TE UVS Tirol 2001/12/06 2000/13/161-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.12.2001
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Monica Voppichler-Thöni über die Berufung des Herrn G. R., 6020 Innsbruck, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 11.09.2000, Zl. ST-V-6555/99, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird die Berufung in Bezug auf Spruchpunkt 1) als unbegründet abgewiesen und zu Spruchpunkt 2) der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind im gegenständlichen Fall S 80,-- (EUR 5,81), zu bezahlen.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird in Bezug auf das Faktum 1) insoweit präzisiert, als es anstelle der Wortfolge ?das Fahrzeug in zweiter Spur bereit gehalten? heißen muss ?das Fahrzeug nicht am Rande der Fahrbahn und parallel zum Fahrbahnrand, sondern in zweiter Spur haltend abgestellt?.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber Folgendes vorgeworfen:

 

?Sie haben am 04.06.1999 um 20.10 Uhr als Lenker des Taxifahrzeuges I-TX in Innsbruck, Maria-Theresien-Straße Nr. 2, 1)das Fahrzeug in zweiter Spur und

2)außerhalb eines für Taxifahrzeuge vorgesehenen Standplatzes bereit gehalten.?

 

Dadurch habe der Berufungswerber folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1)§ 23 Abs 2 StVO

2)§ 16 Abs 1 Tiroler Personenbeförderungs-Betriebsordnung

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Berufungswerber Strafen und zwar zu Spruchpunkt 1) in Höhe von S 400,-- und zu Spruchpunkt 2) S 600,-- sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens verhängt.

 

Dagegen wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In der Begründung brachte der Berufungswerber im Wesentlichen vor, dass gegen den Lenker eines Fahrzeuges keine Verfolgungshandlung gesetzt werden könne, wenn ihm nicht innerhalb von sechs Monaten ab der Tatzeit ein entsprechender Bescheid zugestellt werde. Dies sei im gegenständlichen Fall auch nicht möglich gewesen. Zudem würden sich auch Beamte irren können; er sei nicht gewillt, für etwas zu bezahlen, was er nicht getan habe. Weiters sei er seit Monaten ohne Einkommen; er beziehe monatlich S 3.300,-- Invalidenrente und empfinde er die angesprochenen Zweifel als beleidigend.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Akt, insbesondere die Anzeige der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 08.07.1999, Strafverfügung vom 11.08.1999, GZl. ST-V-6555/99, Einspruch des Berufungswerbers vom 10.01.2000, Niederschrift über die Vernehmung des Gerhard L. vom 31.01.2000, Niederschrift über die Vernehmung des Berufungswerbers vom 06.03.2000, Bericht des RI Peter P. vom 08.06.2000, Rechtfertigung des Berufungswerbers vom 24.07.2000 und Berufung des Berufungswerbers vom 20.10.2000.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über die gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:

 

Der Berufung kommt teilweise Berechtigung zu:

 

Der Anzeige der Bundespolizeidirektion vom 08.07.1999, Zl. ST-V-6555/99, ist zu entnehmen, dass in Folge eigener dienstlicher Wahrnehmungen des RI Peter P. am 04.06.1999 um

20.10 Uhr festgestellt worden sei, dass das Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen I-TX (A) in Innsbruck in Höhe Maria-Theresien-Straße 2 in zweiter Spur zum Halten abgestellt wurde. Bei dem gegenständlichen Fahrzeug habe es sich um ein Taxifahrzeug gehandelt, welches aus Platzmangel jedoch nicht in die hiefür besonders gekennzeichneten Taxistandplätze habe fahren können und auf einen frei werdenden Platz im dort befindlichen Taxistandplatz gewartet habe. Als der Berufungswerber bemerkt habe, dass ein Sicherheitswachbeamter herannaht, habe er seine Fahrt fortgesetzt.

 

Als Zulassungsbesitzerin scheint in der Zulassungsdatei der Bundespolizeidirektion Innsbruck ?Ines L. juristische Person, XY-Straße 24, 6020 Innsbruck? auf. Am 19.07.1999 gab der Taxiunternehmer Gerhard G. eine Lenkerauskunft, die gegenständliche Verwaltungsübertretung betreffend, ab, wobei dieser den Berufungswerber als Lenker des Pkws der Marke Mercedes, amtliches Kennzeichen I-TX (A), angab.

 

Am 11.08.2000 wurde gegen den Berufungswerber die Strafverfügung (zugestellt am 30.12.1999) erlassen, gegen die er am 10.01.2001 Einspruch erhoben hat. In diesem führte er aus, dass er gegen keine Rechtsvorschriften verstoßen habe, dass er es nicht gewesen sei und eine Verjährung bereits eingetreten sei.

 

In weiterer Folge wurde Gerhard L. am 31.01.2000 einvernommen. Dieser gab  im Rahmen seiner Befragung an, dass es sich bei der Geschäftsführerin der Firma L. Ines um seine Gattin Ines handle. Die Auskunft, welche hinsichtlich der Lenkerauskunft erteilt worden sei, sei richtig. Er habe auch inzwischen mit dem Berufungswerber gesprochen. Dieser hätte nicht in Abrede gestellt, am 04.06.1999 um 20.10 Uhr mit dem Pkw I-TX gefahren zu sein.

 

Am 06.03.2000 gab der Berufungswerber im Zuge seiner Einvernahme an, dass er sich an einen derartigen Vorfall nicht erinnern könne. Möglicherweise sei das Fahrzeug nicht von ihm gelenkt worden. Er werde versuchen, diesbezüglich näheres zu erfahren und werde er eventuelle Unterlagen binnen zwei Wochen an die Bundespolizeidirektion Innsbruck übermitteln. Zudem verwies er auf die bereits eingetretene Verjährung. Möglicherweise liege auch ein Kennzeichenirrtum vor, da in der Anzeige keine Wagenfarbe angeführt worden sei.

 

In der schriftlichen Stellungnahme vom 08.06.2000 bestätigte der Meldungsleger die Angaben im Sachverhalt der Anzeige und führte aus, dass er einen Kennzeichenirrtum ausschließe und die Anzeige vollinhaltlich aufrecht halte.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich daraus Folgendes:

 

Zu Spruchpunkt 1):

 

Gemäß § 23 Abs 2 erster Satz StVO ist ein Fahrzeug außerhalb von Parkplätzen, sofern sich aus Bodenmarkierung oder Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergibt, zum Halten oder Parken am Rande der Fahrbahn, parallel zum Fahrbahnrand aufzustellen.

 

Im vorliegenden Fall steht es in rechtlich unbedenklicher Weise fest, dass der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt sein Fahrzeug in zweiter Spur zum Halten abgestellt und auf einen frei werdenden Platz im dort befindlichen Taxistandplatz gewartet hat und deshalb gegen § 23 Abs 2 StVO verstoßen hat.

 

Es ist dem Berufungswerber nicht gelungen, seine Verantwortung glaubhaft zu machen oder gar unter Beweis zu stellen. So wäre es Sache des Berufungswerber gewesen, glaubhaft zu machen, dass die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Dabei hätte er initiativ alles darzutun gehabt, was für seine Entlastung spricht. Der Berufungswerber hätte z.B. die besagten Unterlagen vorlegen können, was er jedoch unterließ. Seine Verantwortung muss als Schutzbehauptung angesehen werden. Die Angaben des Meldungslegers sind widerspruchsfrei. Weiters ist dieser unter Diensteid stehende Beamte verpflichtet, den tatsächlich vorliegenden Sachverhalt wahrheitsgetreu und emotionslos wiederzugeben, da er ansonsten mit strafrechtlichen und disziplinarrechtlichen Konsequenzen zu rechnen hätte.

 

Was den Rechtsstandpunkt des Berufungswerbers anlangt, es sei bereits eine Verjährung eingetreten, da ihm die Strafverfügung erst nach sechs Monaten nach der Tat zugestellt wurde, ist ihm zu entgegnen, dass die Verfolgungsverjährung durch eine Verfolgungshandlung unterbrochen wird.

 

Voraussetzung dafür ist, dass die Verfolgungshandlung gegen eine individuell bestimmte Person als Beschuldigten gerichtet ist, ein Sachverhalt konkret vorgehalten wird und innerhalb der Verjährungsfrist nach außen in Erscheinung tritt. Im gegenständlichen Fall sind diese Voraussetzungen - zumindest für die in Spruchpunkt 1) vorgeworfene Verwaltungsübertretung - zweifelsfrei erfüllt.

 

So wurde die Strafverfügung, welche eine taugliche Verfolgungshandlung darstellt, laut dem im Akt befindlichen Rückschein am 17.08.1999 zur Post gegeben. Die Tatzeit war im vorliegenden Fall der 04.06.1999, daher endete die Verjährungsfrist mit Ablauf des 04.12.1999.

 

Hierbei ist es nach der ständigen Rechtsprechung für die Rechtzeitigkeit einer Verfolgungshandlung nicht notwendig, dass die Verfolgungshandlung den Beschuldigten innerhalb der Verfolgungsverjährung erreicht. Vielmehr genügt es, dass die Verfolgungshandlung die Sphäre der Behörde (z.B. zur Post gegeben) verlassen hat (VwGH vom 15.02.1991, Zl. 85/18/0323, vom 04.02.1993, Zl. 92/18/0168, vom 22.12.1992, Zl. 91/04/0199).

 

Es ist somit nicht - wie der  Berufungswerber irrtümlich meint - auf den Zeitpunkt der Zustellung der Strafverfügung bzw. des Straferkenntnisses abzustellen.

 

Was die Strafzumessung betrifft, ist die Grundlage für die Bemessung der Strafe gemäß § 19 Abs 1 VStG stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs 2 dieser Norm sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und ist auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen.

 

In Bezug auf die Strafbemessung vermag im vorliegenden Fall keine Unangemessenheit erkannt werden. Der erstinstanzliche Strafbetrag in Höhe von S 400,-- befindet sich noch im aller untersten Bereich des hiefür vorgesehenen Strafrahmens bis zu S 10.000,--. Dabei ist zu berücksichtigen, dass allein in Ansehung der vorliegenden Übertretung (Parken in zweiter Spur) von einer solchen mit nicht zu vernachlässigendem Unrechtsgehalt auszugehen ist; dies vor allem unter Berücksichtigung der zumindest abstrakten Möglichkeit der Behinderung anderer Verkehrsteilnehmer. Somit ist daraus keine Unangemessenheit im Sinne von § 19 Abs 1 VStG zu erkennen.

 

Bei der Berücksichtigung der subjektiven Strafbemessungskriterien im Sinne von § 19 Abs 2 VStG sind keine besonderen Erschwerungs- oder Milderungsgründe bekannt geworden.

 

Spruchpunkt 2):

 

Im angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe sein Fahrzeug außerhalb eines für Taxifahrer vorgesehenen Standplatzes ?bereit gehalten? und deshalb gegen § 16 Abs 1 der Tiroler Personenbeförderungs-Betriebsordnung verstoßen.

 

Demgegenüber wurde dem Berufungswerber in der Strafverfügung vom 11.08.1999 vorgeworfen, er habe gegen § 18 Tiroler Personenbeförderungs-Betriebsordnung verstoßen, indem er sein Fahrzeug außerhalb eines für Taxifahrzeuge vorgesehenen Standplatzes ?aufgestellt? hat.

 

Damit hat die belangte Behörde jedoch die Bedeutung der Normen des § 16 Abs 1 und § 18 Tiroler Personenbeförderungs-Betriebsordnung verkannt.

 

Gemäß § 16 Tiroler Personenbeförderungs-Betriebsordnung dürfen Taxifahrzeuge, soferne in einer Gemeinde Standplätze nach § 96 Abs 4 der StVO 1960, BGBl Nr 159, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl Nr 134/1999, festgesetzt worden sind, nur auf diese Standplätze auffahren, es sei denn, es wäre aufgrund einer besonderen straßenpolizeilichen Anordnung oder in den Abs 2 oder 3 etwas anderes bestimmt worden.

 

Zweck der Bestimmung des § 16 Tiroler Personenbeförderungs-Betriebsordnung ist die Regelung des ?Auffahrens? auf Taxistandplätze. Was unter ?Auffahren? zu verstehen ist, ergibt sich aus § 8 Tiroler Personenbeförderungs-Betriebsordnung, nämlich das ?Bereithalten? des Taxifahrzeuges. Ein derartiges Bereithalten wurde dem Berufungswerber in der Strafverfügung vom 11.08.1999 aber (noch) nicht vorgeworfen (vgl. VwGH vom 10.12.1997, Zl. 96/03/0023).

 

Die Berufungsbehörde ist in diesem Zusammenhang auch der Auffassung, dass der Berufungswerber nicht außerhalb des Standplatzes bzw. auf der öffentlichen Verkehrsfläche ?auffahren? und sein Taxifahrzeug ?bereithalten? wollte, sondern vielmehr, dass er - wie es auch in der Anzeige des Meldungslegers vom 08.07.1999 geschildert  und in der Strafverfügung vorgeworfen wurde - auf der öffentlichen Verkehrsfläche auf einen frei werdenden Platz im dort befindlichen Taxistandplatz warten wollte. Insofern hat er nach Ansicht der Berufungsbehörde die objektiven Tatbestandsmerkmale des § 18 Tiroler Personenbeförderungs-Betriebsordnung erfüllt.

 

So bestimmt § 18 Tiroler Personenbeförderungs-Betriebsordnung, dass ein Taxifahrzeug auf öffentlichen Verkehrsflächen halten und parken darf, wenn

a)

der Fahrpreisanzeiger eingeschaltet ist;

b)

ein Taxifahrzeug ohne Fahrpreisanzeiger als ?besetzt? gekennzeichnet ist oder

 c) als ?außer Dienst? gekennzeichnet ist.

 

Die belangte Behörde hat somit im gegenständlichen Fall nicht nur im angefochtenen Straferkenntnis den Sachverhalt, sondern auch die vorgeworfene Verwaltungsübertretung ausgetauscht.

 

Da § 16 Abs 1 und § 18 Tiroler Personenbeförderungs-Betriebsordnung verschiedene Tatbestandsmerkmale enthalten und unterschiedliche Delikte darstellen, ist eine Verbesserung der Berufungsbehörde verwehrt, zumal auch im Hinblick auf die Verwaltungsübertretung nach § 16 (1) Tiroler Personenbeförderungs-Betriebsordnung innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist kein tauglicher Schuldvorwurf erhoben wurde, da dem Berufungswerber erstmals im angefochtenen Straferkenntnis eine Verwaltungsübertretung gemäß § 18 Tiroler Personenbeförderungs-Betriebsordnung vorgeworfen wurde.

 

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Schlagworte
Taxifahrzeuge, Auffahrten, bereithalten
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten