Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Cornelia Meixner über die Berufung des Herrn S S, B A, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen, Politische Expositur Bad Aussee, vom 14.05.2001, GZ.: 15.1 192/2001, wie folgt entschieden:
Hinsichtlich Punkt 1.) und Punkt 3.) des Straferkenntnisses wird die Berufung gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) i.d.F. BGBl. Nr. 1998/158 dem Grunde nach abgewiesen.
Hinsichtlich des Strafausmaßes wird der Berufung Folge gegeben und werden gemäß § 19 VStG die Strafen mit je S 2.000,-- (je EUR 145,35), je 3 Tage Ersatzarrest, neu bemessen.
Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von insgesamt S 400,-- (EUR 29,07). Dieser Betrag ist binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.
Hinsichtlich Punkt 2.) und Punkt 4.) des Straferkenntnisses wird die Berufung gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) i.d.F. BGBl. Nr. 1998/158 abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von insgesamt S 400,-- (EUR 29,07) binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigem Zwang zu bezahlen.
Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 17.01.2001 und am 15.02.2001 in B A, vom Haus 294 bis zum Fußballplatz E, die selbstfahrende Arbeitsmaschine der Marke Hanomag gelenkt, obwohl das KFZ nicht zum Verkehr zugelassen war. Darüber hinaus habe er an diesem Fahrzeug das Probefahrtkennzeichen St angebracht, obwohl es sich um keine Probefahrten gehandelt hat, da er mit diesem Fahrzeug zum Fußballplatz E gefahren sei, um dort Schneeräumungsarbeiten durchzuführen.
Wegen zweimaliger Verletzung der Rechtsvorschriften des § 36 lit a KFG zu den Punkten 1.) und 3.) und des § 45 Abs 4 KFG zu den Punkten 2.) und 4.) wurden über den Berufungswerber gemäß § 134 Abs 1 KFG zwei Geldstrafen in der Höhe von je S 3.000,-- (je 5 Tage Ersatzarrest) zu den Punkten 1.) und 3.) und in der Höhe von je S 1.000,-- (je 1 Tag und 12 Stunden Ersatzarrest) zu den Punkten 2.) und 4.) verhängt.
In der innerhalb offener Frist gegen diesen Bescheid erhobenen Berufung wurde vom Berufungswerber im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei diesen Fahrten um Überstellungsfahrten im Rahmen seines Geschäftsbetriebes gehandelt hat, wofür das Führen von Probefahrtkennzeichen erlaubt sei. Er habe das Fahrzeug deshalb nicht angemeldet, da er es wieder verkaufen wollte. Darüber hinaus habe er das Fahrzeug kurz zuvor repariert und auf den angeführten Fahrten auch jeweils die Gebrauchsfähigkeit des Fahrzeuges überprüft. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung vom 30.08.2001, wird nachstehender Sachverhalt festgestellt:
Der Berufungswerber ist Inhaber des nicht protokollierten Einzelunternehmens S Transport und Erdarbeiten und im Besitze einer Gewerbeberechtigung für das Güterbeförderungsgewerbe. Er war zu den Tatzeiten Eigentümer der selbstfahrenden Arbeitsmaschine der Marke Hanomag und im Besitze des Probefahrtkennzeichens St. Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark, Rechtsabteilung 11, vom 04.04.2000, GZ.: 11-43-414/99-4, wurde dem Unternehmen S S die Bewilligung erteilt, mit diesem Kraftfahrzeug bis 15.03.2001 mehrmals die Strecken B und Landesstraßen im Bereich des Steirischen Sk zu befahren. In einer Auflage dieses Bescheides wurde ausdrücklich vorgeschrieben, dass, wenn andere als Bundes- oder Landesstraßen befahren werden (wie z.B. Gemeindestraßen, öffentliche Interessentenstraßen oder öffentliche Privatstraßen), vor Antritt der Fahrt die Zustimmung des Straßenerhalters eingeholt werden muss. Am 17.01.2001 und 15.02.2001 montierte der Berufungswerber auf dem verfahrensgegenständlichen Radlader dieses Probefahrtkennzeichen und lenkte das Kfz jeweils im Gemeindegebiet von B A auf der Gemeindestraße vom Sitz seines Unternehmens in der Straße 294 bis zum Fußballplatz E, ohne vorher die Zustimmung des Straßenerhalters eingeholt zu haben, um dort Schneeräumungsarbeiten durchzuführen. Der Radlader war nicht zum Verkehr zugelassen; diese Fahrten stellten weder eine Probe- noch eine Überstellungsfahrt im Sinne der §§ 45 und 46 KFG dar. Diese Feststellungen konnten im Wesentlichen aufgrund des unbestritten gebliebenen Inhaltes des vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz, insbesondere des vorliegenden Bescheides des Landeshauptmannes von Steiermark vom 04.04.2000, verbunden mit dem Berufungsvorbringen getroffen werden. Die Feststellung, dass es sich bei den gegenständlichen Fahrten um keine Probefahrten gehandelt hat, war aufgrund der in der rechtlichen Beurteilung angeführten Erwägungen zu treffen.
Rechtliche Beurteilung:
Zu den Punkten 1.) und 3.):
Gemäß § 36 lit a KFG dürfen Kraftfahrzeuge und Anhänger, ausgenommen den hier nicht maßgeblichen Bestimmungen, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind (§§ 37 bis 39) oder mit ihnen behördlich bewilligte Probe- oder Überstellungsfahrten (§§ 45 und 46) durchgeführt werden.
Wie bereits ausgeführt, wurde dem Berufungswerber mit Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom 04.04.2000 die Erlaubnis erteilt, die selbstfahrende Arbeitsmaschine mit dem Kennzeichen St auf bestimmten Straßen, und zwar ausschließlich auf der B und den Landesstraßen im Bereich des Steirischen Sk, zu verwenden. Entsprechend der obzitierten Auflage hätte der Berufungswerber vor Antritt der verfahrensgegenständlichen Fahrten die Zustimmung des Straßenerhalters der im Anlassfall befahrenen Straßen einholen müssen. Den Nachweis einer derartigen Zustimmung konnte der Berufungswerber jedoch nicht vorlegen, auch wurde das Einholen einer derartigen Zustimmung vom Berufungswerber nicht einmal behauptet. Da der Berufungswerber sohin den Radlader auf einer Strecke, für die keine Routengenehmigung vorlag, gelenkt hat, war dieses Kfz auch nicht zum Verkehr zugelassen.
Der Berufungswerber hat daher die ihm mit den Punkten 1.) und 3.) zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen subjektiv und objektiv zu verantworten.
Zu den Punkten 2.) und 4.):
Gemäß § 45 Abs 4 2. Satz KFG dürfen Probefahrtkennzeichen nur bei
Probefahrten geführt werden.
Gemäß § 45 Abs 1 KFG sind Probefahrten Fahrten zur Feststellung der Gebrauchsfähigkeit oder der Leistungsfähigkeit von Fahrzeugen oder ihrer Teile oder Ausrüstungsgegenstände oder Fahrten, um Fahrzeuge vorzuführen. Als Probefahrten gelten auch Fahrten zur Überführung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes, Fahrten zur Überführung des Fahrzeuges durch den Käufer bei der Abholung des Fahrzeuges vom Verkäufer und Fahrten zum Ort der Begutachtung oder Überprüfung des Fahrzeuges nach dem III. und V. Abschnitt.
Im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmung liegt der Zweck einer Probefahrt grundsätzlich in der Feststellung des Funktionierens eines Fahrzeuges. Eine 2 bis 3 km lange Fahrt, um auf einem Fußballplatz Schneeräumungsarbeiten durchführen zu können, kann nicht als Probefahrt gewertet werden, auch wenn dort während der Schneeräumungsarbeiten nebenbei Feineinstellungen durchgeführt werden, um in der Folge eine Zulassung des Kraftfahrzeuges zu erwirken. Probefahrten dienen nur dazu, ins Auge springende Mängel eines Fahrzeuges erkennen zu lassen und nicht um diverse Feineinstellungsarbeiten durchzuführen. Im Übrigen konnte der Berufungswerber nicht überzeugend darlegen, warum ihm die Durchführung derartiger Feineinstellungen nicht auf seinem Firmengelände möglich war. Die gegenständlichen Fahrten sind aber auch nicht als Überstellungsfahrten im Rahmen des Geschäftsbetriebes zu beurteilen, da einerseits die Schneeräumung auf dem Fußballplatz unentgeltlich erfolgte und diese sohin nicht im Rahmen seines Geschäftsbetriebes durchgeführt wurde. Andererseits sind nach herrschender Rechtsansicht Überstellungsfahrten nur Fahrten von einer Erzeugungsstätte in eine andere oder in eine Verkaufsstätte, vom Bahnhof zur Verkaufsstätte, von der Verkaufsstätte an den Wohnort des Käufers und bei Verkäufen ins Ausland Fahrten bis an die Grenze. Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass der Berufungswerber auch die ihm mit den Punkten 2.) und 4.) zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen subjektiv und objektiv zu verantworten hat. Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Die Bestimmung des § 36 lit a KFG soll gewährleisten, dass auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ausschließlich Kraftfahrzeuge verwendet werden, die zum Verkehr zugelassen sind und bei denen daher die Verkehrs- und Betriebssicherheit des Fahrzeuges gewährleistet ist. Die Routengenehmigung und insbesondere deren Einschränkungen im örtlichen Bereich dienen dazu, Fahrzeuge, die die jeweils gesetzlich festgelegten Höchstgrenzen überschreiten, von gewissen Straßenzügen fernzuhalten und Behinderungen und Gefährdungen anderer Straßenbenützer hintan zu halten. Die Bestimmung des § 45 Abs 4 2. Satz KFG soll gewährleisten, dass Probefahrtkennzeichen bei Fahrten auf öffentlichen Straßen aus Überlegungen der Verkehrssicherheit nur eingeschränkt verwendet werden können. Darüber hinaus sollen aber auch hier die technischen Mindeststandards für die Ausstattung der im Verkehr genutzten Fahrzeuge garantiert werden.
Durch das festgestellte Verhalten hat der Berufungswerber in allen vier Fällen gegen den Schutzzweck der obzitierten gesetzlichen Bestimmungen verstoßen.
Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Erschwerungsgründe liegen keine vor; als mildernd war die Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten.
Zum Ausmaß des Verschuldens ist festzustellen, dass gemäß § 5 VStG zur Strafbarkeit bereits fahrlässiges Verhalten genügt. Dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden. Dem Berufungswerber als geprüften Kraftfahrzeuglenker und Inhaber einer Bewilligung nach § 45 Abs 1 KFG sowie einer Routengenehmigung muss die Kenntnis der einschlägigen Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes wie auch des Inhaltes einer ihm erteilten Genehmigung zugemutet werden, weshalb es ihm mit seinem Vorbringen nicht gelungen ist, mangelndes Verschulden an der Begehung der verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretungen oder einen entschuldbaren Rechtsirrtum darzulegen. Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Taten sowie der bereits angeführten objektiven und subjektiven, für die Strafbemessung entscheidenden Kriterien erscheinen die nunmehr verhängten Strafen schuld- und tatangemessen, zumal sich diese bei einem Strafrahmen bis zu S 30.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall bis zu 6 Wochen Arrest) ohnehin im untersten Bereich des Strafrahmens bewegen. Die zu den Punkten 1.) und 3.) verhängten Strafen waren im Hinblick auf den von der Erstbehörde nicht berücksichtigten Milderungsgrund der Unbescholtenheit zu reduzieren und stehen nun auch im Einklang mit der ständigen Judikatur. Eine Reduzierung der zu den Punkten 2.) und 4.) verhängten Strafen war aber auch bei Berücksichtigung dieses Milderungsgrundes nicht möglich. Die vom Berufungswerber anlässlich der öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung vom 30.08.2001 bekannt gegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wurden bei der Strafbemessung berücksichtigt, sie waren aber nicht geeignet, strafherabsetzend zu wirken. Die Festsetzung des Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist.