Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alois Huber über die Berufung des Herrn S. N., B., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. E. G., F., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 3.1.2001, Zahl VST-169113/00, wie folgt;
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Beschuldigte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, somit Schilling 300,00 (Euro 21,80) zu bezahlen.
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Sie haben am 8.6.2000 um 9.45 Uhr in Wattens auf der A 12, km 60,5 in Richtung Kufstein das Sattelkraftfahrzeug, Kennzeichen SL-XY, mit dem Auflieger Kennzeichen SL-XY, gelenkt und das deutlich sichtbar aufgestellte Verbotszeichen ?Überholen für Lastkraftfahrzeuge verboten? nicht beachtet, wobei mit einem Lastkraftfahrzeug mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t ein mehrspuriges Kraftfahrzeug überholt wurde.?
Dem Beschuldigten wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit a Z 4c StVO zur Last gelegt und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Schilling 1.500,00 (Euro 109,01), im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von einem Tag, verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht berufen. In dieser Berufung wurde ausgeführt, dass es zutreffend sei, dass der Beschuldigte das näher bezeichnete Sattelkraftfahrzeug zur Tatzeit am Tatort gelenkt habe und dort ein Überholmanöver durchgeführt habe. Unrichtig sei aber entgegen der Rechtsauffassung der Behörde in erster Instanz, dass der Beschuldigte eine Übertretung nach § 52 lit a Z 4c StVO begangen habe. Fest stehe, dass er ein Sattelkraftfahrzeug im Sinne des § 2 Abs 1 Z 10 KFG, bestehend aus Sattelzugfahrzeug und Sattelanhänger gelenkt habe. Das Überholverbot nach § 52 lit a Z 4c StVO würde sich jedoch nicht auf Sattelkraftfahrzeuge, sondern auf Lastkraftfahrzeuge (mit einem höchst zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 t) beziehen. In § 2 Abs 1 StVO sei der Begriff ?Lastkraftfahrzeuge? nicht definiert. § 2 Abs 2 StVO verweise auf die kraftfahrrechtlichen Vorschriften. In § 2 Abs 1 KFG werde in den Ziffern 10, 11 und 12 die Art des vom Beschuldigten gelenkten Kraftfahrzeuges definiert, also das Sattelkraftfahrzeug. Der Begriff ?Lastkraftfahrzeuge? würde sich in den Begriffsbestimmungen des KFG nicht finden. Der Text des § 52 lit a Z 4c StVO beinhalte mit keinem Wort eine Art von Fahrzeugen, welche im § 2 KFG bzw § 2 StVO beschrieben werde. Hätte der Gesetzgeber gewollt, dass das Überholverbot des § 52 lit a Z 4 StVO auch für Kraftfahrzeuge der in § 2 Abs 1 Z 10 KFG definierten Art gelte, so wäre dies zweifellos in den Gesetzestext aufgenommen worden. Im Übrigen sei von der Behörde erster Instanz auch nicht festgestellt worden, dass das vom Beschuldigten gelenkte Sattelkraftfahrzeug ein höchst zulässiges Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t aufweise.
Dieser Berufung kommt keine Berechtigung zu.
In der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Tirol, Verkehrsabteilung, 6170 Zirl, vom 5.7.2000 ist ausgeführt, dass der Beschuldigte am 8.6.2000 um 9.45 Uhr mit dem Sattelkraftfahrzeug der Marke MAN und Kässbohrer mit dem österreichischen Kennzeichen SL-XY (Zugmaschine) und SL-XY (Sattelanhänger) und einem höchst zulässigen Gewicht über 7,5 t auf der A 12 Inntalautobahn bei km 60,5 im Gemeindegebiet von Wattens in Richtung Kufstein im beschilderten Überholverbot für LKW über 7,5 t (2 Schwerfahrzeuge) überholt habe. Unter Angaben des Angezeigten scheint auf, dass der Beschuldigte bei der Kontrolle angegeben hat, dass er ein Schwerfahrzeug von der Zufahrt Wattens kommend in die Autobahn einfahren habe lassen, weshalb er auf der Überholspur gefahren sei. Er habe sich dann nicht mehr rechts eingeordnet und sei am zweiten Schwerfahrzeug auch noch vorbeigefahren. Somit ist offensichtlich, wie auch vom Beschuldigten nicht bestritten worden ist, dass der Beschuldigte jedenfalls ein Schwerfahrzeug überholt hat.
Zum Einwand, es wäre das höchst zulässige Gesamtgewicht vom Sattelzugfahrzeug und Sattelanhänger nicht ermittelt worden, ist festzuhalten, dass eine von der Berufungsbehörde am 3.12.2001 fernmündlich erhobene Anfrage bei der Zulassungsstelle der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Land ergeben hat, dass das Sattelzugfahrzeug ein höchst zulässiges Gesamtgewicht von 17.990 kg und der Sattelanhänger ein höchst zulässiges Gesamtgewicht von
30.800 kg aufweisen.
In der Anzeige dargestellt, besteht im Tatortbereich ein beschildertes Überholverbot für ?LKW über 7,5 t?. Wie auch in der Stellungnahme der Gendarmerie vom 7.11.2000 dargestellt, ist dieses Überholverbot durch Verkehrszeichen im Sinne des § 52 lit a Z 4c StVO (Überholen für Lastkraftfahrzeuge verboten) kund gemacht. Die Rechtsprechung hinsichtlich der Frage, ob dieses Verbot auch für Sattelkraftfahrzeuge gilt, ist lediglich für die Bestimmung des § 52 lit a Z 7a (Fahrverbot für Lastkraftfahrzeuge) evident. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 5.8.1999 zur Zahl 99/03/0200 wird dazu ausgeführt, dass das Verbot nach § 52 lit a Z 7a StVO auch Sattelkraftfahrzeuge umfaßt (Hinweis auf Zl 85/03/0149). Nach dieser Entscheidung gilt als Sattelkraftfahrzeug gemäß § 2 Z 10 KFG 1967 (iVm § 2 Abs 2 StVO 1960) ein Sattelzugfahrzeug (Z 11) mit einem so auf diesem aufliegenden Sattelanhänger (Z 12), dass ein wesentlicher Teil seines Eigengewichtes oder bei gleichmäßiger Verteilung der Ladung auf der Ladefläche, seines Gesamtgewichtes vom Sattelzugfahrzeug getragen wird. Gemäß Z 11 der genannten Bestimmung gilt als Sattelzugfahrzeug ein Kraftwagen, der nach seiner Bauart und Ausrüstung dazu bestimmt ist, einen Sattelanhänger (Z 12) so zu ziehen, dass ihn dieser mit einem wesentlichen Teil seines Eigengewichtes oder bei gleichmäßiger Verteilung der Ladung auf der Ladefläche seines Gesamtgewichtes belastet. Als Sattelanhänger gilt gemäß Z 12 der angeführten Bestimmung ein Anhänger, der nach seiner Bauart und Ausrüstung dazu bestimmt ist, so mit einem Sattelzugfahrzeug (Z 11) gezogen zu werden, dass er dieses mit einem wesentlichen Teil seines Eigengewichtes oder bei gleichmäßiger Verteilung der Ladung auf der Ladefläche, seines Gesamtgewichtes belastet. Da bei einem Sattelkraftfahrzeug ein gemeinsames (höchstes zulässiges Gesamtgewicht) nicht vorgesehen ist, gilt das Verbot nach § 52 lit a Z 7a StVO 1960 im Falle einer Gewichtsangabe bei einem Sattelkraftfahrzeug dann, wenn das höchste zulässige Gesamtgewicht des Satte
lzugfahrzeuges oder das höchste zulässige Gesamtgewicht des Sattelanhängers das angegebene Gewicht überschreitet. Da sowohl Sattelzugfahrzeuge als auch Sattelanhänger, das höchste zulässige Gewicht von 7,5 t überschreiten, gilt das vergleichbare Verbot des § 52 lit a Z 4c StVO auch für das Sattelkraftfahrzeug, wie es der Beschuldigte gelenkt hat, sodass auch dieses das Überholverbot getroffen hat.
Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass die einschlägige Strafbestimmung eine Geldstrafe in der Höhe von Schilling 10.000,00 (Euro 726,73) vorsieht. Aus dieser Sicht ist die über den Beschuldigten verhängte Strafe nicht als überhöht zu betrachten. Diese ist auch mit dem Unrechtsgehalt der Tat in Einklang zu bringen. Mildernd war die bisherige Unbescholtenheit. Als Verschuldensgrad kommt zumindest bedingter Vorsatz zur Anwendung, zumal es der Beschuldigte zweifellos ernstlich für möglich gehalten hat, mit seinem Verhalten den Tatbestand der im nunmehr zur Last gelegten Tat zu verwirklichen und sich damit auch abgefunden hat. Dies ergibt sich insbesondere aus der Rechtfertigung des Beschuldigten in der Anzeige.