TE UVS Niederösterreich 2001/10/24 Senat-WU-00-145

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Veröffentlicht am 24.10.2001
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Spruch

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes

1991 (AVG) iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) Folge

gegeben und der

erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

 

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) wird die Einstellung

des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde die Rechtsmittelwerberin schuldig befunden,

am 21.11.1999 anlässlich ihrer Einreise aus Tel Aviv nach Österreich über den Flughafen

Wien-Schwechat, drei Exemplare der Art Steinkorallen (Scleractinia spp.), deren Art im Anhang B/II der Verordnung (EG) Nr 338/97 des Rates vom 9.12.1996 ?über den Schutz

von Exemplaren wildlebender Tier- und Pflanzenarten durch Überwachung des Handels?

angeführt ist, ohne erforderliche Einfuhrgenehmigung (Artikel 4 Abs 2 der Verordnung)

eingeführt zu haben. Dadurch habe sie sich der Verwaltungsübertretung gemäß §§ 9 Abs 1 Z 1 ArtHG schuldig gemacht und wurde hiefür mit Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-

(Ersatzfreiheitsstrafe 36 Stunden) bestraft.

 

In der dagegen fristgerecht eingebrachten Berufung beantragte die Rechtsmittelwerberin

die ersatzlose Aufhebung des gegenständlichen Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu die Herabsetzung der verhängten Strafe.

Vorgebracht wurde im Wesentlichen, dass es dem Bescheid an der Angabe eines

konkreten Tatzeitpunktes fehle und die Berufungswerberin nicht davor geschützt sei,

wegen des identen Vorfalls mehrmals bestraft zu werden. Des weiteren habe sich die Rechtsmittelwerberin bei der Verkäuferin darüber informiert, ob diese Souvenirs einer Einfuhrbewilligung unterliegen und sei ihr die Einholung weiterer Erkundigungen nicht

zumutbar gewesen, zumal sich für sie aufgrund des geringen Wertes der Waren nicht

ergeben hätte, dass es sich um irgendwelche geschützten Arten gehandelt habe.

 

Im Rahmen des Berufungsverfahrens wurde ein Gutachten des Naturhistorischen

Museums Wien vom 15.1.2001 eingeholt, in welchem festgehalten ist, dass es sich bei

den verfahrensgegenständlichen Korallenstöcken um echte Korallenstöcke, Hexacorallia,

Madreporaria (=Scleractinia=Steinkorallen) der Gattungen Stylophora (2 Arten) und Seriatopora, welche im Anhang II/B der Verordnung (EG) Nr 398/97

enthalten sind,

handelt.

 

In der Berufungsverhandlung führte die Rechtsmittelwerberin (im Wesentlichen mit ihrer

bisherigen Verantwortung übereinstimmend) aus, dass sie anlässlich der Hochzeit ihrer

Schwester in Israel gewesen sei und in einem Souvenirgeschäft in Elat die

verfahrensgegenständlichen Steinkorallen gekauft habe. Die Verkäuferin habe sie

angesprochen, und erklärt, dass sie aus Österreich käme. Im Gespräch habe die Rechtsmittelwerberin gefragt, ob man die Sachen unbedenklich kaufen könne und habe

die Verkäuferin erklärt, dass diese Gegenstände in jedem Geschäft angeboten würden

und nicht aus dem Meer geholt werden dürften. Am 21.11.1999 sei die Berufungswerberin

von Elat nach Tal Aviv geflogen und hätte aus Platzmangel die Steinkorallen mit dem Gepäck aufgegeben. Das Gepäckstück sei jeweils besichtigt worden. Es habe niemand

einen Hinweis darauf gegeben, dass eventuell eine Ausfuhrbewilligung aus Israel bzw eine Einfuhrbewilligung nach Österreich erforderlich sei. Am selben Tag sei sie von Tel Aviv

nach Wien geflogen, wo sie durch den Grünkanal den Amtsplatz verlassen wollte und zur Nachkontrolle gebeten wurde. Sie habe keinen Grund gehabt, die Waren zu deklarieren,

da sie außer den verfahrensgegenständlichen Steinkorallen nur noch drei Muscheln

eingeführt habe, welche insgesamt einen Wert von S 300,-- gehabt hätten, wobei sie die Muscheln nach der Amtshandlung wieder zurückbekommen habe.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Gemäß § 9 Abs 1 Z 1 ArtHG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe von S 20.000,-- bis S 200.000,-- zu bestrafen,

wer ein Exemplar einer dem Geltungsbereich des Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr 338/97

unterliegenden Art entgegen diesem Bundesgesetz oder den Artikeln 4, 5, 7 und 11 der Verordnung (EG) Nr 338/97 ausführt, wieder ausführt, einführt oder durchführt. Gemäß Artikel 4 Abs 2 der zitierten Verordnung sind bei der Einfuhr von Exemplaren der Arten des Anhangs B in die Gemeinschaft die erforderlichen Überprüfungen vorzunehmen und der Einfuhrzollstelle zuvor eine Einfuhrgenehmigung einer Vollzugsbehörde des Bestimmungsmitgliedsstaates vorzulegen.

 

Auf Grund des unwidersprochenen Sachverständigengutachtens des Naturhistorischen

Museums Wien vom 15.01.2001 steht fest, dass es sich bei den verfahrensgegenständlichen Korallenstöcken um Exemplare der Arten des Anhangs B der

zitierten Verordnung handelt.

 

Außer Streit steht, dass die Rechtsmittelwerberin anlässlich ihrer Einreise nach Österreich

am 21.11.1999 drei Exemplare der Arten des Anhanges B der zitierten Verordnung ohne

erforderliche Einfuhrgenehmigung eingeführt und dadurch die ihr zur Last gelegte

Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht begangen hat.

 

Entgegen dem Berufungsvorbringen vermag die Berufungsbehörde nicht zu erkennen,

worin die mangelnde Konkretisierung des Tatzeitpunktes gelegen sein soll. Der im Spruch

angegebene Tatzeitpunkt genügt dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG, da die Berufungswerberin offensichtlich in die Lage versetzt wurde, auf den konkreten Tatvorwurf

bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und

andererseits davor geschützt ist, wegen desselben Verhaltens noch

einmal zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Zur subjektiven Tatseite wird festgehalten, dass der Rechtsmittelwerberin auf Grund ihres

glaubhaften Vorbringens, wonach sie sich bei der Verkäuferin des Geschäfts, in welchem

Steinkorallen in großen Mengen angeboten und verkauft wurden, erkundigt hat, ob alles in Ordnung sei und unbehelligt mit den Korallen aus Israel ausreisen konnte, ein Verschulden nicht angelastet werden kann. Es erscheint unzumutbar, bei einem Artikel,

welcher in einem Souvenirgeschäft in großen Mengen angeboten und verkauft wird, zu

verlangen, dass der Käufer neben der Frage an die Verkäuferin, ob alles in Ordnung sei,

zusätzliche Erkundigungen über eventuelle Einfuhrverbote bzw. erforderliche

Genehmigungen einholt.

 

Aus diesem Grunde war der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren

einzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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