TE UVS Niederösterreich 2001/11/09 Senat-MD-99-192

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.11.2001
beobachten
merken
Spruch

Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 AVG Folge gegeben und das angefochtene

Straferkenntnis aufgehoben. Gemäß §45 Abs1 Z3 VStG wird die Einstellung der Strafverfahren verfügt.

Text

Der erste Satz des Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hat folgenden Wortlaut:

 

?Sie haben als Vorstandsmitglied und damit als zur Vertretung nach aussen berufenes

Organ der Firma B**** AG mit dem Sitz in  W***** N******, IZ **-***, vorsätzlich nicht

verhindert, daß in den nachgenannten B****-Filialen folgende Arbeitnehmerinnen in der Nacht beschäftigt wurden, obwohl Arbeitnehmerinnen in der Nacht, das ist die Zeit

zwischen 20,00 Uhr und 06,00 Uhr nicht beschäftigt werden dürfen und eine

Ausnahmegenehmigung gemäß §4 Abs10 des Bundesgesetzes über die Nachtarbeit der Frauen nicht vorlag:?

 

In der Folge sind dann, geordnet nach Filialen, namentlich 70 Arbeitnehmerinnen und

deren während der Nachtzeit an den einzelnen Tagen geleistete Arbeitsstunden angeführt.

 

Über den Beschuldigten wurden gemäß §*9 des Bundesgesetzes über die Nachtarbeit der Frauen 70 Geldstrafen im Gesamtausmaß von S 210.000,--

(Ersatzfreiheitsstrafen insgesamt 210 Tage) verhängt.

 

In der fristgerecht eingebrachten und mit einer Begründung versehenen Berufung

beantragt der Beschuldigte die Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses und

die Einstellung der Strafverfahren. In eventu wird eine Herabsetzung der Strafen begehrt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Wenngleich im angefochtenen Straferkenntnis der §*9 Abs6 VStG nicht zitiert wird, ist aus

seinem Inhalt und dem Akteninhalt erkennbar, dass sich die Bestrafung des Beschuldigten

offensichtlich nur auf diese Bestimmung stützen kann.

 

Wie der VwGH in seinem Erkenntnis vom 2.7.1990, Zl. 90/19/0053, ausgesprochen hat,

setzt die Anwendung des §*9 Abs6 VStG die rechtswirksame Bestellung eines

verantwortlichen Beauftragten einerseits und die vorsätzliche Nichtverhinderung der vom

verantwortlichen Beauftragten begangenen Tat durch das nach §*9 Abs1 VStG

verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ andererseits voraus. Diese für die

verwaltungsstrafrechtliche Haftung nach der genannten Bestimmung erforderlichen beiden

Tatbestandselemente müssen daher auch bei der Umschreibung der als erwiesen

angenommenen Tat im Sinne des §44a Z1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses zum Ausdruck kommen.

 

Nach der einschlägigen Judikatur des VwGH müssen alle für die jeweilige Übertretung

wesentlichen Tatbestandselemente dem Beschuldigten innerhalb der Verjährungsfrist

vorgehalten werden, um den Eintritt der Verjährung gemäß §31 VStG hintanzuhalten. Der Eintritt der Verjährung ist von amtswegen durch die Berufungsbehörde wahrzunehmen,

auch wenn die Einrede der Verjährung in der Berufung nicht vorgebracht wurde.

 

Das wesentliche Tatbestandselement der Bestellung von verantwortlichen Beauftragten

für die im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten B****-Filialen scheint

weder im erstinstanzlichen Straferkenntnis noch in der innerhalb der 6-monatigen Frist für

die Verfolgungsverjährung (§ 31 Abs. 2 erster Satz VStG) ergangenen Aufforderung zur Rechtfertigung vom ** * **** auf. Die Akteneinsicht durch die Rechtsvertreter des Beschuldigten, die auch die Anzeige des Arbeitsinspektorates vom ** * ****, aus der die Tatsache der Bestellung von verantwortlichen Beauftragten für die einzelnen B-Filialen

ersichtlich ist, umfasste, erfolgte erst am * **** **** und damit nach Ablauf der 6-monatigen

Frist für die Verfolgungsverjährung, welche am ** **** **** geendet hat.

 

Zusammenfassend ist daher festzustellen, dass im Tatvorwurf des erstinstanzlichen

Straferkenntnisses und in der einzigen fristgerechten Verfolgungshandlung die für eine Übertretung nach §9 Abs6 VStG notwendige Aussage, dass ?der Beschuldigte als

Vorstandsmitglied des Unternehmens die in Rede stehenden Verstöße gegen das Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen durch die (namentlich anzuführenden)

verantwortlichen Beauftragten vorsätzlich nicht verhindert hat?, durch das Fehlen eines

wesentlichen Tatbestandselementes nur zum Teil enthalten ist.

 

Wegen des Eintrittes der Verfolgungsverjährung war daher das angefochtene

Straferkenntnis aufzuheben und die Einstellung der Strafverfahren zu verfügen.

 

Anzumerken ist, dass die für die in Rede stehenden B****-Filialen bestellten

verantwortlichen Beauftragten bereits rechtskräftig bestraft wurden.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten