Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 AVG Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.
Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG wird die Einstellung der Strafverfahren verfügt.
Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hat folgenden Wortlaut:
?Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Firma T***** GmbH, N***** **-**, **** M*****, zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeber am **.**.**** eine Baustelle in **** M*****, M***** *** (Schule) betrieben hat, wobei die Arbeitnehmer J***** J***** und K***** K***** Spenglerarbeiten im Bereich des hofseitigen Dachsaumes (Herstellen der Saumverblechung, siehe beiliegende Skizze) durchgeführt haben.
An der beschriebenen Arbeitsstelle bestand Absturzgefahr über eine Höhe von ca 10 m, die Dachneigung beträgt ca 30 Grad. Es bestand eine erhebliche Gefährdung für Leben und Gesundheit der Arbeitnehmer, da diese nicht mittels Sicherheitsgeschirr (gemäß § 30 BauV) angeseilt waren, auf der Baustelle standen den Arbeitnehmern keine solchen Anseilmittel zur Verfügung.
Dadurch übertretene Verwaltungsvorschriften, verhängte Strafen und entstandene Verfahrenskosten:
Übertretungsnorm:
§ 130 Abs. 5 Z. 1 iVm § 118 Abs. 3 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz
(AschG)
iVm § 161 Bauarbeiterschutzverordnung
Strafnorm:
Über Sie wird folgende Geldstrafe verhängt: S 10.000,--
(S 5000,-- pro Arbeitnehmer)
Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden
(36 Stunden pro Arbeitnehmer)
vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs.2
des Verwaltungsstrafgesetzes S 1.000,--
Gesamtsumme S 11.000,--
(799,40 Euro)?
In der fristgerecht eingebrachten Berufung beantragt der Beschuldigte die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung der Strafverfahren. Begründend führt der Beschuldigte aus, er sei bereits am **.**.**** durch einen Gesellschafterbeschluss mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführer der T***** GesmbH enthoben worden. Er habe in der weiteren Folge von dem verbleibenden Alleingeschäftsführer F***** K***** wiederholt verlangt, dass seine Geschäftsführerbefugnis im Firmenbuch gelöscht werde, was aber aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen zunächst unterblieben sei. Er scheine daher weiterhin im Firmenbuch neben F***** K***** als selbständig vertretungsbefugter Geschäftsführer auf, obwohl er mit der Fassung des Gesellschafterbeschlusses zur Vertretung der Gesellschaft tatsächlich nicht mehr berechtigt sei. Erst am 6.12.2000 sei es dann zur Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses vom 24.12.1998 gekommen. Im Firmenbuch des Landesgerichtes X sei schließlich seine Funktion als Geschäftsführer der T***** GesmbH gelöscht und diese Eintragung am 16.12.2000 vollzogen worden. Daraus ergebe sich, dass er zum Tatzeitpunkt nicht mehr zur Geschäftsführung berechtigt gewesen sei.
Der der Berufung beigeschlossenen Beurkundung des Gesellschafterbeschlusses vom 6.12.2000 ist zu entnehmen, dass der Beschuldigte mit Beschluss der Gesellschafter (T***** K*****, M***** F*****) vom 24.12.1998 seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der T***** GesmbH mit sofortiger Wirkung enthoben wurde. Mit Rücksicht darauf, dass der Beschuldigte bisher noch nicht im Firmenbuch als Geschäftsführer der Gesellschaft gelöscht worden sei, obwohl er dies vom verbleibenden Geschäftsführer F***** K***** wiederholt verlangt habe, werde zum Nachweis der Abberufung des Geschäftsführers der vorstehenden wiedergegebene, am 24.12.1998 gefasste Gesellschafterbeschluss wiederholt und bestätigt.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:
Vorweg ist zu den von der Behörde erster Instanz im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten Übertretungsnormen anzumerken, dass der § 161 BauV als übertretene Vorschrift nicht in Betracht kommen kann, weil er gemäß § 118 Abs 3 Z 4 ASchG bereits außer Kraft getreten ist. Hingegen fehlt die Zitierung des § 87 Abs 5 BauV, dessen Z 2 iVm dem letzten Satz den für die gegenständlichen Fälle maßgebenden Übertretungstatbestand normiert.
Die ordnungsgemäße Bestellung und Abberufung der Geschäftsführer einer GesmbH ist sofort wirksam und von der Eintragung im Firmenbuch unabhängig. Eine Person kann daher trotz anderslautendem Stand des Firmenbuches die Geschäftsführereigenschaft fehlen. Die Behörde darf sich nicht mit dem bloßen Hinweis darauf begnügen, der Beschuldigte sei deshalb als das gemäß § 9 Abs 1 VStG zur Vertretung nach außen berufene Organ der betreffenden GesmbH zur Tatzeit anzusehen, weil er zu diesem Zeitpunkt im Firmenbuch als Geschäftsführer derselben eingetragen war (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5 Auflage, Seite 813, Entscheidung 17a und die dort zitierte Judikatur).
Aus der vom Beschuldigten im Anhang zur Berufung vorgelegten Beurkundung des Beschlusses der Gesellschafter der T***** GesmbH ergibt sich, dass der Beschuldigte bereits mit Beschluss vom 24.12.1998 als handelsrechtlicher Geschäftsführer des Unternehmens abberufen wurde, wobei die Löschung als Geschäftsführer im Firmenbuch erst nach Wiederholung des Abberufungsbeschlusses am 6.12.2000 erfolgt ist. Da der Beschuldigte unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen zur Tatzeit weder handelsrechtlicher Geschäftsführer des in Rede stehenden Unternehmens noch verantwortlicher Beauftragter im Sinne der Vorschriften des § 9 Abs 2 bis 4 iVm § 23 ArbIG war, trifft ihn für die ihm zur Last gelegten Übertretungen nicht die verwaltungsstrafrechtliche Haftung. Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Einstellung der Strafverfahren zu verfügen.
Die Durchführung der vom Beschuldigten beantragten öffentlichen mündlichen Verhandlung war im Hinblick auf § 51e Abs 2 Z 1 VStG entbehrlich.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.