Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erik Hanel über die Berufung des W R, vertreten durch E - H - N - F & P, Rechtsanwälte in G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 10.7.2001, GZ.: III/S-1.372/99, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde nach abgewiesen hinsichtlich der verhängten Strafen wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, dass über den Berufungswerber gemäß § 19 VStG hinsichtlich Punkt 1.) eine Strafe von S 1.500,-- (? 109,01), im Uneinbringlichkeitsfall 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, hinsichtlich Punkt 2.) eine Strafe von S 1.000,-- (? 72,67), im Uneinbringlichkeitsfall 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, und hinsichtlich Punkt 3.) eine Strafe von S 1.000,-- (? 72,67), im Uneinbringlichkeitsfall 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, welche binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten ist, verhängt werden. Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von insgesamt S 350,-- (? 25,44), dieser ist binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 10.7.2001, GZ.: III/S-1.372/99, wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 21.12.1998 um 06.45 Uhr in G, auf Höhe der Firma M in östliche Richtung fahrend,
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als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen, obwohl sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden stand, sein Fahrzeug nicht sofort angehalten (Punkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses);
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als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen, obwohl sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden stand, nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt (Punkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses) und
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als Wartepflichtiger durch Einbiegen einem Fahrzeug, das sich im fließenden Verkehr befunden hat, nicht den Vorrang gegeben und diesen dadurch zu unvermitteltem Abbremsen bzw Ablenken genötigt, wodurch es zum Verkehrsunfall gekommen sei (Punkt 3. des angefochtenen Straferkenntnisses). Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften des § 4 Abs 1 lit a StVO zu Punkt 1.), des § 4 Abs 5 StVO zu Punkt 2.) und des § 19 Abs 7 iVm § 19 Abs 6 StVO zu Punkt 3.) wurden über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) zu Punkt 1.), eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) zu Punkt 2.) und eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) zu Punkt 3.) verhängt. In der innerhalb offener Frist gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Berufung bringt der Berufungswerber durch seine Rechtsvertreter zusammenfassend vor, dass das angefochtene Straferkenntnis schon daher rechtswidrig sei, weil es eine Begründung aufweise, die den gesetzlichen Erfordernissen nicht entspreche. Es seien lediglich Textschablonen, die nicht einmal hinsichtlich Singular und Plural sowie hinsichtlich des Geschlechtes des Berufungswerbers individualisiert wurden, verwendet worden. Der Großteil der "Begründung" erschöpfe sich in der Wiedergabe von Gesetzesstellen und entsprechenden Kommentaren. Die Beweiswürdigung der Behörde erster Instanz sei eine reine Floskelbegründung, die weder nachvollziehbar, noch begründet sei. Ebenso wenig beachtet sei durch die belangte Behörde der für sie zwingende Grundsatz zur notwendigen Erforschung der materiellen Wahrheit, sowie das Recht des Beschuldigten auf Parteiengehör. Sämtliche vom Berufungswerber gestellten Beweisanträge seien nicht durchgeführt worden. Darüber hinaus sei als weiterer, krasser Verfahrensmangel zu rügen, dass die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz keinerlei Feststellungen zur Unfallsörtlichkeit und zum Unfallhergang traf und sich schlussendlich bei der Verfassung dieses Straferkenntnisses keinesfalls vom Akteninhalt, sondern lediglich von Textvorlagen und Textbausteinen leiten ließ. Dies gelte insbesondere auch für die Bemessung der Strafe. Schlussendlich erhob der Berufungswerber sein gesamtes Beweis- und Tatsachenvorbringen im erstinstanzlichen Verfahren zum Inhalt seiner Verantwortung vor der Berufungsinstanz. Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 51e Abs 2 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben oder der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist, eine öffentliche, mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind. Diese hat am 12.11.2001 in Anwesenheit des Berufungswerbers und seines Rechtsvertreters stattgefunden, wobei als Zeugen S M, E S, J H und H F einvernommen wurden sowie der gerichtlich beeidete Sachverständige für das Kfz-Wesen, Univ. Prof. Dr. Hermann Steffan, beigezogen wurde, der zu den technischen Implikationen des gegenständlichen Falles Stellung bezog. Aufgrund der Ergebnisse des Beweisverfahrens wird der Entscheidung folgender Sachverhalt zu Grunde gelegt: Der gegenständliche Verkehrsunfall ereignete sich am 21.12.1998 gegen 06.45 Uhr in Graz auf der W im Bereich der Zufahrt zur Firma M. Die W ist im Bereich der Unfallstelle auf einer Breite von 5,2 m mit einer Asphaltdecke befestigt und verläuft im Bereich der Unfallstelle annähernd horizontal geradlinig und eben. Auf ihr sind zwei Fahrstreifen markiert, die durch eine Leitlinie voneinander getrennt sind. Im Bereich der Unfallstelle mündet aus nördlicher Richtung die Firmenzufahrt der Firma M, die so ausgeführt ist, dass sie im Bereich des Mündungstrichters auf einer Breite von 16 m mit einer Asphaltdecke befestigt ist. Unmittelbar östlich dieser Zufahrt befindet sich nördlich der W eine Nebenfahrbahn, die durch einen unbefestigten Grasstreifen von dieser abgegrenzt ist. Unmittelbar nordöstlich der Zufahrt befindet sich ein Baum in einem Abstand von 2 m nördlich des Asphaltrandes der W. Die Firmenzufahrt selbst weist hiebei ein in Richtung Süden gesehen, also zur W hin, ein Gefälle von ca. 2 bis 3 % auf. Am Morgen des 21.12.1998 um ca. 06.45 Uhr lenkte die Zeugin S M ihr Fahrzeug der Marke Toyota Starlet auf der W von W kommend in Richtung Stadtmitte und, als sie die vorerwähnte Bahnübersetzung in dieser Straße überquerte, ein Lastkraftwagen der Firma M, gelenkt vom Berufungswerber, vom Firmengelände in die
W nach links in Richtung Stadtmitte einbog. Die Zeugin, die eine ungefähre Geschwindigkeit von 35 km/h einhielt, musste durch das Einbiegemanöver des Berufungswerbers ihr Fahrzeug in Form einer mittleren Betriebsbremsung verzögern, führte eine Ausweichbewegung durch und prallte auf der schneeglatten Fahrbahn in einen links von der Fahrbahn stehenden Baum und beschädigte ihr Fahrzeug schwer. Der Berufungswerber, der offenbar den Unfall der Zeugin M nicht bemerkte, setzte seine Fahrt ohne weitere Reaktion in Richtung Stadtmitte fort. Der gegenständliche Unfall wurde vom Zeugen E S, der unmittelbar hinter der Zeugin nachfuhr, beobachtet und fuhr dieser dem Berufungswerber nach, um ihn darauf aufmerksam zu machen, dass er durch sein Einbiegemanöver einen Verkehrsunfall verursacht hatte. An der nächsten Kreuzung musste der Berufungswerber verkehrsbedingt sein Fahrzeug anhalten und stieg der Zeuge S aus seinem Fahrzeug und ging zum Lastkraftwagen des Berufungswerbers vor, um an die Seitenscheibe zu klopfen und ihn auf den Unfall aufmerksam zu machen. Dies gelang jedoch nicht, da der Berufungswerber schon vorher weiterfuhr. Diese Feststellungen konnten aufgrund des schlüssigen und fachlich fundierten Gutachtens des gerichtlich beeideten Sachverständigen für das Kfz-Wesen, Univ. Prof. Dr. Hermann Steffan, getroffen werden, das auf Grundlage der Angaben des Berufungswerbers und der einvernommenen Zeugen M, H, S und F erstattet wurde. So ergibt sich aus diesem Gutachten klar und deutlich, dass der Berufungswerber sein Fahrzeug in die W einlenkte, als die Zeugin in einem Abstand von ca. 48 m von dieser Stelle fuhr. Unter Berücksichtigung des Schadensbildes ging der Sachverständige davon aus, dass die Anprallgeschwindigkeit gegen den Baum noch ca. 15 km/h betrug und die Zeugin M ihr Fahrzeug 4,6 Sekunden vor der späteren Kollision mit dem Baum mit einer mittleren Betriebsbremsung und einer Bremsverzögerung von 1,5 m/sec² abbremste. Beweiswürdigend ist weiters festzuhalten, dass die Aussagen der Zeugen durchaus glaubwürdig und nachvollziehbar waren. Dies wird auch durch das Gutachten des Sachverständigen untermauert, der klar und deutlich zum Ausdruck brachte, dass die Angaben sämtlicher Zeugen eine relativ gute Übereinstimmung ergeben. Sämtliche Zeugen bemühten sich nach bestem Wissen und Gewissen das seinerzeitige Geschehen detailliert, treu und wahrheitsgemäß nachzuzeichnen und hatte die Berufungsbehörde keinesfalls den Eindruck, dass sich einer der Zeugen dazu hinreißen ließ, den Berufungswerber wahrheitswidrig belasten zu wollen. Nicht gefolgt werden konnte der Darstellung des Geschehens durch den Berufungswerber selbst, der insbesondere vorbrachte, dass die Zeugin noch ca. 100 m von der Betriebsausfahrt der Firma
M in der W entfernt gewesen sei, als er mit seinem Lastkraftwagen in die W einbog. Dies muss als Versuch gewertet werden, sein Fehlverhalten beim Einbiegemanöver in die W zu verschleiern. Diese Variante des Berufungswerbers wird auch durch den Sachverständigen klar widerlegt, der festhielt, dass, wenn man der Aussage des Berufungswerbers folgte, die Zeugin M überhaupt keinen Grund gehabt hätte, zu bremsen, sondern ohne zu verzögern ihre Fahrt fortsetzen hätte können. Rechtliche Beurteilung: Zu Punkt 1.) und
2.) des angefochtenen Straferkenntnisses: Gemäß § 4 Abs 1 lit a StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten. Wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entstanden ist, haben die im Absatz 1 genannten Personen die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle vom Verkehrsunfall ohne unnötigen Aufschub zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Absatz 1 genannten Personen oder jene in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben (§ 4 Abs 5 StVO). Die objektive Grundvoraussetzung für beide Tatbestandsbilder - der geforderte ursächliche Zusammenhang mit einem Unfallgeschehen - ist im vorliegenden Fall unstrittig. Weitere Voraussetzung für die Anhalte- und Meldepflicht ist als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens und in subjektiver Hinsicht das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte (vgl. unter anderem VwGH- Erkenntnis vom 26.5.1993, Zl. 92/03/0008). Ebenso unstrittig ist im gegenständlichen Fall das Vorliegen eines Sachschadens, sodass lediglich zu prüfen war, ob dem Berufungswerber bei gehöriger Aufmerksamkeit der unfallbedingte Eintritt dieses Sachschadens zu Bewusstsein hätte kommen müssen. Vorweg ist festzustellen, dass das Gutachten des kfz-technischen Sachverständigen zum Ausdruck bringt, dass der Berufungswerber aus technischer Sicht das Kollisionsgeräusch, das durch den Anprall des Fahrzeuges der Zeugin M am gegenständlichen Baum entstand, nicht hätte hören müssen. Zum Zeitpunkt der Kollision befand er sich von seiner Sitzposition aus gesehen bereits in einer Distanz von ca. 8 m von der Unfallstelle und befand sich sein Fahrzeug gerade in einer beschleunigenden Fahrbewegung, wobei in jedem Fall von einem höheren Motorgeräusch auszugehen ist. Gleichzeitig kommt aus dem Gutachten aber auch hervor, dass der Berufungswerber in seinem linken Außenspiegel noch über eine Fahrzeit von ca. 7 Sekunden bzw einer Fahrtstrecke von 60 m eine Sichtmöglichkeit auf den verunfallten Personenkraftwagen der Zeugin M gehabt hätte. Wie der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgesprochen hat, hat der Lenker eines Fahrzeuges den Geschehnissen um sein Fahrzeug seine volle Aufmerksamkeit zuzuwenden und ist ein Blick in den Rückspiegel bei bestimmten Verkehrssituationen jedenfalls geboten. Gerade im konkreten Fall wäre der Berufungswerber gehalten gewesen, durch sein - im Übrigen als Fehlverhalten zu qualifizierenden - Fahrmanöver verpflichtet gewesen, das Verkehrsgeschehen hinter ihm im Rückspiegel zu beobachten, wobei er den verfahrensgegenständlichen Verkehrsunfall hätte erkennen müssen. Der Berufungswerber hätte - so ergibt sich aus dem Gutachten des Sachverständigen - 7 Sekunden Zeit gehabt, einen Blick in den Rückspiegel zu werfen, um dort die Kollision der Zeugin M mit dem Baum zu bemerken. Es bestand überhaupt kein Grund, dass dem Berufungswerber im konkreten Fall ein solcher Blick in den Rückspiegel nicht zumutbar gewesen wäre. Aus dem Vorgesagten ergibt sich, dass der Berufungswerber die gegenständliche Kollision ohne weiteres durch einen Blick in den Rückspiegel wahrnehmen hätte können, daraufhin sein Fahrzeug sofort anhalten und den sonstigen Lenkerverpflichtungen im Sinne des § 4 StVO nachkommen hätte müssen. Da der Berufungswerber dies unterließ, war ihm dieser Umstand als Verschulden im Sinne des § 5 Abs 1 VStG anzurechnen. Zu Punkt 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses: Gemäß § 19 Abs 7 StVO darf, wer keinen Vorrang hat (der Wartepflichtige), durch Kreuzen, Einbiegen oder Einordnen die Lenker von Fahrzeugen mit Vorrang (die Vorrangberechtigten) weder zu unvermitteltem Bremsen, noch zum Ablenken ihrer Fahrzeuge nötigen. Fahrzeuge im fließenden Verkehr haben den Vorrang gegenüber Fahrzeugen, die von Nebenfahrbahnen, von Fußgängerzonen, von Wohnstraßen, von Haus- oder Grundstücksausfahrten, von Garagen, von Parkplätzen, von Tankstellen, von Feldwegen oder dergleichen kommen (§ 19 Abs 6 StVO). Dass der Berufungswerber im Sinne der vorzitierten Bestimmung als Wartepflichtiger im gegenständlichen Falle anzusehen ist, ist unbestritten. Zu prüfen war im vorliegenden Fall, ob er im Sinne des § 19 Abs 7 StVO die vorrangberechtigte Zeugin M durch sein Einbiegemanöver zu unvermitteltem Bremsen bzw Ablenken nötigte. Dies wurde durch das Gutachten des kfz-technischen Sachverständigen klar und deutlich dokumentiert, dass durch das Einbiegemanöver des Berufungswerbers die Zeugin M ihr Fahrzeug mit einer mittleren Betriebsbremsung verzögern musste. Die Veranlassung zu einer solchen Bremsung entspricht jedenfalls einer Nötigung zu unvermitteltem Bremsen im Sinne des § 19 Abs 7 StVO (vgl. hiezu Messiner, StVO10, Seite 456 ff, mit der dort wiedergegebenen Judikatur zu § 19 Abs 7 StVO).
Zur Strafbemessung ist Folgendes auszuführen: Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 4 Abs 1 lit a StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, gemäß § 99 Abs 2 lit a leg cit sofort anzuhalten, um auch den sonstigen gesetzlich festgelegten Lenkerverpflichtungen nachzukommen. Der Lenker hat sich nach dem Anhalten etwa auch zu vergewissern, ob durch den Unfall eine Situation entstanden ist, die es notwendig macht, Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden für Personen oder Sachen zu treffen. Diese Bestimmung dient daher dem Schutz von Personen, der Abwendung von Sachschäden und soll auch die Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung gewährleisten. Zweck des § 4 Abs 5 StVO 1960 ist es, den am Unfall beteiligten Fahrzeuglenkern die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem man sich hinsichtlich der Schadensregelung in der Folge auseinander zusetzen haben wird (VwGH 19.12.1975, 2085/74; 14.9.1983, ZVR 1984/264). Die Verständigungspflicht ist nur im Interesse der Geschädigten zur Ermöglichung der Durchsetzung allfälliger Schadenersatzansprüche festgelegt (VwGH 9.9.1968, Slg. 7319/A; 17.12.1982, ZVR 1984/60). Die vom Berufungswerber weiters übertretene Norm des § 19 Abs 6 iVm § 19 Abs 7 StVO zielt, wie nahezu sämtliche Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung darauf ab, die mit dem Straßenverkehr naturgemäß verbundenen Gefahren und Gefährdungsmomente auf ein Mindestmaß zu reduzieren, indem der Gesetzgeber klare Vorrangsregelungen normiert. Wer gegen diese Vorschriften verstößt, trägt zur Erhöhung der Gefahren des Straßenverkehr bei und gefährdet in seinem Bereich die Verkehrssicherheit. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Erschwerungsgründe lagen keine vor, mildernd war die bisherige verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit zu werten. Die Erstbehörde hat als strafmildernd oder straferschwerend nichts gewertet. Aus dem Strafregisterauszug geht hervor, dass der Berufungswerber bis zur Tatzeit verwaltungsstrafrechtlich nicht vorgemerkt und somit unbescholten war. Da im Verwaltungsstrafverfahren sinngemäß die im gerichtlichen Strafrecht maßgebenden Umstände in Betracht kommen, stellt die Unbescholtenheit des Berufungswerbers einen Milderungsgrund dar (VwSlg. 9755 A/1979). Die Nichtberücksichtigung eines Milderungsgrundes bedeutet eine inhaltliche Rechtswidrigkeit. Dadurch, dass die belangte Behörde bei der Strafbemessung die Wertung der Unbescholtenheit des Berufungswerbers als Milderungsgrund gar nicht in Erwägung gezogen hat, war es der Berufungsbehörde aufgetragen, unter Berücksichtigung des festgestellten mildernden Umstandes das Strafausmaß entsprechend herabzusetzen. Unter Berücksichtigung des Unrechtsgehaltes der Tat, sowie der bereits angeführten objektiven und subjektiven, für die Strafbemessung entscheidenden Kriterien werden die nunmehr neu verhängten Strafen als vertretbar angesehen, zumal sich diese bei einem Strafrahmen bis zu S 30.000,-- bzw S 10.000,-- ohnehin nur im untersten Bereich des Strafrahmens bewegen. Die verhängten Strafen erscheinen daher unter dem Gesichtspunkt der Spezialprävention, der Berufungswerber möge in Zukunft von Übertretungen derselben Art abgehalten werden, gerechtfertigt.