, dass der Fahrzeughalter, also der Arbeitgeber für die Beschaffung der erforderlichen Unterlagen und Voraussetzungen zuständig sei und dafür hafte.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:
Gemäß Art1 Abs1 lita und b der EG-VO Nr 3298/94 idF Nr 609/2000 und Nr 2012/2000 hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs die nachstehend aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen. Hiebei handelt es sich entweder
a) um ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt
b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als Umweltdatenträger (ECO-TAG) bezeichnet wird.
Gemäß Art2 Abs1 der EG-VO Nr 3298/94, idF der Verordnungen Nr 1524/1996, Nr 609/2000 und Nr 2012/2000 wird bestimmt, dass die Ökopunkte durch Abstempeln der Ökokarte in einer Ökokarten-Abstempelmaschine, durch Abstempeln bei der Einreise durch die österreichische Grenzkontrolle an den Grenzen Österreichs, durch Abstempeln und Datieren der Ökokarte durch die innerstaatlichen Behörden des Güterkraftverkehrsunternehmens vor der Einreise in österreichisches Hoheitsgebiet oder durch Abstempeln der Ökokarte durch eine Behörde, die die Erstaktivierung der Umweltdatenträger vornimmt, zu entwerten sind.
Der Fahrzeuglenker eines in einem EU-Mitgliedsstaat oder in Österreich zugelassenen Lastkraftwagens hat bei jeder Transitfahrt, unabhängig davon, ob Österreich in einem beladenen oder entladenen Zustand durchfahren wird, die in den gesetzlichen Bestimmungen angeführten Unterlagen über die Entrichtung von Ökopunkten, vor Eintritt in das Hoheitsgebiet Österreichs zu besorgen, und während der gesamten Fahrt durch Österreich auf Verlangen den jeweiligen Kontrollbeamten vorzulegen.
Im gegenständlichen Fall wurde eine Transitfahrt vom Grenzübergang Brennerpaß bis zum Grenzübergang Kiefersfelden durchgeführt. Für eine derartige Transitfahrt wären entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen Ökopunkte zu entrichten gewesen.
Bei der gegenständlichen Übertretung handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, bei dem schon das bloße Zuwiderhandeln gegen die Vorschrift zur Begehung der Verwaltungsübertretung genügt. Das Tatbild besteht in einem bloßem Verhalten, ohne Merkmal des Erfolges. Sohin muss der Beschuldigte glaubhaft machen, dass ihn an der Übertretung der Verwaltungsnorm kein Verschulden trifft. Dies ist dem Beschuldigten aber nicht gelungen, da den Lenker eines auf Transitfahrt befindlichen Lastkraftfahrzeuges die Pflicht trifft, sich über die Bestimmungen und die damit zusammenhängenden Erfordernisse und Pflichten zu informieren, die im jeweiligen Land, das er passiert, Geltung haben. Die Verpflichtung, im Falle einer ökopunktepflichtigen Transitfahrt die Ökopunkte zu entrichten, trifft den Lenker, sodass er im Falle einer nicht ordnungsgemäßen Entrichtung von Ökopunkten, sofern ihn ein Verschulden trifft, zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung heranzuziehen ist.
Hätte sich der Beschuldigte mit den einschlägigen Rechtsnormen vertraut gemacht, wäre ihm bekannt gewesen, dass er entweder ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von Ökopunkten für die betreffende Fahrt im Hoheitsgebiet von Österreich mitzuführen und vorzulegen hat auch wenn es sich dabei um eine Leerfahrt handelt. Hat der Lenker diese Formulare nicht in Verwendung, so muss ein elektronischer Umweltdatenträger im Kraftfahrzeug eingebaut sein. Somit hat der Beschuldigte die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver und subjektiver Hinsicht zu verantworten.
Gemäß § 23 Abs2 GütbefG BGBl 593/1995 idF BGBl 106/2001 gilt, dass wer als Lenker § 6 Abs1, 3 oder 4 oder § 9 Abs2 zuwiderhandelt oder unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, mit einer Geldstrafe bis zu ATS 10.000,-- (EUR 726,73) zu bestrafen ist.
Als Verschuldensform kommt Fahrlässigkeit in Betracht.
Nach § 19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen
Der Unrechtsgehalt der übertretenen Normen kann nicht als unerheblich bezeichnet werden, da es Zweck der vom Berufungswerber verletzten Rechtsvorschrift ist, den durch die Republik Österreich fließenden Transitverkehr zu regeln und zu kontrollieren, nicht zuletzt auch zur Vermeidung einer übermäßigen Belastung der Umwelt.
Bei der Strafbemessung waren die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschuldigten sowie dessen bisherige Unbescholtenheit zu berücksichtigen, als erschwerend wurde nichts gewertet. Unter Bedachtnahme auf die oben angeführten Strafbemessungsregeln erscheint die herabgesetzte Geldstrafe bei einem möglichen Strafrahmen bis zu ATS 10.000,-- (EUR 726,73) als schuld- und tatangemessen und zumindest erforderlich, um den Berufungswerber in Hinkunft von weiteren derartigen strafbaren Handlungen abzuleiten.
Gemäß § 1 Abs2 VStG richtet sich die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre.
Das Günstigkeitsprinzip des § 1 Abs2 VStG hat nur die Strafe, also die Sanktion, zum Gegenstand, nicht aber die Frage, welche Verwaltungsvorschrift durch die Tat verletzt worden ist. (VwGH 23.10.1995, 94/04/0223).
Mit dem Bundesgesetzblatt Nr 106/2001 vom 10.08.2001 - in Kraft seit 11.08.2001 - wurde das Güterbeförderungsgesetz BGBl Nr 593/95, idF BGBl I Nr 17/1998 geändert, sodass die Berufungsbehörde verpflichtet war, im gegenständlichen Fall das Günstigkeitsprinzip anzuwenden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.