Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung des Herrn W., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. D., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 26.09.2001, Zl. 4c/St-15493/99, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs1 Z3 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 30.10.1999 um 14.25 Uhr als Lenker eines näher bezeichneten Pkw?s in Langkampfen auf der Inntalautobahn A12, bei Km 4,4, in Richtung Innsbruck, die durch Straßenverkehrszeichen im dortigen Bereich zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 66,4 km/h überschritten, wobei die vorgeschriebene Messtoleranz berücksichtigt worden sei.
Dadurch habe er gegen § 52 lita Z10a StVO verstoßen und wurde über ihn gemäß § 99 Abs3 lita StVO eine Geldstrafe verhängt.
Dagegen wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In dieser wurde zunächst vorgebracht, dass das erstinstanzliche Verfahren mangelhaft gewesen sei, da das ?Eichprotokoll? nicht eingeholt worden sei und auch nicht berücksichtigt worden sei, dass ein Kundmachungsmangel vorgelegen sei. Laut Verordnung wäre die Geschwindigkeitsbeschränkung bei km 3,250 kundzumachen gewesen, tatsächlich sei dies jedoch bei km 3,0 erfolgt.
Weiters sei Verfolgungsverjährung eingetreten. Aus der Anzeige ergebe sich, dass der Standort der Beamten bei der Messung bei km 4,4 gewesen sei und die Messstrecke zwischen den Beamten und dem Kfz 395 m betragen habe, sodass daraus zwangsläufig abzuleiten sei, dass der Tatort nicht richtig vorgehalten worden sei.
Bereits mit dem zuletzt vorgebrachten Einwand ist der Berufungswerber im Recht. Aus der dem Verwaltungsstrafverfahren zugrunde liegenden Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Tirol vom 04.11.1999 ergibt sich, dass der Standort jenes Beamten, welcher die Geschwindigkeitsmessung mittels Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät durchgeführt hat, auf der A12 bei km 4,4 am Pannenstreifen war. Weiters ergibt sich aus der Anzeige, dass die Messstrecke zwischen Beamten und Kfz ca. 395 m betragen hat. Schon allein daraus ergibt sich, dass die Tatortangabe im Schuldvorwurf (km 4,4) dann richtig sein muss. Vielmehr muss sich somit der Tatort bei einer Messung des ankommenden Verkehrs (wofür die Anhaltung des Berufungswerbers spricht) bei ca. bei km 4,0 (bei Messung des abfließenden Verkehrs ca. bei km 4,8) befunden haben.
Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet (ua) die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist es nach der zitierten Gesetzesstelle rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass
1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und dass
2. die Identität der Tat - zB nach Ort und Zeit - unverwechselbar feststeht.
Dieser letzteren Forderung ist dann entsprochen, wenn
a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er - im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren - in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und
b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13. Juni 1984, Slg NF Nr 11.466/A).
Bei einer Übertretung, welche nur im Fahren begangen werden kann, kommt als Tatort nicht ein bestimmter Punkt, sondern nur eine bestimmte (Fahr-) Strecke in Betracht. Im gegenständlichen Fall differiert jener Ort, auf welchen sich die Geschwindigkeitsmessung bezogen hat, von jenem Ort, welcher im Schuldvorwurf Aufnahme gefunden hat, um ca 400 m. Diese Abweichung ist als wesentlich anzusehen, zumal die Geschwindigkeitsfeststellung nicht durch Nachfahren mit einem Dienstfahrzeug über eine längere Strecke (im gleichbleibenden Abstand) erfolgt ist, sondern mittels Laser-Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät, sodass in Bezug auf die Beschreibung des Tatortes ein strengerer Maßstab gilt, dies auch vor dem Hintergrund, dass es offensichtlich zu einer Anhaltung - möglicherweise im nahen Bereich des Standortes des Messbeamten - gekommen ist, sodass mit größter Wahrscheinlichkeit vom Berufungswerber beim Kilometrierungspunkt 4,4 keinesfalls eine Geschwindigkeit in der dem Berufungswerber angelasteten Höhe eingehalten wurde. Da der korrekte Tatort dem Berufungswerber nicht innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgehalten wurde, ist der Berufungsbehörde auch eine diesbezügliche Sanierung verwehrt.
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.