Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Gerhard Wittmann über die Berufung des Herrn M L gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung vom 2.5.2001, GZ.: 15.1 1834/2001, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von ? 10,17 ,-- (S 140,--) binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz Umgebung vom 2.5.2001, GZ.: 15.1 1834/2001, wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 5.12.2000 von 17.30 Uhr bis 18.15 Uhr in Semriach auf der L 318 auf Höhe des Hauses Nr. 51 mit dem Kraftfahrzeug im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" ausgenommen Ladetätigkeit gehalten. Während der angeführten Zeit sei keine Ladetätigkeit durchgeführt worden. Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 24 Abs 1 lit a StVO begangen und verhängte die Erstbehörde über ihn eine Geldstrafe von S 700,-- (? 50,87), im Uneinbringlichkeitsfall 30 Stunden Ersatzarrest.
In seiner fristgerecht eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass er am Tatort geparkt habe, um einen Arzt aufzusuchen. Er habe mit seinem Fahrzeug an dieser Stelle weder einen Autofahrer, noch einen Fußgänger, noch andere Verkehrsteilnehmer behindert. Man solle mehr den menschlichen Aspekt sehen und sich einmal selbst in die Lage einer behinderten Person versetzen, die keinen geeigneten Parkplatz finden könne und nicht immer die gesetzliche Seite beanspruchen. Er verstehe die Strafdrohung ja, wenn er den Verkehr behindere oder gefährdend parke. Zur Begründung der Erstbehörde, von der Anwendung des § 21 VStG sei Abstand genommen worden, da er bereits zweimal wegen einer Übertretung nach § 24 Abs 1 StVO ermahnt worden sei, bemerkte der Berufungswerber, dass er seit neun Jahren seine Behinderung habe und er danke der Behörde, dass er zweimal ermahnt worden sei. Dabei sehe man eindeutig, dass es möglich sei, dass man in Ausnahmefällen auch menschlich entscheiden könne. Er bitte aufgrund des oben dargelegten Sachverhaltes von einer Bestrafung abzusehen bzw. eine befreiende Notsituation nicht auszuschließen und das Strafverfahren einzustellen. Da in erster Instanz keine ?
218,-- übersteigende Geldstrafe über den Berufungswerber verhängt wurde, konnte von der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung abgesehen werden, zumal keine der Parteien die Durchführung einer solchen beantragte. Die Berufungsbehörde geht bei ihrer Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus: Der Berufungswerber parkte am 5.12.2000 mit seinem Fahrzeug von 17.30 Uhr bis mindestens 18.15 Uhr in 8102 Semriach auf der L 318 auf Höhe des Hauses Semriach 51. In diesem Bereich besteht ein Halte- und Parkverbot mit der Zusatztafel "ausgenommen Ladetätigkeit". Der Berufungswerber führte von 17.30 Uhr bis zumindest 18.15 Uhr keine Ladetätigkeit durch. Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt basiert auf der Anzeige des Gendarmeriepostens vom 27.12.2000, wobei dort ausgeführt wird, dass die Übertretung vom Gendarmeriebeamten S, der im Zeitraum von 17.30 Uhr bis 18.15 Uhr zweimal im Zuge einer Fußstreife beim Fahrzeug des Berufungswerbers vorbei gekommen sei, ohne dass eine Ladetätigkeit durchgeführt worden wäre, festgestellt worden sei. Der Berufungswerber selbst bestreitet nicht in diesem Zeitraum auf Höhe des Hauses Semriach 51 im Halte- und Parkverbot geparkt zu haben. Er führt lediglich aus, dass er einen dort ansässigen Arzt aufsuchen habe müssen und er zu dieser Zeit weder einen Behindertenparkplatz noch einen offiziellen Parkplatz vorgefunden habe. Rechtliche Beurteilung: Gemäß § 24 Abs 1 lit a StVO ist das Halten und das Parken im Bereich des Vorschriftszeichens "Halten und Parken verboten" verboten.
Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist erwiesen, dass der Berufungswerber gegen die Bestimmung des § 24 Abs 1 lit a StVO verstoßen hat. Wie die Erstbehörde in ihrer Entscheidung bereits zutreffend ausführte, war der Berufungswerber auch als Besitzer eines § 29 b - Ausweises nicht berechtigt in diesem Bereich sein Fahrzeug zu parken, da die Bestimmung des § 29 b Abs 2 StVO nur vorsieht, dass Inhaber eines § 29 b - Ausweises mit den von ihnen gelenkten Fahrzeugen zum Ein- und Aussteigen einschließlich des Aus- oder Einladens der für den Ausweisinhaber nötigen Behelfe für die Dauer dieser Tätigkeit halten dürfen. Ein derartiger Sachverhalt ist im gegenständlichen Fall nicht gegeben. Die Argumentation des Berufungswerbers konzentriert sich im Wesentlichen darauf, dass er einen Arztbesuch gehabt hätte und er keinen Parkplatz gefunden habe, auf dem er ordnungsgemäß parken hätten dürfen. Er sei stark gehbehindert und habe daher auch den § 29 b - Ausweis. Es hätte daher eine Notstandsituation bestanden. Diesem Argument kann sich die Berufungsbehörde nicht anschließen. Im § 29 b StVO sind einige Ausnahmen für stark gehbehinderte Personen hinsichtlich des Haltens und Parkens vorgesehen. Würde man sich der Argumentation des Berufungswerbers anschließen, so würde dies bedeuten, dass stark gehbehinderte Personen ihr Fahrzeug, wenn sie z.B. einen Arzt oder eine Behörde aufsuchen müssen, in unmittelbarer Nähe parken dürften, egal ob dies aufgrund der Straßenverkehrsordnung erlaubt ist oder nicht. Der Gesetzgeber hat aber eine derart generelle Ausnahmebestimmung für stark gehbehinderte Personen nicht vorgesehen. Der Berufungswerber wurde bereits zweimal wegen Übertretungen nach § 24 Abs 1 StVO ermahnt und musste ihm somit die Problematik, dass möglicherweise in unmittelbarer Nähe seines Arztes kein Parkplatz frei ist, bewusst sein. Zudem kann unter Notstand im Sinn des § 6 VStG nur ein Fall der Kollision von Pflichten und Rechten verstanden werden, indem jemand sich oder einen anderen aus schwerer, unmittelbarer Gefahr einzig und allein dadurch retten kann, dass er eine im allgemeinen strafbare Handlung begeht. Als Merkmal des Notstandes hat eine unmittelbar drohende Gefahr für das Leben, die Freiheit oder das Vermögen zu gelten (vgl. VwGH 13.11.1981, 81/02/0252; 27.5.1987, 87/03/0112 u.v.a.). Der Berufungswerber brachte zwar vor, dass er einen Arzt aufgesucht habe, es ist aber nicht ersichtlich, inwieweit dies eine Notstandssituation im Sinn des § 6 VStG dargestellt hätte. Strafbemessung: Erschwerungs- und Milderungsgründe liegen nicht vor. Wie sich aus der eigenen Verantwortung des Berufungswerbers ergibt, wusste er, dass er in dem ausgeschilderten Halte- und Parkverbotsbereich mit seinem PKW nicht parken hätte dürfen. Sein Verschulden kann daher als nicht nur geringfügig angesehen werden. Der Strafrahmen für die dem Berufungswerber vorgeworfene Verwaltungsübertretung beträgt gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO bis zu S 10.000,-- (? 726,73). Hinsichtlich der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse wird von jenen Angaben ausgegangen, die der Berufungswerber anlässlich einer Berufungsverhandlung in einem weiteren Verfahren vor der Berufungsbehörde am 21.1.2002 machte (monatliches Nettoeinkommen ca. ? 944,75, kein Vermögen, keine außergewöhnlichen Belastungen, Sorgepflichten für 1 Kind). Aufgrund der eben aufgelisteten Strafzumessungskriterien erscheint die von der Erstbehörde verhängte Geldstrafe, die sich ohnedies nur im untersten Bereich des Strafrahmens bewegt, als durchaus angemessen und gerechtfertigt.
Eine Anwendung des § 21 VStG (Absehen von der Strafe und allenfalls Ausspruch einer Ermahnung) kam bereits aufgrund des nicht nur geringfügigen Verschuldens nicht in Betracht. Im Übrigen wurde der Berufungswerber bereits zweimal wegen Halte- und Parkdelikten ermahnt und sollte ihm dadurch vor Augen gehalten werden, dass er eben auch als stark gehbehinderte Person gesetzlichen Beschränkungen hinsichtlich des Haltens und Parkens unterworfen ist. Für das Tatbild reicht auch eine abstrakte Gefährdung oder Behinderung und ist es nicht erforderlich, dass durch das vorschriftswidrig abstellte Fahrzeug tatsächlich eine Gefahr besteht oder ein Verkehrsteilnehmer konkret behindert wird. Gemäß § 64 Abs 1 VStG ist in jedem Straferkenntnis und in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Betrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Gemäß § 64 Abs 2 VStG sind die Kosten für das Strafverfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit ? 1,50 zu bemessen. Darauf stützt sich die im Spruch vorgenommene Kostenentscheidung.