TE UVS Niederösterreich 2002/04/02 Senat-SB-01-0004

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Veröffentlicht am 02.04.2002
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Spruch

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 5. Jänner 2***, 3-****-**, wurde über den Beschuldigten L****** S********* wegen einer Übertretung nach § 366 Abs 1 Z 2 GewO gemäß § 366 Abs 1 GewO eine Geldstrafe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt und ihm die Tragung eines anteiligen Kostenbeitrages zum erstinstanzlichen Verfahren in Höhe von S 500,-- auferlegt.

 

In diesem Straferkenntnis wird dem Beschuldigten als dem gewerberechtlichen Geschäftsführer der *.*.*. H*** I******** T********** GmbH zur Last gelegt, dass diese ?im Standort T********** 15, 3*** W**********, zumindest am 27.11.2*** eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung betrieben habe, indem sie mit ca 10 Personen unter Einsatz diverser Maschinen, wie Kreissäge, Verpackungsmaschine und elektrisch beheizbaren Klebetisch, Sandwichelemente aus Blech mit dazwischen angeordneten Heiz- und Kühlregistermatten erzeugt habe, obwohl durch diese Betriebsanlage eine Gefährdung für Personen und Umwelt nicht ausgeschlossen werden könne?.

 

Ohne auf die gegen Schuld und Strafe gerichtete Berufung vom 24. Jänner 2*** im Einzelnen einzugehen wird zu der vorgenommenen Tatanlastung sowie zum Inhalt des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes in rechtlicher Hinsicht folgendes festgestellt:

 

Gemäß § 366 Abs 1 Z 2 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu ? 3.600,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage (§ 74) ohne die erforderliche Genehmigung errichtet oder betreibt.

 

Gemäß § 74 Abs 1 Z 1 bis 5 GewO dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr 450/1994 in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g angeführten Nutzungsrechte,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

 

Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses - wenn er nicht auf Einstellung lautet ? die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

 

Als Genehmigungstatbestände einer gewerblichen Betriebsanlage, unter welcher nach der Bestimmung des § 74 Abs 1 GewO jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen ist, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist, kommen sohin die in der Bestimmung des § 74 Abs 2 GewO angeführten Umstände in Betracht.

 

Somit ist nicht jede gewerbliche Betriebsanlage im Sinne des § 74 Abs 1 GewO genehmigungspflichtig.

 

Aus der vorgenommenen Tatanlastung im angefochtenen Straferkenntnis geht lediglich hervor, dass durch die Betriebsanlage ?eine Gefährdung für Personen und Umwelt nicht ausgeschlossen werden könne?. Aus einer derart allgemein gehaltenen Formulierung lässt sich der allenfalls von der Behörde ins Auge gefasste Genehmigungstatbestand nach § 74 Abs 2 GewO nicht erkennen, geht doch daraus nicht hervor, worin die konkrete Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit jenes Personenkreises, der im § 74 Abs 2 Z 1 GewO genannt ist, erblickt wird bzw worin die angenommene Möglichkeit der ?Beeinträchtigung? der Umwelt im Sinne der angeführten Bestimmung des § 74 Abs 2 GewO gesehen wird. Somit hat die Behörde erster Instanz die dem Berufungswerber zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht ordnungsgemäß konkretisiert (vgl VwGH vom 19.6.1990, 90/04/0002) und ihm damit auch eine entsprechende Rechtfertigungs-möglichkeit genommen.

 

Bemerkt wird im Übrigen, dass nach der Formulierung der Tatumschreibung auch unklar bleibt, auf Grund welcher Umstände von einer örtlich gebundenen Einrichtung im gegenständlichen Fall ausgegangen wird, kann doch aus der Aufzählung der verwendeten Maschinen nicht automatisch auf eine örtliche Gebundenheit ?der Anlage? geschlossen werden.

 

Auch aus der Begründung des Straferkenntnisses, in welcher von einer Fertigstellung der Halle die Rede ist, ist im vorliegenden Zusammenhang nichts zu gewinnen. Ebenso verhält es sich mit der im erstinstanzlichen Verfahren ergangenen Verfolgungshandlung, dem Rechtshilfeersuchen vom 11. Dezember 2***, in welchem hinsichtlich der Genehmigungstatbestände der in Rede stehenden gewerblichen Betriebsanlage jegliche Ausführungen fehlen. Auch aus der Niederschrift über die Vernehmung des Beschuldigten vom 20.12.2*** ist nicht zu entnehmen, dass ihm die Verwaltungsübertretung vollständig, dh auch unter Hinweis auf die von der Behörde angenommenen Genehmigungstatbestände vorgehalten worden wäre. In dieser Niederschrift führt der Beschuldigte vielmehr aus, dass die in Rede stehenden Arbeiten auch vor Ort auf der jeweiligen Baustelle durchgeführt werden könnten.

 

Trotz der der Berufungsbehörde zustehenden Befugnisse nach § 66 Abs 4 AVG war es mangels Setzung einer alle Tatbestandselemente umfassenden Verfolgungshandlung innerhalb der Frist des § 31 Abs 2 VStG der erkennenden Behörde nicht erlaubt, die erforderlichen Ergänzungen bzw. Abänderungen im Spruch des Straferkenntnisses vorzunehmen.

 

Es ist daher im Gegenstande Verfolgungsverjährung eingetreten und war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte aus dem Grunde des § 51 e Abs 2 Z 1 VStG entfallen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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