Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alois Huber über die Berufung des Herrn H. W., Innsbruck, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Günter Z., Innsbruck, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 19.7.2001, Zahl S-8623/00, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und werden die Verwaltungsstrafverfahren zu Punkt 1 und Punkt 2 gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zu Last gelegt:
?Sie haben am 9.11.2000 um 08.24 Uhr als Lenker des Kombis I-, auf der Seefelder Bundesstraße B 177, von Seefeld kommend in Richtung Zirl fahrend, das vor Ihnen fahrende Fahrzeug, welches mit einer Geschwindigkeit von 60 km/h gelenkt wurde, unmittelbar vor der Bergabfahrt des Zirler Berges bei Km 5,250,
1. überholt, obwohl Sie den Überholvorgang unmittelbar vor der unübersichtlichen Kurve der Seefelder Bundesstraße bei Km 5,175 eingeleitet haben und
2. überholt, wobei der herrschende Gegenverkehr als auch das überholte Fahrzeug durch dieses Überholmanöver zur Verringerung der Fahrgeschwindigkeit bzw zum Abbremsen genötigt wurden, um so eine Kollision zu vermeiden.?
Dem Beschuldigten wurde zu Punkt 1 eine Übertretung nach § 16 Abs 2 lit b StVO und zu Punkt 2 nach § 16 Abs 1 lit a StVO zur Last gelegt und wurde über ihn jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 145,35, im Uneinbringlichkeitsfalle jeweils eine Ersatzfreitheitsstrafe in der Dauer von 2 Tagen, verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht berufen.
In dieser Berufung wird die Begehung der zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen bestritten.
Dieser Berufung kommt aus folgenden Gründen Berechtigung zu:
Nach Einlangen des Aktes wurde die Abteilung Verkehr-technischer Bereich des Amtes der Tiroler Landesregierung unter näherer Darlegung des zur Last gelegten Verhaltens um Stellungnahme dazu ersucht, welche konkrete Sichtweite für den Beschuldigten bei Beginn des Überholvorganges bei Kilometer 5,175 der Seefelder Bundesstraße bestanden hat und welche Wegstrecke der Beschuldigte zum Überholen des vor ihm befindlichen Kraftfahrzeuges, welches mit einer Geschwindigkeit von ca. 60 km/h gelenkt worden ist, benötigte. Diesem Ersuchen wurde der erstinstanzliche Akt beigelegt.
Dem Befund hinsichtlich dieser Stellungnahme ist zu entnehmen, dass diesbezüglich ein Ortsaugenschein vorgenommen worden ist.
In der Stellungnahme wird unter Anschluss eines Übersichtslichtbildes mitgeteilt, dass sich der angezeigte Überholvorgang nicht wie im Akt dargestellt ereignet haben kann, da die Straßenkilometrierung in Fahrtrichtung Zirl abnehmend ist. Sohin sei es für den Beschuldigten nicht möglich gewesen, einen Überholvorgang bei Straßenkilometer 5,175 einzuleiten und bei Straßenkilometer 5,250 zu überholen.
Dazu ist auszuführen, dass in der Anzeige tatsächlich davon die Rede ist, dass der Beschuldigte vor dem Bergabfahrtstück des Zirler Berges der B 177 bei Kilometer 5,250 den vor ihm fahrenden Kombi mit dem Kennzeichen IL- überholte,
1. obwohl er den Überholvorgang unmittelbar vor der unübersichtlichen Kurve der Seefelder Bundesstraße bei Kilometer 5,175 einleitete und
2. den herrschenden Gegenverkehr als auch das überholte Fahrzeug durch das Überholmanöver zur Verringerung der Fahrgeschwindigkeit bzw zum Abbremsen gezwungen hat, um ein Kollision mit dem Beschuldigten zu vermeiden.
Dementsprechend wurde dem Beschuldigten inhaltlich innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist (Strafverfügung vom 24.11.2000) vorgeworfen, dass das Überholen auf der B 177 bei Kilometer 5,250 erfolgt sei und der Überholvorgang bei Kilometer 5,175 eingeleitet worden sei. Offenbar wurde diesbezüglich die Kilometrierung genau umgekehrt in die Anzeige aufgenommen.
Gemäß einschlägiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 32 Abs 2 VStG hat sich eine Verfolgungshandlung, die den Eintritt der Verfolgungsverjährung ausschließt, auch auf einen konkreten Tatort zu beziehen.
Da in die in Frage kommende Verfolgungshandlung eine unrichtige Kilometrierung aufgenommen worden ist, kann nicht davon gesprochen werden, dass innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist der konkrete Tatort des Überholens angelastet worden sei, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.