Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Berufung des K A, vertreten durch Dr. T M, Rechtsanwalt in W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 30. Oktober 2001, GZ.: 15.1-1999/3750, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe "am 18.9.1999, um 06.30 Uhr, in L, auf der S 6, Richtungsfahrbahn W-K, zwischen Strkm. 35.0 und 35.6, in Fahrtrichtung K, den Omnibus mit dem Kennzeichen gelenkt und die Fahrbahn mit einer ca. 600 m langen Ölspur und Öllachen gröblich verunreinigt" und habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 92 Abs 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) in Verbindung mit § 99 Abs 4 lit g leg cit begangen. Hierfür wurde gemäß § 99 Abs 4 lit g leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von ? 50,87 (S 700,--) - im Uneinbringlichkeitsfall 20 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe - verhängt und als Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 64 VStG ein Betrag von ? 5,08 (S 70,--) vorgeschrieben. Gemäß § 92 Abs 1 StVO ist jede gröbliche oder die Sicherheit der Straßenbenützer gefährdende Verunreinigung der Straße durch feste oder flüssige Stoffe, insbesondere durch Schutt, Kehricht, Abfälle und Unrat aller Art, sowie das Ausgießen von Flüssigkeiten bei Gefahr einer Glatteisbildung verboten. Haften an einem Fahrzeug, insbesondere auf seinen Rädern, größere Erdmengen, so hat sie der Lenker vor dem Einfahren auf eine staubfreie Straße zu entfernen. Gemäß § 99 Abs 4 lit g leg cit begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis ? 72,67 (S 1.000,--), im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 48 Stunden, zu bestrafen, wer Straßen gröblich verunreinigt oder als Besitzer oder Verwahrer eines Hundes die in § 92 gezeichnete Sorgfaltspflicht verletzt. Eine Verunreinigung im Sinne des § 92 Abs 1 StVO liegt nur vor, wenn sie von einer Person verursacht wird, ihr also zugerechnet werden kann (vergleiche insbesondere Abs 3), sei es, dass eine Person selbst, sei es, dass ein ihrer Verantwortung unterliegender Gegenstand die Verschmutzung herbeiführt. Es kann also im Sinne der Äquivalenztheorie eine Person nur dann als Verursacher qualifiziert werden, wenn ihr Verhalten seiner allgemeinen Natur nach für die Herbeiführung einer Verunreinigung nicht als völlig ungeeignet erscheint. Wird hingegen das von Willen einer Person beherrschbare Verhalten nur in Folge einer ganz außergewöhnlichen Verkettung von Umständen zu einer Bedingung der Verunreinigung, kann eine Verunreinigung herbeiführende Handlung einer Person nicht mehr zugerechnet werden (VwGH 24.11.1977, Slg 9438/A - Verneinung der Verursachung bei einem Unfallfahrzeug). Bemerkt wird noch, dass Anordnungen nach § 92 Abs 3 leg cit unabhängig von den Straffolgen getroffen werden können und würde daher eine Sicherungs- bzw Kostenmaßnahme nach Abs 3 eine fehlende Bestrafung nicht hinfällig machen. Eine Übertretung nach § 92 Abs 1 leg cit ist kein Ungehorsamsdelikt (§ 5 Abs 1 VStG). Die Bestrafung ist daher nur bei Nachweis eines schuldhaften Verhaltens zulässig. Der Straftatbestand des § 92 Abs 1 leg cit umfasst ausschließlich die Verunreinigung der Straße, nicht auch das Nichtentfernen der verursachten Verunreinigung (VwGH 31.1.1977, Slg 9234/A - Leck an einer Ölwanne eines Kraftfahrzeuges kann nur bei Verschulden der Herbeiführung des Lecks angelastet werden). Bemerkt wird noch, dass gemäß § 44a Z 1 VStG im Bescheidspruch anzuführen ist, ob jemand eine gröbliche Verunreinigung selbst verwirklicht oder durch Anstiftung oder Beihilfe beigetragen hat (VwGH 10.7.1986, 86/02/0053). Geht man von dem der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt aus (siehe Begründung des angefochtenen Bescheides) so lenkte der Berufungswerber zum Tatzeitpunkt den Omnibus und blieb auf Grund des Aufleuchtens der Zentralwarnlampe stehen. Auf Grund der sofortigen Nachschau konnte er feststellen, dass der Motor Öl verloren hatte. Eine Schlussfolgerung, dass den Berufungswerber hiebei - nämlich den Motorschaden - ein Verschulden trifft, kann nicht dem Sachverhalt entnommen werden und gibt es auch keine Anhaltspunkte hiefür. Somit kann dem Berufungswerber mangels Verschulden keine Übertretung des § 92 Abs 1 StVO angelastet werden. Die unterlassene Meldung betreffend des ausgetretenen Öles an den Straßenerhalter bildet jedenfalls nicht den Gegenstand des Strafverfahrens im Sinne der verletzten Verwaltungsvorschrift. Im Übrigen wäre im Sinne des § 44a Z 3 VStG in concreto nicht der § 99 Abs 4 lit g StVO zur Anwendung gelangt, sondern der § 99 Abs 3 lit a leg cit, da eine die Sicherheit der anderen Straßenbenützer gefährdende Straßenverunreinigung herbeigeführt worden wäre (OGH 20.4.1967, 11 Os 195/66). Dem Berufungsantrag "der Berufung Folge zu geben und nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung und Einvernahme des Feuerwehreinsatzleiters, des Autobushalters H und eines Amtssachverständigen das angefochtene Erkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen" konnte bereits auf Grund des fehlenden schuldhaften Verhaltens des Berufungswerbers a limine Folge gegeben werden.