Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung der Frau H., vertreten durch R., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 13.02.2001, Zl III-2.285/3St-00, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs1 Z1 VStG zur Einstellung gebracht.
Mit dem Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
?I.
Sie haben zu vertreten, dass Herr M., geb am 06.05.1940 in Ebbs, in ihrem Auftrag am 10.03.2000 um 15.10 Uhr mit dem Lastkraftwagen M.A.N., FIN......, hzGG 18.000 kg, versehen mit dem Probefahrtkennzeichen KU- (A), beladen mit einer Sattelzugmaschine Marke Mercedes Benz, Type 1834S, ohne Kennzeichen, auf der A12 bei km 60,5 im Gemeindegebiet von Wattens in Richtung Innsbruck fahrend eine gewerbsmäßige Fahrt nach dem Güterbeförderungsgesetz 1995 durchführte, obwohl sie nicht im Besitz der erforderlichen Konzession für das Güterbeförderungsgewerbe gemäß § 2 Abs1 GBefG 1995 waren.
II.
Desweiteren konnte den Kontrollorganen des Landesgendarmeriekommando für Tirol, Verkehrsabteilung - Außenstelle Wiesing, anlässlich der Kontrolle am 10.03.2000 um 15.10 Uhr auf der A12 bei km 60,5 im Gemeindegebiet von Wattens für das verladene Gut (Sattelzugmaschine Marke Mercedes Benz, Type 1834S) kein Frachtbrief gemäß § 17 Abs1 GBefG 1995 vorgelegt werden.?
Dem Beschuldigten wurde zu Punkt 1. eine Übertretung nach § 366 Abs1 Z1 GewO 1994 idgF iVm § 2 Abs1 GBefG 1995 idgF und zu Punkt 2. eine Übertretung nach § 17 Abs1 GBefG iVm § 23 Abs1 Z6 GBefG 1995 idgF zur Last gelegt und wurde über die Beschuldigte zu Punkt 1. gemäß § 366 Abs1 GewO 1994 iVm § 23 Abs2 GBefG eine Geldstrafe in der Höhe von 363,36 Euro (5.000,-- S) sowie zu Punkt 2. gemäß § 23 Abs1 und 2 GBefG eine Geldstrafe in der Höhe von 363,36 Euro (5.000,-- S) auferlegt. Außerdem wurde der Beschuldigten im Falle der Uneinbringlichkeit der Geldstrafe eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von insgesamt drei Tagen vorgeschrieben sowie ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens auferlegt.
Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschuldigte fristgerecht durch ihren Ehegatten als bevollmächtigten Vertreter Berufung erhoben und in dieser wie folgt ausgeführt:
Es seien beide Fahrzeuge auf eigener Achse bei der Firma F. in München übernommen worden. Auf der Fahrt nach Österreich, unmittelbar vor der Ausfahrt Kiefersfelden sei beim Mercedes ein Motorschaden entstanden, sodass dieses Fahrzeug nach Kiefersfelden Bahnhof zu Rampe abgeschleppt worden sei. Anschließend sei der Lkw mit dem Kennzeichen KU- auf den Lkw der Marke MAN mit dem Kennzeichen KU- aufgeladen und die Fahrt in Richtung Venedig fortgesetzt worden. Als Nachweis, dass dieses Fahrzeug einen Motorschaden gehabt habe, werde eine Kopie der Tachoscheibe übermittelt, aus welcher ersichtlich sei, dass die Fahrt nur von München bis Kiefersfelden gegangen sei. Zusätzlich werde eine Kopie des Zulassungsscheines mit dem Kennzeichen KU- ebenfalls übermittelt. Außerdem werde darauf hingewiesen, dass bei der Firma T. in München zwei Stellplätze für Lkw reserviert worden seien für die Fahrt am 11.03.2000 um 18.00 Uhr von Venedig nach Patras. Aufgrund des Motorschadens sei der Lkw samt Kennzeichen - nicht wie in der Anzeige angeführt ohne Kennzeichen - aufgeladen worden. Es liege daher keine gewerbsmäßige Güterbeförderung vor, sondern eine Werkverkehrsfahrt und werde daher um Aufhebung des Straferkenntnisses ersucht.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt sowie durch Einsichtnahme in den Gewerbeschein der Beschuldigten betreffend das Handelsgewerbes gemäß § 103 Abs1 litb Z25 GewO beschränkt auf den Einzelhandel sowie betreffend das Gewerbe Überstellung von Kraftfahrzeugen. Beide Gewerbescheine datiere aus dem Jahr 1989.
Der Anzeige des LGK für Tirol, Verkehrsabteilung - Außenstelle 6200 Wiesing, vom 30.03.2000 zu Zl GZ P 578/00/Ko ist zu entnehmen, dass M. am 10.03.2000 um 15.10 Uhr den Lastkraftwagen, Marke MAN 19.422, FIN....., höchstzulässiges Gesamtgewicht 18.000 kg, versehen mit dem Probefahrtkennzeichen KU- (A), beladen mit einer Sattelzugmaschine Marke Mercedes Benz, Type 1834S, ohne Kennzeichen, auf der A12 bei km 60,5 im Gemeindegebiet von Wattens in Fahrtrichtung Innsbruck gelenkt habe. Der Lkw sei zur Kontrolle in Wattens ausgeleitet und in der Kontrollbucht in Wattens, Autobahnausfahrt, kontrolliert worden, wobei festgestellt worden sei, dass der Lenker keine Bescheinigung über Ziel und Zweck der Fahrt mitgeführt habe, der Lastkraftwagen und seine Ladung eine Gesamthöhe von 4,15 m aufgewiesen habe, wobei die größte erlaubte Höhe von 4 m für Lastkraftfahrzeuge um 15 cm überschritten worden sei und für diese Überhöhe keine Transportbewilligung des Landeshauptmannes von Tirol bestanden habe. Außerdem habe der Lenker für die Ladung kein Beförderungspapier vorweisen können.
Unter ?Sonstiges? ist angegeben, dass die Firma F. aus D- 80935 München die Beilagen als Beförderungspapier gefaxt habe.
Unter ?Angaben des Verdächtigen? ist festgehalten, dass dieser angegeben habe, bei der Beladung anwesend gewesen zu sein. Er hätte die Höhe jedoch nicht nachgemessen. Er hätte jedoch Luft aus den Reifen auslassen können und wäre dann auf die 4 m Höhe des Fahrzeuges gekommen. Fahrzeuge- oder Beförderungspapiere habe er nicht mitbekommen.
Die Angaben in dieser Anzeige sind durch die Beilagen A, B und C objektiviert. Der Beilage A ist zu entnehmen, dass die Bezirkshauptmannschaft Kufstein als Kraftfahrzeugzulassungsstelle ein Probefahrkennzeichen für KFZ und Anhänger auf den Namen/Firma H. ausgestellt hat. Das Kennzeichen lautet KU-
Beilage B und C sind die von der Firma F. gefaxten Rechnungen vom 06. und 10.03.2000 betreffend den Verkauf frei München von zwei Stück Lkw zu 11.000,-- bzw 10.000,-- Euro.
Der Anzeige zu GZ P -579/00/Ko ist zu entnehmen, dass H. als Zulassungsbesitzerin des Probefahrtkennzeichens KU- M. zu Fahrten beauftragt habe, obwohl das Fahrzeug und die Beladung nicht den gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen entsprochen haben, wodurch die Beschuldigte den Lenker M. zu Begehung von Verwaltungsübertretungen angestiftet habe bzw diese Begehungen ermöglicht habe.
Gemäß § 2 Abs1 GBefG 1995 idgF darf die gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit Kraftfahrzeugen nur aufgrund einer Konzession ausgeübt werden, sofern dieses Bundesgesetz nichts anderes bestimmt.
Gemäß § 1 Abs2 GewO ist eine Tätigkeit gewerbsmäßig, wenn sie selbständig, regel-mäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig, für welche Zwecke dieser bestimmt ist; ....
§ 1 Abs4 GewO normiert, dass auch eine einmalige Handlung als regelmäßige Tätigkeit gilt, wenn nach den Umständen des Falles auf die Absicht der Wiederholung geschlossen werden kann oder wenn sie längere Zeit erfordert.
Im gegenständlichen Fall hat der Vertreter der Beschuldigten glaubhaft gemacht, dass der auf dem Lkw mit dem amtlichen Kennzeichen KU- transportierte Lkw ebenfalls ein solcher gewesen ist, der eigentlich auf eigener Achse nach Venedig hätte überführt werden sollen. Dies einerseits durch Vorlage der entsprechende Tachographenscheibe vom 10.03.2000, deren Aufzeichnungen zu entnehmen ist, dass der abgeschleppte Lkw mit dem amtlichen blauen Probekennzeichen KU- ca eine Stunden Fahrtzeit hinter sich gebracht hatte und in der Folge die Aufzeichnungen abgebrochen sind. Das Fahrzeugscheinheft, welches von der Firma K. in Kopie betreffend dieses Lkws vorgelegt worden ist, weist andererseits das Datum 10.03.2000 und als Ort München auf. Zudem stimmt die Fahrzeugidentitätnummer mit der in dem Schreiben der Firma F. vom 10.03.2000 überein, sodass tatsächlich davon auszugehen ist, dass der zweite Lkw ebenfalls überstellt hätte werden sollen und, wie der Vertreter der Beschuldigten glaubhaft versicherte, aufgrund eines Motorschadens nach einer Fahrtzeit von ca 1 Stunde bei Rosenheim seine Fahrt beenden musste. Zudem hat der Vertreter der Beschuldigten ein Schreiben der Firma F. vom 19.02.2001 vorgelegt, in welchem ebenfalls bestätigt wurde, dass die Firma K. am 10.03.2000 zwei Fahrzeuge, nämlich einen MAN 19.422 - blaues Kennzeichen KU- und DB1834S - blaues Kennzeichen KU-, zur Überführung per eigener Achse nach Venedig erhalten hatten. Versicherungstechnisch sei die Firma K. für den Zeitraum der Überführung Eigentümer der Fahrzeuge geworden und somit für diese verantwortlich.
Auf Aufforderung der Berufungsbehörde hat die Beschuldigte die schon oben erwähnten Gewerbescheine vorgelegt. Gemäß § 340 Abs4 der GewO 1973 wurde der Beschuldigten am 02.03.1989 das Gewerbe ?Überstellungen von Fahrzeugen? durch die Bezirkshauptmannschaft Kufstein angemeldet.
Somit steht fest, dass die Beschuldigte durch ihren Fahrer keineswegs, wie im Straferkenntnis festgehalten, eine gewerbsmäßige Fahrt nach dem Güterbeförderungsgesetz durchgeführt hat, obwohl sie nicht im Besitz der erforderlichen Konzession für Güterbeförderungsgewerbe gewesen war, sondern dass es sich bei der gegenständlichen Fahrt um eine Überstellungsfahrt gehandelt hatte und durch einen unglückseligen Zufall, der eine Ausnahme darstellte, der eine Lkw den anderen abschleppte, um diesen pünktlich zur Fähre nach Venedig zu bringen. Dabei wurden Probefahrtkennzeichen verwendet. Probefahrtkennzeichen können für Überstellungsfahrten verwendet werden, wenn die Überstellung im Rahmen des Geschäftsbetriebes erfolgt. Dies ist im gegenständlichen Fall geschehen, da die Beschuldigte ein Gewerbe mit Überstellungsfahrzeugen betreibt.
Bei Fahrten zur Überführung eines Fahrzeuges an einen anderen Ort im Rahmen des Geschäftsbetriebes können auch Fahrzeuge abgeschleppt werden (ADE II, Nachtrag 1968).
Zusammenfassend ist daher die Rechtsmeinung der Erstbehörde irrig, wenn sie davon ausgeht, dass die Beschuldigte ein Gut im Sinne des Güterbeförderungsgesetzes transportiert hat. Nachdem der Vertreter der Beschuldigten ausführlich dargetan hat, dass ein Überstellungsfahrzeug ein zweites, welches einen Motorschaden hatte, aufgeladen hatte, um dieses pünktlich zur Fähre nach Venedig zu bringen und er dies auch durch entsprechende Papiere, Fahrtenschreiber und Schriftverkehr nachgewiesen hat, ist nicht davon auszugehen, dass diese Tätigkeit wiederholt werden würde und ihr regelmäßig im Sinne der Gewerbeordnung nachgegangen werden würde.
Es kann der Beschuldigten daher nicht vorgeworfen werden, dass sie gewerbsmäßig Güter befördert hat (Punkt 1.), außerdem musste und konnte sie auch gar nicht einen Frachtbrief vorweisen, da sie keine Fracht im Sinne der Gewerbeordnung transportiert hatte.
Es war daher das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Beschuldigte zur Einstellung zu bringen.