TE UVS Steiermark 2002/02/28 30.14-95/2001

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Veröffentlicht am 28.02.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung des Herrn W S, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. L O, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 9.7.2001, GZ.:

III/S-11.317/99, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung hinsichtlich der Punkte 1.) und 2.) abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von ? 14,53 (S 200,--) binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen. Hinsichtlich Punkt 3.) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesem Umfang behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt. Dadurch vermindert sich der Beitrag zu den Kosten des Verfahrens erster Instanz auf den Betrag von ? 7,27 (S 100,--). Dieser Betrag ist - wie auch die verbleibenden Geldstrafen - binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigem Zwang zu entrichten.

Text

Mit dem bekämpften Strafbescheid wurde dem Berufungswerber als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen zur Last gelegt, er habe die Fahrt angetreten, ohne sich vorher, obwohl ihm dies zumutbar gewesen sei, überzeugt zu haben, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht, da am 10.3.1999, um 17.00 Uhr, in Graz

1.) beim rechten Scheinwerfer das Scheinwerferglas gefehlt habe. Es habe daher mit den Scheinwerfern nicht gleich starkes Fern- bzw Abblendlicht ausgestrahlt werden können; 2.) habe bei der rechten vorderen Blinkleuchte das Blinkerglas gefehlt. Mit dieser Leuchte habe daher kein gelbrotes Blinklicht ausgestrahlt werden können und 3.) sei der Scheinwerferspiegel und der Spiegel der Blinkleuchte gegen atmosphärische Einflüsse unzureichend geschützt gewesen.

Wegen Übertretung der Rechtsvorschriften des § 102 Abs 1 iVm § 14 Abs 8 KFG (Punkt .1), § 19 Abs 2 KFG (Punkt 2.) und § 10 Abs 6 der KDV (Punkt 3.) verhängte die belangte Behörde gemäß § 134 Abs 1 KFG pro Delikt jeweils eine Geldstrafe von ? 36,34 (S 500,--), im Uneinbringlichkeitsfalle jeweils 18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe. Als Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens wurde der Betrag von ? 10,90 (S 150,--) vorgeschrieben.

Die belangte Behörde gründete ihren Strafbescheid im Wesentlichen auf die Anzeige der Bundespolizeidirektion Graz vom 25.3.1999, sowie auf die im Ermittlungsverfahren eingeholte Stellungnahme des Meldungslegers vom 27.5.1999.

In seiner fristgerecht erhobenen Berufung knüpfte W S im Wesentlichen an sein Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren an:

Das Verwaltungsstrafverfahren sei insofern mangelhaft geblieben, als eine Leuchtprobe bei seinem Fahrzeug nicht durchgeführt worden sei. Bereits der anzeigenlegende Beamte hätte vor Ort anhand einer eine Leuchtprobe feststellen können, dass trotz Fehlen des rechten Scheinwerferglases gleich starkes Fern- bzw Abblendlicht ausgestrahlt hätte werden können, zumal der Reflektor des Scheinwerfers unbeschädigt gewesen sei. Ebenso habe die rechte vordere Blinkleuchte trotz Fehlen des Blinkerglases einwandfrei funktioniert und hätte sie gelbrotes Blinklicht ausgestrahlt. Gleichfalls habe es die Behörde unterlassen, die vom Berufungswerber namhaft gemachte Zeugin E O zu vernehmen, die die Angaben des Berufungswerbers bestätigen hätte können. Darüber hinaus sei der Berufungswerber zum Beanstandungszeitpunkt nicht Lenker des Fahrzeuges gewesen; denn das Fahrzeug sei bereits vor der gegenständlichen Amtshandlung abgestellt worden. Nur das Lenken eines Fahrzeuges bzw die Lenkereigenschaft erfülle den Tatbestand des § 102 KFG. Daher seien auch die Voraussetzungen des § 44a VStG hinsichtlich der Erfordernisse des Spruches nicht erfüllt. Selbst unter Annahme der ihm zur Last gelegten Verwaltungsstraftaten hätte mit einer Ermahnung das Auslangen gefunden werden können. Entsprechend der Aufforderung des Beamten habe der Berufungswerber die Sanierung der Lichtanlage seines Fahrzeuges vorgenommen und könne dies durch eine entsprechende Reparaturrechnung der Firma Auto P belegt werden. Der Berufungswerber beantragte das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, in eventu eine Ermahnung auszusprechen. Am 14. November 2001 hat in Anwesenheit der Rechtsvertreterin und unter Mitwirkung des Berufungswerbers eine mündliche Verhandlung stattgefunden, in der als Zeugen der Meldungsleger RI A T und die vom Berufungswerber genannte Zeugin E O zu Sache befragt worden sind. Auf Grund der Ergebnisse des Beweisverfahrens werden folgende Feststellungen getroffen: Am Nachmittag des 10.3.1999 fuhr der Berufungswerber in Begleitung seiner Lebensgefährtin E O mit dem PKW Seat Malaga, Baujahr etwa 1993, nach Graz, um eine Person beim Kuratorium für Verkehrssicherheit in der Schiffgasse abzuholen. Am Fahrzeug fehlte bereits seit Oktober 1998 aufgrund eines Verkehrsunfalles rechts vorne das Scheinwerferglas und das Blinkerglas. Seit dieser Zeit waren die sonst luftdicht verschlossenen Reflektoren des Scheinwerfers und der Blinkleuchte allen Umwelteinflüssen ausgesetzt und dementsprechend verschmutzt. Um 17.00 Uhr führte RI A T mit dem Berufungswerber in der Schiffgasse auf Höhe des- der Berufungswerber hatte dort das Fahrzeug gerade abgestellt - eine Amtshandlung durch, bei der unter anderem die aufgezählten Fahrzeugmängel beanstandet worden sind. Der Beamte räumte dem Berufungswerber die Möglichkeit ein, innerhalb einer Frist von 10 Tagen die Mängel zu beheben und mit dem reparierten Fahrzeug beim Wachzimmer Finanz vorzufahren. Von dieser Möglichkeit hat der Berufungswerber keinen Gebrauch gemacht. Die Reparatur der Mängel erfolgte erst im Mai 1999. Der grobe Verlauf der Amtshandlung ist unstrittig. Die Feststellungen zu den Fahrzeugmängeln beruhen auf den glaubwürdigen Angaben des Sicherheitswachebeamten (verschmutzte Spiegel), die auch mit den Erfahrungen des täglichen Lebens übereinstimmen. Reflektoren eines Scheinwerfers und einer Blinkleuchte, die über einen Zeitraum von mehreren Monaten hin Schmutz, Staub udgl ausgesetzt sind, verschmutzen zwangsläufig, unabhängig davon, wie oft das Fahrzeug in Betrieb genommen wird. Die gegenteiligen Behauptungen des Berufungswerbers - die im Übrigen auch nicht von der Aussage der Zeugin O gestützt werden - müssen als nachträgliche Schutzbehauptungen gewertet werden. Auch ein unbeschädigter Spiegel verhindert nicht die durch Verschmutzung eintretende mangelhafte Spiegelwirkung, die in der Intensität und in der Richtungsgebung des Lichtes besteht. Warum die Blinkleuchte trotz Fehlen des gelbroten Blinkerglases ein gelbrotes Licht ausgestrahlt haben soll, hat der Berufungswerber nicht näher dargelegt. Die rechtliche Beurteilung ergibt Folgendes: IV. § 102 Abs 1 KFG ordnet - soweit hier maßgeblich - an, dass der Kraftfahrzeuglenker ein Kraftfahrzeug  erst in Betrieb nehmen darf, wenn er sich, soweit dies zumutbar ist, davon überzeugt hat, dass das von ihm zu lenkende Kraftfahrzeug den hiefür in Betracht kommenden Vorschriften entspricht. Der Berufungswerber ist im konkreten Fall als Lenker des Fahrzeuges im Sinne des § 102 Abs 1 KFG anzusprechen, weil er das Fahrzeug - und dies ist unstrittig geblieben - kurz vor der Amtshandlung zum Abstellort gelenkt hat. Dazu ist ein Anhalten, dh ein Unterbrechen der Fahrt durch den Sicherheitswachebeamten, nicht erforderlich. Einwände des Berufungswerbers, die auf eine mangelnde Lenkereigenschaft abzielen, gehen daher ins Leere. § 14 Abs 8 KFG bestimmt unter anderem, dass Scheinwerfer, Leuchten und Rückstrahler gleicher Art paarweise nur gleich starkes Licht aus- oder rückstrahlen dürfen. Gemäß § 19 Abs 2 KFG dürfen Fahrtrichtungsanzeiger nur unbewegliche Leuchten mit Blinklicht, Blinkleuchten, aufweisen, mit denen gelbrotes Licht ausgestrahlt werden kann. Vor dem Hintergrund dieser Rechtslage sind die ersten beiden Tatvorwürfe zu Recht erhoben worden. Auf Grund des fehlenden Scheinwerferglases war der Reflektor des Scheinwerfers ungeschützt und konnte verschmutzen. Es ist daher aufgrund der eingetretenen Verschmutzung - und dazu hat es keiner Leuchtprobe bedurft - mit Sicherheit anzunehmen, dass das Ausstrahlen von gleichmäßig starkem Fern- bzw Abblendlicht beim Scheinwerfer nicht mehr möglich war. Gleichfalls hat durch das Fehlen des Blinkerglases (gelbrotes Glas) die Blinkleuchte kein gelbrotes, sondern nur mehr weißes Blinklicht ausstrahlen können. Punkt 3.) des Straferkenntnisses war zu beheben, weil der Tatvorwurf - der Scheinwerferspiegel und der Spiegel der Blinkleuchte sei gegen atmosphärische Einflüsse unzureichend geschützt gewesen - durch die von der belangten Behörde zitierten Bestimmung des § 10 Abs 6 KDV nicht gedeckt ist, der nur davon spricht, dass die Spiegel von Scheinwerfern und Leuchten, sofern sie bestimmten Vorschriften nicht entsprechen, gegen atmosphärische Einflüsse und solche der Auspuffgase von Kraftfahrzeugen möglichst unempfindlich sein müssen. Hier geht es offenbar um die Widerstandsfähigkeit der Spiegel und Leuchten selbst und nicht um deren Schutz durch Glas. Eine Spezialvorschrift, die den Tatvorwurf abdecken könnte, enthält das KFG und die KDV nicht. Der Umformulierung des Tatvorwurfes stand die bereits eingetretene Verfolgungsverjährung entgegen. Zur Strafbemessung hinsichtlich der Punkte 1.) und 2.) bleibt noch auszuführen: § 19 Abs 1 VStG enthält jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Demnach ist bei der Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzten Strafrahmens (hier S 30.000,--) insbesondere davon auszugehen, in welchem Ausmaß diejenigen Interessen gefährdet worden sind, deren Schutz die Strafdrohung dient. Der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, ist ebenso bei der Strafbemessung zu berücksichtigen. Die vom Berufungswerber übertretenen Vorschriften dienen in erster Linie der Verkehrssicherheit. Durch die eingeschränkte Funktion von Scheinwerferreflektoren wird ein Fahrbahnrad nicht ausreichend ausgeleuchtet und werden daher mögliche Gefahren nicht rechtzeitig erkannt. Gleichfalls birgt ein mit vorschriftswidrigem Licht - anstelle von gelbrotem Licht wird weißes Licht ausgestrahlt - ausgestrahltes Blinkzeichen eine Verwechslungsgefahr in der Wahrnehmung der übrigen Verkehrsteilnehmer dar. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Im Sinne dieser Bestimmung wertete die Berufungsbehörde - wie bereits die Vorinstanz - weder Erschwerungs- noch Milderungsgründe. Die verhängten Strafen befinden sich ohnehin noch im untersten Bereich des möglichen Strafrahmens. Sie sind gerechtfertigt und schuldangemessen. Der Berufungswerber hat laut den Angaben der Zeugin E O mit der Schadensbehebung bis zur Abwicklung eines gerichtsanhängigen Verfahren zugewartet. Der Berufungswerber hat trotz der ihm bekannten Schäden das Fahrzeug auf öffentlichen Verkehrsflächen benutzt und damit zumindest grob fahrlässig die oben genannten Gefährdungsmomente in Kauf genommen. Die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers - monatliches Einkommen von geschätzten ? 1090,09 (S 15.000,--) als Montagearbeiter - rechtfertigen keine Strafherabsetzung. Sie sollen den Berufungswerber vor Augen halten, dass auch von ihm als geringfügig eingestufte Schäden am Fahrzeug gravierende Folgen im Straßenverkehr haben können und die Behebung von Fahrzeugmängel vor dem weiteren Gebrauch des Fahrzeuges im Straßenverkehr zu erfolgen hat. Die Bemessung des Kostenbeitrages des Verwaltungsstrafverfahrens zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 Abs 1 und 2 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz durch die Berufungsbehörde (Punkte 1. und 2.) dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist. Die Kosten der ersten Instanz waren im Hinblick auf die Behebung eines Punktes 3.) zu berichtigen. Es war daher, wie im Spruch ersichtlich, zu entscheiden.

Schlagworte
Scheinwerfer Leuchten Spiegel Unempfindlichkeit Sache Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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