Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alois Huber über die Berufung des Herrn J. gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 03.01.2001, Zl 4a-St-9557/00, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm § 24 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Geldstrafe, somit E 36,34 (S 500,--), zu bezahlen.
Der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird insoferne berichtigt, als die Wortfolge ?in Fahrtrichtung? durch die Wortfolge ?in Fahrtrichtung Osten? ersetzt wird.
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als nach außen vertretungsbefugtes Organ der Firma N., welche als Zulassungsbesitzer des Lkw, Kennzeichen KB-, aufscheint, unterlassen dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug bzw dessen Beladung den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das genannte Fahrzeug wurde am 11.05.2000 um 19.00 Uhr in St. Anton am Arlberg, auf der S16, Strkm 23,5, in Fahrtrichtung (Osten) von B. gelenkt, obwohl
1. der rechte äußere Reifen der zweiten Achse eine Seitenwandbeschädigung bis zum Gewebe aufwies (Drähte waren sichtbar und angerostet).?
Dem Beschuldigten wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs1 Z1 KFG iVm § 7 Abs1 KFG zur Last gelegt und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.500,--, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von drei Tagen, verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht berufen. In dieser Berufung wurde darauf hingewiesen, dass bereits beim Einspruch gegen die Strafverfügung eine Kopie der monatlichen Überprüfung vom 19.04.2000 übersendet worden sei und hiebei keine Beschädigung am Reifen festgestellt worden sei. Die Beschädigung müsse daher vermutlich kurz vor dem Kontrolltag aufgetreten sein. Da die Reifendrähte innerhalb von Stunden rosten würden, wenn sie freigelegt seien, könne nicht daraus geschlossen werden, dass dieser Reifen schon länger beschädigt gewesen sei. Der betreffende Reifen habe laut Werkstatt 40 Prozent Profil und könne bei diesem Abnützungsgrad davon ausgegangen werden, dass die Reifen bis zur nächstmonatigen Kontrolle ohne weiteres benützt werden könnten. Ein 40 prozentiges Restprofil würde sicherlich eine Restlaufzeit von zumindest 50.000 km zulassen. Hinsichtlich der Delegierung der kraftfahrrechtlichen Belange an Herrn K. werde auf die entsprechende Mitteilung an die Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel verwiesen.
Dieser Berufung kommt keine Berechtigung zu.
In der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Tirol, Verkehrsabteilung/Außenstelle Imst, vom 27.05.2000, GZ P 5921/00-Ru, ist angeführt, dass B. am 11.05.2000 um 19.00 Uhr den Lkw der Marke Scania (höchstzulässiges Gesamtgewicht 17.990 kg) mit dem Kennzeichen KB- auf der Arlbergschnellstraße S16 bei km 23,5, Mautstelle St. Jakob, Gemeindegebiet St. Anton aA, in Fahrtrichtung Osten gelenkt hat, wobei eine Fahrzeugkontrolle ergeben hat, dass der rechte äußere Reifen der zweiten Achse am Lkw eine Seitenwandbeschädigung bis zum Gewebe (Drähte sichtbar und angerostet) aufgewiesen hat. Der festgestellte Schaden an diesem Reifen ist durch ein beigelegtes Lichtbild objektiviert. Auf diesem Lichtbild ist ersichtlich, dass die Seitenwand des Gewebes in einem erheblichen Bereich beträchtlich beschädigt gewesen ist, wobei auch die angerosteten Drähte bereits sichtbar gewesen sind.
Gemäß § 7 Abs1 KFG müssen Kraftfahrzeuge mit Reifen oder Gleisketten versehen sein, die nach ihrer Bauart, ihren Abmessungen und ihrem Zustand auch bei den höchsten für das Fahrzeug zulässige Achslasten und bei der Bauartgeschwindigkeit des Fahrzeuges verkehrs- und betriebssicher sind. Aufgrund der festgestellten Schäden am Reifen, welche durch das bereits angesprochene Lichtbild objektiviert sind, ist offensichtlich, dass dadurch die Verkehrs- und Betriebssicherheit nicht in einem ausreichenden Maß gewährleistet ist.
Laut Anzeige ist Zulassungsbesitzer hinsichtlich dieses Lkws die Firma N. Dieser Umstand ist unbestritten. Weiters ist unbestritten, dass der Beschuldigte handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Firma ist.
Gemäß § 103 Abs1 Z1 KFG hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.
Im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs1 VStG, bei dem Fahrlässigkeit bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen ist, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder eine Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dabei hat eine nach § 9 Abs1 VStG zur Verantwortung gezogene Person im Betrieb ein Kontrollsystem zu behaupten und glaubhaft zu machen, dass mit gutem Grund die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften (im gegenständlichen Fall § 7 Abs1 KFG) erwarten lassen darf.
Diesbezüglich wurde vom Beschuldigten ein solches Kontrollsystem weder behauptet noch bescheinigt.
Soweit sich der Beschuldigte darauf bezieht, es wäre K. zum verantwortlichen Beauftragten nach § 9 Abs2 VStG für die hier verfahrensgegenständliche Verwaltungsübertretung bestellt worden, ist darauf zu verweisen, dass die diesbezügliche Urkunde von der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel eingeholt worden ist. Dabei heißt es im Schreiben vom 30.05.2001 wie folgt:
?Betrifft: Delegierung von Verantwortlichen in unserem Unternehmen
Sehr geehrter Herr Amtsrat, sehr geehrte Frau O.!
Da es in der Vergangenheit, trotz mehrmaliger schriftlicher Hinweise, immer wieder Differenzen bezüglich der Zuständigkeit in unserem Unternehmen gegeben hat, erlaube ich mir diese nochmals klar bekannt zu geben:
Verantwortlich gemäß bzw StVO K., geb. 18.11.1951 Verantwortlicher für die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten, Herr E.
Im Nachsatz dieses Schreibens bestätigen beide Herren die Annahme der Delegierung.
Mit freundlichen Grüßen
K. jun.?
Unabhängig davon, dass sich der verfahrensgegenständliche Vorfall bereits am 11.05.2000 zugetragen hat (das diesbezügliche Schreiben an die Erstbehörde ist mit 30.05.2001 datiert), ist auszuführen, dass mit diesem Schreiben kein Übergang der Verantwortung des Beschuldigten als Zulassungsbesitzer auf K. verbunden gewesen ist. In dieser Urkunde wird eigens lediglich die Verantwortlichkeit nach der StVO reklamiert, wobei es sich im hier gegenständlichen Fall um § 7 Abs1 KFG, somit um einen kraftfahrrechtlichen Belang, handelt.
Zudem ist dieser Urkunde nicht zu entnehmen, dass Herr K. damit im Sinne des § 9 Abs2 und Abs4 VStG die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortung übernommen hätte, zumal in keiner Weise davon die Rede ist, dass Verwaltungsstrafen gegen K. zu verhängen wären. Zudem wäre auch nicht erfindlich, welche entsprechende Anordnungsbefugnis K. in diesem Zusammenhang gehabt hätte.
Somit verbleibt es bei der grundsätzlichen Verantwortlichkeit des Beschuldigten als handelsrechtlichen Geschäftsführer der zulassungsbesitzenden Firma.
Hinsichtlich der Strafbemessung ist auszuführen, dass die einschlägige Strafbestimmung Geldstrafen bis zur Höhe von S 30.000,-- vorsieht. Aus dieser Sicht ist die über den Beschuldigten verhängte Strafe nicht als überhöht anzusehen. Hinsichtlich dem Verschulden wird von fahrlässiger Begehung ausgegangen. Da der Beschuldigte keine konkreten Angaben zu seinen Einkommensverhältnissen getätigt hat, wird diesbezüglich von durchschnittlichen Gegebenheiten ausgegangen.
Der Umstand, dass die Erstbehörde diesbezüglich von ?ausreichenden Einkommensverhältnissen? ausgegangen ist, vermag nicht zu verwirken, dass die über den Beschuldigten verhängte Strafe als zu hoch zu betrachten wäre. Dies aufgrund des Schuld- und Unrechtsgehaltes der Tat. Dazu kommt, dass der Beschuldigte einschlägig strafvorgemerkt aufscheint, wie sich dem Strafvormerk des Beschuldigten entnehmen lässt, sodass diesbezüglich von einem Erschwerungsgrund auszugehen ist.