TE UVS Steiermark 2002/03/28 30.15-64/2001

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 28.03.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn J W gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 29.8.2001, GZ.: 15.1 1913/2001, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde nach abgewiesen. Hinsichtlich der verhängten Strafe wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, dass die Ersatzarreststrafe gemäß § 16 VStG mit 4 Tagen bemessen wird.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dahingehend eingeschränkt, dass die Tatzeit lautet: "7.4.2001, ca. 11.00 Uhr" und der Satzteil "und auch an Jugendliche verkauft" entfällt. Der Strafausspruch wird dahingehend ergänzt bzw berichtigt, dass die Ersatzfreiheitsstrafe gemäß § 16 VStG bemessen wird und der Verfall gemäß § 17 Abs 1 VStG iVm § 3 Abs 2 Abzeichengesetz ausgesprochen wurde.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 7.4.2001 auf dem Flohmarkt am Vorplatz des Objektes H die im Spruch angeführten Gegenstände (ua. diverse Orden und Anstecknadeln mit Hakenkreuzen) öffentlich zur Schau gestellt und auch an Jugendliche verkauft.

Wegen dieser Übertretung des § 1 Abs 1 des Abzeichengesetzes 1960, BGBl. Nr. 84/1960, wurde über ihn eine Geldstrafe von S 3.000,-- (? 218,02) verhängt und in einem der Verfall der anlässlich der Amtshandlung beschlagnahmten Gegenstände ausgesprochen. In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung vom 10.9.2001 wandte der Beschuldigte ein, er habe die inkriminierten Gegenstände nicht öffentlich zur Schau gestellt, da sie mit einem Teppich verdeckt waren. Dies sei auch von diversen Zeugen im erstinstanzlichen Verfahren bestätigt worden. Weiters habe er auch keinen einzigen dieser Gegenstände verkauft. Der Versuch alleine sei nach dem Abzeichengesetz nicht strafbar. Im Übrigen sei die Strafe zu hoch bemessen und habe die belangte Behörde seine absolute Unbescholtenheit nicht berücksichtigt. In der Berufungsverhandlung wurde das Berufungsvorbringen dahingehend ergänzt, dass auch der Verfallsausspruch bekämpft wurde. Nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung am 7.3.2002 wird nach Einvernahme des Berufungswerbers sowie der beiden Meldungsleger BI W F und Insp. W Sch sowie der weiteren Zeugen P F und K R und den mit Zustimmung des Berufungswerbers verlesenen erstinstanzlichen Aussagen von Mag. G U, K R, K S und F F nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Der Berufungswerber sammelt seit ca. 20 Jahren Altwaren und bietet diese Gegenstände gelegentlich auf verschiedenen Flohmärkten unter anderem erstmals am 7.4.2001 auf dem Altwarenmarkt in W am Vorplatz des Objektes H an. Am Tag davor hatte den Berufungswerber ein Mann, glaublich aus Fischbach, angerufen und Interesse an Orden und Abzeichen unter anderem auch aus der NS-Zeit bekundet. Der Berufungswerber nahm daraufhin in erster Linie wegen dieses Interessenten jene Vitrine mit, deren Inhalt später beschlagnahmt wurde. Am 7.4.2001 halfen dem Berufungswerber sein 16-jähriger Sohn und dessen gleichaltriger Freund. Die beiden passten auf den Stand auf, wenn der Berufungswerber zwischendurch nicht durchgehend anwesend war. Die gegenständliche Vitrine wurde auf dem Tapezierertisch, auf welchem auch andere Gegenstände ausgestellt war, aufgestellt und mit einem alten Teppich abgedeckt. Der Flohmarkt war gut besucht, es befanden sich zahlreiche Besucher auf dem Gelände. Im Laufe des Vormittags zeigte der Berufungswerber zwei oder drei Sammlern, darunter auch dem erwähnten Interessenten aus Fischbach, den Inhalt der Vitrine mit den NS-Orden und Abzeichen. Ca. um 10.00 Uhr machte Herr K R, welcher als Organisator des Flohmarktes den Ausstellern einen Stand zuweist, seine Runde, um die Standplatzgebühr einzuheben. Als er am Stand des Herrn W vorbeikam, ließ er sich von diesem den Inhalt der auf dem Tisch stehenden abgedeckten Vitrine zeigen. Herr R wies den Berufungswerber ausdrücklich darauf hin, dass der Verkauf der in der Vitrine befindlichen Gegenstände verboten ist, worauf der Berufungswerber erwiderte, dass er diese Sachen ohnedies abdecke. Kurz vor 11.00 Uhr kam Herr F als Besucher des Flohmarktes am Stand des Herrn W vorbei und konnte aus einer Entfernung von 1 bis 1 1/2 m eindeutig erkennen, dass sich in der zu diesem Zeitpunkt auf dem Tisch stehenden, nicht zugedeckten Vitrine unter anderem Orden und Abzeichen mit NS-Emblemen (Hakenkreuzen etc.) befanden. Zu diesem Zeitpunkt standen unmittelbar vor dem Verkaufsstand ein älterer Herr mit einem ca. 12-jährigen Jungen. Herr F war so aufgebracht über das Gesehene, dass er sich, ohne mit dem Verkäufer zu sprechen, unverzüglich auf den Gendarmerieposten begab, um die gegenständliche Anzeige zu erstatten. Um ca. 11.20 Uhr trafen die beiden Meldungsleger auf dem Flohmarkt ein und näherten sich von zwei Seiten, wobei BI F als Erster eintraf. Zu diesem Zeitpunkt befand sich die später beschlagnahmte Vitrine in zugedecktem Zustand auf dem Tisch und hatte der Meldungsleger den Eindruck, dass Herr W sie gerade wegräumen wollte. Der Meldungsleger veranlasste das Abdecken der Vitrine und beschlagnahmte deren Inhalt, welcher im Straferkenntnis angeführt ist. Zum Zeitpunkt der Beschlagnahme waren einige Haken im Inneren der Vitrine leer. Während die Amtshandlung stattfand, befanden sich zahlreiche Leute in unmittelbarer Nähe, welche sich teilweise auch in die Amtshandlung einmischten und Sympathien für Herrn W bekundeten.

Beweiswürdigung: Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren wird zunächst als erwiesen angenommen, dass die gegenständliche Vitrine mit dem später beschlagnahmten Inhalt auf dem Verkaufstisch und nicht, wie vom Berufungswerber behauptet, unterhalb des Tisches aufgestellt war. Dies wurde von sämtlichen einvernommenen Zeugen bestätigt. Auch die vom Berufungswerber selbst geführten Entlastungszeugen, deren erstinstanzliche Aussagen nur verlesen wurden, haben zum genauen Aufstellungsort der Vitrine entweder nichts Näheres ausgesagt, oder wie Herr K S ebenfalls von einer dort "am" (= auf dem) Verkaufstisch aufgestellten Vitrine gesprochen. Als erwiesen gilt weiters, dass die gegenständliche Vitrine zumindest zu dem Zeitpunkt, als Herr F seine Wahrnehmungen machte, nicht zugedeckt war und ihr Inhalt somit zumindest von F und den beiden damals vor dem Verkaufsstand befindlichen Personen gesehen werden konnte. Nicht bewiesen werden konnte, dass der Berufungswerber am 7.4.2001 einen oder mehrere Gegenstände, welche unter den Anwendungsbereich des Abzeichengesetzes fallen, verkauft hatte, weshalb der Tatvorwurf entsprechend einzuschränken war. Zum Zeugen R ist zu bemerken, dass dieser den Berufungswerber im erstinstanzlichen Verfahren noch belastet hat, indem er angab, er habe um ca. 10.00 Uhr anlässlich der Einhebung der Standgebühr sich den Inhalt der abgedeckten Vitrine zeigen lassen und den Berufungswerber ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht, dass der Verkauf dieser Gegenstände verboten ist. Im Zuge der des Berufungsverfahrens widerrief Herr R seine damaligen belastenden Angaben zur Gänze, vermochte jedoch keine auch nur annähernd glaubwürdige Erklärung dafür zu geben, weshalb er damals vor der Bezirkshauptmannschaft Weiz derart detaillierte, den Berufungswerber belastende Angaben gemacht hatte und dieses Protokoll auch unterschrieb. Die im Berufungsverfahren zu Protokoll gegebene Variante, die Besichtigung des Inhalts der Vitrine verbunden mit seiner Warnung vor dem Verkauf dieser Gegenstände, habe sich erst nach dem Gendarmerieeinsatz zugetragen, kann schon deshalb nicht den Tatsachen entsprechen, weil die gegenständliche Vitrine im Zuge der Amtshandlung beschlagnahmt wurde. Der Zeuge R blickte im Zuge der Befragung immer wieder hilfesuchend zum Berufungswerber und vermittelte insgesamt deutlich den Eindruck, diesen schützen zu wollen. Es waren daher die erstinstanzlichen Angaben dieses Zeugen der Entscheidung zu Grunde zu legen. Rechtliche Beurteilung: Gemäß § 1 Abs 1 Abzeichengesetz, BGBl. Nr. 84/1960, dürfen Abzeichen, Uniformen oder Uniformteile einer in Österreich verbotenen Organisation öffentlich weder getragen, noch zur Schau gestellt, dargestellt oder verbreitet werden. Als Abzeichen sind auch Embleme, Symbole und Kennzeichen anzusehen. Gemäß § 3 Abs 1 leg cit begeht, wer einem Verbot des § 1 zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Amtsbereich einer Bundespolizeibehörde von dieser, mit Geldstrafe bis zu S 10.000,-- (? 726,73) oder mit Arrest bis zu einem Monat zu bestrafen. Überwiegen erschwerende Umstände, so können Geld- und Arreststrafen auch nebeneinander verhängt werden. Gemäß Absatz 2 sind Abzeichen, die den Gegenstand einer strafbaren Handlung im Sinne des Absatz 1 bilden, soweit dies nach der Beschaffenheit der Abzeichen möglich ist, für verfallen zu erklären. Gemäß Absatz 3 ist auch der Versuch strafbar. Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren ist als erwiesen anzunehmen, dass der Berufungswerber, indem er um ca. 11.00 Uhr die Vitrine mit den NS-Orden und Abzeichen in nicht zugedecktem Zustand auf dem Tisch stehen hatte und deren Inhalt somit zumindest vom Zeugen F und weiteren zwei unmittelbar beim Verkaufstisch stehenden Personen gesehen werden konnte, den Tatbestand des Öffentlich-Zur-Schau-Stellens verwirklicht hat. Hinzu kommt, dass der Flohmarkt zu diesem Zeitpunkt gut besucht war und die Möglichkeit bestand, dass die solcher Art ausgestellten Gegenstände auch von weiteren zufällig in der Nähe befindlichen Personen gesehen werden konnten. Diesbezüglich sei auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur "Sukzessivöffentlichkeit" in Verbindung mit Übertretungen des Artikel 8 EGVG verwiesen (ua. VwGH 18.6.1984, Slg. 11472A, 29.4.1985, 85/10/0038, ua.). Demnach ist eine Anstandsverletzung als "öffentlich begangen" anzusehen, wenn sie nur von einer Person unmittelbar wahrnehmbar war, jedoch die Möglichkeit bestand, dass die Handlung durch diesen einen Zeugen im Hinblick auf den mit der Tat verbundenen Belästigungseffekt auch einer anderen Person bekannt werden würde. Nach ebenfalls ständiger Judikatur genügt für das Kriterium der "öffentlichen Anstandsverletzung" die Anwesenheit von zwei Zeugen bei einer derartigen Handlung. Nicht bewiesen werden konnte, dass der Berufungswerber auch unter den Anwendungsbereich des Abzeichengesetzes fallende Gegenstände verkauft hat, weshalb der Tatvorwurf in dubio einzuschränken war. Gemäß § 3 Abs 3 Abzeichengesetz ist zwar auch der versuchte Verkauf strafbar, dies gemäß § 8 Abs 1 VStG, jedoch nur bei vorsätzlicher Begehung. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8 VStG bildet die Verwendung des Wortes "vorsätzlich" im Tatvorwurf ein wesentliches Spruchmerkmal gemäß § 44a VStG. Da der Spruch der belangten Behörde das Tatbestandsmerkmal des vorsätzlichen versuchten Verkaufs bzw der vorsätzlichen versuchten Verbreitung nicht enthält und der Berufungsbehörde diesbezüglich auch eine Verbesserung des Spruches verwehrt ist, war der Tatvorwurf entsprechend einzuschränken. Für das verbleibende Delikt des "Öffentlich-Zur-Schau-Stellens" der im Straferkenntnis angeführten Gegenstände ist dem Berufungswerber jedoch vorsätzliche Begehung zur Last zu legen, da der Berufungswerber von Herrn R noch vor der Kontrolle ausdrücklich darauf aufmerksam gemacht wurde, dass ein Feilbieten derartiger Gegenstände unzulässig ist. Da somit eine Übertretung des § 1 Abzeichengesetz als erwiesen anzunehmen ist, hat die belangte Behörde auch zu Recht die beschlagnahmten Gegenstände für verfallen erklärt und ist somit auch dieser Verfallsausspruch zu bestätigen. Zur Strafbemessung: Die belangte Behörde hat über den Beschuldigten eine Strafe von etwas weniger als einem Drittel der Höchststrafe verhängt und dabei als mildernd nichts und als erschwerend ebenfalls nichts angenommen. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Da dem Beschuldigten nach dem Ergebnis des Berufungsverfahrens vorsätzliche Begehung zur Last zu legen ist und die behauptete absolute Unbescholtenheit nicht vorliegt - mit Straferkenntnis vom 15.6.2000 wurde über den Berufungswerber wegen einer Übertretung des § 84 Abs 2 StVO zwar keine Geldstrafe verhängt, jedoch gemäß § 21 VStG eine Ermahnung, welche ebenfalls als Vormerkung zählt, erteilt, sieht die Berufungsbehörde beileibe keinen Anlass, die ohnedies moderate Strafe herabzusetzen. Dies auch im Hinblick auf die negative Vorbildwirkung gegenüber Jugendlichen. Der Berufungswerber hat selbst zugegeben, dass sein 16-jähriger Sohn und dessen gleichaltriger Freund mit waren und erscheint es höchst unglaubwürdig, dass die beiden Jugendlichen, welche ja, wie der Berufungswerber selbst zugab, beim Auf- und Abbauen des Standes mithalfen und in seiner Abwesenheit den Stand bewachten, vom Vorhandensein der NS-Orden und Abzeichen nichts mitbekommen haben sollen. Es war daher die Berufung, soweit sie sich gegen die verhängte Geldstrafe richtete, vollinhaltlich abzuweisen. Lediglich die Ersatzarreststrafe war, da das Abzeichengesetz selbst keine Ersatzarreststrafe vorsieht, in sinngemäßer Anwendung des § 16 VStG in Relation zur Geldstrafe herabzusetzen. Aus diesem Grund entfällt auch die Vorschreibung eines Kostenbeitrages für das Berufungsverfahren, da auch die Herabsetzung der Ersatzarreststrafe ein teilweises Obsiegen darstellt. Die Ausweisung des Eurobetrages im Spruch ist Folge der Umstellung von Schilling auf Euro. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Abzeichen NS-Symbole Hakenkreuze öffentlich zur Schau stellen Vitrine Flohmarkt Sukzessivöffentlichkeit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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