TE UVS Steiermark 2002/07/09 30.15-82/2001

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.07.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn R M gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz, Baurechtsamt, vom 23.11.2001, GZ.: A 17 - St - 2635/2001-1, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen.

Hinsichtlich der verhängten Strafe wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, dass über den Berufungswerber gemäß § 19 VStG eine Strafe von ? 22,--, im Uneinbringlichkeitsfall 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, welche binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten ist, verhängt wird.

Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von ? 2,2, dieser ist binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird wie folgt neu gefasst: Sie haben am 31.03.2001 in der Zeit von 12.05 Uhr bis 14.25 Uhr in G I, vor dem Hause H (W-J), in dem dort befindlichen GVB-Wartehäuschen musikalische

Darbietungen mit einer Ziehharmonika geboten, ohne den Standort in dieser Zeit gewechselt zu haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 3 Abs 2 und § 7 Grazer Straßenmusikverordnung 1999 iVm § 42 Abs 1 des Statutes der Landeshauptstadt Graz 1967.

Die anzuwendende Strafnorm lautet:

Artikel VII EGVG idgF.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber die umseitig wiedergegebene Übertretung der Grazer Straßenmusikverordnung zur Last gelegt und über ihn eine Geldstrafe von S 500,-- (? 36,34) verhängt.

In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung machte der Berufungswerber Spruchmängel geltend. Der Tatort sei im angefochtenen Straferkenntnis nicht präzise umschrieben, er habe nicht direkt vor dem Juweliergeschäft W gespielt, sondern in dem GVB-Wartehäuschen vor dem Geschäft. Er habe seinen dortigen Standplatz kurz verlassen, sei dann jedoch auf den selben Platz zurückgekehrt. Es läge somit keine Verwaltungsübertretung vor, da in der Grazer Straßenmusikverordnung nicht exakt geregelt sei, wann man zu dem ursprünglichen Platz zurückkehren könne. Im Übrigen müsse von der ihm vorgeworfenen Spielzeit von ca. 2 1/2 Stunden fast die Hälfte der Zeit abgezogen werden, da er sich zwischendurch immer wieder mit Passanten unterhalte. Die tatsächliche Spielzeit betrage in einer Stunde netto höchstens 40 Minuten. Da im angefochtenen Bescheid eine ? 2.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde ist zur Entscheidung das nach der geltenden Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark berufen. Nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung am 10.06.2002 wird unter Verwertung der Aussage des Beschuldigten sowie der Zeugenaussage von P Sch nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen:

Der Berufungswerber ist Student und bestreitet seinen Lebensunterhalt seit dem Jahre 1997 teilweise als Straßenmusiker (Ziehharmonikaspieler) in Graz. Die Bestimmungen der Grazer Straßenmusikverordnung sind ihm bekannt, da er wegen seiner musikalischen Darbietungen schon mehrfach angezeigt wurde und vor der gegenständlichen Anzeige bereits zwei Organmandate wegen Übertretungen der Grazer Straßenmusikverordnung erhielt. Der Berufungswerber legt während seiner Darbietungen des Öfteren Pausen ein, um sich mit Passanten zu unterhalten. Diese Unterbrechungen dauern je nach Gespräch manchmal ein paar Minuten, oft aber auch länger. Im Durchschnitt sind von einer Stunde Spielzeit ca. 20 Minuten für solche gesprächsbedingten Unterbrechungen abzuziehen. Am 31.03.2001 begab sich der Berufungswerber mit seiner Ziehharmonika kurz nach 12.00 Uhr in das damals auf dem H vor dem Hause H (W J) auf dem davor befindlichen Gehsteig ca. 12 m in Richtung Hauptplatzmitte (siehe Skizze Beilage ./C) befindliche GVB-Wartehäuschen. Er spielte dort mit den üblichen gesprächsbedingten Pausen bis 14.25 Uhr und verließ diesen Standort nur ein Mal um sich kurz aufs WC zu begeben. Beweiswürdigung: Diese Sachverhaltsfeststellungen gründen sich auf die in allen wesentlichen Punkten übereinstimmenden Angaben des Berufungswerbers und des einvernommenen Zeugen sowie die angefertigte Tatortskizze. Der Berufungswerber hat somit im Ergebnis zugegeben, innerhalb der von ihm hinsichtlich des Beginns und des Endes ohnedies nicht bestrittenen Spielzeit den angezeigten Standort nur ein Mal kurz für eine WC-Pause verlassen zu haben. Rechtliche Beurteilung:

Die Verordnung des Gemeinderates der Landeshauptstadt Graz vom 01.07.1999 betreffend die Darbietungen von Straßenmusik (Grazer Straßenmusikverordnung 1999) enthält folgende, für den gegenständlichen Fall maßgebliche Bestimmungen:

§ 3 Abs 2: Straßenmusiker haben ihren Spielort spätestens nach einer Stunde zu wechseln, wobei der neue Spielort vom alten zumindest 50 m entfernt sein muss.

§ 7:

Die Nichtbefolgung der Bestimmungen der §§ 2 bis 5 sowie die Nichteinhaltung von Bedingungen, Fristen oder Auflagen in Bescheiden nach § 6 bildet eine Verwaltungsübertretung. Der Schutzzweck der Grazer Straßenmusikverordnung besteht darin, durch Abstandsregelungen

gemäß § 3 Abs 1 und Limitierungen der Spielzeit gemäß § 3 Abs 2 leg cit musikalische Darbietungen von Straßenmusikern in einem für die betroffenen Anrainer zumutbaren Ausmaß zu halten. Nach dem durchgeführten Ermittlungsverfahren ist als erwiesen anzunehmen, dass der Berufungswerber die höchstzulässige Spielzeit von einer Stunde im gegenständlichen Fall erheblich überschritten hat. Dies auch, wenn man die gesprächsbedingten Pausen abzieht. Der Einwand des Berufungswerbers, die Stundenfrist sei durch den kurzzeitigen WC-Besuch unterbrochen worden und habe die Spielstunde gemäß § 3 Abs 2 leg cit nach seiner Rückkehr auf den gleichen Standort von neuem zu laufen begonnen, ist nicht zielführend. Es ist zwar richtig, dass die Grazer Straßenmusikverordnung nicht exakt regelt, wann man nach einem Standortwechsel wieder auf den früheren Standort zurückkehren kann. Vor dem Hintergrund des oben angeführten Schutzzweckes ist die Bestimmung des § 3 Abs 2 Grazer Straßenmusikverordnung jedoch eindeutig so zu interpretieren, dass wenige Minuten kurze WC-Pausen und dergleichen keinen Standortwechsel im Sinne dieser Bestimmung darstellen. Von einem Standortwechsel im Sinne von § 3 Abs 2 leg cit kann nämlich nur dann gesprochen werden, wenn sich der Straßenmusiker mit samt seinem Instrument an einen neuen, mindestens 50 m entfernten Standort begibt und dort zumindest einige Zeit spielt. Der Berufungswerber hat somit gegen den obgenannten Schutzzweck der Grazer Straßenmusikverordnung zumindest in grob fahrlässiger Weise verstoßen. Es hätte nämlich selbst einem in sein Spiel vertieften Straßenmusiker jedenfalls auffallen müssen, dass er seit 2 1/2 Stunden auf dem selben Standplatz spielt, zumal sich unmittelbar vor Ort die stadtbekannte Weikharduhr befindet und eine Kontrolle der Spielzeit somit leicht möglich ist. Zur Strafbemessung: Da die Grazer Straßenmusikverordnung keine eigene Strafbestimmung enthält, kommt im Anlassfall die Strafnorm des Artikel VII EGVG zur Anwendung, welche Geldstrafen bis zu S 3.000,-- (? 218,--) bzw Primärarrest bis zu zwei Wochen vorsieht. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Der Berufungswerber ist entgegen der Annahme der belangten Behörde nicht absolut unbescholten, da er eine noch nicht getilgte Vorstrafe wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsverordnung vom 07.08.1997 sowie eine Ermahnung vom 06.11.2000 wegen Übertretung der Grazer Straßenmusikverordnung aufweist. Zu Gunsten des Berufungswerbers ist allerdings zu berücksichtigen, dass er sich einsichtig gezeigt hat und, wie auch der Zeuge Sch bestätigt, in letzter Zeit bemüht war, durch Gespräche mit den Grazer Geschäftsleuten für ein konfliktfreies Nebeneinander zu sorgen und anlässlich mehrerer kürzlich erfolgter Musikdarbietungen vor dem Weikhardgeschäft die höchstzulässige Spielzeit nicht mehr überschritten hat. Im Hinblick auf diesen offenbaren Gesinnungswandel kann die von der belangten Behörde verhängte Strafe ausnahmsweise geringfügig herabgesetzt werden. Der Berufungswerber wird jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er für den Fall einer neuerlichen Übertretung der Grazer Straßenmusikverordnung im Hinblick auf die dann mehrfach vorliegenden einschlägigen Vorstrafen mit einer deutlich höheren Strafe zu rechnen haben wird. Die vom Berufungswerber selbst bekannt gegeben bescheidenen Einkommensverhältnisse (Student, Unterhalt durch die Eltern, unregelmäßige Einkünfte als Straßenmusikant im Ausmaß von ? 200,-- bis ? 300,-- monatlich) wurden berücksichtigt, spielen jedoch im Hinblick auf die äußerst moderate Strafe keine relevante Rolle, da die nunmehr herabgesetzte Strafe sogar von den Einkünften als Straßenmusikant leicht bezahlt werden kann. Zum in der Berufung weiters vorgebrachten Einwand der mangelnden Tatortkonkretisierung sie noch ausgeführt, dass der Tatort nach Auffassung der Berufungsbehörde mit "vor dem Hause H" ausreichend umschrieben ist. Das Wort vor bedeutet nämlich nicht zwingend, dass der Berufungswerber unmittelbar vor dem Hause W gespielt haben muss. Wesentlich ist nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 44a VStG lediglich, dass der Tatort im Straferkenntnis eindeutig und unverwechselbar umschrieben ist. Diese Voraussetzungen sind im Anlassfall erfüllt, auch wenn sich der konkrete Standort des Berufungswerbers einige Meter von der Fassade des Hauses Nr. entfernt auf dem H befunden hat. In der nunmehr vorgenommenen Neufassung des Spruches wurde der Tatvorwurf in einigen unwesentlichen Punkten konkretisiert und ergänzend klargestellt, dass die damalige Musikdarbietung im GVB-Wartehäuschen vor dem Haus H stattgefunden hat. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Straßenmusik Spielort Spieldauer Spielortwechsel Tatort Konkretisierung Rechtsirrtum Verschulden
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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