TE UVS Tirol 2002/02/07 2001/24/003-1

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Veröffentlicht am 07.02.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Monica Voppichler-Thöni über die Berufung des Herrn G. G., Innsbruck, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 09.10.2001, Zl S-9718/01, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber nachfolgender Sachverhalt spruchgemäß vorgeworfen:

 

?Sie haben als Lenker des Kfz mit dem behördlichen Kennzeichen I-XY am 24.04.2001 um 07.45 Uhr in Innsbruck, Amraser Straße, Kreuzung Pradler Straße, Richtung Westen einem Fußgänger, der einen Schutzweg erkennbar benützen wollte, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht.?

 

Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs 2 StVO begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 72,67 Euro (1.000,-- S), bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe einen Tag Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt wurde. Weiters wurde der Berufungswerber zur Zahlung eines Beitrages zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten in Höhe von 7,27 Euro (100,-- S) verpflichtet.

 

Dagegen erhob der Berufungswerber fristgerecht Berufung.

 

Darin brachte er im Wesentlichen vor, dass er mit Sicherheit niemanden daran gehindert habe, den Schutzweg zu überqueren. Da die Ampeln zu diesem Zeitpunkt wegen einer Baustelle nicht in Betrieb gewesen seien und daher ein Lotse die Kreuzung gesichert habe, sei diese somit in diesem Zeitpunkt geregelt gewesen. Weiters führte der Berufungswerber aus, dass er seit 30 Jahren mehrere 100.000 km gefahren sei und in dieser Zeit noch niemanden am Überqueren einer Fahrbahn oder eines Schutzweges gehindert habe; er würde auch erkennen, ob jemand einen Schutzweg oder eine Fahrbahn überqueren wolle. Diese Anzeige sei ein Willkürakt und würde von ihm auch nicht akzeptiert werden. Zudem würde die Beamtin nicht einmal sagen können, wen er behindert haben sollte.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Akt.

 

Ungeachtet des Vorbringens des Berufungswerbers war das Verwaltungsstrafverfahren nach Ansicht der Berufungsbehörde aus folgenden Gründen einzustellen:

 

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.

 

Um den Erfordernissen der zuletzt genannten Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar fest steht.

 

Im gegenständlichen Fall ist der im Straferkenntnis erhobene Vorwurf nicht geeignet, die Anforderungen des § 44a VStG zu erfüllen. Dies aus folgenden Gründen:

 

Gemäß § 9 Abs 2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges, dass kein Schienenfahrzeug ist, einem Fußgänger, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, dass er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann, und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten.

 

Zweck der Vorschrift des § 9 Abs 2 StVO ist es, einem Fußgänger (der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will) das ungehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Nur insoweit kommt dem Fußgänger ein sogenannter ?Vorrang? zu. Hat beispielsweise ein Fußgänger die Fahrbahnhälfte, auf der sich das Fahrzeug nähert, bereits überquert und fährt er im Übersetzen der Straße unvermindert fort, so kann der Umstand, dass sich dieser Fußgänger noch auf dem Schutzweg befindet, kein zwingender Grund für ein Anhalten des Fahrzeuges sein. Ebenso kann es etwa bei Straßen von erheblicher Breite unbedenklich sein, wenn ein Fahrzeuglenker den Schutzweg noch überquert, obwohl ein Fußgänger bereits - von der linken Straßenseite kommend - den Schutzweg betreten hat, aber noch nicht so weit entfernt ist, dass er, selbst bei Beschleunigung seiner Fortbewegung, durch das Fahrzeug nicht gehindert oder gefährdet werden kann. Wo aber Umstände dieser Art nicht vorliegen, dass heißt also in allen Fällen, in denen ein Fußgänger, der den Schutzweg bereits betreten hat bzw auch diesen erkennbar benützen will, bei Fortsetzung seiner beabsichtigten Straßenüberquerung durch das sich nähernde Fahrzeug gehindert oder gefährdet werden könnte, hat der Lenker des Fahrzeuges den ?Vorrang? des Fußgängers zu beachten und dementsprechend die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges zu vermindern oder das selbe anzuhalten.

 

Aus dem erstbehördlichen Akt ergeben sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, wie der Fußgänger gehindert oder gefährdet wurde. Insbesondere fehlen Feststellungen zu den entscheidungswesentlichen Fragen, so ob der Fußgänger durch das Vorbeifahrende Fahrzeug des Berufungswerbers stehen bleiben oder etwa gar zurück treten musste. Auch fehlt die Feststellung, wie sich der Berufungswerber dem Schutzweg genähert hat.

 

Angelehnt an den oben angeführten Gründen hätte die Strafbehörde erster Instanz in ihrem Straferkenntnis den Strafvorwurf konkretisieren müssen. Insbesondere hätte die Erstbehörde die konkrete Behinderung zum Gegenstand einer Verfolgungshandlung innerhalb der Verjährungsfrist gemäß § 31 Abs 1 VStG machen müssen.

 

Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des VwGH unterbricht eine Verfolgungshandlung nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente bezogen hat. Dazu gehört zweifellos auch die Feststellung der konkreten Behinderung bzw. Gefährdung des Fußgängers. Da eine bestimmte bzw konkrete Gefährdung dem Berufungswerber innerhalb der Verjährungsfrist nicht vorgeworfen wurde, ist eine Verbesserung des Spruches in Folge eingetretener Verfolgungsverjährung nicht möglich.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Feststellung, konkreten, Behinderung, Fußgängers
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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