TE UVS Tirol 2002/06/13 2002/22/048-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.06.2002
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Josef Hauser über die Berufung des Herrn L. E., vertreten durch Rechtsanwälte Waltl & Partner in Zell am See, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 19.02.2002, Zahl VK-184-2002, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von

20 Prozent der verhängten Geldstrafe, das sind im gegenständlichen Fall Euro 10,00, zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe wie im Zuge einer Kontrolle am 15.09.2000 um 08.20 Uhr auf der B 100 bei km 142,6 im Gemeindegebiet von Sillian/Arnbach, festgestellt worden sei, als Lenker des Sattelkraftfahrzeuges mit den Kennzeichen ZE-XY und ZE-XY, am 14.09.2000 das Schaublatt bereits um 18.40 Uhr aus dem Kontrollgerät entnommen, obwohl er es bis gegen 04.45 Uhr des nächsten Tages benützen hätte müssen, zumal das Schaublatt erst nach der täglichen Arbeitszeit entnommen werden darf und eine Entnahme auf andere Weise nicht zulässig war. Der Berufungswerber habe dadurch die Bestimmung des Artikel 15

Abs 2 zweiter Satz der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 verletzt. Gemäß § 134 Abs 1 KFG wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 50,00, Ersatzfreiheitsstrafe

16 Stunden, verhängt und gleichzeitig ein Verfahrenskostenbeitrag festgesetzt.

 

Dagegen wurde rechtzeitig Berufung erhoben und im Wesentlichen vorgebracht, dass die von der Erstbehörde im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wiedergegebenen Zeitangaben auf Grund der im Akt befindlichen Tachografenblätter nicht nachvollziehbar seien. Selbst wenn man wie die Erstbehörde von einer Verwaltungsübertretung des Berufungswerbers ausgehe, sei diese diesem nicht vorwerfbar. Die entsprechenden Bestimmungen über die tägliche Arbeitszeit seien nämlich unbestimmt und nicht eindeutig geregelt. Auch habe der Berufungswerber keinesfalls mit Vorsatz gehandelt und sei der Unrechtsgehalt seines Verhaltens keineswegs als gravierend zu beurteilen. Jedenfalls sei von einer Ausnahmesituation auszugehen, so dass die Verhängung einer Strafe nicht notwendig und allenfalls die Erteilung einer Ermahnung ausreichend gewesen wäre. Gleichzeitig stellte der Berufungswerber den Antrag das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu die verhängte Strafe herabzusetzen bzw von der Strafe abzusehen und eine Ermahnung zu erteilen.

 

Für die Berufungsbehörde steht der dem Berufungswerber im erstinstanzlichen Straferkenntnis spruchgemäß zur Last gelegte Sachverhalt zweifelsfrei als erwiesen fest. So geht aus den im erstinstanzlichen Akt befindlichen Kopien der Schaublätter des Kontrollgerätes eindeutig hervor, dass die gegenständliche Fahrt am 14.09.2000 gegen 04.50 Uhr begonnen wurde und mit Unterbrechungen bis knapp vor 17.00 Uhr fortgeführt wurde. Aus der Kopie des Schaublattes ist auch zweifelsfrei erkennbar, dass dieses Schaublatt gegen 18.40 Uhr aus dem Kontrollgerät entnommen wurde. In der Folge wurde mit einem zweiten Schaublatt, ebenfalls datiert mit 14.09.2000 und lautend auf das Kennzeichen ZE-XY (so wie das Vorblatt) die Fahrt gegen 18.45 Uhr (nicht 19.45 Uhr) bis gegen 21.25 Uhr fortgesetzt. Danach folgte eine Ruhepause bis kurz vor 06.00 Uhr des 15.09.2000, ehe die Fahrt bis zum Kontrollzeitpunkt am 15.09.2000 gegen 08.20 Uhr fortgesetzt wurde. Damit steht fest und sind diese Feststellungen aus den Kopien der Schaublätter eindeutig nachvollziehbar, dass der Berufungswerber für den 14.09.2000 zwei Schaublätter verwendet hat und dabei keine zusammenhängende Ruhezeit von mindestens 9 Stunden eingehalten wurde.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich daraus Folgendes:

 

Nach der Bestimmung des Artikel 15 Abs 2 der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 benutzen die Fahrer für jeden Tag, an dem sie lenken, ab dem Zeitpunkt, an dem sie das Fahrzeug übernehmen, Schaublätter. Das Schaublatt wird erst nach der täglichen Arbeitszeit entnommen, es sei denn, eine Entnahme ist auf andere Weise zulässig.

 

Nach der Bestimmung des Artikel 8 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 legt der Fahrer innerhalb jedes Zeitraumes von 24 Stunden eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 zusammenhängenden Stunden ein, die höchstens 3 mal pro Woche auf nicht weniger als 9 zusammenhängende Stunden verkürzt werden darf, sofern bis zum Ende der folgenden Woche eine entsprechende Ruhezeit zum Ausgleich gewährt wird. Die Ruhezeit kann an den Tagen, an denen sie nicht nach Unterabsatz 1 verkürzt wird, innerhalb von 24 Stunden in zwei oder drei Zeitabschnitten genommen werden, von denen einer mindestens 8 zusammenhängende Stunden betragen muss. In diesem Fall erhöht sich die Mindestruhezeit auf 12 Stunden.

 

Gemäß § 134 Abs 1 KFG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro 2.180,00, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestafen, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 sowie der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr zuwiderhandelt.

 

Der europäische Gerichtshof hat zu den diesbezüglichen Bestimmungen der Verordnungen (EWG) Nr 3820/85 und Nr 3821/85 Folgendes ausgeführt:

 

Die tägliche Arbeitszeit im Sinne des Artikel 15 Abs 2 der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr umfasst die Lenkzeit, alle sonstigen Arbeitszeiten, die Bereitschaftszeit, die Arbeitsunterbrechungen sowie die tägliche Ruhezeit, sofern diese eine Stunde nicht überschreitet, falls der Fahrer sie in zwei oder drei Abschnitten nimmt. Die tägliche Arbeitszeit beginnt in dem Moment, in dem der Fahrer nach einer wöchentlichen oder täglichen Ruhezeit den Fahrtenschreiber in Gang setzt, oder, wenn die tägliche Ruhezeit in Abschnitten genommen wird, am Ende der Ruhezeit, deren Dauer 8 Stunden nicht unterschreitet. Sie endet zu Beginn einer täglichen Ruhezeit oder, wenn die tägliche Ruhezeit in Abschnitten genommen wird, zu Beginn einer Ruhezeit von mindestens 8 zusammenhängenden Stunden.

 

Der Begriff ?Tag? im Sinne der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 ist als gleichwertig mit dem Begriff ?Zeitraum von 24 Stunden? zu verstehen, der sich auf jede Zeitspanne dieser Dauer bezieht, die in dem Moment beginnt, in dem der Fahrer nach einer wöchentlichen oder täglichen Ruhezeit den Fahrtenschreiber in Gang setzt.

 

Wenn die tägliche Ruhezeit in zwei oder drei Zeitabschnitten genommen wird, muss die Berechnung am Ende des Abschnittes beginnen, dessen Dauer 8 Stunden nicht unterschreitet.

 

Aus den vorliegenden Schaublättern betreffend den 14. bzw 15.09.2000 geht hervor, dass der Berufungswerber die gegenständliche Fahrt mit dem im Spruch angeführten Sattelkraftfahrzeug am 14.09.2000 gegen 04.50 Uhr begann. Dementsprechend endete dieser ?Arbeitstag?, gleich bedeutend mit 24 Stunden, am 15.09.2000 gegen 04.50 Uhr. Entsprechend den zitierten Vorschriften darf für jeden Tag nur ein Schaublatt verwendet werden. Das Schaublatt darf erst nach der täglichen Arbeitszeit entnommen werden, es sei denn, eine Entnahme ist auf andere Weise zulässig. Die tägliche Arbeitszeit endet, wie oben ausgeführt, zu Beginn einer täglichen Ruhezeit oder, wenn die tägliche Ruhezeit in Abschnitten genommen wird, zu Beginn einer Ruhezeit von mindestens 8 zusammenhängenden Stunden. Nachdem im gegenständlichen Fall der Berufungswerber das Sattelkraftfahrzeug am 14.09.2000 bis gegen 21.25 Uhr lenkte, ergibt sich bis zum Ende dieses Arbeitstages am 15.09.2000 gegen 04.50 Uhr nur mehr eine zusammenhängende Ruhezeit von weniger als 8 Stunden. Im Übrigen ergibt sich schon aus der Tatsache, dass der Berufungswerber nach Entnahme des ersten Schaublattes, betreffend den 14.09.2000, und Einlegung des zweiten Schaublattes betreffend diesen Tag die Fahrt wieder fortsetzte, dass die tägliche Arbeitszeit, den 14.09.2000 betreffend, noch nicht beendet war. Vielmehr entsteht durch die Einlegung eines zweiten Schaublattes der Eindruck, der Berufungswerber hätte zuvor eine längere Ruhezeit konsumiert, was eben exakt durch die gegenständliche Bestimmung, dass grundsätzlich pro Arbeitstag nur ein Schaublatt zu verwenden ist, verhindert werden soll.

 

Soweit der Berufungswerber vorbringt, die Erstbehörde hätte in der Begründung des angefochtenen Bescheides ein falsches Datum (14.09.2000), angeführt ist dem entgegenzuhalten, dass es sich hiebei um einen unrelevanten Schreibfehler handelt, zumal im maßgebenden Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses das Datum richtig angeführt ist. Bezugnehmend auf das Berufungsvorbringen, die dem Berufungswerber vorgeworfene Verwaltungsübertretung sei in der diesbezüglichen Anzeige nicht enthalten, ist zu erwidern, dass die Erstbehörde als für den Vollzug der gegenständlichen Bestimmungen zuständige Behörde jederzeit von Amts wegen festgestellte Verwaltungsübertretungen verfolgen kann.

 

Beim angelasteten Delikt besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges. Dies bedeutet, dass der Beschuldigte im Sinne des § 5 Abs 1 VStG glaubhaft zu machen hat, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies vermochte der Berufungswerber im gegenständlichen Fall nicht glaubhaft zu machen, zumal nicht einmal ansatzweise dargelegt wurde, warum für den gleichen Arbeitstag ein zweites Schaublatt in das Kontrollgerät eingelegt wurde.

 

Der Berufungswerber hat daher die ihm angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver und subjektiver Hinsicht zu verantworten. Als Verschuldensgrad wird zumindest Fahrlässigkeit angenommen.

 

Hinsichtlich der zur Anwendung kommenden Strafbestimmung ist auszuführen, dass diese Geldstrafen bis zu einer Höhe von Euro 2.180,00 vorsieht. Der Berufungswerber hat trotz entsprechender Aufforderung durch die Erstbehörde seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse nicht bekanntgegeben. Die von der Erstbehörde im untersten Bereich des Strafrahmens verhängte Geldstrafe ist daher auch unter Berücksichtigung, dass der Berufungswerber unbescholten ist und keine Erschwerungsgründe vorliegen, nicht als überhöht anzusehen.

 

Die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG, nämlich geringfügiges Verschulden und unbedeutende Folgen der Übertretung, liegen im gegenständlichen Fall nicht vor.

 

Wie bereits ausgeführt, hat der Berufungswerber keine nachvollziehbare Begründung geliefert, warum entgegen der diesbezüglichen Vorschrift ein zweites Schaublatt in das Kontrollgerät eingelegt wurde. Auch ist für die Berufungsbehörde nicht nachvollziehbar, woraus der Berufungswerber seine Mitwirkung an der Wahrheitsfindung im gegenständlichen Fall ableitet, zumal die gegenständliche Verwaltungsübertretung nur auf Grund einer diesbezüglichen Kontrolle der Schaublätter festgestellt werden konnte. Darüberhinaus sprechen auch generalpräventive Erwägungen gegen das Absehen von einer Strafe, zumal in zahlreichen Fällen festgestellt werden muss, dass die diesbezüglichen Bestimmungen über die Verwendung des Kontrollgerätes nicht oder nur mangelhaft eingehalten werden.

 

Im Hinblick darauf, dass der dem Berufungswerber zur Last gelegte Sachverhalt in eindeutiger Weise aus dem erstinstanzlichen Akt abgeleitet werden kann, konnte auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung verzichtet werden.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
tägliche, Arbeitszeit, umfasst, ?Tag?, Zeitraum, 24, Stunden
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten