TE UVS Steiermark 2002/07/02 30.1-6/2002

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Veröffentlicht am 02.07.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Peter Schurl über die Berufung der Frau A P, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. E M, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz vom 7.2.2002, GZ.: A 17-St- 3135/2001-1, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und 3 VStG 1991 eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde der Berufungswerberin zur Last gelegt, sie habe im Außenbereich in G durch Verwenden eines lauten Staubsaugers am 2.7.2001 in der Zeit von 19.50 bis 20.30 Uhr lärmerzeugende Arbeiten durchgeführt. Sie habe dadurch §§ 4 und 1 der Grazer Immissionsschutzverordnung 1998 verletzt und wurde über sie eine Geldstrafe von ? 37,--, im Uneinbringlichkeitsfall 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu

Nachfolgendes fest:

Sachverhalt:

In den Abendstunden des 2.7.2001 saugte die Berufungswerberin in ihrer Wohnung in G Staub. Die Wohnung liegt im ersten Stock und besitzt einen Balkon. Auf diesem saugte sie auch den Vorleger vor der Eingangstür. Ein Nachbar fühlte sich durch das Sauggeräusch belästigt und brachte den Vorfall zur Anzeige.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Darnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Hierzu sind entsprechende, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich. Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn a.) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b.) der Spruch geeignet ist, dem Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu beschützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg. NF 11.894/A). Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspricht diesen Erfordernissen nicht: Nach § 1 der Grazer Immissionsschutzverordnung sind alle im Hauswesen anfallenden lärmerzeugenden Arbeiten zu bestimmten Zeiten in Gärten, Höfen und Gebäuden verboten. Den Begriff "Außenbereich", der im angefochtenen Straferkenntnis als Tatbestandsmerkmal angeführt ist, kennt die Verordnung nicht, sodass Arbeiten in diesem, sofern es sich nicht um Höfe oder Gärten handelt, nicht verboten sind. Der Begriff reicht aber auch nicht für eine konkrete Tatortumschreibung aus, da der Außenbereich eines Hauses ein vielfältiger und völlig unbestimmter Bereich ist.

Dazu kommt, dass der Berufungswerberin zwar ein bestimmtes Handeln, nicht jedoch vorgeworfen wurde, dass dieses verboten sei. Da überdies hinsichtlich der fehlenden bzw. mangelhaften Umschreibung des Sachverhaltes bereits Verfolgungsverjährung im Sinne der §§ 31 und 32 VStG eingetreten ist, war der Berufungsbehörde eine Verbesserung des Spruches verwehrt. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 23.3.1984,83/02/0159; 22.2.1994,91/07/0009, u.v.a.) darf dem Berufungswerber nämlich nach Ablauf der Verjährungsfrist kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt werden. Änderungen der rechtlichen Qualifikation sind hingegen auch außerhalb dieser Frist zulässig. Es war daher der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das gegen die Berufungswerberin eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Damit erübrigt sich auch eine nähere Auseinandersetzung damit, ob die von der Berufungswerberin durchgeführte Arbeit überhaupt als "lärmerzeugende Arbeit" anzusehen ist und mit den diesbezüglich von der Berufungswerberin zu Recht geltend gemachten Verfahrensmängel.

Auch erübrigen sich nähere Überlegungen über die Verfassungsmäßigkeit der Grazer Immissionsschutzverordnung und damit einer allfälligen Anfechtung der VO beim Verfassungsgerichtshof.

Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich war, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 VStG auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung verzichtet werden.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Immissionsschutz Lärmschutz Ortspolizei Tatort Haus Hof Garten Staubsauger Außenbereich Konkretisierung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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