TE UVS Steiermark 2002/06/13 30.12-70/2001

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.06.2002
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung der Frau H F, betreffend die "1. Übertretung" des Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 18.10.2001, GZ.: 15.1 3828/2000, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde nach abgewiesen. Hinsichtlich der Strafhöhe wird der Berufung Folge gegeben und die Geldstrafe in den Punkten 1.) und 2.) jeweils auf ? 50,-- (im Uneinbringlichkeitsfall je 5 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) nach § 16 VStG) herabgesetzt.

Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag zum Verfahren der ersten Instanz auf ? 10,--.

Der Berufungswerberin wird aufgetragen, die Geldstrafen und den Kostenbeitrag zum Verfahren der ersten Instanz binnen vier Wochen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Der Spruch des Straferkenntnisses wird wie folgt neu gefasst:

H F ist schuldig, als Inhaberin (Pächterin) der "R Sch Hütte" am 17.8.2000 nicht für die Einhaltung nachstehender

Hygienevorschriften gesorgt zu haben: 1.) In der Küche waren die Arbeitsflächen zum Teil nicht abwaschbar ausgeführt, obwohl Oberflächen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen, leicht zu reinigen sein müssen, was nur durch die Verwendung von glatten, waschbaren und nicht toxischen Materialien gewährleistet wird; 2.)

In der Küche lagen auf der Bank zwei Hunde, obwohl Tiere von den Räumen der Betriebsstätte ferngehalten werden müssen. Dadurch wurden folgende Rechtsvorschriften verletzt: 1.) § 4 Abs 1 iVm Anhang Abschnitt II Z 1 lit f Lebensmittelhygieneverordnung BGBl II Nr 31/1998 idF der Novelle BGBl II Nr 33/1999; 2.) § 4 Abs 1 iVm Anhang Abschnitt I Z 10 Lebensmittelhygieneverordnung in der genannten Fassung.

Text

Laut Straferkenntnis hat die Beschuldigte folgende Tat zu verantworten:

Tatzeit: 17.08.2000

Anlässlich einer am 17.08.2000 im Bereich

der von Ihnen betriebenen R Sch Hütte"

durchgeführten lebensmittelpolizeilichen Reversion wurde folgendes

festgestellt:

1. Übertretung

Die Betriebsführung war in hygienischer Hinsicht keinesfalls zufriedenstellend, da die Arbeitsflächen zum Teil nicht abwaschbar waren, Putzwerkzeug in der Küche gelagert wurde, zwei Hunde auf dem Küchenboden liegend vorgefunden wurden, das Sammelbecken im Quellenschutzgebiet stark verschmutzt war."

Dadurch sei § 20 iVm § 74 Abs 5 Z 3 Lebensmittelgesetz - LMG verletzt worden. Nach § 74 Abs 5 Z 3 LMG wurde eine Geldstrafe von ? 109,01 (für den Uneinbringlichkeitsfall 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Die erste Instanz warf unter "2. Übertretung" einen weiteren Tatbestand vor, konstatierte auch eine Verletzung des § 22 LMG, fügte dem aber bei: "Einstellung gemäß § 45 Abs. 1 Zif. 2 VStG.", woraus geschlossen werden kann, dass sich die Berufung nur gegen die "1. Übertretung" richtet. Auf Grund der Aktenlage gelangt der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark zu folgenden Feststellungen:

H F ist Pächterin der R Sch Hütte die dem Ö A, Sektion S, W gehört. Am 17.8.2000 waren die Arbeitsflächen in der Küche zum Teil nicht abwaschbar ausgeführt, daher nicht hygienisch zu reinigen. Auf der Küchenbank lagen zum Zeitpunkt der Kontrolle zwei Hunde, unter der Küchenbank standen zwei Wassernäpfe und ein Fressnapf.

Dies ergibt sich aus der Anzeige des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilung für das Gesundheitswesen, Fachreferat IV, Lebensmittaulaufsicht vom 1.9.2000 und wird in der Berufung (und im Einspruch gegen die Strafverfügung, auf den die Berufung verweist) nicht bestritten.

Rechtliche Beurteilung:

§ 20 LMG ist mit "Hygiene im Lebensmittelverkehr" überschrieben,

er lautet wie folgt: Wer Lebensmittel, Verzehrprodukte oder

Zusatzstoffe in Verkehr bringt, hat

vorzusorgen, dass sie nicht

durch äußere Einwirkung hygienisch nachteilig beeinflusst werden, soweit das nach dem jeweiligen Stand der Wissenschaft möglich und nach der Verkehrsauffassung nicht unzumutbar ist. Nach der Judikatur hat der Spruch eines Straferkenntnisses im Sinne des § 44a Z 1 VStG in einem solchen Fall nicht nur die unterlassene Vorsorge gegen eine hygienisch nachteilige Beeinflussung von Lebensmitteln zu enthalten, sondern er hat auch auf ein In-Verkehr-Bringen von Lebensmitteln hinzuweisen. Eine Verletzung des § 20 LMG wird durch § 74 Abs 5 Z 3 LMG zur Verwaltungsübertretung erklärt, dies aber mit der Einschränkung, dass "die Tat nicht nach den §§ 56 bis 64 oder nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt". In der Anzeige wird der Sachverhalt zu Punkt 1.) der Lebensmittelhygieneverordnung im Zusammenhang mit § 74 Abs 4 Z 1 LMG 1975 zugeordnet. Nach § 4 Abs 1 Lebensmittelhygieneverordnung hat der Inhaber oder Geschäftsführer eines Lebensmittelunternehmens für die Einhaltung der im Anhang angeführten Hygienevorschriften zu sorgen. Abschnitt I des Anhangs betrifft "Allgemeine Anforderungen an Betriebsstätten, in denen mit Lebensmitteln umgegangen wird (ausgenommen die in Abschnitt III genannten Betriebsstätten)", seine Z 10 lautet wie folgt:

"Tiere sind von den Räumen der Betriebsstätten (ausgenommen Verzehrbereiche) fernzuhalten. Ausnahmsweise können Blindenführerhunde in Verkaufsräumlichkeiten von Einzelhandelsbetrieben toleriert werden, wenn Vorsorge zur Gewährung der Unbedenklichkeit und Genusstauglichkeit der Lebensmittel getroffen wird." Abschnitt II ist überschrieben mit "Spezifische Anforderungen innerhalb von Räumen, in denen Lebensmittel zubereitet, be- oder verarbeitet werden (ausgenommen Verzehrbereiche und die in Abschnitt III genannten Betriebsstätten)", Z 1 lit f lautet: "Oberflächen (insbesondere die Oberflächen von Einrichtungen, die mit Lebensmitteln in Berührung kommen), sind in einwandfreiem Zustand zu halten und müssen leicht zu reinigen und erforderlichenfalls zu desinfizieren sein. Dies erfordert die Verwendung von glatten, waschbaren und nicht toxischen Materialien." Wenn die erste Instanz die Strafverfolgung in Richtung Verletzung des § 20 LMG lenkte, setzte sie sich nicht nur über die Subsidiaritätsklausel in § 74 Abs 5 Z 3 LMG hinweg, sondern unterließ es überdies, den Spruch, wie oben ausgeführt, so zu formulieren, dass er der Judikatur entspricht (VwGH Zl: 96/10/0045, 0046, 0047 vom 6.5.1996). Der Sachverhalt ist somit hinsichtlich der zum Teil nicht abwaschbaren Arbeitsflächen dem Abschnitt II Z 1 lit f des Anhangs zur Lebensmittelhygieneverordnung zu unterstellen, hinsichtlich des Aufenthaltes von zwei Hunden auf der Küchenbank dem Abschnitt I Z 10 Lebensmittelhygieneverordnung. Jener Teil, der sich auf das Sammelbecken im Quellschutzgebiet bezieht, betrifft den Mängelbeseitigungsauftrag laut Bescheid des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, RA 12 vom 25.6.1999 der sich an den ersten Vorsitzenden des Ö A, Sektion S, Ing. H H richtet. Die Lagerung von Putzwerkzeug in der Küche widerspricht explizit, soweit ersichtlich, keiner Vorschrift der Lebensmittelhygieneverordnung. Eine allfällige Verletzung des § 20 LMG durch die Lagerung von Putzwerkzeug in der Küche könnte aus dem Grund nicht mehr verfolgt werden, weil, wie ausgeführt, der Spruch unvollständig gefasst ist. Es liegen somit zwei Übertretungen der Lebensmittelhygieneverordnung vor, für welche die Berufungswerberin als Pächterin der R Sch Hütte und als Betriebsinhaberin zu haften hat, wie sich dies aus § 4 Abs 1 der Lebensmittelhygieneverordnung ergibt. Strafbemessung: Nach § 74 Abs 4 Z 1 LMG macht sich, sofern die Tat nicht nach den §§ 56 bis 64 oder nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist wie nach Abs 1 zu bestrafen, wer den Bestimmungen einer auf Grund des § 10, des § 12 Abs 2 hinsichtlich der Deklaration von Zusatzstoffen, des § 16 Abs 4 hinsichtlich vorgeschriebener Bezeichnungen, der §§ 21, 27 Abs 1, 29, 30 Abs 5 oder 33 Abs 1 erlassenen Verordnung zuwiderhandelt. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach der Präambel zur Richtlinie 93/43/EWG des Rates vom 14.6.1993 über Lebensmittelhygiene muss namentlich bei der Zubereitung und Verarbeitung von Lebensmitteln zu jedem Zeitpunkt das Vertrauen in den Standard der gesundheitlichen Unbedenklichkeit, vor allem jedoch in den Standard der Hygiene der im freien Verkehr befindlichen Lebensmittel gewährleistet sein, wobei der Schutz der menschlichen Gesundheit als ein vorrangiges Anliegen definiert wird. Die gegenständlichen Übertretungen waren geeignet, dieses Vertrauen am 17.8.2000 zu erschüttern. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Erschwerend ist nichts, mildernd die Unbescholtenheit. Bei beiden Übertretungen handelt es sich um Ungehorsamsdelikte im Sinn des § 5 Abs 1 VStG, das heißt, dass Fahrlässigkeit so lange unterstellt wird, als der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Rechtsverletzung kein Verschulden trifft. Die Berufungswerberin bestritt ihre Verantwortlichkeit, machte aber nichts geltend was Zweifel an ihrem fahrlässigen Verhalten erweckte. Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse: Laut Einkommenssteuerbescheid 2000:

Gesamtbetrag der Einkünfte minus ? 2.958,87, offener Saldo bei der Volksbank A-M ? 26.216,21 und ? 16.157,80. Zum Vermögen und zu allfälligen Sorgepflichten liegen keine Angaben vor. Die Geldstrafen von je ? 50,-- sind sehr nieder bemessen und stellen gegenüber den Strafen im Straferkenntnis eine Strafherabsetzung dar. Sie sind samt den ebenso herabgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen erforderlich, um die Beschuldigte von künftigen gleichartigen Übertretungen abzuhalten. Die Berufung ist somit dem Grunde nach abzuweisen, in Bezug auf die Strafhöhe ist ihr Folge zu geben. Da die Geldstrafe laut Straferkenntnis ?

500,-- nicht übersteigt, kann die Entscheidung ohne mündliche Berufungsverhandlung getroffen werden.

Schlagworte
Hygiene Konkretisierung Tatbestandsmerkmal Küche Putzwerkzeug nachteilige Beeinflussung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten