Der Beschwerde wird gemäß § 67 c Abs 4 AVG, BGBl Nr 51/1991, in Verbindung mit § 73
des Fremdengesetzes 1997- FrG, BGBl I Nr 75/1997, jeweils in der derzeit geltenden
Fassung, stattgegeben und die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides festgestellt.
Wie dem fremdenpolizeilichen Akt der belangten Behörde, Zl I/*-Fr-*****/0*, zu entnehmen
ist, reiste der Beschwerdeführer am 4.4.1999 illegal in das Bundesgebiet ein. Nach der Stellung eines Asylantrages am 5.4.1999 beim Bundesasylamt Außenstelle T*********** im Rahmen einer freiwilligen persönlichen Vorsprache kam er am 20.4.1999 in Bundesbetreuung, er verließ die Betreuungsstelle am 18.5.1999 ohne Abmeldung. Das Bundesasylamt Außenstelle L*** hat den Asylantrag mit Bescheid vom 29.4.1999
abgewiesen, Berufung dagegen wurde am 12.5.1999 erhoben, das Verfahren am 17.6.1999 vorläufig eingestellt.
Aufgrund eines Haftbefehls des Landesgerichts W*** vom 12.9.1999 wurde der Beschwerdeführer am 28.9.1999 festgenommen und am 5.10.1999 niederschriftlich
einvernommen (BPD W***, Polizeiabteilung der Staatsanwaltschaft, Zl II-****/pol. Abt./**),
wobei er einen Antrag gemäß § 75 FrG einbrachte.
Das in der Zwischenzeit vom BAW fortgeführte Asylverfahren endete mit einem
abweisenden Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 12.11.1999, GZ *****/2-XI/**/**, zugestellt am 16.11.1999.
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 19.1.2000, GZ 6 c Vr ******/99
Hv, wurde der Fremde wegen §§ 28/2/3 zweiter Fall SMG, 15 StGB, 27/1 SMG zu einer
zweijährigen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt.
Laut Mitteilung der Interpol Bern vom 25.2.2000, ED ****** By, hatte ein Vergleich von
Fingerabdrücken ergeben, dass ?F***** S******, *********, bereits
wie folgt ed behandelt
wurde:
* Zürich, 21.04.1994, Verstoß gegen das SG-Gesetz, unter dem Namen K*****
S*****, **********-
* Zürich, 20.02.1995, Verstoß gegen das Ausländergesetz, unter
dem Namen F******
S******, **********,
* Zürich, 02.03.1995, illegaler Aufenthalt, unter dem Namen
F****** S*******,
**********.?
Einer weiteren Interpol-Mitteilung (IP W******** vom 7.3.2000, ZD **-**) betreffend
?Personenüberprüfung F*****, S******, ******** B*******/S***** L****? ist zu entnehmen:
?Identische Fingerabdrücke liegen hier vor, aufgenommen
am 14.08.92 in Hamburg zur Identitätssicherung,
am 16.09.92 und 21.04.93 in Hamburg und
am 24.05.94 in Hamm
jeweils wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz unter den Personalien: K*****, S*****, ******** K********/G*****. Eine weitere erkennungsdienstliche Behandlung wurde durchgeführt am 02.10.94 in Zürich wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz,
Personalien: S********, V*****, ******** S***** L****.
Aliaspersonalien: S********, F*****, ******* B*******. Die rechtmäßigen Personalien sind hier nicht bekannt.?
Die BPD W***/Fremdenpolizeiliches Büro erließ gegen den Beschwerdeführer mit
Bescheid vom 11.1.2001, Zl IV-******/FrB/**, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot, die
aufschiebende Wirkung einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs 2 AVG ausgeschlossen,
die Rechtskraft ist am 31.1.2001 eingetreten. Maßgebend für diese Maßnahme waren ua die strafgerichtliche Verurteilung sowie die Mittellosigkeit des Fremden. Wie der Bescheidbegründung überdies zu entnehmen ist, war der Fremde ?gemäß § 19 AsylG im Besitz vorläufiger Aufenthaltsbewilligungen, zuletzt befristet bis zum 17.11.1999.?
Ein neuerlicher Asylantrag des Fremden vom 5.2.2001 wurde vom Bundesasylamt mit
Bescheid vom 20.2.2001 wegen entschiedener Sache zurückgewiesen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 19.2.2001, Zl AW 2001/**/****-*, einer Beschwerde des Fremden gegen den abweisenden Bescheid des Unabhängigen
Bundesasylsenates vom 12.11.1999 gemäß § 30 Abs 2 VwGG die aufschiebende Wirkung
zuerkannt. Demnach kommt dem Asylwerber die Rechtsstellung zu, die
er vor Erlassung
des abweisenden Bescheides hatte.
Mit Schreiben vom 27.8.2001 trat die belangte Behörde an das Generalkonsulat von
Sierra Leone mit dem Ersuchen um Ausstellung eines Heimreisezertifikates zwecks
Abschiebung nach Sierra Leone heran. In einer Note vom 6.9.2001 teilte das Generalkonsulat mit, dass diesem Ersuchen nicht nachgekommen werden kann, weil die
behauptete Staatsbürgerschaft der Republik Sierra Leone nicht hinreichend bewiesen
werden konnte. (der Fremde verweigerte ein Gespräch).
In der beim Unabhängigen Verwaltungssenat im Land NÖ rechtzeitig eingebrachten
Beschwerde gemäß § 72 FrG beantragt der Beschwerdeführer, ?den bekämpften
Beschluss mit sofortiger Wirkung aufzuheben? und seine Entlassung aus der Schubhaft
anzuordnen. Er verweist auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 19.2.2001, Zl AW 2001/**/****-*, im Verfahren betreffend Asylgewährung gegen den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 12. 9.1999, Zl ******/2-XI/**/**, wonach ?jede
Zurück- oder Abschiebung der antragstellenden Partei aus Österreich für die Dauer des
verwaltungsgerichtlichen Verfahrens unzulässig ist?.
Die belangte Behörde übermittelte den fremdenpolizeilichen Akt über den
Beschwerdeführer und weist in ihrer Stellungnahme zum Beschwerdevorbringen
insbesondere darauf hin, dass gegen den Fremden ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot
besteht, er nicht gewillt ist, an der Feststellung seiner Identität
mitzuwirken und ?bei seiner
Einreise ein L****** P***** v** G***** besaß?.
Der Beschwerdeführer wurde am 9.10.2001 aus der Schubhaft entlassen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:
Der Beschwerdeführer besitzt nicht die österreichische Staatsbürgerschaft und ist somit
Fremder im Sinne des § 1 Abs 1 FrG, er wurde von 27.9.2001 bis 9.10.2001 in Schubhaft
angehalten.
Gemäß § 72 Abs 1 FrG hat, wer gemäß § 63 festgenommen worden ist oder unter
Berufung auf dieses Bundesgesetz angehalten wird oder wurde, das Recht, den
unabhängigen Verwaltungssenat mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides, der Festnahme und der Anhaltung anzurufen. Zur Entscheidung
über die Beschwerde ist gemäß § 73 Abs 1 der unabhängige Verwaltungssenat zuständig,
in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Die Festnahme erfolgte
in Niederösterreich, die Behandlung der Beschwerde fällt daher in
die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ.
Gemäß § 61 Abs 1 FrG können Fremde festgenommen und angehalten werden
(Schubhaft), sofern dies notwendig ist, um das Verfahren zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes oder einer Ausweisung bis zum Eintritt ihrer Durchsetzbarkeit oder um
die Abschiebung, die Zurückschiebung oder die Durchbeförderung zu sichern. Über
Fremde, die sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten, darf Schubhaft nur verhängt
werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, sie würden sich dem Verfahren entziehen. Die Schubhaft ist gemäß Abs 2 mit Bescheid anzuordnen.
Auf Asylwerber findet gemäß § 21 Abs 1 AsylG das Fremdengesetz Anwendung. Die §§ 33 Abs 2, 36 Abs 2 Z 8, 55 und 61 bis 63 FrG sind auf Asylwerber mit vorläufiger
Aufenthaltsberechtigung jedoch nicht anzuwenden, sofern sie
1. den Antrag außerhalb einer Vorführung persönlich beim Bundesasylamt eingebracht
haben;
2. den Antrag anlässlich der Grenzkontrolle oder anlässlich eines von ihnen sonst mit
einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen
Sicherheitsdienstes
aufgenommenen Kontaktes gestellt haben.
Gemäß § 19 Abs 2 AsylG kommt Asylwerbern, die unter Umgehung der Grenzkontrolle
oder entgegen den Bestimmungen des 2 Hauptstückes des Fremdengesetzes eingereist
sind, eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung erst zu, wenn sie von der Behörde zuerkannt
wird. Gemäß Abs 4 endet die vorläufige Aufenthaltsberechtigung, wenn
das Asylverfahren
eingestellt oder rechtskräftig abgeschlossen ist.
Dem Beschwerdeführer kam bis zur rechtskräftigen Beendigung des Asylverfahrens
(abweisender Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom 12.11.1999, GZ ******/2-XI/**/**, zugestellt am 16.11.1999) die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach § 19 AsylG zu. Durch den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 30 Abs 2
VwGG vom 19.2.2001, Zl AW 2001/**/****-*, im Beschwerdeverfahren gegen den
abweisenden Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates kommt dem Asylwerber
die Rechtsstellung zu, die er vor Erlassung des abweisenden Asylbescheides hatte. Er
genießt daher wieder die vorläufigen Aufenthaltberechtigung und fällt unter die Bestimmung des § 21 Abs 1 Z 1 AsylG, sodass § 61 FrG auf ihn nicht anzuwenden ist.
Folglich war trotz des bestehenden Aufenthaltsverbotes und der auch nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land NÖ ungeklärten Identität des Fremden die Erlassung des Schubhaftbescheides rechtswidrig.
Der Beschwerde war daher stattzugeben und die Rechtswidrigkeit des Schubhaftbescheides festzustellen.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 73 Abs 2 Z 1
FrG unterbleiben, weil der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint.