Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch die Kammer 5, bestehend aus der Vorsitzenden Dr. Monica Voppichler-Thöni sowie die weiteren Mitglieder Dr. Alfred Stöbich und Dr. Margit Pomaroli über die Berufung des Herrn Mag. A. gegen den Punkt 1) des Straferkenntnisses des Stadtmagistrates Innsbruck vom 09.08.2001, Zahl II-2651/200, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die über den Berufungswerber zu Faktum 1) verhängte Geldstrafe von S 25.000,-- (EUR 1816,82) auf S 15.000,-- (EUR 1090,09) (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) herabgesetzt wird.
Demgemäß wird der Beitrag zu den Verfahrenskosten erster Instanz gemäß § 64 Abs2 VStG mit S 1.500,-- (EUR 109,01) neu festgesetzt.
Im Hinblick darauf, dass der Berufung zumindest teilweise Erfolg beschieden war, fällt dem Berufungswerber kein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens an.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber Folgendes vorgeworfen:
Faktum 1: Durch die Ö. sei in der Zeit vom 1.1.1999 bis 14.2.2001 im Zuge der Ausübung des Gastgewerbes eine im Sinne des § 74 Abs2 Gewerbeordnung (GewO), BGBl Nr 194/1994, genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage und zwar ein Gastbetrieb im Ausmaß von mehreren hundert Quadratmetern Grundfläche, welche infolge der dortigen Zubereitung und Verabreichung von Speisen bzw. durch die dortige Unterhaltung der Gäste geeignet gewesen sei, dortige Nachbarn, es befänden sich in unmittelbarer Nähe des dortigen Gastbetriebes zum Zwecke des Bewohnens genützte Räumlichkeiten - durch Geruch bzw Lärm zu belästigen, betrieben worden, ohne das jedoch eine hierfür erforderliche Betriebsanlagengenehmigung im Sinn der §§ 74 ff GewO vorgelegen hätte.
Der Berufungswerber habe dadurch als gewerberechtlicher Geschäftsführer der genannten Unternehmung eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs1 Z2 iVm § 74 Abs2 Z2 GewO, BGBl Nr 194/1994, begangen.
Faktum 2:
Des weiteren sei durch die Ö. die Erstattung der im Hinblick auf die Bestimmungen des § 46 Abs3 GewO, BGBl Nr 194/1994, erforderlichen Anzeige für die seitens der genannten Unternehmung, welche im Rahmen der Ausübung des Gastgewerbes gemäß § 124 Z8 GewO in W. aus bereits am 1.1.1999 eine weitere Betriebsstätte in I. gegründet habe, bis 5.3.2001 unterlassen worden.
Der Berufungswerber habe dadurch als gewerberechtlicher Geschäftsführer der genannten Unternehmung zu Faktum 1) eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs1 Z2 GewO in Verbindung mit § 74 Abs2 Z2 GewO begangen und wurde über ihn gemäß § 366 Abs1 (Einleitungssatz) eine Geldstrafe von S 25.000,-- (Ersatzarreststrafe 5 Tage) verhängt. Es habe der Berufungswerber als gewerberechtlicher Geschäftsführer der genannten Unternehmung zu Faktum 2) eine weitere Verwaltungsübertretung gemäß § 368 Z1.10 iVm § 46 Abs3 GewO begangen und wurde über ihn gemäß § 368 GewO (Einleitungssatz) eine weitere Geldstrafe von 7.000,-- (Ersatzarreststrafe 2 Tage) verhängt. Auch wurde der Beitrag zu den Verfahrenskosten I. Instanz festgesetzt.
Der Berufungswerber erhob fristgerecht Berufung gegen die Strafhöhe zu Faktum 1) und führte begründend aus, das Gebäude, in welchem sich die M. mit einer Finalisierungsküche befinde, sei neu errichtet worden, eine Benützungsbewilligung für das gesamte Gebäude liege vor. Auf Anfrage des Berufungswerbers Mitte 1999 sei diesem die Auskunft erteilt worden, dass diesbezüglich keine weiteren Genehmigungen notwendig wären, wie dies übrigens bei den meisten vom Bund errichteten I. in anderen U. der Fall sei. Der Pächter habe sich nur um die gewerberechtliche Genehmigung zu kümmern. Dabei sei offenbar geworden, dass unabhängig von der Benützungsbewilligung auch eine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich sei, wobei die Beschaffung der Unterlagen von Seiten des Bauträgers einen vom Berufungswerber nicht beeinflußbaren Zeitraum (?neue Mitarbeiter in der Archivierung?) in Anspruch genommen habe. Der Gastronomiebetrieb der M. sei nur von Montag bis Freitag während des Tages geöffnet, nicht aber nachts oder an Wochen- und Feiertagen. Belästigungen oder Beeinträchtigungen der Nachbarschaft seien in keiner Weise erfolgt und würden solche auch nicht erfolgen.
Des weiteren wies der Berufungswerber auf seine bisherige Unbescholtenheit hin. Das Unternehmen betreibe österreichweit über 50 Betriebe und sei es bisher nie zu Problemen mit behördlichen Vorschriften gekommen.
In einem weiteren Schreiben vom 14.11.2001 brachte der Berufungswerber ergänzend vor, dass das Gebäude der S. durch den Bund errichtet worden sei und er vom Generalplaner, vom Architekten, vom Baubeauftragten und vom Baumeister jeweils die Auskunft erhalten habe, dass das Gebäude inklusive M. gesamthaft von der Behörde ?abgenommen? worden sei und es für alle definierten Räumlichkeiten eine entsprechende Benützungsbewilligung gebe. Diese Kopie sei schließlich dem Berufungswerber auch zugesandt worden. Diesem sei als logische Konsequenz erschienen, dass in der Benützungsbewilligung auch eine Betriebsanlagengenehmigung enthalten sei, direkt sei aber nicht darüber gesprochen worden. Schließlich sei das gewerberechtliche Ansuchen dadurch verzögert worden, dass die dafür erforderlichen Pläne und Unterlagen erst nach aufwendiger Recherche beschaffbar gewesen seien.
Die Inbetriebnahme der Küche sei auch erst mit Ende Mai 1999 erfolgt, da es zu Gerätelieferungsverzögerungen und Verzögerungen bei den Anschlussarbeiten gekommen sei.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt sowie in den Berufungsakt, insbesondere durch Einsichtnahme in den Aktenvermerk vom 05.03.2001 bezüglich einer allfälligen Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens sowie in den Berufungsbescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 25.01.2001 bezüglich der Untersagung der Errichtung einer weiteren Betriebsstätte.
Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu.
Hinsichtlich der Feststellungen wird auf das erstinstanzliche Straferkenntnis verwiesen. Ergänzend wird festgestellt:
Am 28.08.2000 wurde von der Ö. die Errichtung einer weiteren Betriebsstätte in I. angezeigt. Mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 25.01.2001, Zl. IIa-50003/1.01, wurde die Berufung der Ö., vertreten durch den Geschäftsführer Mag. A., gegen den Bescheid des Bürgermeisters von Innsbruck vom 15.12.2000, Zl.II-Gew- 06800e/2000, als unbegründet abgewiesen und in Bestätigung des angefochtenen Bescheides ausgesprochen, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zurkenntnisnahme der Anzeige betreffend der Errichtung einer weiteren Betriebsstätte im Standort I. nicht vorlägen und wurde gleichzeitig die Errichtung der weiteren Betriebsstätte untersagt.
Die gegenständliche M. mit einer Grundfläche von mehreren hundert Quadratmetern befindet sich im Erdgeschoß des Gebäudekomplexes in der U. und wird dort aufgrund von Verzögerungen bei den Gerätelieferungen und Anschlussarbeiten erst seit Ende Mai 1999 betrieben. Insbesondere werden in der M. Mittagessen wie auch alkoholfreie und alkoholische Getränke in unverschlossenen Gefäßen sowie Tee und Kaffee für dort aufhältige Studenten und Angehörige des Lehrkörpers ausgegeben. Die Speisen werden in der dortigen Küche zubereitet. Die Öffnungszeiten der M. sind wochentags von 09:30 bis 14:30 Uhr. Es besteht in der unmittelbaren Umgebung eine Nachbarschaft im Sinne des § 75 GewO.
Der Betrieb der M. wurde Ende Mai 1999 aufgenommen. Hinsichtlich des Erfordernisses der verwaltungsrechtlichen Genehmigungen erhielt der Berufungswerber von Generalplaner Architekt, Baubeauftragten und Baumeister die Auskunft, es lägen für alle Räumlichkeiten Benützungsbewilligungen vor. Über das Erfordernis einer Betriebsanlagengenehmigung im Sinne der Gewerbeordnung holte der Berufungswerber hingegen keine konkrete Auskunft ein.
Mit Schreiben vom 28.11.2000, Zl II-Gew-06800e/2000, wurde die Ö. ausdrücklich dahingehend informiert, dass eine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich sei.
Der festgestellte Sachverhalt ergibt sich zweifelsfrei aus dem vorliegenden Akteninhalt. Der Schuldspruch ist, da sich die Berufung nur gegen die Strafhöhe richtet, in Rechtskraft erwachsen.
Gemäß § 366 Abs1 Z2 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74 GewO 1994) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt. Gemäß § 368 Z1.10 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 15.000,-- zu bestrafen, wer die Anzeige gemäß § 46 Abs3 (GewO 1994) über die Ausübung eines Gewerbes in einer weiteren Betriebsstätte nicht erstattet hat. § 36 der Tiroler Bauordnung betrifft die Benützungsbewilligung. Gemäß Abs1 legcit dürfen Gebäude, die öffentlichen Zwecken dienen, betrieblich genutzte Gebäude, für die eine gewerbliche Betriebsanlagengenehmigung nicht erforderlich ist, und Wohnanlagen in den Fällen des § 20 Abs1 lita und b erst aufgrund einer Benützungsbewilligung benützt werden.
Hinsichtlich der Strafbemessung wird zunächst auf die Ausführungen der Erstbehörde verwiesen.
Gemäß § 19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß Abs2 legcit sind überdies im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Des weiteren sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Was das Verschulden des Berufungswerbers bezüglich der Unterlassung der Einholung einer Betriebsanlagengenehmigung anbelangt, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass der Gewerbeinhaber, diesfalls die Ö., vertreten durch den Berufungswerber, die Pflicht trifft, dafür Sorge zu tragen, dass die Führung des Gewerbebetriebes in Einklang mit den öffentlich-rechtlichen Vorschriften erfolgt.
Die Unkenntnis eines Gesetzes kann nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Insbesondere muss von einem Gewerbetreibenden aber verlangt werden, dass er über die Rechtsvorschriften, die er bei der Ausübung des Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist. Dies erfordert im gegenständlichen Fall jedenfalls, dass der Berufungswerber über das Erfordernis einer Betriebsanlagengenehmigung informiert gewesen sein hätte müssen und entspricht das Verhalten des Berufungswerbers nicht der nach den Verhältnissen des Berufungswerbers erforderlichen und zumutbaren Sorgfalt. Dieser hätte nämlich schon allein aus der Tatsache, dass etwa 50 weitere Betriebe im Bundesgebiet betrieben werden, wissen müssen, dass für die einzelne Betriebsstätte eine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich ist, handelt es sich bei der Gewerbeordnung doch um ein Bundesgesetz, welches auch in anderen Bundesländern zu Anwendung gelangt. Insofern hätte der Berufungswerber aber zur Einhaltung der ihm obliegenden Pflichten zumindest bei der zuständigen Behörde nachfragen müssen, ob in der erteilten Benützungsbewilligung, welche dem Bauverfahren zugehörig ist, eine Betriebsanlagengenehmigung enthalten sei oder das Erfordernis zur Einholung einer weiteren Genehmigung bestünde. Diesbezüglich genügt es nicht, sich beim Architekten, Bauleiter oder ähnlichen Personen zu informieren, da von diesen eine behördenverbindliche Auskunft nicht erwartet werden kann. Schließlich hat der Berufungswerber selbst vorgebracht, dem Pächter obliege es, sich um die gewerberechtlichen Genehmigungen zu kümmern, was jedenfalls unterlassen wurde.
Insofern hat der Berufungswerber aber jedenfalls fahrlässiges Verhalten zu verantworten. Dem Berufungswerber ist ungeachtet des in Rechtskraft erwachsenen Schuldvorwurfes jedoch zugutezuhalten, dass die Dauer des Anhaltens der Vorschriftswidrigkeit nicht in dem Ausmaß, wie von der Erstbehörde angenommen, gegeben war, da der M. erst Ende Mai 1999 aufgenommen wurde. Ebenso war zu berücksichtigen, dass bei der Beschaffung der entsprechenden Unterlagen Schwierigkeiten und somit eine Zeitverzögerung möglich waren. Dennoch ergibt sich im Endergebnis, dass von Mai 1999 bis zumindest 14.2.2001 eine entsprechende Betriebsanlagengenehmigung nicht vorlag.
Die Schutzzweck der betreffenden Normen (§§ 74 ff GewO) besteht im Schutz der Nachbarschaft, welcher ein Kernstück des Betriebsanlagenrechtes darstellt. Der vom Berufungswerbers zu vertretende Verstoß gegen die entsprechenden Vorschriften ist nicht unerheblich, zumal er gerade durch sein Verhalten eine ordnungsgemäße Prüfung des Sachverhaltes nach §§ 74 ff GewO zum Schutze der Nachbarschaft verhindert hat. Dem Berufungswerber ist bezüglich seines Vorbringens, es sei zu keinen Störungen der Nachbarn gekommen, entgegenzuhalten, dass bereits die grundsätzliche Eignung der Betriebsanlage, Gefährdungen, Beeinträchtigungen oder Belästigungen der Nachbarn hervorzurufen, für die Bejahung der Genehmigungspflicht genügt und diese Eignung aufgrund des Vorhandenseins einer Nachbarschaft im Sinne des § 75 GewO gegenständlich jedenfalls gegeben war.
Unter dem weiteren Gesichtspunkt der bisherigen Unbescholtenheit konnte jedoch die über den Berufungswerber verhängte Geldstrafe zu Faktum 1) auf S 15.000,-- herabgesetzt werden und scheint eine solche auch im Hinblick auf die als durchschnittlich anzunehmende Vermögenssituation des Berufungswerbers sowie in Anbetracht des gegenständlichen Strafrahmens von S 50.000,-- angemessen und geboten, um diesen von weiteren Übertretungen dieser Art abzuhalten.
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.