TE UVS Steiermark 2002/04/09 30.15-57/2001

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Veröffentlicht am 09.04.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn A V, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. H K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 9.7.2001, GZ.: 15.1 5537/2000, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 8.10.2000 um 02.30 Uhr ein Bordell ohne behördliche Bewilligung betrieben.

Wegen dieser Übertretung des § 4 Abs 1 iVm § 15 Abs 1 lit d des Stmk. ProstG wurde über ihn eine Geldstrafe von S 10.000,-- (? 726,73) verhängt.

In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung wandte der Beschuldigte ein, er habe am 8.10.2000 in der genannten Lokalität kein Bordell betrieben. Er habe damals auf die bereits beantragte Bordellbewilligung gewartet und den Mädchen ausdrücklich Weisung erteilt, bis dahin nur Tabledancing sowie Go-Go Dancing und Stripteasevorführungen zu machen.

Nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung am 20.3.2002 in welcher neben dem Berufungswerber die Gendarmeriebeamten GI E S und GI F E sowie der Anzeiger R G als Zeugen einvernommen wurden, wird nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Der Berufungswerber hat an der Adresse G ein ehemaliges Gasthaus mit Zimmern im Obergeschoss gepachtet. Im Erdgeschoss befindet sich ein großer Barraum mit einer Theke und einer Tanzbühne sowie ein weiterer Gastraum, sowie Nebenräume (Heizraum, Tankraum, WC), im Obergeschoss mehrere Zimmer und Sanitäranlagen. Ein erster Antrag auf Bordellgenehmigung wurde mit Bescheid der Gemeinde vom 16.6.2000 abgewiesen und der Bordellbetrieb mit Verfügung der Gemeinde vom 6.7.2000 geschlossen. Eine Bordellbewilligung wurde per 23.11.2000 erteilt, verbunden mit einer Nutzungsänderung der Räume im Obergeschoss von Gastbetrieb auf Bordellbetrieb für sechs Prostituierte. Diese Zahl wurde mittlerweile auf zwölf erhöht. Das Lokal heißt V-C. Am 8.10.2000 besuchte R G um ca. 02.30 Uhr das Lokal. Zu diesem Zeitpunkt waren mehrere Mädchen sowie eine Barfrau oder Kellnerin, jedoch keine weiteren Gäste anwesend. G konsumierte einige Getränke, wobei sich ein Mädchen mit ausländischem Akzent zu ihm setzte. Sie forderte ihn nicht auf, mit ihm gemeinsam ein Getränk zu konsumieren, fragte allerdings, ob sie für ihn tanzen solle, welches Angebot G ablehnte. G erstattete noch in der Nacht Anzeige und gab dabei in der mit ihm am 8.10.2000 um 10.10 Uhr aufgenommenen Niederschrift vor dem Gendarmeriepostens an, ihm sei im V-C von einer Ungarin ein Geschlechtsverkehr zum Preis von S 1.500,-- angeboten worden. Als er dieses Angebot abgelehnt habe, hätte ihn das Mädchen auf ungarisch beschimpft und sei er schlussendlich gefordert worden, das Lokal zu verlassen. Beweiswürdigung: Im Berufungsverfahren stellte sich heraus, dass als einziger Belastungszeuge nur der Anzeiger R G überblieb, da seitens des Gendarmeriepostens aufgrund der verfahrensgegenständlichen Anzeige keine Nachschau im Lokal gehalten wurde. Die als Zeugen einvernommenen beiden Gendarmeriebeamten vermochten daher zur Klärung des Sachverhaltes nichts beizutragen. Es konnten auch keine weiteren Zeugen eruiert werden, da die Identität jener Ausländerin, welche G angeblich einen Geschlechtsverkehr anbot, nicht feststand, der Berufungswerber eigenen Angaben zufolge in der betreffenden Nacht nicht im Lokal war und auch keine weitere der anwesenden Personen bekannt war. Zum Zeugen G ist zu bemerken, dass dieser sich im Zuge der insgesamt drei Einvernahmen (am 8.10.2000 vor dem GP, am 4.5.2001 vor der BH Weiz und nunmehr als Zeuge im Berufungsverfahren) laufend in Widersprüche verstrickte. Dies betrifft sowohl Details, wie zB ob und welche Getränke er konsumiert hat, ob er an der Theke oder an einem Tisch Platz nahm, als auch insbesondere seine Angaben zu der angeblichen Auseinandersetzung mit der Ausländerin. Im erstinstanzlichen Verfahren hatte der Zeuge dazu noch dezidiert angegeben, es habe sich eindeutig um eine Ungarin gehandelt und den genauen Preis für den angebotenen Geschlechtsverkehr sowie den Wortlaut der entsprechenden Aufforderung wiedergegeben. Im Berufungsverfahren bestritt er, dass es sich um eine Ungarin gehandelt habe, vermochte keinen Preis mehr zu nennen und gab an, dass die Frau so schlecht Deutsch konnte, dass sie sich ihm sicherlich nicht mit den Worten Komm mit mir nach oben, ich werde dir ein paar schöne Stunden bereiten, ich

koste S 1.500,-- (laut BH Protokoll vom 4.5.2001) angeboten habe. Auch seine Aussage vor der Bezirkshauptmannschaft, es hätte an jenem Abend Tabledancing, Go-Go Dancing und Striptease im Lokal stattgefunden, widerrief der Zeuge im Berufungsverfahren. Der Zeuge vermochte auch nicht überzeugend darzulegen, warum er einerseits den V-C besuchte, wenn er wusste, dass es sich hiebei um ein zwielichtiges Lokal handelte und andererseits, als ihm dort von einem Mädchen angeblich ein eindeutiges Angebot gemacht wurde, darüber so in Zorn geriet, dass er die Gendarmerie rief. Auch die näheren Umstände der angeblichen Auseinandersetzung mit dem Mädchen und der Kellnerin konnten nicht geklärt werden. Es erscheint wenig überzeugend, dass eine angebliche Prostituierte, nachdem sie mit einem Angebot bei einem Gast "abgeblitzt" ist, darüber so in Rage gerät, dass sie den Gast beschimpft und belästigt und daraufhin die Barfrau den Gast, welcher angeblich keinen Streit gesucht hat, des Lokals verweist, anstatt das Mädchen zu ermahnen. Es entspricht vielmehr der Lebenserfahrung, dass sowohl Mädchen, welche sich in derartigen Lokalen aufhalten, als auch die Betreiber und deren Mitarbeiter besonders darauf bedacht sind, Ärger mit ihren Gästen zu vermeiden, um solcher Art Problemen mit den Behörden vorzubeugen. Die vom Berufungswerber geäußerte Vermutung, dass sich der Sachverhalt umgekehrt zugetragen hat, der Anzeiger den V-C mit einer bestimmten Absicht aufsuchte und als ihm dies von dem Mädchen verweigert wurde, mit ihr in Streit geriet, deshalb des Lokals verwiesen wurde und als Rache darüber die gegenständliche Anzeige verfasste, erscheint durchaus nicht unplausibel. Zusammenfassend ist demnach festzuhalten, dass sich aus den insgesamt drei Zeugenaussagen des R G so viele Widersprüche und Ungereimtheiten ergaben, dass diesem Zeugen insgesamt keine Glaubwürdigkeit mehr zukommt, dies auch insbesondere hinsichtlich der entscheidungswesentlichen Frage, ob sich ihm das genannte Mädchen nun für einen Geschlechtsverkehr gegen Bezahlung angeboten hat oder nicht. Rechtliche Beurteilung: Das Stmk.

Prostitutionsgesetz enthält unter anderem folgende, für den gegenständlichen Fall relevante Legaldefinitionen: § 2 Abs 1:

Unter Prostitution im Sinne dieses Gesetzes ist die

gewerbsmäßige Duldung

sexueller Handlungen am eigenen Körper

oder die gewerbsmäßige Vornahme

sexueller Handlungen zu

verstehen.

Abs 2:

Unter Anbahnung der Prostitution ist ein Verhalten in der Öffentlichkeit zu verstehen,

durch welches eine Person erkennen lässt, die Prostitution ausüben zu wollen.

Abs 4:

Unter Bordell ist ein Betrieb zu verstehen, in dem die Prostitution ausgeübt werden

soll.

Abs 5:

Unter

bordellähnlicher Einrichtung ist ein Betrieb zu verstehen, in dem

die

Anbahnung der Prostitution erfolgt. Gemäß § 4 Abs 1 leg cit darf ein Bordell nur mit Bewilligung der Behörde (Bordellbewilligung) betrieben werden. Jede Änderung des Betriebs eines Bordells bedarf vor ihrer Ausübung ebenfalls einer Bewilligung. Gemäß Absatz 2 sind die Bestimmungen über die Bordellbewilligung auf bordellähnliche Einrichtungen sinngemäß anzuwenden. Gemäß § 15 Abs 1 lit d leg cit dürfen sowohl ein Bordell, als auch eine bordellähnliche Einrichtung nicht ohne Bewilligung nach § 4 oder abweichend von der erteilten Bewilligung betrieben werden. Im Anlassfall konnte die angebliche Aufforderung zu einem Geschlechtsverkehr gegen Bezahlung, welche im Sinne der obgenannten Legaldefinitionen jedenfalls eine "Anbahnung" im Sinne des Stmk. Prostitutionsgesetzes darstellt, nicht erwiesen werden. Gleiches gilt für die Getränkeanimation, da der Zeuge G ausdrücklich zugab, dass Mädchen habe ihn damals nicht dazu animiert, mit ihr gemeinsam Getränke zu konsumieren und seien auch keine weiteren Gäste anwesend gewesen, bei welchen er eine solche Getränkeanimation hätte feststellen können. Es bleibt somit nur das Angebot des Mädchens, für ihn eine Tanzvorführung (vermutlich gegen Bezahlung) durchführen zu wollen. Das Angebot bzw die Durchführung einer Tanzdarbietung und sei es auch in "leicht" bekleideter Form in Gestalt eines Tabledances oder einer Stripteasevorführung, stellt für sich alleingenommen jedoch noch keine Anbahnung der Prostitution im Sinne von § 2 Abs 2 Stmk. ProstG dar. Die zur Entscheidung berufene Behörde verkennt hiebei nicht, dass durchaus einige Indizien dahingehend vorliegen, dass der V-C am 8.10.2000 zumindest als bordellähnliche Einrichtung im Sinne des Stmk. Prostitutionsgesetzes betrieben wurde, jedoch reichen die Beweise hiefür nicht aus, weshalb das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG in dubio pro reo einzustellen war. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang auch auf das jüngste Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.6.2001, Zl. 99/09/0195, in welchem der Verwaltungsgerichtshofes ausgesprochen hat, dass gerade bei der Annahme einer "Animiertätigkeit" bzw Prostitutionsausübung eindeutige Sachverhaltsfeststellungen vorliegen müssen, insbesondere dann, wenn Niederschriften mit den Betroffenen anlässlich der Kontrolle nicht aufgenommen wurden und daher "Aussage gegen Aussage" steht. Dies muss um so mehr für den vorliegenden Fall gelten, in welchem überhaupt keine Kontrolle stattfand und der Tatvorwurf nur durch eine aus den dargestellten Gründen äußerst fragwürdige Privatanzeige zu Stande kam. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. - 4 - __

Schlagworte
Anbahnung Prostitution Tanzdarbietung Tabledance Striptease Beweiswürdigung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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