TE UVS Tirol 2002/01/31 2001/12/123-5

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Veröffentlicht am 31.01.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Stellvertretenden Vorsitzenden Dr. Siegfried Denk über die Beschwerde des Herrn M. H., 6020 Innsbruck, vertreten durch Mag. M. K., Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, über die Beschwerde gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch die Bundespolizeidirektion Innsbruck wie folgt:

 

I.

Gemäß § 67c Abs 3 AVG iVm Art 129a Abs1 Z 2 B-VG wird dem Antrag des Beschwerdeführers, der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol möge folgendes Erkenntnis

 

?Der Beschwerdeführer ist durch seine Festnahme am 25.9.2001 durch Organe der Bundespolizeidirektion in Innsbruck, Wohnheim des Dowas, Völserstraße 19, und seine nachfolgende Anhaltung bis 09.00 Uhr des nächsten Tages in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden.?

 

fällen, stattgegeben und festgestellt, dass diese Festnahme rechtswidrig war.

 

II.

Gemäß § 79a AVG iVm der Aufwandersatzverordnung des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol, BGBl II Nr 499/2001, wird dem Antrag des Beschwerdeführers auf Kostenersatz im folgenden Umfang stattgegeben:

 

Schriftsatzaufwand 610,00 Euro (8.393,78 S) Verhandlungsaufwand 755,00 Euro (10.389,03 S) Stempelmarkenaufwand 13,08 Euro (180,00 S)

1.378,08 Euro (18.962,81 S)

 

Die belangte Behörde (Bundespolizeidirektion Innsbruck) hat den Geldbetrag von Euro 1.380,08 (18.990,33 S) an den Beschwerdeführer zu Handen seines Rechtsanwaltes innerhalb einer Frist von 2 Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Der Beschwerdeführer brachte die Beschwerde vom 6.11.2001, welche am 7.11.2001 beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol eingelangt ist, ein und führte darin folgendes aus:

 

?Durch den ausgewiesenen Vertreter wird gegen die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt innerhalb offener Frist Beschwerde gemäß Art 129a, Abs 1, Z 2 B-VG an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Tirol wegen Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten und einfach gesetzlichen Rechten erhoben.

 

1. Sachverhaltsdarstellung

 

Gegen den Beschwerdeführer wurde im Verfahren 35 Hv 84/00 des Landesgerichtes Innsbruck eine rechtskräftige Freiheitsstrafe verhängt. Am 29.08.2001 wurde die entsprechende Aufforderung zum Haftantritt aus diesem Verfahren postalisch hinterlegt. Am 30.08.2001 wurde dieses Schreiben bei der zuständigen Poststelle behoben.

 

Die entsprechende Aufforderung zum Haftantritt sieht vor, dass binnen einem Monat ab Erhalt der Aufforderung die Haft tatsächlich anzutreten ist.

 

Am 18.09.2001 wurde von der mit der Betreuung des Beschwerdeführers beauftragten Sozialarbeiterin, M. K., in einem Telefonat mit der Abteilung 35 Hv, zuständig Frau O., die weitere Vorgangsweise erörtert und insbesondere ein Antrag auf Haftaufschub diskutiert. Dies deshalb, da es dem Beschwerdeführer zwischenzeitig gelungen war, einen Job zu finden und zumindest vorläufig Wohnung in einer Einrichtung des Dowas Männer zu finden.

 

Im Zuge dieses Telefonates stellte sich heraus, dass vom zuständigen Richter Dr. J. G. bereits ein Vorführbefehl erlassen wurde. Dies obwohl die Frist zum Antritt der Haftstrafe noch gar nicht abgelaufen war.

 

Auf Grund der Tatsache, sowie des Umstandes, dass die Zustellung an den Beschwerdeführer bereits erfolgt war, wurde von der zuständigen Sachbearbeiterin beim Landesgericht Innsbruck, Frau O., der sofortige Widerruf des Vorführungsbefehles veranlasst. Am 18.09.2001 wurde um 11:11 Uhr das entsprechende Fax an die Bundespolizeidirektion Innsbruck übermittelt.

 

Der ursprüngliche Vorführbefehl stammte vom 13.09.2001 und war offenkundig an diesem Tag an die Bundespolizeidirektion Innsbruck gerichtet worden.

 

Zusätzlich hat Frau O. noch mit dem damals diensthabenden Beamten bei der Bundespolizeidirektion Innsbruck - Fernschreibestelle - telefonisch geklärt, dass der Vorführungsbefehl widerrufen werde und dieser die notwendigen Veranlassungen treffen würde.

 

Diese Tatsachen wurden von der zuständigen Sozialarbeiterin, M. K., durch einen weiteren Anruf um die Mittagszeit in der Abteilung 35 Hv eruiert, um Gewissheit darüber zu haben, dass die Vorführung erledigt ist.

 

Am 20.09.2001 wurde dann der Antrag auf Haftaufschub gestellt.

 

Obwohl sohin der ursprüngliche Vorführbefehl vom 13.09.2001 am 18.09.2001 per Fax widerrufen wurde und dieses Fax auch tatsächlich - wie sich aus einem zwischenzeitigen Schreiben der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 29.10.2001 ergibt - in der Fernschreibstelle der Bundespolizeidirektion Innsbruck eingegangen ist, wurde der Beschwerdeführer am 25.09.2001 gegen ca. 21.30 Uhr von zwei Zivilbeamten im Übergangswohnheim Dowas in der Völserstraße verhaftet. Er wurde dann an die Justizanstalt Innsbruck überstellt.

 

Die Ursache für diese Verhaftung liegt nach Meinung der Bundespolizeidirektion Innsbruck an ?noch aufzuklärenden internen Kommunikationsproblemen?, nachdem der Widerruf vom 18.09.2001 nicht zu jenen Mitarbeitern gelangt ist, bei denen sich der Vorführbefehl vom 13.09.2001 befunden hat, die dann am 25.09.2001 die Verhaftung des Beschwerdeführers durchführten.

 

Der Beschwerdeführer wurde dann am 26.09.2001 über entsprechende Intervention der Abteilung 35 Hv, Frau O., bzw der Sozialarbeiterin M. K. enthaftet.

 

Die Folge war allerdings, dass die ihn damals beschäftigende Firma Informiert werden musste und am 27.09.2001 dann auch die Kündigung per Telegramm ausgesprochen wurde.

 

Beweis für das gesamte Vorbringen:

Akt 35 Hv 84/00,

ZV M. K., p.A. Dowas für Männer, Bruneckerstraße 12, 6020 Innsbruck, Schreiben der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 29.10.2001.

 

2. Beschwerdelegitimation

Die Verhaftung des Beschwerdeführers erfolgte am 25.09.2001. Die sechswöchige Beschwerdefrist ist daher jedenfalls gewahrt.

 

Die Beschwerdelegitimation ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer durch die Ausübung unmittelbarer polizeilicher Befehls- und Zwangsgewalt in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt wurde.

 

3. Beschwerdegründe

Die einschreitenden Organe der Bundespolizeidirektion Innsbruck waren zur Verhaftung nicht berechtigt, da der Vorführbefehl des Landesgerichtes Innsbruck bereits eine Woche vor Durchführung der Verhaftung widerrufen worden war und der Beschwerdeführer darüber hinaus keinerlei Gründe gesetzt hatte, die eine Verhaftung rechtfertigen würden. Insbesondere war die Frist zum Antritt der Haftstrafe noch nicht abgelaufen bzw war bereits ein noch unerledigter Antrag auf Haftaufschub gestellt.

 

Eine Verhaftung des Beschwerdeführers hätte daher nicht erfolgen dürfen, da keinerlei Legitimation für die einschreitenden Polizisten bestand, den Beschwerdeführer in seiner Freiheit einzuschränken.

 

Der Beschwerdeführer ist sohin in seinen Rechten gemäß Art 8 StGG sowie Art 5 EMRK verletzt worden, indem er willkürlich bzw rechtswidrig verhaftet wurde.

 

Er stellt sohin an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Tirol die ANTRÄGE:

1. auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und auf 2. Fällung folgenden

Erkenntnisses:

 

Der Beschwerdeführer ist durch seine Festnahme am 25.09.2001 durch Organe der Bundespolizeidirektion Innsbruck in Innsbruck, Wohnheim des Dowas, Völserstraße 19, und seine nachfolgende Anhaltung bis 9.00 Uhr des nächsten Tages in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf persönliche Freiheit verletzt worden. Diese Festnahme war rechtswidrig.

 

Der Bund (Bundesministerium für Inneres) als Rechtsträger der belangten Behörde ist schuldig, dem Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG 1991 die Kosten dieses Verfahrens bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Innsbruck, am 06.11.2001 Mario HILBER

 

An Kosten werden verzeichnet:

Schriftsatzaufwand S 8.400,00

Verhandlungsaufwand S 10.400,00

Stempelmarkenaufwand S 180,00

S 18.980,00?

 

Die Bundespolizeidirektion Innsbruck erstattete eine Gegenschrift vom 19.11.2001, welche wie folgt lautet:

 

?Bezugnehmend auf die do Note vom 07.11.2001 wird in Beilage ein entsprechendes Konvolut übermittelt. Daraus ist ersichtlich, dass der Widerruf des Vorführungsbefehls faxmäßig am 18.09.2001 an die BPD Innsbruck gemittelt wurde. Durch die Fernschreibstelle wurde das Fax an die Sicherheitswache, Abteilungskommando 1 gemittelt und von do weiter an das Wachzimmer Innere Stadt.

 

Obwohl im Wachzimmer kein Aktenvorgang bestand, wurde der Sache do nicht weiter nachgegangen. Am 25.09.2001 wurde dann der Beschwerdeführer durch die Fahndung festgenommen, die Festnahme war somit ohne Rechtsgrundlage.?

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen:

 

Beweis aufgenommen wurde durch das Verlesen der Akten des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol und der Bundespolizeidirektion Innsbruck. Danach steht jener Sachverhalt als erwiesen fest, wie ihn der Beschwerdeführer in der Beschwerde vorgebracht hat. Aufgrund der Ausführungen der Bundespolizeidirektion Innsbruck war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Der Kostenausspruch stützt sich auf § 79a AVG.

Schlagworte
Festnahme, Recht, persönliche, Freiheit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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