Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Josef Hauser über die Berufung der Frau A. N., 6020 Innsbruck, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. J. P. und Dr. M. O., 6020 Innsbruck, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 11.04.2001, Zl S-8791/00, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als gemäß § 21 VStG von einer Bestrafung abgesehen und eine Ermahnung erteilt wird.
Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird insofern präzisiert, als die Wortfolge ?nach außen Vertretungsbefugte? durch das Wort ?Inhaberin? ersetzt wird.
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Sie haben als nach außen Vertretungsbefugte der Firma N. A. Transporte in ihrer Eigenschaft als Beförderer Gefahrengut zur Beförderung überlassen und konnte am 09.11.2000 um 11.00 Uhr in Innsbruck, auf der B182 bei km 1,5 Brennerstraße, Höhe Peter-Longo-Kurve (Fahrtrichtung Süden), festgestellt werden, dass der Lkw-Zug Lkw I-XY und Anhänger I-XY, welcher mit Gefahrengut der Kl 6.1, Z 63c ADR, UN1690, Natriumflorid, 1.800 kg brutto, im Wechselaufbau auf dem Anhänger, beladen war und dieser Container folgende Mängel aufwies:
der mittlere Querträger an der Verbindung zum linken Längsträger war an der Unterseite durchgerostet und waren bereits Löcher sichtbar und an der linken Ladebordwand das vorderste von vier Scharnieren abgebrochen war und wurde die Gefahrgutladung an diese Bordwand gedrückt, so dass sich ein Spalt von ca. 2 cm Breite entlang des Längsträgers ergab.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
§ 27 Abs 1 Z 1 iVm § 7 Abs 2 Z 5 iVm § 6 Z 1 GGBG und RN 10118 Abs 5 und 6 ADR?
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Berufungswerberin gemäß § 27 Abs 1 Z 1 GGBG eine Geldstrafe in der Höhe von 726,73 Euro (10.000,-- S), Ersatzfreiheitsstrafe 10 Tage, verhängt und gleichzeitig ein Verfahrenskostenbeitrag festgesetzt.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht berufen.
In der Berufung wird zunächst vorgebracht, dass die Bestimmungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes und insbesondere die Bestimmungen des ADR nicht ordnungsgemäß kundgemacht worden seinen und daher deren Geltung angezweifelt. Selbst wenn man aber von der Geltung des ADR ausgehe, sei dieses Normenwerk derart kompliziert, dass es für einen durchschnittlichen Normadressaten unzumutbar und unmöglich sei, sich darin zurecht zu finden.
Selbst bei Anwendbarkeit des GGBG auf den gegenständlichen Sachverhalt sei der Tatbestand der von der Erstbehörde zitierten Gesetzesbestimmung nicht erfüllt. So seien weder die angeführten Korresionserscheinungen tragenden Elemente des Wechselaufbaues noch gehe von einem zu Bruch gegangenen Scharnier eine Gefährdung tatsächlich aus. Die geladene Wechselbrücke sei von der Firma D. GesmbH & Co KG in Kempten als geschlossenen Ladungseinheit bestellt worden. Die regelmäßige Überprüfung der verwendeten Wechselbrücke obliege nicht dem Unternehmen der Berufungswerberin. Der Lkw-Zug samt der Wechselbrücke sei vom absolut zuverlässigen Mitarbeiter des Unternehmens der Berufungswerberin, Herrn U. M., in Memmingen übernommen und in Innsbruck beim Fahrerwechsel an Herrn S. K. übergeben worden. Die Berufungswerberin habe absolut zuverlässige Mitarbeiter eingesetzt und habe es daher keinesfalls an Sorgfalt oder Überwachung fehlen lassen. Sowohl Herr M. als auch Herr K. seien im Transport mit Gefahrengut ausgebildet und sei es seit Jahren im Unternehmen der Berufungswerberin nie zu irgendwelchen diesbezüglichen Beanstandungen gekommen. Die Berufungswerberin habe daher ein effizientes Kontrollsystem aufgebaut.
Das gegenständliche Strafverfahren sei daher zur Einstellung zu bringen, in eventu von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG abzusehen, in eventu die über die Berufungswerberin verhängte Strafe auf ein Mindestmaß herabzusetzen.
Die Berufungsbehörde hat am 04.12.2001 und am 28.01.2002 öffentliche mündliche Verhandlungen durchgeführt. Dabei wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme der Zeugen RI K., RI T., Herrn U. M., Herrn S. K. und Herrn E. N. Weiters wurde Beweis aufgenommen durch Einholung der Verwaltungsstrafkarteien betreffend die Herren U. M. und S. K. sowie durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt.
Für die Berufungsbehörde steht nachfolgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt fest:
Die Berufungswerberin ist Inhaberin der protokollierten Einzelfirma N. A. Transporte. Diese Firma hat in ihrer Eigenschaft als Beförderer am 09.11.2000 Gefahrgut der Klasse
6.1 Z 63c ADR, nämlich 1.800 kg Natriumflorid, mit dem Lkw I-XY und dem Anhänger I-XY von Memmingen Richtung Mailand transportiert. Das Gefahrgut war im Wechselaufbau auf dem Anhänger geladen. Dieser Lkw samt Anhänger wurde am 09.11.2000 um 11.00 Uhr auf der B182 bei km 1,5 kontrolliert. Der Lkw-Zug wurde zu diesem Zeitpunkt von Herrn S. K. gelenkt, nachdem zuvor der gegenständliche Lkw-Zug von Herrn U. M. von Memmingen nach Innsbruck gelenkt wurde. Bei der gegenständlichen Kontrolle wurde festgestellt, dass am Container der mittlere Querträger an der Verbindung zum linken Längsträger an der Unterseite durchgerostet war und bereits Löcher sichtbar waren und weiters an der linken Ladebordwand das vorderste von vier Scharnieren abgebrochen war. Die Gefahrgutladung wurde so an die Bordwand gedrückt, dass sich ein Spalt von ca. 2 cm Breite entlang des Längsträgers ergab.
Sowohl Herr U. M., welcher auch Gefahrgutbeauftragter im Unternehmer der Berufungswerberin ist, als auch Herr S. K. sind bereits mehrere Jahre als Gefahrgutlenker im Unternehmen der Berufungswerberin tätig. Sowohl Herr M. als auch Herr K. verfügen über eine entsprechende Ausbildung als Gefahrgutlenker, die Verwaltungsstrafkarteien beider Herren weisen keine einschlägige Strafvormerkung auf. Vor Übernahme des gegenständlichen Containers, welcher von der Firma D. GesmbH & Co KG in Kempten als geschlossene Ladungseinheit gestellt wurde, wurde sowohl von Herrn M. als auch von Herrn K. eine allgemeine Sichtprüfung vorgenommen.
Im Unternehmen der Berufungswerberin bestehen schriftliche Dienstanweisungen, aus denen hervorgeht, dass die Lenker verpflichtet sind, regelmäßig vor Übernahme der Fahrzeuge bzw. der Container eine Sichtprüfung durchzuführen. Diese Dienstanweisungen liegen auch in den einzelnen Lkws auf. Bei Dienstbesprechungen im Unternehmen der Berufungswerberin wird regelmäßig auf die durchzuführenden Kontrollen hingewiesen. Alle Lenker verfügen über eine entsprechende Ausbildung als Gefahrgutlenker. Das Unternehmen der Berufungswerberin transportiert regelmäßig Container der Firma D. GesmbH & Co KG in Kempten und hat es bisher keine diesbezüglichen Probleme damit gegeben. Auf der Achse Memmingen - Mailand werden regelmäßig Gefahrgutkontrollen durchgeführt und sind bisherige Beanstandungen der Berufungswerberin in Bezug auf Gefahrgut nicht aktenkundig.
Dieser Sachverhalt steht für die Berufungsbehörde aufgrund der glaubwürdigen und schlüssigen Zeugenaussagen fest. Darüber hinaus wurden diese Zeugenaussagen durch die eingeholten Verwaltungsstrafkarteien der Herren U. M. und S. K. sowie zur Einsicht vorgelegte Unterlagen untermauert.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich darauf Folgendes:
Gemäß § 27 Abs 1 Z 1 Gefahrgutbeförderungsgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Beförderer gefährliche Güter entgegen § 7 Abs 2 befördert und ist mit einer Geldstrafe von 726,73 Euro (10.000,-- S) bis zu 43.603,70 Euro (600.000,-- S) zu bestrafen.
Gemäß § 7 Abs 2 und § 6 Z 1 Gefahrgutbeförderungsgesetz dürfen gefährliche Güter nur befördert werden, wenn die Verwendung der Fahrzeuge nach den verkehrsträgerspezifischen generellen Vorschriften zulässig ist.
Großcontainer, wie im gegenständlichen Fall, dürfen für die Beförderung nur verwendet werden, wenn diese in bautechnischer Hinsicht geeignet sind. In bautechnischer Hinsicht geeignet bedeutet, dass die Bauelemente des Containers, wie obere und untere seitliche Längsträger, obere und untere Querträger, Türschwelle und Türträger, Bodenquerträger, Eckpfosten und Eckbeschläge keine größeren Beschädigungen aufweisen. Größere Beschädigungen sind unter anderem Scharniere und Beschläge, die verklemmt, verdreht, zerbrochen oder nicht vorhanden sind. Darüber hinaus ist jeglicher Verschleiß bei einem Bauelement des Containers, wie durchgerostete Stellen, unzulässig.
Der Beförderer von Gefahrgut hat sich unter anderem insbesondere durch eine Sichtprüfung zu vergewissern, dass die Fahrzeuge und die Ladung keine offensichtlichen Mängel, keine Undichtheiten oder Risse aufweisen und zu prüfen, ob keine Ausrüstungsteile fehlen.
Die im gegenständlichen Falle festgestellten Mängel stellen zweifelsohne größere Beschädigungen im oben angeführten Sinne dar. Der gegenständliche Container war daher für die Beförderung in bautechnischer Hinsicht nicht geeignet. Die Berufungswerberin hat daher die ihr angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.
Im durchgeführten Ermittlungsverfahren wurde aber aufgezeigt, dass die Berufungswerberin durchaus ein gutes Kontrollsystem in ihrem Unternehmen eingerichtet hat. Trotzdem werden die Sichtkontrollen von den eingesetzten Gefahrgutlenkern zu ungenau durchgeführt. Bei entsprechender Sorgfalt können nämlich die im gegenständlichen Fall festgestellten Mängel zweifellos wahrgenommen werden. Ein nur allgemeiner Rundgang um das entsprechende Fahrzeug bzw. den entsprechenden Container ist nicht ausreichend. Im konkreten Fall wird es wohl auch so gewesen sein, dass man sich auf die normalerweise in gutem Zustand befindlichen Container der Firma D. GesmbH & Co KG verlassen hat. Es wird daher Aufgabe der Berufungswerberin sein, ihre Gefahrgutlenker dahingehend zu unterweisen, dass noch genauere Kontrollen und insbesondere lückenlose Kontrollen durchgeführt werden.
Die Berufungsbehörde ist aber zu der Auffassung gelangt, dass im gegenständlichen Fall die Voraussetzungen des § 21 VStG, nämlich geringfügiges Verschulden der Berufungswerberin und unbedeutende Folgen der Übertretung gegeben sind. Aus spezialpräventiven Gründen war eine Ermahnung zu erteilen.
Ergänzend wird angemerkt, dass die Berufungsbehörde keinen Zweifel daran hat, dass die entsprechenden Bestimmungen des Gefahrgutbeförderungsgesetzes und insbesondere des ADR Geltung haben. Diese Problematik hat der Rechtsvertreter der Berufungswerberin bereits in einem vergleichbaren Verfahren vor dem UVS in Tirol vorgebracht und kann diesbezüglich darauf verwiesen werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.