TE UVS Steiermark 2002/05/13 30.14-61/2001

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Veröffentlicht am 13.05.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über den Vorlageantrag des H S, gegen die Berufungsvorentscheidung der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 25.4.2001, GZ.: 15.1 14535/2000, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird dem Vorlageantrag Folge gegeben, die bekämpfte Berufungsvorentscheidung behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Auf Grund der Aktenlage in Verbindung mit den Ergebnissen des Beweisverfahrens, gewonnen aus den Angaben des Zeugen A Z (Zustellorgan) in der mündlichen Verhandlung vom 3. Oktober 2001 sowie ergänzenden Erhebungen des Senates ist von nachstehender Sach- und Rechtslage auszugehen:

Am 23.10.2000 brachte das Landesgendarmeriekommando für Steiermark, Verkehrsabteilung den Lenker des PKW, Marke Audi, wegen einer Übertretung der StVO zur Anzeige, die er am 23.10.2000, um 8.45 Uhr, auf der A 9, in Fahrtrichtung Graz, im Bereiche des Strkm. 191,0, im Gemeindegebiet Unterpremstätten begangen haben soll. Mit der Lenkerauskunft vom 7.11.2000 ersuchte die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung den Berufungswerber als Zulassungsbesitzer des genannten Fahrzeuges bekannt zu geben, wer zum maßgeblichen Zeitpunkt und angeführten Ort das Fahrzeug gelenkt hat. Das behördliche Schriftstück wurde vom Zustellorgan A Z an der Abgabestelle F a S am 8.11.2000 der Mutter des Berufungswerbers, der etwa 80-jährigen T S als Mitbewohnerin an der Abgabestelle übergeben, weil der Empfänger des Schriftstückes - H S - an der Zustelladresse nicht angetroffen werden konnte. Bei der Zustelladresse handelt es sich um eine geräumige Liegenschaft mit einem großen Haus, welches vom Berufungswerber und seiner Mutter bewohnt wird. Der Berufungswerber verfügt noch über andere Wohnsitze.

Die Strafverfügung vom 18.12.2000, mit der dem Berufungswerber unter anderem vorgehalten worden ist, dass er die von ihm verlangte Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt habe, beeinspruchte H S im Wesentlichen mit dem Hinweis, er habe das Schreiben vom 7.11.2000 (Lenkerauskunftsverlangen) nie erhalten. Er sei im November und Dezember 2000 im Ausland gewesen und habe daher kein eingeschriebenes Schriftstück der Bezirkshauptmannschaft Graz- Umgebung übernehmen können. Der Berufungswerber ersuchte um neuerliche Zustellung des Schreibens vom 7.11.2000. Mit dem Schreiben vom 16.1.2001 richtete die belangte Behörde ein weiteres Lenkerauskunftsbegehren an die vom Berufungswerber im Schreiben vom 9.1.2001 genannten Auskunftsperson, DI I P in J, SL L. Ob dieses Schriftstück in S zugestellt werden konnte oder nicht, ist auf Grund der Aktenlage (kein Rückschein, kein zurückgesandtes Schriftstück) nicht beantwortbar. Mit dem Straferkenntnis vom 20.3.2001 wiederholte die belangte Behörde den Tatvorwurf nach § 103 Abs 2 KFG: Der Berufungswerber sei als Zulassungsbesitzer eines näher bezeichneten Fahrzeuges mit dem Schreiben vom 7.11. 2009 (richtig 2000) aufgefordert worden, der Behörde den Lenker des PKW zu einem bestimmten Zeitpunkt und Ort bekannt zu geben. Er habe diese Auskunft zu spät und unvollständig erteilt; die Adresse des Lenkers sei nicht richtig gewesen. Der Berufungswerber verwies in seiner Berufung im Ergebnis neuerlich darauf, er habe das Lenkerauskunftsverlangen wegen seines Auslandsaufenthaltes im November und Dezember 2000 nie erhalten. Mit seinen Schreiben vom 5.1. und 9.1.2001 habe er jedenfalls alle Schritte nachgeholt, die in dieser Angelegenheit erforderlich gewesen seien. Mit der nunmehr bekämpften Berufungsvorentscheidung berichtigte die belangte Behörde den Tippfehler im Straferkenntnis, präzisierte den Tatvorwurf (er habe die von ihm verlangte Auskunft nicht innerhalb der vorgeschriebenen Frist erteilt) und setzte die Behörde die Geldstrafe mit S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfalle 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) neu fest. In seinem Vorlageantrag vom 14.5.2001 führte der Berufungswerber zum Zustellvorgang in F a S unter anderem näher aus, seine Mutter, die in einer Wohnung des Hauses F wohne, habe keine Berechtigung gehabt, einen Brief für ihn entgegenzunehmen. Sie habe diesen Brief an eine ihr bekannte Auslandsadresse geschickt. Diesen Brief habe der Berufungswerber aber bis zum heutigen Tag nicht bekommen. Er habe auch in Deutschland einen ordentlichen Wohnsitz. Frau T S könne bezeugen, dass sie zur Übernahme von Schriftstücken für den Berufungswerber keine Berechtigung habe und mit dem Berufungswerber keine Wohnung teile. Sie besitze nur für eine separate Wohnung das Wohnrecht im Haus. Auf Anfrage teilte der vom Berufungswerber für seine Ortsabwesenheit November, Dezember 2000 genannte Zeuge I P mit, er könne sich erinnern, dass er Herrn H S im November und Dezember 2000 öfters in L begegnet ist.

Zur Zustellfrage:

§ 16 Abs 1 Zustellgesetz bestimmt: Kann die Sendung nicht dem Empfänger zugestellt werden und ist an der Abgabestelle ein Ersatzempfänger anwesend, so darf an diesen zugestellt werden (Ersatzzustellung), sofern der Zusteller Grund zur Annahme hat, dass sich der Empfänger oder ein Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 regelmäßig an der Abgabestelle aufhält. Gemäß Abs 2 und 3 leg cit kann Ersatzempfänger jede erwachsene Person sein, die an der selben Abgabestelle wie der Empfänger wohnt, oder Arbeitnehmer oder Arbeitgeber des Empfängers ist und die - außer wenn sie mit dem Empfänger im gemeinsamen Haushalt lebt - zur Annahme bereit ist. Durch Organe der Post darf an bestimmte Ersatzempfänger nicht oder nur an bestimmte Ersatzempfänger zugestellt werden, wenn der Empfänger dies schriftlich bei der Post verlangt hat. Nach § 16 Abs 5 Zustellgesetz gilt eine Ersatzzustellung als nicht bewirkt, wenn sich ergibt, dass der Empfänger oder dessen Vertreter im Sinne des § 13 Abs 3 wegen Abwesenheit von der Abgabestelle nicht rechtzeitig vom Zustellvorgang Kenntnis erlangen konnte, doch wird die Zustellung mit dem der Rückkehr an die Abgabestelle folgenden Tag wirksam. Im vorliegenden Fall kann davon ausgegangen werden, dass T S als Ersatzempfängerin an der Zustelladresse des Berufungswerbers F a S grundsätzlich in Betracht kam, weil sie - und dies ist dem Zustellorgan seit Jahren bekannt - gemeinsam mit ihrem Sohn (dem Berufungswerber) das einstöckige Haus bewohnt; ob innerhalb dieses Hauses zwei vollständig getrennte Wohnungen existieren, kann hier dahingestellt bleiben; ein gemeinsamer Haushalt ist - und hier wird auf § 16 Abs 2 Zustellgesetz verwiesen - nicht gefordert, sofern die Briefsendung - wie hier - von der potentiellen Ersatzempfängerin angenommen wird. Gegenüber der Post hat der Berufungswerber auch nichts Gegenteiliges im Sinne des § 16 Abs 3 Zustellgesetz deponiert. Für eine Feststellung, die vom Berufungswerber behauptete Ortsabwesenheit ist eine maßgebliche nach § 16 Abs 5 ZustellG, reichen die Angaben des DI I P nicht aus. Selbst wenn man aber von einer nicht relevanten Ortsabwesenheit und daher von einer rechtswirksamen Ersatzzustellung ausgeht, bleibt noch die Frage zu prüfen, ob dem Berufungswerber ein Verschulden am Nichterhalt der Sendung nachgewiesen werden kann. Dem Empfänger eines Schriftstückes - ausgenommen sind berufliche Parteienvertreter - trifft keine erhöhte Sorgfaltspflicht. Insbesondere hat er nicht - etwa durch spezielle Anordnungen und Überwachungsmaßnahmen - dafür zu sorgen, dass - noch dazu unerwartete - behördliche Sendungen an seine Person weitergeleitet werden. In diesem Sinne trifft den Berufungswerber als Empfänger eines Schriftstückes für die an der Abgabestelle anwesende Person des Ersatzempfängers auch kein "Auswahlverschulden". Der Berufungswerber behauptet, seiner Mutter sogar untersagt zu haben, an ihn adressierte Schriftstücke zu übernehmen. Diese Angabe ist auch nicht mit den Aussagen des Zeugen Z zu widerlegen, wonach dieser schon des Öfteren für den Berufungswerber bestimmte RSb-Briefe seiner Mutter ausgehändigt habe. Von der beantragten Einvernahme der Ersatzempfängerin war Abstand zu nehmen, weil es sich dabei - und dies ergibt ein aus Anlass des Nichterscheinens der Zeugin zur Verhandlung vorgelegtes ärztliches Attest - um eine etwa 80-jährige Frau handelt, deren Gesundheit schon stark eingeschränkt ist. In der Zusammenschau der konkreten Umstände ist im Zweifel zu Gunsten des Berufungswerbers davon auszugehen, dass er unverschuldeterweise das Lenkerauskunftsbegehren der Behörde nicht erhalten und damit seinen Verpflichtungen nach § 103 Abs 2 KFG nicht rechtzeitig nachkommen hat können. Es war daher die Berufungsvorentscheidung zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

Schlagworte
Lenkeranfrage Lenkerauskunft Verschulden Ersatzzustellung Ersatzempfänger Kenntnis Weiterleitung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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