Die Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes
1991, BGBl Nr 51 ? AVG, als unbegründet abgewiesen und die
erstinstanzliche
Entscheidung bestätigt.
Der Berufungswerber hat dem Land Niederösterreich gemäß § 64 Abs 1 und Abs 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl Nr 52 ? VStG, ? 7,27 als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens binnen 2 Wochen ab Zustellung dieser Entscheidung zu ersetzen.
Innerhalb gleicher Frist sind auch die Geldstrafe und der Kostenbeitrag zum
erstinstanzlichen Verfahren der Bezirkshauptmannschaft X zu bezahlen (§ 59 Abs 2 AVG).
Die Bezirkshauptmannschaft X erkannte den Rechtsmittelwerber mit Straferkenntnis vom 5.12.2000, Zl. 3-*****-00, einer Übertretung gemäß den §§ 20 Abs 2 in Verbindung mit 99
Abs 3 lit a, jeweils StVO 1960, für schuldig und verhängte über den Genannten eine Geldstrafe von S 500,-- sowie eine Ersatzfreiheitsstrafe von 30 Stunden.
Gemäß § 64 Abs 2 des Verwaltungsstrafgesetzes wurde der Kostenbeitrag für das
erstinstanzliche Verfahren mit 10 % der Primärgeldstrafe, das sind S 50,--, bestimmt.
Dagegen erhob der Rechtsmittelwerber fristgerecht Berufung und begründete dies wie
folgt:
?Das Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten. Als Berufungsgrund
wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes, insbesondere infolge Verletzung
von
Verfahrensvorschriften, geltend gemacht.
Begründung:
Mit dem angeführten Straferkenntnis wird mir vorgeworfen, ich hätte die zulässige
Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet von L********** überschritten, was durch eine Radarmessung verifiziert worden sei. Ich hätte dadurch das mir
vorgeworfene Vergehen
begangen.
Dem kommt keine Berechtigung zu.
Wie bereits in der Stellungnahme ausgeführt, liegt nicht nur eine Fehlmessung vor,
sondern auch der Umstand, dass überhaupt keine gültige Messung durch ein Organ der Verkehrspolizei stattgefunden hat, die nach dem VStG dazu berechtigen würde, eine Anonymverfügung zu erlassen. Es handelt sich offensichtlich um eine private Messung
eines nicht zugelassenen Gerätes von einer nicht geschulten Person.
Hiezu ist noch ergänzend auszuführen:
Zuständig für die Verkehrspolizei ist die Bezirksverwaltungsbehörde oder die Polizeidirektion, wenn eine solche besteht. Die Gemeinde ist für die gegenständliche
Angelegenheit weder zuständig noch kann sie diese Zuständigkeit auf Private übertragen.
Lediglich die Landesregierung könnte durch Verordnung solche Aufgaben, die die Bezirksverwaltungsbehörde zu besorgen hat, die aber nur das Gebiet einer Gemeinde
betreffen, wenn dies im Interesse der Zweckmäßigkeit, Raschheit und Einfachheit gelegen
ist, an die betreffende Gemeinde übertragen. Dies liegt aber hier nicht vor.
Gemäß § 94 c (3) StVO kann der Gemeinde die Handhabung der Verkehrspolizei im
engeren Sinne übertragen werden, wenn die Gemeinde über einen Gemeindewachkörper
verfügt. Auch das liegt hier nicht vor !
Aus der Regierungsvorlage ist dazu zu entnehmen, dass die Überwachung eingeschränkt
ist, dass der Gemeinde nur die Handhabung der Verkehrspolizei durch den
Gemeindewachkörper übertragen wird, woraus zu schließen ist, dass eine Übertragung
dieser Aufgabe nur zulässig ist, wenn ein Gemeindewachkörper besteht.
Im vorliegenden Fall gibt es weder eine derartige Übertragung noch eine Verordnung,
noch eine sonstige zulässige Ermächtigung. Es gibt hier überhaupt keine Zuständigkeiten,
sodass die Beauftragung des gegenständlichen ?Überwachungsorganes? rechtswidrig und
das Wirken desselben sanktionslos ist. Insbesondere handelt es sich bei der die Messung
vornehmenden Person um kein Organ, welches gem § 97 (2) von der Behörde auf ihre
Dienstpflicht vereidigt ist, noch handelt es sich ? wie gesagt ? um eine Ermächtigung eines
privaten Aufsichtsorganes zur gegenständliche Messung. Auch das gegenständliche Gerät
wurde nicht von der Gemeinde bzw einer zuständigen Verwaltungsbehörde auf seine
Funktion für die gegenständliche Messung überprüft und werden auch die Messungen und Überprüfungen sowie laufenden Wartungen nicht überwacht.
Jedenfalls unzulässig ist somit schon die Erlassung einer Anonymverfügung. Die
gegenständliche Messung könnte höchstens als ?Privatanzeige? behandelt werden, was
aber keinesfalls zu einer Anonymverfügung führen kann !
Aus allen vorgenannten Gründen besteht daher das gegenständliche Straferkenntnis nicht
zu Recht und wird gestellt der
Antrag
die Berufungsbehörde wolle in Stattgebung der vorliegenden Berufung das
gegenständliche Straferkenntnis ersatzlos beheben und das gegen mich
behängende
Verwaltungsstrafverfahren einstellen.?
Die Bezirkshauptmannschaft X legte die eingebrachte Berufung unter Anschluss des
bezüglichen erstinstanzlichen Strafaktes dem Unabhängigen Verwaltungssenat am 15.6.2001 mit dem Bemerken, dass sie von ihrem Recht auf
Berufungsvorentscheidung
keinen Gebrauch mache, vor.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich hat nach Durchführung
einer öffentlichen mündlichen Verhandlung in Anwesenheit des Rechtsmittelwerbers nach
Anhörung des Zeugen M****** S******** nachstehenden Sachverhalt als erwiesen
angenommen und dieser Entscheidung zugrunde gelegt:
Die Marktgemeinde L********** erstattete am 6.9.2000 gegen den Lenker des PKWs
der Marke Mercedes, mit dem Kennzeichen *-***** dahingehend Anzeige, dass dieser am 6.9.2000, um 13,41 Uhr, in L**********, Ortsgebiet, in der Südbahnstraße, auf Höhe des Hauses Nr **, in Fahrtrichtung Bundesstraße **, die im Ortsgebiet erlaubte gesetzliche
Höchstgeschwindigkeit gemäß § 20 Abs 2 StVO 1960 um 21 km/h überschritten hätte.
Die vorgenommene Geschwindigkeitsermittlung erfolgte mit dem vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geeichten Radargerät vom Typ Multanova-Radar 6F-II mit der Fabrikationsnummer 1660 unter Einhaltung der vorgeschriebenen Bedienungsanleitung.
Der gegenständlichen Anzeige wurde ein Radarfoto angeschlossen, auf welchem das Tatfahrzeug deutlich sichtbar abgelichtet ist und in dessen oberen Teil der Tatzeitpunkt,
die gemessene Geschwindigkeit sowie die Gerätebezeichnung eingeblendet sind.
Vom Rechtsmittelwerber wurde in diesem Zusammenhang unumwunden eingeräumt,
dass er zum in Rede stehenden Zeitpunkt an der im Straferkenntnis näher bezeichneten
Örtlichkeit mit dem auf dem Radarfoto abgelichteten PKW als Lenker
unterwegs gewesen
ist.
Die vorgenommene Radarmessung wurde vom Zeugen M****** S******** im Auftrag der Marktgemeinde L********** vorgenommen, welche unter einem die in Rede stehende
Privatmessung in Auftrag gegeben hat.
Der Zeuge ist von Zivilberuf Polizeibeamter der Stadtpolizei X/NÖ
und als solcher unter
einem in der Bedienung des verwendeten Radargeschwindigkeitsmessgerätes von Typ
Multanova 6FU, welches im gegenständlichen Fall auch im Einsatz gestanden ist,
geschult. Der verwendete Gerätetyp ist dem Zeugen, welcher zugleich als Messperson
fungierte, seit dem Jahre 1985 bekannt, weil er auch in seinem Zivilberuf bei der Exekutive
in X mit dem gleichen Gerätetyp immer wieder
Geschwindigkeitsmessungen im Rahmen
der Verkehrsüberwachung vornimmt.
Wie bereits erwähnt, wurde die gegenständliche Messung aufgrund
eines Vertrages der Messperson mit der Marktgemeinde L********** durchgeführt, welchem zufolge der Zeuge
vertraglich verpflichtet ist, 3 x im Monat a 6 Stunden Geschwindigkeitsmessungen auf
Straßen des öffentlichen Verkehrs im Gemeindegebiet von L********** an Straßenzügen,
welche von der Gemeinde vorgegeben werden, aber nur an gesetzlich zulässigen Stellen,
die er selbst auszuwählen hat, durchzuführen. Im Zuge seiner diesbezüglichen
vertraglichen Tätigkeit wurde auch das in Rede stehende Radarfoto aufgenommen bzw. die hier berufungsgegenständliche Geschwindigkeitsmessung durchgeführt.
Aus dem vorgelegten Eichschein des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen
vom 11.9.2000 ergibt sich unter einem, dass der verwendete Verkehrsgeschwindigkeitsmesser MUVR 6F mit der Identifikationsnummer 1660 am 24.8.2000 durch die Eichbehörde auf Grundlage des Maß- und Eichgesetzes (MEG), BGBl Nr 152/1950, zuletzt geändert durch BGBl Nr 657/1996 für den Messbereich 25 ? 250 km
pro Stunde einer Eichung unterzogen wurde und demnach hier gegenständliche
Geschwindigkeitsermittlung mit einem ca 14 Tage vor der in Rede
stehenden Messung
gesetzeskonform geeichten Gerät stattgefunden hat.
Ferner beauskunftete das Messorgan, dass das gegenständliche Geschwindigkeitsmessgerät nicht defekt gewesen wäre und dass auch Fehlmessungen,
so sie erfolgen, weil zB beim Passieren der Radarstrahlen das Fahrzeug beschleunigt
oder das Tempo vermindert wird, sowohl am Display im Fahrzeug, als auch am
ausgeworfenen Foto durch einen bestimmten Code angezeigt wird. Dies war jedoch bei der hier zu beurteilenden Geschwindigkeitsermittlung nicht der Fall.
Ferner beauskunftete der Zeuge, dass der Geschwindigkeitsmesser den Vorschriften
entsprechend gewartet und verplombt werde, sodass man diesen nicht
(selbst)
manipulieren oder umstellen könne.
Soweit der entscheidungswesentliche Sachverhalt.
Beweiswürdigung:
Aufgrund der vorgelegten Urkunde (Eichschein) des akteninhaltlichen Radarfotos sowie
den nachvollziehbaren, stichhältigen und glaubwürdigen Angaben des Messorganes war
zunächst davon auszugehen, dass das eingesetzte Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät
zum Tatzeitpunkt tadellos funktionierte und die ermittelte Geschwindigkeit des vom
Rechtsmittelwerber betriebenen Mercedes korrekt zustande gekommen ist.
Der Argumentation des Einschreiters, er hätte sich keine Geschwindigkeitsüberschreitung
zu Schulden kommen lassen, weil die mit dem verwendeten Radargeschwindigkeitsmessgerät erhobene Fahrgeschwindigkeit unzutreffend ermittelt
worden sei, geht daher aus den vorerwähnten Erwägungen ins Leere. Dies insbesondere
auch deshalb, weil nicht konkretisiert worden ist, weshalb der Radargeschwindigkeitsmesser bei der hier verfahrensgegenständlichen Messung
schadhaft gewesen sein könnte.
Hinsichtlich der berufungsinhaltlichen rechtlichen Überlegungen ist
nachstehendes
auszuführen:
Wie bereits in der Sachverhaltsdarstellung ausgeführt, wurde der Beschuldigte unter den
hier beschriebenen Voraussetzungen und näher bezeichneten Umständen als Lenker
seines Kraftfahrzeuges mit einem geeichten Radargeschwindigkeitsmessgerät, welches
tadellos funktionierte, einer Geschwindigkeitsmessung unterzogen, welche das Ergebnis
zeitigte, dass der Genannte die im Ortsgebiet gemäß § 20 Abs 2 StVO 1960 höchst
zulässige Geschwindigkeit von 50 km/ um 21 km/h überschritt. Nach Auffassung der Berufungsbehörde ist es der Verwaltungsbehörde nicht verwehrt,
eine ?private? Geschwindigkeitsmessung im Rahmen des von ihr zu führenden
ordentlichen Verfahrens als Beweismittel zu verwerten. Gemäß § 46 AVG kommt alles als Beweismittel in Betracht, was zur Feststellung des
maßgeblichen Sachverhaltes geeignet und nach Lage des einzelnen Falles zweckdienlich
ist (Grundsatz der ?Unbeschränktheit der Beweismittel?). Es ist demnach kein Grund ersichtlich, dass eine von einer Privatperson im Auftrag einer Gemeinde durchgeführte ?automatische Überwachung?, zB mittels eines Radargerätes ?
wie hier zutreffend -, zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht geeignet sein
sollte. Sofern das eingesetzte Gerät tauglich und die es bedienende Person mit dem Gerät
vertraut ist, vermag auch ein von einem Privaten durchgeführte automatische
Geschwindigkeitsmessung einen von der Behörde anzukennenden Beweis zu erbringen.
Demnach war auch die Bezirksverwaltungsbehörde erster Instanz, hier die
Bezirkshauptmannschaft X, verpflichtet, die ihr vorgelegte Anzeige und das ihr
präsentierte objektive Beweismittel (Radarfoto) im durchzuführenden
Ordentlichen
Verfahren der Beweiswürdigung zu unterziehen und in Ermangelung eines
Auswertungsverbotes auch als im Beweisverfahren in Betracht kommendes Beweismittel
zu verwenden und der rechtlichen Würdigung zu unterwerfen. Demnach kann auch in der Vorgangsweise der Strafbehörde erster Instanz, dass sie die
ihr vorgelegten Beweismittel der rechtlichen Würdigung unterzogen hat, welcher Umstand
letztlich zur Erlassung des im Berufungswege bekämpften
Straferkenntnis führte, keine
Rechtswidrigkeit erkannt werden.
Auch liegt gegenständlich kein Fall der Handhabung der Verkehrspolizei durch die Gemeinde vor, weil der private Vertragspartner der Gemeinde L********** bloß beauftragt
war, Nachweise für ein vermutlich begangenes Offizialdelikt neutral (das heißt ohne das Fahrverhalten der gemessenen Verkehrsteilnehmer in irgend einer Weise zu beeinflussen)
zu erheben. Wozu noch kommt, dass gegenständlich in der Verhaltensweise des Zeugen
kein polizeilicher Akt erkannt werden kann, weil die für die Gemeinde tätige Privatperson
kein Imperium hatte, einzuschreiten (oder gegebenenfalls Zwang auszuüben), wie dies bei
einem Exekutivorgan möglich und zulässig ist.
Es war daher das Vorliegen eines polizeilichen Aktes gegenständlich
zu verneinen.
Die Berufungsbehörde gelangte daher aufgrund vorstehender Erwägungen und
Überlegungen zur Auffassung, dass der erstinstanzlich erfolgte Schuldspruch
gesetzeskonform erfolgt ist, weil der Beschuldigte gegen die Bestimmung des § 20 Abs 2 StVO mit der für ein Strafverfahren notwendigen Sicherheit sowohl in
subjektiver als auch in objektiver Hinsicht verstoßen hat, weil er die gesetzlich im Ortsgebiet vorgesehene Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h in dem
bereits erwähnten
Ausmaße überschritten hat.
Es war daher der erstinstanzlich erfolgte Schuldspruch in der Begehungsform der Fahrlässigkeit zu bestätigen.
Hinsichtlich der verhängten Strafe ist nachstehendes auszuführen:
Der Rechtsmittelwerber bezieht ein monatliches Durchschnittseinkommen von
ca ? 5.800,-- netto, ist für seine Gattin und 2 minderjährige Kinder sorgepflichtig und
verfügt über ein Vermögen im Gegenwert von ca. ? 145.000,--. Gemäß § 19Abs 2 VStG iVm den §§ 32 ? 35 des Strafgesetzbuches sind, den
Grundsätzen der Strafbemessung folgend, die Erschwerungs- und Milderungsgründe,
soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.
Ferner ist auf das Verschulden des Täters und auf das Ausmaß der mit der Tat
verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst
nachteilige Folgen nach sich
gezogen hat, Bedacht zu nehmen.
Im gegenständlichen Fall war dem Einschreiter der Umstand, dass keine Vormerkungen
nach dem Verkehrsrecht aktenevident sind, als mildernd zu Gute zu
halten.
Erschwerend war kein Umstand zu gewichten.
In Hinblick darauf, dass der Rechtsmittelwerber durch sein
rechtswidriges, schuldhaftes
und mit Strafe bedrohtes Verhalten den Schutzzweck der übertretenen Norm, alle
Gefahren zu vermeiden, die sich aus einer erhöhten Geschwindigkeit ergeben können,
zweifelsfrei verletzt hat, gelangte der Unabhängige Verwaltungssenat im Land
Niederösterreich aufgrund der bereits erwähnten sonstigen Strafzumessungsgründe, des
vorliegenden Strafrahmens (Geldstrafe bis zu ? 726,73, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit
Arrest bis zu 2 Wochen) unter Berücksichtigung der allseitigen Verhältnisse des Einschreiters sowie unter Einbeziehung von general- und spezialpräventiven Erwägungen
zur Auffassung, dass die spruchgegenständlichen Strafen als tat- und
tätergerecht zu
bestätigen waren.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidungen stützen sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.