TE UVS Niederösterreich 2002/05/27 Senat-WB-01-1040

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Veröffentlicht am 27.05.2002
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Spruch

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) 1991 Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis aufgehoben.

 

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) 1991 wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Text

Mit Straferkenntnis vom 22.2.2001, Zl. 3-****-00, erkannte die Bezirkshauptmannschaft X die nunmehrige Berufungswerberin schuldig, am 19.4.2000, um 14,30 Uhr, auf einer näher bestimmten Örtlichkeit in S********, als Zulassungsbesitzerin des LKWs **-****, durch im einzelnen näher umschriebene Taten, 15 Verwaltungsübertretungen nach § 103 Abs 1 Z 1 KFG jeweils iVm anderen kraftfahrrechtlichen Bestimmungen (Punkte 1 ? 7) sowie eine Verwaltungsübertretung nach § 36 lit a KFG (Punkt 8) begangen zu haben, und verhängte hiefür jeweils

S 1.500,-- nicht übersteigende Geldstrafen unter gleichzeitiger Festsetzung von Ersatzfreiheitsstrafen sowie Vorschreibung eines Kostenbeitrages gemäß § 64 Abs 2 VStG.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob die Beschuldigte fristgerecht am 5.3.2001 im wesentlichen mit der Begründung Berufung, dass das Tatfahrzeug im Besitz der Firma S**** D***** stehe und bei Mietbeginn (Anmeldedatum) in einwandfreiem Zustand gewesen sei, und ersuchte um ?Aufhebung des Strafbescheides?.

 

Mit Schreiben vom 8.3.2001 legte die Bezirkshauptmannschaft X den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vor.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:

 

Aufgrund des, diesbezüglich von beiden Verfahrensparteien unbestritten gebliebenen, Akteninhaltes (siehe schriftliche Anzeige der Bundespolizeidirektion Y, motorisierte Verkehrsgruppe, vom 19.4.2000, Zl S ****/00, samt Beilagen) ist erwiesen, dass der von D***** S**** am 19.4.2000, um 14,30 Uhr, in S********, Abfahrt von der A *, in Fahrtrichtung S********, nächst der B ***, gelenkte LKW **-**** zu diesem Zeitpunkt vom Meldungsleger Revierinspektor W***** S******* angehalten und anschließend infolge seines offensichtlich desolaten Zustandes einer Überprüfung durch Techniker bei der in M********* situierten Firma S****-L** zugeführt worden ist. Bei der technischen Überprüfung dieses LKWs am Tattag sind die nunmehr verfahrensgegenständlichen, im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zu den Punkten 1 ? 7 näher bestimmt angeführten, Fahrzeugmängel festgestellt worden.

 

Unter Zugrundelegung der Abfrage des KFZ-Zentralregisters beim Bundesministerium für Inneres vom 26.4.2000 sowie des erstbehördlichen Aktenvermerkes vom 17.10.2000, betreffend die Auskunft der Bezirkshauptmannschaft X, Zulassungsstelle (die inhaltliche Richtigkeit dieser Verfahrensergebnisse ist ebenfalls von beiden Verfahrensparteien unbestritten geblieben), steht weiters fest, dass die Beschuldigte seit 5.5.1999 (Anmeldedatum) Zulassungsbesitzerin des Tatfahrzeuges gewesen ist. Diese Zulassung ist mit, per 24.3.2000 vollstreckbarem, Bescheid der Bezirkshauptmannschaft X vom 20.3.2000, Zl 10-*-**-****/E, gemäß § 44 Abs 1 lit b KFG wegen der vom Fahrzeugversicherer erstatteten Leistungsfreiheitsanzeige aufgehoben worden.

Dieser Bescheid ist infolge der Abgabe eines Rechtsmittelverzichtes der Beschuldigten am 28.3.2000 in Rechtskraft erwachsen. Das Tatfahrzeug ist somit am verfahrensgegenständlichen Tattag nicht mehr zum Verkehr zugelassen gewesen, die, das Tatfahrzeug betreffende, Aufhebung der Zulassung ist bereits rund 3 Wochen vor dem verfahrensgegenständlichen Tattag bescheidmäßig rechtskräftig ausgesprochen worden.

 

1 Zu den Punkten 1 ? 7 des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

§ 103 KFG ist mit der Überschrift ?Pflichten des Zulassungsbesitzers eines Kraftfahrzeuges oder Anhängers? versehen.

 

Gemäß § 103 Abs 1 Z 1 KFG hat der Zulassungsbesitzer dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung ? unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen ? den Vorschriften des KFG und der aufgrund des KFG erlassenen Verordnungen entspricht.

 

Da es sich bei § 103 Abs 1 Z 1 KFG um eine Pflicht des Besitzers des Rechtes der Zulassung handelt, besteht diese Pflicht nur, solange das Fahrzeug zugelassen ist (siehe Grundtner, KFG, 5 Auflage (1998), § 103, Anmerkung 2).

 

Das sich aus der Zulassung des betreffenden KFZs ergebende Recht auf Verwendung des Fahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr steht dem Zulassungsbesitzer bis zur Beendigung der Zulassung zu, er hat daher bis zu diesem Zeitpunkt auch die damit verbundenen Verpflichtungen (zB die im § 103 KFG normierten) wahrzunehmen (idS VwGH 18.9.1981, VwSlg. 10542A).

 

Da das Tatfahrzeug zur Tatzeit infolge rechtskräftig ausgesprochener Aufhebung der Zulassung nicht mehr zum Verkehr zugelassen gewesen ist, ist die Beschuldigte zur Tatzeit auch nicht mehr Besitzerin des Rechtes der Zulassung gewesen, sodass die Rechtsmittelwerberin zur Tatzeit mangels Zulassungsbesitzereigenschaft nicht mehr gehalten gewesen ist, die dem Zulassungsbesitzer in § 103 Abs 1 Z 1 KFG auferlegten Verpflichtungen wahrzunehmen.

 

Mangels Vorliegens eines wesentlichen Tatbestandsmerkmales einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 1 Z 1 KFG (i.V.m. anderen kraftfahrrechtlichen Normen), nämlich der tatzeitlichen Zulassungsbesitzereigenschaft, hat die Rechtsmittelwerberin die Tatbestände der, ihr zu den Punkten 1 ? 7 des angefochtenen Straferkenntnisses angelasteten, Verwaltungsübertretungen nicht erfüllt, folglich diese Verwaltungsübertretungen nicht begangen, weshalb hinsichtlich der Punkte 1 ? 7 des Straferkenntnisses spruchgemäß zu entscheiden gewesen ist.

 

Zu Punkt 8 des angefochtenen Straferkenntnisses:

 

Gemäß § 36 lit a KFG dürfen Kraftfahrzeuge, abgesehen von fallbezogen nicht zutreffenden Ausnahmen, auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn sie zum Verkehr zugelassen sind.

 

Unter ?Verwendung eines KFZs auf Straßen? ist die Handlung zu verstehen, durch die das Fahrzeug auf der Straße in Betrieb genommen, gelenkt oder auch abgestellt wird (fließender und ruhender Verkehr (VwGH 3.4.1979, ZfVB 1980/2/483)).

 

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt ergibt sich, dass die Rechtsmittelwerberin zur Tatzeit keine derartige Handlung gesetzt hat, sondern das Tatfahrzeug von D***** S**** am Tatort gelenkt und somit auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr verwendet worden ist.

Ein Anhaltspunkt dafür, dass auch die Beschuldigte das Tatfahrzeug zum relevanten Zeitpunkt im oa Sinn verwendet hätte, ist nicht verfahrensevident geworden.

 

Mangels Erfüllens des wesentlichen Tatbestandsmerkmales einer Verwaltungsübertretung nach § 36 lit a KFG, nämlich des Verwendens des KFZs, hat die Rechtsmittelwerberin den Tatbestand einer Verwaltungsübertretung nach § 36 lit a KFG nicht verwirklicht, somit die, ihr zu Punkt 8 des angefochtenen Straferkenntnisses angelastete, Verwaltungsübertretung nicht begangen, weshalb hinsichtlich dieses Punktes 8 spruchgemäß zu entscheiden gewesen ist.

 

Der Vollständigkeit halber ist anzumerken, dass dem bisherigen Akteninhalt nach eine Beitragstäterschaft der Rechtsmittelwerberin hinsichtlich der vom tatzeitlichen Tatfahrzeuglenker S**** begangenen Verwaltungsübertretung nach § 36 lit a KFG im Raum steht. Eine nähere Prüfung dieser Verdachtsmomente, insbesondere die Klärung und Feststellung des für die Ahndung und die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung nach § 36 lit a KFG iVm § 7 VStG maßgebenden Sachverhaltes, hat sich allein schon deshalb erübrigt, weil der Rechtsmittelwerberin innerhalb offener Verfolgungsverjährungsfrist nicht angelastet worden ist, als Beitragstäterin hinsichtlich der Verwaltungsübertretung nach § 36 lit a KFG gehandelt zu haben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51 e Abs 2 Z 1 VStG entfallen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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