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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §58 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Bernegger, Dr. Riedinger und Dr. Handstanger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Winter, über die Beschwerde der Dr. H AG in Wien, vertreten durch Dr. Johannes Patzak und Dr. Johannes Krauss, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Johannesgasse 16, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 26. Juni 2000, Zl. 11-22-31/99-4, betreffend straßenpolizeilichen Entfernungsauftrag gemäß § 84 Abs. 4 StVO 1960, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde die beschwerdeführende Gesellschaft (damals noch in der Rechtsform einer GesmbH) verpflichtet, "die an der B ... bei Straßenkilometer 101,8 aufgestellte Hinweistafel, auf eigene Kosten binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides, bei sonstiger Ersatzvornahme zu entfernen".
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 84 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl. Nr. 159 in der Fassung BGBl. I Nr. 92/1998, dürfen Werkstätten, wo Fahrzeuge repariert werden, Radiostationen, die Verkehrsinformationen durchgeben, und Tankstellen außerhalb von Ortsgebieten nur mit dem Hinweiszeichen "Pannenhilfe" (§ 53 Abs. 1 Z. 4) "Verkehrsfunk" (§ 53 Abs. 1 Z. 4a) bzw. "Tankstelle" (§ 53 Abs. 1 Z. 6) angekündigt werden. Die Kosten für die Anbringung und die Erhaltung dieser Zeichen sind von demjenigen zu tragen, der ihre Anbringung beantragt hat.
Gemäß § 84 Abs. 2 StVO 1960 in der Fassung BGBl. Nr. 518/1994 sind ansonsten außerhalb von Ortsgebieten Werbungen und Ankündigungen an Straßen innerhalb einer Entfernung von 100 m vom Fahrbahnrand verboten. Dies gilt jedoch nicht für die Nutzung zu Werbezwecken gemäß § 82 Abs. 3 lit. f.
Gemäß § 84 Abs. 3 StVO 1960, in der Fassung BGBl. Nr. 204/1964 und BGBl. Nr. 174/1983, hat die Behörde Ausnahmen von dem in Abs. 2 enthaltenen Verbot zu bewilligen, wenn das Vorhaben einem vordringlichen Bedürfnis der Straßenbenützer dient oder für diese immerhin von erheblichem Interesse ist und vom Vorhaben eine Beeinträchtigung des Straßenverkehrs nicht zu erwarten ist. Für eine solche Ausnahmebewilligung gelten die Bestimmungen des § 82 Abs. 5 letzter Satz sinngemäß.
Gemäß § 84 Abs. 4 StVO 1960 in der Fassung BGBl. Nr. 174/1983 hat die Behörde den Besitzer oder Verfügungsberechtigten mit Bescheid zu verpflichten, die Werbung oder Ankündigung zu entfernen, wenn sie entgegen der Bestimmung des Abs. 2 und ohne Bewilligung nach Abs. 3 angebracht worden ist.
Die Beschwerdeführerin macht geltend, sie habe an dem im Bescheid bezeichneten Ort eine Plakatwand aufgestellt, auf der laufend unterschiedliche Plakate angebracht würden. Es handle sich also nicht um eine "Hinweistafel". Die unrichtige Bezeichnung des vom Entfernungsauftrag genannten Gegenstandes mache den Bescheid daher einer Vollstreckung nicht zugänglich und erweise sich demnach schon aus diesem Grund als rechtswidrig. Das Verbot des § 84 StVO 1960 betreffe nur die Werbung und Ankündigung selbst, nicht jedoch den Werbeträger, auf dem die Werbung (Plakate) aufgetragen ist (sind), ausgenommen Werbung und Werbeträger bildeten eine untrennbare Einheit. Die belangte Behörde habe den von der Beschwerdeführerin erhobenen Einwand nicht beachtet, eine "Hinweistafel" oder "Einrichtung" dürfe im vorliegenden Fall schon deshalb nicht Gegenstand eines Entfernungsauftrages sein, weil es sich um eine Plakatwand handle, auf der laufend unterschiedliche Plakate angebracht würden. Sie weise lediglich in der Begründung darauf hin, dass der im erstinstanzlichen Bescheid verwendete Begriff "Hinweistafel" wohl richtig als "Ankündigung oder Werbetafel" zu bezeichnen gewesen wäre.
Der Beschwerdeführerin ist zunächst zu entgegnen, dass eine allfällige unrichtige Bezeichnung der gegenständlichen Einrichtung als Hinweistafel und nicht als Plakatwand nicht zur Folge hat, dass man den Auftrag als ins Leere gegangen beurteilen müsste. Auch für die Beschwerdeführerin bestand offensichtlich kein Zweifel daran, dass die an dem näher bezeichneten Ort befindliche Tafel, die für ständig wechselnde Werbungen verwendet wird, von dem vorliegenden Auftrag erfasst ist.
Die Beschwerdeführerin ist aber im Recht, wenn sie meint, dass ein Werbeträger bzw. eine Werbetafel grundsätzlich nicht dem Verbot des § 84 Abs. 2 StVO unterliegt. Gemäß der hg. Judikatur (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 19. März 1990, Zl. 89/18/0136) fallen unter das Verbot des § 84 Abs. 2 StVO 1960 entsprechend dem Wortlaut dieser Bestimmung lediglich die Werbungen bzw. Ankündigungen, nicht aber Tafeln, Vorrichtungen und Gegenstände, an denen Werbungen und Ankündigungen angebracht werden können. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz besteht nur dann, wenn Werbung und Werbeträger eine untrennbare Einheit darstellen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. September 1994, Zl. 94/03/0082). Dass eine solche untrennbare Einheit von Werbung und Werbeträger im vorliegenden Fall vorläge, wird weder von der belangten Behörde vertreten noch von der Beschwerdeführerin behauptet, noch ergibt sich aus dem Akt dazu irgendein Anhaltspunkt.
Wenn die belange Behörde in der Begründung des angefochtenen Bescheides den Ausdruck "Hinweistafel" offensichtlich korrigieren wollte, in dem sie dazu beifügte "richtig wohl Ankündigung oder Werbetafel", konnte dies schon deshalb keinen Einfluss auf den normativen Gehalt des Spruches haben, weil dieser Versuch der Erläuterung des verwendeten Begriffes "Hinweistafel" in sich wiederum widersprüchlich war, indem die Werbung und der Werbeträger ("Werbetafel") angeführt wurden. Abgesehen davon lag kein unklarer Spruch vor, zu dessen Auslegung gemäß der hg. Judikatur (vgl. das Erkenntnis vom 25. Februar 1997, Zl. 94/04/0030) die Begründung hätte herangezogen werden können. Mit dem Ausdruck "Hinweistafel" war zweifelsfrei die an dem näher bezeichneten Ort befindliche Einrichtung angesprochen, auf der die Werbung oder der Hinweis angebracht werden.
Der verfahrensgegenständliche Entfernungsauftrag findet somit in § 84 Abs. 2 StVO i.V.m. § 84 Abs. 4 StVO keine Deckung. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 10. Oktober 2001
Schlagworte
Beschränkungen der Abänderungsbefugnis Beschränkung durch die Sache Besondere Rechtsprobleme Verwaltungsstrafrecht Spruch und BegründungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2000030268.X00Im RIS seit
18.12.2001