TE Vfgh Beschluss 1998/12/1 B2019/98

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Veröffentlicht am 01.12.1998
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Index

10 Verfassungsrecht
10/07 Verfassungsgerichtshof, Verwaltungsgerichtshof

Norm

VfGG §34
ZPO §530 Abs1 Z7

Leitsatz

Abweisung eines Wiederaufnahmeantrags; Wiederaufnahme aus rein rechtlichen Gründen ausgeschlossen

Spruch

Dem Antrag auf Bewilligung der Wiederaufnahme des mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Dezember 1997, B3724/95-10, abgeschlossenen Verfahrens wird nicht stattgegeben.

Begründung

Begründung:

I. 1.1. Mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 19. Oktober 1995 wurde die Vorstellung des Antragstellers gegen den Bescheid des Gemeindevorstandes der Gemeinde Bad Kleinkirchheim, mit dem sein Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung zur Errichtung von Mitarbeiterwohnungen für einen Fremdenverkehrsbetrieb auf dem Grundstück Nr. 109/14, KG St. Oswald, wegen Widerspruchs zum Flächenwidmungsplan abgewiesen wurde, als unbegründet abgewiesen.

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Antragsteller eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof, in der er sich durch eine gesetzwidrige Verordnung, nämlich den Flächenwidmungsplan der Gemeinde Bad Kleinkirchheim vom 16. November 1993, genehmigt mit Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 7. Dezember 1993, Z RO-5/11/1993, dieser kundgemacht in der Kärntner Landeszeitung am 16. Dezember 1993, als verletzt erachtete. Weiters erachtete sich der Antragsteller in seinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Unverletzlichkeit des Eigentums dadurch als verletzt, daß die mit einer Flächenwidmungsplanänderung einhergehende Beeinträchtigung seiner Nutzungsmöglichkeiten und Nutzungsinteressen, welche auf Grund fehlender gesetzlicher Entschädigungsleistungen Berücksichtigung hätte finden müssen, außer Betracht geblieben sei.

Mit Erkenntnis vom 5. Dezember 1997, B3724/95-10, wies der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde ab, da er keine Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der im Flächenwidmungsplan der Gemeinde Bad Kleinkirchheim vom 16. November 1993 enthaltenen Grünlandwidmung der Liegenschaft Nr. 109/14, KG St. Oswald, hatte.

2. Mit dem am 27. Oktober 1998 zur Post gegebenen Antrag begehrt der Antragsteller die Wiederaufnahme des mit dem genannten Erkenntnis beendeten Verfahrens. Der Antragsteller stützt sich auf den Wiederaufnahmsgrund des §530 Abs1 Z7 ZPO und führt unter anderem aus:

"Der Bürgermeister der Kurgemeinde Bad Kleinkirchheim erteilt dem Antragsteller nunmehr folgende Auskunft zu den entscheidenden Beschlüssen des Gemeinderates der Kurgemeinde Bad Kleinkirchheim am 28. Juli 1993 und 16. November 1993:

'Im Jahre 1993 wurde für das gesamte Gemeindegebiet von Bad Kleinkirchheim ein neuer Flächenwidmungsplan erstellt und öffentlich aufgelegt. In diesem Flächenwidmungsplanentwurf wurde die Parzelle Nr. 109/14 der KG St. Oswald, nicht mehr wie bisher im alten Flächenwidmungsplan als 'Bauland-Kurgebiet' dargestellt, sondern unter Berücksichtigung des 'Örtlichen Entwicklungskonzeptes' und aufgrund der Tatsache, daß es sich hier um ein Waldgrundstück handelt, als 'Grünland-Landwirtschaft' eingetragen.

Dagegen wurden von Ihnen Einwendungen erhoben und beantragt, die vorgesehene Änderung der Widmung nicht zu beschließen.

Bei der Beratung dieses Flächenwidmungsplanes wurde vom Gemeinderat am 28. Juli 1993 der einstimmige Beschluß gefaßt, aufgrund der Einwendungen des Grundeigentümers die bestehende 'Baulandwidmung' aufrecht zu belassen und die beabsichtigte Rückwidmung in 'Grünland' bis zur Vorlage der Entscheidung über das anhängige Rodungsbewilligungsverfahren zurückzustellen (siehe auch das Schreiben des Vizebürgermeisters vom 20. September 1994 an Ihren Anwalt).

In der Sitzung am 16. November 1993 ist der Gemeinderat von seinem Beschluß vom 28. Juli 1993 ausgegangen (siehe Sitzungsprotokoll vom 16. November 1993: 'Der neue Flächenwidmungsplan für das Gemeindegebiet von Bad Kleinkirchheim wurde vom Gemeinderat nach 1 1/2-jähriger Behandlung am 28. Juli l993 beschlossen ...)' und hat mit einer Abweichung (Widmung Nr. 4b/93; F und R L) den am 28. Juli 1993 beschlossenen Flächenwidmungsplan verordnet.

Die später kundgemachte Verordnung (Rückwidmung in Grünland) weicht daher hinsichtlich der Parzelle Nr. 109/14 KG St. Oswald vom Beschluß des Gemeinderates vom 28. Juli 1993 (Beibehaltung Baulandwidmung) ab, weil der Gemeinderat auch in der Sitzung vom 16. November 1993 betreffend das Grundstück Nr. 109/14 der KG St. Oswald weder einer Abänderung des Beschlusses vom 28. Juli 1993 (keine Rückwidmung von Bauland in Grünland) erörtert noch beschlossen hat (siehe Sitzungsprotokoll vom 16. November 1993).

Der Gemeinderat hat in der Sitzung vom 23. November 1994 diesen Fehler erkannt und mit Mehrheitsbeschluß korrigieren wollen. Mangels Genehmigung durch die Kärntner Landesregierung ist diese Fehlerbehebung bis heute nicht wirksam geworden.'

() Aufgrund dieser neuen Auskunft der mitbeteiligten Partei erscheint eine für den Beschwerdeführer günstigere Entscheidung des Gerichtshofes möglich. Es erklären nicht mehr nur einzelne Mitglieder des Gemeinderates, daß die zeichnerische Darstellung mit der gewollten und beschlossenen Widmung des Grundstückes Nr. 109/14 der KG St. Oswald nicht übereinstimmt, sondern der gesetzliche Vertreter der Kurgemeinde Bad Kleinkirchheim. Ebenso erteilt der Bürgermeister die Auskunft, daß der aufgelegte Flächenwidmungsplanentwurf schließlich nicht zur Gänze vom Gemeinderat in seiner Sitzung vom 16. November 1993 beschlossen worden ist, weil der Verordnungsgeber abgesehen von der Beibehaltung der Baulandwidmung für das verfahrensgegenständliche Grundstück noch eine Abweichung (betreffend das Grundstück von F und R L) beschlossen hat, und zwar offensichtlich ohne die gemäß §7 Abs3 des Kärntner Gemeindeplanungsgesetzes 1992 notwendige Auflage zur allgemeinen Einsicht. Schließlich erklärt das Auskunft gebende Organ der mitbeteiligten Partei, daß der Gemeinderat der Kurgemeinde Bad Kleinkirchheim in der Sitzung am 23. November 1994 diesen Kundmachungsfehler erkannt hat und einen Korrekturbeschluß mit Mehrheit gefaßt hat.

() Obige Auskünfte bzw. obiges Beweismittel hat der Antragsteller nicht eher erlangen können, und zwar trotz diesbezüglicher Bemühungen. Dem Antragsteller kann somit nicht angelastet werden, daß die beigefügte Auskunft des Bürgermeisters der Kurgemeinde Bad Kleinkirchheim nicht schon eher dem Gerichtshof zur Verfügung gestanden hat und möglicherweise zu einer für ihn günstigeren Entscheidung geführt hätte.

() Der Beschwerdeführer richtet sohin an den Verfassungsgerichtshof das

E r s u c h e n ,

die Wiederaufnahme des Verfahrens B3724/95 zu bewilligen und das Erkenntnis vom 5. Dezember 1995, womit seine Beschwerde abgewiesen wird, aufzuheben, der im wiederaufgenommenen Verfahren erstatteten Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 19. Oktober 1995,

Zahl: 8 BauR1-264/1/1995, stattzugeben und die Flächenwidmung der Kurgemeinde Bad Kleinkirchheim betreffend das Grundstück Nr. 109/14 KG 73213 St. Oswald als gesetzwidrig aufzuheben sowie das Land Kärnten als Rechtsträger der belangten Behörde in den Kostenersatz zu verfällen, wobei im Sinn des §27 VerfGG Kostenzuspruch für alle regelmäßig anfallenden Kosten zuzüglich USt begehrt wird."

3. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:

3.1. Gemäß §34 VerfGG 1953 kann eine Wiederaufnahme des Verfahrens ua. in den Fällen des Art144 B-VG stattfinden. Da §34 VerfGG 1953 eine nähere Regelung nicht enthält, gelten für die Wiederaufnahme gemäß §35 leg. cit. sinngemäß die Bestimmungen der ZPO (VfSlg. 8972/1980, 9126/1981).

Gemäß §530 Abs1 Z7 ZPO kann ein Verfahren, das "durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist," auf Antrag einer Partei wiederaufgenommen werden, "wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung in früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde". Neue Tatsachen oder Beweismittel können aber nur dann einen Wiederaufnahmsgrund bilden, wenn sie solcher Art sind, daß ihre Berücksichtigung im Rahmen der dem Verfassungsgerichtshof zukommenden Prüfungs- und Entscheidungsbefugnis im verfassungsgerichtlichen Verfahren eine der Partei günstigere Entscheidung möglich erscheinen läßt (VfSlg. 3532/1959, 6469/1971, 9126/1981), wobei bei der Prüfung der Frage, ob die Möglichkeit eines günstigeren Ergebnisses besteht, von der Rechtsansicht auszugehen ist, die der die Sache erledigenden Entscheidung zugrunde liegt (JBl 1954, 98; SZ 59/14; vgl. auch VfSlg. 3532/1959). Eine Wiederaufnahme aus rein rechtlichen Gründen ist nämlich nach der ZPO ausgeschlossen (VfSlg. Anh. 5/1950, 12993/1992).

3.2. Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Wiederaufnahmsantrages ist nach §530 Abs1 ZPO der Abschluß des Verfahrens durch "eine die Sache erledigende Entscheidung". Eine solche liegt nicht nur dann vor, wenn der dem jeweiligen Verfahren zugrunde liegende Rechtsschutzantrag meritorisch erledigt wird, sondern - ungeachtet ihrer Bezeichnung - immer schon dann, wenn durch sie das Verfahren beendet wird (vgl. Mayer, Das österreichische Bundes-Verfassungsrecht2 (1997), 761; Fasching, Lehrbuch des österreichischen Zivilprozeßrechts2 (1990), Rz 2038). Um eine solche verfahrensbeendende Entscheidung handelt es sich bei einem Beschluß, mit dem die Behandlung einer Beschwerde gemäß Art144 Abs2 B-VG abgelehnt wird. Durch einen solchen Beschluß wird nämlich ebenso wie durch einen Zurückweisungsbeschluß aus rein prozessualen Gründen oder ein Erkenntnis ein Beschwerdeverfahren beendet.

Der Wiederaufnahmsantrag, der sich auch der Sache nach auf einen der gesetzlichen Wiederaufnahmsgründe stützt und innerhalb der gesetzlichen Frist gestellt wurde, ist daher zulässig.

3.3. Im Verfahren B3724/95 hatte der Verfassungsgerichtshof keine Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit des Flächenwidmungsplans der Gemeinde Bad Kleinkirchheim vom 16. November 1993. Es wird im Wiederaufnahmsantrag nicht behauptet, daß nunmehr neu vorgebrachte Beweise und Tatsachen unter Zugrundelegung der im Verfahren B3724/95 vertretenen Rechtsansicht zu einem anderen Ergebnis in der Hauptsache führen würden. Der Antragsteller behauptet nunmehr nicht, daß er hinsichtlich des bekämpften Bescheides in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt wurde. Der Wiederaufnahmsantrag zielt ausschließlich darauf ab, doch noch eine Prüfung dieses Flächenwidmungsplanes zu bewirken.

Mit dem Wiederaufnahmsgrund des §530 Abs1 Z7 ZPO kann aber nur die Tat-, nie aber die Rechtsfrage neu aufgerollt werden (JBl 1954, 99). Dem Wiederaufnahmsantrag war daher nicht stattzugeben (vgl. VfGH vom 24. Februar 1998, B3184/97).

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §34 VerfGG 1953 in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Schlagworte

VfGH / Wiederaufnahme

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:1998:B2019.1998

Dokumentnummer

JFT_10018799_98B02019_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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