Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 AVG, in Verbindung mit § 24 VStG Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben.
Gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG wird hiezu die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.
Zufolge § 65 VStG hat der Berufungswerber keinen Beitrag zu den Kosten des gegenständlichen Berufungsverfahrens zu leisten.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber angelastet, dass er sich am 28.7.1***, gegen 18,00 Uhr, am Gendarmerieposten 3*** P******** trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht (RI H***), während dieses seine gesetzlichen Aufgaben wahrgenommen habe, aggressiv verhalten und dadurch eine Amtshandlung behindert habe, weil er nach einer Einvernahme und Aufforderung zur erkennungsdienstlichen Behandlung mehrmals laut geschrien (ua Fotos und Fingerabdrücke wollen Sie nehmen ? dies tue ich nicht, ich bin kein Verbrecher...) und ein bereits vor der Einvernahme übergebenes Informationsblatt zur erkennungsdienstlichen Behandlung zerknüllt und überdies in Richtung RI H*** geworfen habe.
Hiezu wurde über den Berufungswerber gemäß § 82 Abs 1 SPG eine Geldstrafe von S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt.
Gemäß § 64 Abs 2 VStG wurde hiezu ein erstinstanzlicher Kostenbeitrag von S 100,-- vorgeschrieben.
Der Berufungswerber hat gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht berufen und die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung bestritten.
Er hat dabei die Rechtmäßigkeit der von ihm geforderten Duldung der erkennungsdienstlichen Behandlung in Frage gestellt und das Ermittlungsverfahren angezweifelt.
Im Hinblick auf das vorgelegene Ermittlungsergebnis und die Gegendarstellungen des Berufungswerbers hat die Berufungsbehörde für den 8.10.2*** eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt, zu welcher die Parteien, und als Zeugen der Meldungsleger und die Aufforderin H******** K********** geladen wurden.
In der Verhandlung gaben die durch den Verhandlungsleiter vernommenen Personen im Wesentlichen folgendes an:
?Zur Sache gibt der vom VHL persönlich befragte BW folgendes an:
Ich bin seit 1971 in Österreich und verstehe gut Deutsch. Ich kann den Ausführungen des VHL ohne weiteres folgen. Auch den Meldungsleger habe ich damals gut verstanden.
Ich kann mich an die Geschehnisse vom 28.7.1*** noch gut erinnern.
Meine bisherigen Angaben sind richtig. Ich halte mein Rechtsmittelvorbringen und meine Berufungsanträge weiterhin vollinhaltlich aufrecht und fühle mich unschuldig.
Es stimmt, dass ich durch die Aufforderin H******** K********* damals angezeigt worden bin. Allerdings waren die Angaben dieser Aufforderin absolut unrichtig. Der Beamte (Meldungsleger) ist eingeschritten und hat eine Anzeige erstattet. Es stimmt, dass diese bei der StA unter Zahl ** BAZ ***/** F anhängig gewesen sein konnte. Allerdings erfolgte kein Gerichtsverfahren. Dies deshalb, weil ich eben keine versuchte Körperverletzung begangen habe. Dabei bleibe ich auch, obwohl mir der VHL die früheren Vorfälle und Anzeigen der Aufforderin vorhält. Hiezu gebe ich an, dass die Aufforderin K********** eine schwierige Person ist und absolut keinen Kontakt zur Nachbarschaft hat. Es stimmt, dass mich der ML aufgefordert hat, ich solle zur Niederschrift auf den GP kommen. Ich bin freiwillig zum Gendarmerieposten P******** hingekommen. Als mich der Meldungsleger, Insp. H***, im zweiten Stock des GP vernommen hat, waren nur er und ich dort anwesend. Sonst war niemand da. Das Ganze hat im zweiten Stock des GP P******** stattgefunden. Er hatte vorher Frau S*********, eine weitere Nachbarin, befragt und hat diese aber vor meiner Vernehmung nach Hause geschickt. Bemerken möchte ich, dass die Frau S********* mit der Gendarmerie nach Hause gebracht worden ist. Der Meldungsleger war mir von früher her nicht bekannt. Er hat mit mir dann am GP die Niederschrift erstellt. Der ML hat mir erklärt, wie die Niederschrift von statten gehe und hat mich dann zur Sache befragt. Meine Angaben in der Niederschrift sind 100 % richtig. Obwohl die Angaben in der Niederschrift richtig waren und ich die Niederschrift auch komplett durchlesen konnte, habe ich dann diese bei gelesen und einverstanden nicht unterschrieben. Dies deshalb, weil er mir einen Zettel in die Hand gedrückt hat, wo gestanden ist, dass ich die Fingerabdrücke abnehmen lassen sollte. Ich sagte ihm, dass ich kein Verbrecher sei, sondern ein unschuldiger Mensch. Ich bestreite entschieden, dass ich die in der Anzeige und in der Anlastung festgehaltenen Worte, dass ich mir keine Fotos
und Fingerabdrücke abnehmen lasse und dass ich kein Verbrecher sei, geschrieen hätte. Tatsächlich habe ich in der gleichen Lautstärke, so wie ich mich in der Niederschrift verantwortet habe, auch diese Äußerungen getätigt.
Nicht ich, sondern der Beamte hat sich fehlverhalten. Er hat mich dann unflätig beschimpft, Kameltreiber bezeichnet und dergleichen und hat die Akte neben mir auf den Tisch geworfen. Ich habe dahingehend reagiert, dass ich gesagt habe, ich bin kein Verbrecher und lasse mir die Fingerabdrücke nicht nehmen. Lieber über meine Leiche. Er ist dann auf mich losgegangen und hat mich gewürgt und hat mich bis zum Boden gedrückt. Er hat mich auch am Hals verletzt gehabt und ich habe mich in das AKH begeben. Die Sache war beim Landesgericht S*. P***** anhängig und zwar zur Zahl * St ***/**K. Es kann sein, dass das Verfahren dort eingestellt worden ist. Ob ein Zivilrechtsverfahren dort noch anhängig ist, kann ich nicht sagen. Die BV erklärt, dass sie diesbezügliche Unterlagen in Kopie dem VHL binnen vier Wochen nachreichen wird. Ich habe dem Beamten die Anzeige bzw. eine Beschwerde in Aussicht gestellt. Ich war diesbezüglich auch bereits im Innenministerium als Beschwerdeführer. Der dortige Sachausgang ist mir unbekannt. Ich bin dann zum BGK von W************ zu einem Herrn Major R*** bestellt worden.
Auf die Frage des VHL, wie der Beamte mich abgemahnt hat, gebe ich an, dass er mich bezüglich eines angeblich aggressiven Verhaltens überhaupt nicht abgemahnt hat. Eine Reaktion auf seine unsachlichen Äußerungen war lediglich dahingehend, dass ich die Beschwerden in Aussicht stellte. Er hat zu mir auch gesagt, dass nur die vier Wände Zeuge des Vorfalles wären und sie können bis zum Großglockner hinaufgehen, es wird ihnen nichts helfen. Es stimmt auch nicht, dass ich in das Handy geschrieen habe. Ich habe sehr wohl ein Handy mitgehabt und einen Anwalt anrufen wollen, diesen jedoch nicht erreicht. Dann habe ich meine Gattin angerufen, sie hat mit dem Beamten geredet. Ich habe meiner Frau am Telefon sehr wohl gesagt, dass ich am Gendarmerieposten geschlagen und gewürgt werde, dies war ja die Wahrheit. Ich habe ihr auch gesagt, sie solle mir helfen. Der Meldungsleger hat dann meiner Frau gesagt, sie könne ihren Mann dann abholen. Meine Frau war in Aufregung, sie war eben mit dem Auto unterwegs, als sie mein Anruf und Hilferuf erreichte. Vor lauter Aufregung hat sie dann einen Unfall im **. Bezirk erlitten. Er hat dann davon Abstand genommen, dass ich die Fingerabdrücke machen sollte und hat mich auch nicht fotografiert. Meine Frau hat nämlich dann am Telefon schon geweint, als sie mit ihm gesprochen hatte. Ansonsten möchte ich nochmals darauf verweisen, dass die Angaben der Frau K********** unrichtig sind, ich habe die vorgeworfenen Handlungen nicht gesetzt. Ich habe zu ihr schon mehrmals gesagt, sie soll mich bitte in Ruhe lassen, ich möchte wie ein normaler Bürger hier leben. Am Anfang hatten die Frau K********** und ich uns gut verstanden. Es stimmt nicht, dass es zwischen uns, das heißt zwischen der Familie K********** und mir, Unstimmigkeiten deswegen gäbe, weil der Herr K********** die Benützungsbewilligung für das Grundstück nicht unterschrieben habe (siehe Niederschrift der H******** K********* vom 28.7.1***).
Die BV weist darauf hin, dass die Aussage der vernommenen H******** K********* in dieser Niederschrift auch nicht zutreffend sein kann, weil die Erteilung der Benützungsbewilligung doch eine baupolizeiliche Angelegenheit wäre und nicht von der Zustimmung ihres Gatten abhängen könnte.
Über Befragen durch die BV gibt der BW an:
Ich kann mich deshalb an das Gespräch und an die Äußerungen des ML, wo er sagte, ich könne bis zum Großglockner gehen, so gut erinnern, weil ich ihm vorher die Beschwerde bzw. Anzeige in Aussicht stellte und er dann mit solchen Äußerungen reagierte.
Glaublich habe ich auch eine Maßnahmenbeschwerde nach dem 8. Aufschrieb des Sicherheitspolizeigesetzes erhoben bzw. durch meinen Anwalt erheben lassen.
Über weiteres Befragen durch die BV gibt der BW an:
Der ML hat mir die Akte dann hingeworfen, als er mich aufgefordert hatte, mitzukommen die Fingerabdrücke zu nehmen und ich habe dies verweigert. Weiters wollte er mich auch fotografieren. Ich möchte ergänzen, dass er die Akte nicht nur auf den Tisch, sondern direkt auf mich geworfen hat. Er hat sie direkt gegen mein Gesicht geworfen. Die Akte hat er dabei ausgelassen, sodass sie gegen mich gefallen und dann auf den Boden gefallen sind. Er musste sie dann aufheben. Als er mich gewürgt hat, hat er mich mit beiden Händen am Hals erfasst und ich bin am Sessel gesessen und er hat mich rücklings hinuntergedrückt, dass ich bis zum Boden kam. Ich bin dabei in keiner Weise aktiv geworden, ich habe kaum Luft bekommen und habe nur mit den Füßen etwas Bewegung machen können, ich habe nach Luft gerungen.?
Als Zeugin sagte H******** K********* folgendes aus:
?Es stimmt, dass der hier anwesende Berufungswerber und ich Nachbarn sind. Richtig ist, dass es anfangs keine Probleme gab, jedoch in den letzten Jahren gibt es ständig Probleme. Es stimmt, dass es bereits mehrere Vorfälle gegeben hat, wo ich dann die Gendarmerie um Intervention gebeten habe. Die Gendarmeriebeamten haben jeweils den Sachverhalt festgestellt bzw. erhoben und alles im Protokoll festgehalten. Es gab jedoch noch keine Gerichtsverhandlungen. Es stimmt, dass es am 28.7.1*** einen Vorfall gegeben hatte, wo ich den BW angezeigt habe. Meine diesbezüglichen Angaben scheinen in der Niederschrift auf und sind richtig.
Auf die Frage des VHL, ob ich in der Folge dann am Gendarmerieposten P******** auch anwesend war, als der Berufungswerber dort durch den Beamten beamtshandelt worden ist und die Niederschrift mit diesem erstellt wurde, gebe ich an, dass ich nicht dabei war. Deshalb kann ich keine Angaben dazu machen, was sich zur bezeichneten Tatzeit tatsächlich am Gendarmerieposten abgespielt hat.?
Als Zeuge sagte RI G***** H*** folgendes aus:
?Ich kann mich an die Amtshandlung vom 28.7.1*** noch erinnern. Meine Angaben in der Anzeige vom 2.8.1*** sind richtig.
Es war das für mich das erste Mal, dass ich gegen den hier anwesenden BW einschreiten musste. Andere Kollegen mussten aber gegen ihn schon mehrmals einschreiten. Es war keine Amtshandlung aus eigenem Antrieb, sondern ich hatte eben auf Grund der Aufforderung durch die Frau H******** K********* hier einzuschreiten und den Sachverhalt zu ermitteln. Ich habe mich zum bezeichneten Ort begeben und dort die Personen befragt. Der BW wurde durch die Aufforderin einer versuchten Körperverletzung gemäß § 15 iVm § 83 StGB verdächtig bezeichnet. Ich habe ihn deshalb dann zum GP P******** bestellt, damit dort die Niederschrift mit ihm erstellt werden könne. Es stimmt, dass auch andere Personen (Frau S******** und Frau K**********) niederschriftlich vernommen worden sind. Der BW ist von mir aber alleine vernommen worden. Er war der deutschen Sprache ohne weiteres mächtig und es musste kein Dolmetsch beigezogen werden. Er wurde durch mich umfassend befragt und er hat seine Angaben freiwillig gemacht. Ich habe diese wahrheitsgemäß in der Niederschrift vom 28.7.1*** festgehalten. Ich habe gleich am Beginn der Einvernahme eine Belehrung durchgeführt und dem BW den weiteren Vorgang beschrieben. Dabei habe ich ihm auch gesagt, dass eine erkennungsdienstliche Behandlung (mit Fotografieren und Abnehmen der Fingerabdrücke) notwendig sei. Ich habe ihm auch das Informationsblatt für die erkennungsdienstliche Behandlung zu diesem Zeitpunkt ausgefolgt. Ob er es gleich durchgelesen hat oder später, kann ich jetzt nicht mehr sagen.
Während der Einvernahme war der Herr S**** mehrmals erregt. Ich habe ihm dann gesagt, er solle sich beruhigen und es hat dann keine Probleme gegeben. Er hat sich immer dann erregt, wenn es um die Familie K********** gegangen ist. Es besteht nämlich ein Nachbarschaftsstreit zwischen den Familien S**** und K**********. Es gibt verschiedene Differenzen, angeblich Sachbeschädigungen, Lärmerregungen und dergleichen. Das Infoblatt, welches ich dem BW damals ausgehändigt habe, werde ich der Berufungsbehörde binnen vier Wochen übermitteln (eine Kopie eines solchen). Als die Befragung zu Ende ging, war die Zeit gekommen, wo dann die erkennungsdienstliche Behandlung erfolgen sollte. Herr S**** wurde heftiger und sagte, er mache das nicht und er sei kein Verbrecher. Ich habe ihn nochmals darauf hingewiesen, dass das so vorgesehen sei. Dann wollte Herr S**** mit einem Rechtsanwalt telefonieren. Ich habe ihm dies auch erlauben wollen, es ist möglich, dass er diesen nicht erreicht hatte. Ich habe dann das SPG geholt und ihm die Paragraphen im SPG gezeigt, wo das eben geregelt ist, dass eine solche ED-Behandlung notwendig bzw. zulässig sei. Hiezu musste ich dann die Kanzlei verlassen und als ich zurückgekommen bin, habe ich bemerkt, dass der Herr S**** mit jemandem telefoniert hat. Laut seiner Angaben war das seine Gattin. Ich bin mir jetzt nicht mehr sicher, ob ich da sofort auch mit ihr am Handy gesprochen habe oder dann erst später. Sie wurde nämlich dann später übers Handy verständigt, dass sie ihn abholen solle. Ich habe dann einen Ausdruck des Konzeptes gemacht und Herrn S**** vorgelegt, dass er dieses durchlesen könne. Er hat dies auch gemacht, jedoch dann die Unterschrift verweigert. Im Zuge dessen haben wir noch einmal über die erkennungsdienstliche Behandlung gesprochen. Er hat auch die erkennungsdienstliche Behandlung wieder verweigert, indem er darauf hingewiesen hat, dass er kein Verbrecher sei. Er hat dann das Formular (Infoblatt für die ED-Behandlung) zerknüllt und in meine Richtung geworfen. Ich habe versucht,
ihn zu beruhigen. Ich habe ihm gesagt, dass er dann, wenn er sich nicht beruhige, mit einer Anzeige zu rechnen habe. Er hat sich jedoch absolut nicht mehr beruhigen lassen. Vielmehr hat er dann gedroht, dass er mich anzeigen werde und Beschwerde einreichen werde. Die Abmahnung ist darin bestanden, dass ich ihn aufgefordert habe, er solle sich beruhigen. Eine Festnahme musste nicht angedroht werden. Auf die Frage des VHL, wie die Amtshandlung beendet worden sei, gebe ich an, dass die Niederschrift nicht unterschrieben wurde. Er hat dann die Dienststelle ohne erkennungsdienstlicher Behandlung und ohne Unterschriftleistung verlassen.
Es stimmt, dass der Herr S**** auch mich angezeigt hat. Er hat eine Anzeige bei der KA des LGK NÖ erstattet und war glaublich auch im Innenministerium. Die Beschwerde, die der BW beim BMI eingebracht hatte, wurde dann an das BGK ** weitergeleitet. Dort bin ich vernommen worden und es wurde der Akt an die StA S*. P***** geschickt. Ich wurde wegen des Vorfalles jedoch durch das Gericht nicht belangt, der Vorfall wurde zu meinen Gunsten mit einer Einstellung gemäß § 90 StPO erledigt. Eine Maßnahmenbeschwerde nach dem 6. Teil des SPG ist mir in dieser Sache nicht bekannt. Seither musste ich wieder einmal gegen den BW einschreiten und zwar auch wieder in einer Sache mit der Aufforderin K**********. Es gelang jedoch dann eine Streitschlichtung und es erfolgten keine Anzeigen an die Verwaltungsbehörden oder an das Gericht. Auch zwischen mir und dem BW gibt es hiezu keinen Aktenvorgang.
Über Befragen durch die BV gibt der ML an:
Mir ist seit etwa 1*** bekannt, dass es Spannungen zwischen den Familien S**** und K********** gibt. Ich habe die erkennungsdienstliche Behandlung des BW deshalb als erforderlich erachtet, weil er bereits früher schon nach dem Strafgesetzbuch angezeigt worden ist und auch in dieser Sache wieder eine Anzeige wegen eines Gerichtstatbestandes nach dem StGB vorgelegen ist. Um eine solche ED-Behandlung durchführen zu dürfen, gibt es mehrere Voraussetzungen, ein solcher Fall ist dann gegeben, wenn jemand einer gerichtlich strafbaren Handlung verdächtig wird. Im konkreten Fall war es so, dass wie mir bekannt war, der BW doch auch schon früher wegen gerichtlicher Tatbestände angezeigt worden ist und ich deshalb von der Ausnahme, bei Geringfügigkeit von der ED-Behandlung absehen zu können, nicht Gebrauch machen konnte. Für mich war auf Grund der Anzeige der Verdacht einer versuchten Körperverletzung vorgelegen. Ich glaube, dass ich die Frau S******** vor dem Herrn S**** einvernommen habe. Aus dem Umstande heraus, dass die Frau S******** den Berufungswerber entlastet habe, dass diese gesagt habe, es sei nichts gewesen, sah ich keine Veranlassung, von der Anzeige bzw. vom Tatverdacht abzurücken. Es bestand auch noch die Frage, ob Frau S******** überhaupt die ganze Zeit bei dem Vorfall anwesend gewesen ist. Desweiteren habe ich doch nicht zu entscheiden, ob ein angezeigter Sachverhalt verwirklicht worden ist. Der Vorhalt, dass ich dem Herrn S**** die Akte ins Gesicht geworfen hätte, ist unrichtig. Auf den weiteren Vorhalt, dass ich auf die Worte des Herrn S****, er ginge sich beschwerden, wie folgt reagiert hätte ?Die einzigen Zeugen sind die vier Wände und Sie können bis zum Großglockner raufgehen? gebe ich an, dass dies nicht stimmt.?
Über Befragen durch den VHL erklärt die BV:
?Ich kann nicht sagen, ob der Beamte bezüglich dieses angeblichen Fehlverhaltens gerichtliche Konsequenzen zu tragen hatte, ob das Verfahren bei Gericht noch anhängig ist bzw. wie es abgeschlossen worden ist. Hiezu werde ich die durch den VHL geforderten Unterlagen verlässlich binnen der acht Wochen der Berufungsbehörde nachreichen. Ich habe dem Herrn S**** auch nicht gedroht, dass ich ihn nach G****** einliefern werde. Außerdem habe ich ihn auch nicht gewürgt. Mir ist nicht aufgefallen, dass er eine Halsrötung gehabt hätte, als er zu mir gekommen ist. Wenn unmittelbar nach der Amtshandlung durch einen Amtsarzt eine Rötung des Halses des Herrn S**** festgestellt worden ist, so kann ich hiezu nur sagen, dass sie dann den Amtsarzt fragen müssen, wie das zu erklären wäre. Ich habe den Herrn S**** nicht als Kamelreiter bezeichnet, welcher mich verarschen wolle.?
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:
Gemäß § 82 Abs 1 SPG begeht eine Verwaltungsübertretung, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht, während dieses seine gesetzlichen Aufgaben wahrnimmt, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert.
Dabei müsste es sich um ein der gebotenen Ruhe, entbehrendes, mit ungewöhnlicher Heftigkeit verbundenes Verhalten handeln, welches der Täter trotz Abmahnung unmittelbar daraufhin in näher beschriebener, aggressiver Weise, fortsetzt.
Aufgrund des oa Verhandlungsergebnisses, insbesondere der Zeugenaussage des Meldungslegers, ergeben sich nun jedoch Zweifel an der Verwirklichung des Tatbildes des aggressiven Verhaltens durch den Berufungswerber.
Wenngleich der Berufungswerber ein ungehöriges und vom Gehaben her anfänglich vielleicht aggressives Gehaben gezeigt haben mag, so kann in Anbetracht des gesamten Ermittlungsergebnisses, insbesondere der ergänzenden Zeugenaussage des Beamten der Tatvorwurf des aggressiven Verhaltens gemäß § 82 Abs 1 SPG nicht aufrechterhalten werden.
Dies deshalb, da sich nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit verifizieren ließ, ob der Berufungswerber unmittelbar nach der erfolgten Abmahnung sein aggressives Gehaben in tatbestandsrelevanter Weise fortsetzte.
Die Berufungsbehörde kann nämlich nicht finden, dass die Androhung einer Anzeige oder einer Beschwerde die eine abgemahnte Person tätigt, als solches fortgesetztes aggressives Verhalten zu qualifizieren ist.
Das Tatbild des § 82 Abs 1 SPG wird nicht erfüllt, wenn der Täter sein aggressives Gehaben nach erfolgter Abmahnung nicht mehr der entsprechenden Intensität fortsetzt, sondern nur noch (bloß) unsachliche Worte oder Konsequenzen ausspricht oder sein Verhalten mässigt.
Sohin erübrigt sich auch die Prüfung des Tatbestandselementes der Behinderung der Amtshandlung.
Es ist gegenständlich auch nicht mehr zu prüfen, ob der Meldungsleger das Instrumentarium des SPG anlässlich der erkennungsdienstlichen Maßnahmen zutreffend angewendet hat oder ob hier ein Vorgehen der Behörde gemäß § 77 Abs 2 SPG angebracht gewesen wäre.
Die Berufungsbehörde hat in dieser Entscheidung auch nicht zu verifizieren, ob der Meldungsleger ? wie vom Berufungswerber behauptet ? unkorrekt eingeschritten sei.
Aus diesen Gründen ist im Zweifel zugunsten des Berufungswerbers zu entscheiden, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und hiezu das Verfahren einzustellen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.