TE UVS Niederösterreich 2002/07/21 Senat-PL-01-0163

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Veröffentlicht am 21.07.2002
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Spruch

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes - VStG,

zu Spruchpunkt 1) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren insoweit gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt;

zu den Spruchpunkten 2) und 3) aber abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis in diesen Punkten vollinhaltlich bestätigt.

 

Der Rechtsmittelwerber hat zu Spruchpunkt 1) keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahren zu leisten;

Hingegen hat er zu den Spruchpunkten 2) und 3) dem Land NÖ gemäß § 64 VStG,

Kostenbeiträge von je ? 14,53 (ds ? 29,06) zu zahlen. Er hat diese gemeinsam mit den unter den Spruchpunkten 2) und 3) verhängten  Strafen und den erstinstanzlichen Kosten (ds. insgesamt ? 188,95) binnen 2 Wochen zu zahlen (§ 59 Abs 2 AVG).

Text

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hat folgenden entscheidungsrelevanten Inhalt:

 

"Sie haben folgende Verwaltungsübertretung begangen:

Zeit: 23.1.2001, um ca. 14,30 Uhr

Ort:  St. P****, in der sogenannten ?L**?, Würstelstand in der

H****** W***** Gasse,

        hinter dem H***********

Tatbeschreibung:

1. Sie haben durch Ihr besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung

     ungerechtfertigt gestört, weil Sie mit B**** S********* eine tätliche

     Auseinandersetzung hatten. Dies auch am 23.1.2001, gegen 15,30

Uhr, in der

     B*********, nächst dem Lokal ?A****?.

2. Durch eine lautstarke Auseinandersetzung mit B**** S********* ungebührlicherweise störenden Lärm erregt. Auch gegen 15,30 Uhr in der B***********, nächst dem Lokal A****;

3. Durch gröbliches Beschimpfen der B**** S********* (Sau, Hure und dgl.) den öffentlichen Anstand verletzt. Dies auch gegen 15,30 Uhr, in der B********* nächst dem Lokal A****.

 

Dadurch übertretene Verwaltungsvorschriften, verhängte Strafen und entstandene Verfahrenskosten:

 

1.  Übertretung gemäß § 81 Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz (SPG)

 

    Geldstrafe gemäß § 81 Abs 1 SPG         2.000,-- S Ersatzfreiheitsstrafe: 72 Stunden

 

2.  Übertretung gemäß § 1 lit a NÖ Polizeistrafgesetz

 

    Geldstrafe gemäß § 1 NÖ Polizeistrafgesetz   1.000,-- S Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden

 

3.  Übertretung gemäß § 1 lit. b NÖ Polizeistrafgesetz

 

    Geldstrafe gemäß § 1 NÖ Polizeistrafgesetz   1.000,-- S Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden

 

Vorgeschriebener Kostenbeitrag gemäß § 64 Abs 2

des Verwaltungsstrafgesetzes   insgesamt  400,00,-- S

 

Der Berufungswerber hat gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht berufen und dabei im Wesentlichen ausgeführt, dass die vorgeworfenen Beschimpfungen nicht stimmten.

Es gäbe außerdem keine Zeugen, die bestätigen könnten, dass er Frau S********* mit diesen Worten beschimpft habe. Noch weniger gäbe es jemanden, der sich auf der Straße aufgeregt habe, dass er mit Fr S********* eine Diskussion gehabt habe. Sie hätten anfangs November 2001 (bei Gericht) eine Verhandlung und würden da alles bereinigen.

 

Die Behörde erster Instanz legte den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt mit diesem Rechtsmittel der Berufungsbehörde zur Entscheidung vor. Aus diesem Akt ergibt sich im wesentlichen folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:

 

Laut Anzeige des Meldungslegers vom 11.4.2001 wurde der Berufungswerber durch B**** S********* bezüglich der einer Auseinandersetzung belastet.

Beim Eintreffen der eingeschrittenen Beamten E***** und P***** waren beide Streitparteien sichtlich alkoholisiert und gaben an, dass es zwischen ihnen zu einer Auseinandersetzung gekommen sei, wo jedoch keiner verletzt worden wäre.

Die Ermittlungen hätten ergeben, dass es am 23.1.2001, gegen 14,30 Uhr, in der sogenannten Lok zwischen den beiden Kontrahenten zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen sei, wobei sich diese lautstark beschimpft hätten und der Angezeigte auf S********* hingeschlagen habe. Nach Angaben des Angezeigten hätten sich noch ca. 4 ? 5 Gäste im Lokal befunden. Es sei kurzfristig zur Versöhnung gekommen und gegen 15,30 Uhr sei es zwischen beiden in der B*********, nächst dem Lokal A**** neuerlich zu einer tätlichen Auseinandersetzung gekommen, in deren Zuge S********* verletzt worden sei. Beide hätten hiezu übereinstimmend angegeben, dass sie sich dabei lautstark auf das Gröblichste beschimpft haben. Die Angezeigten hätten durch ihr Fehlverhalten die öffentliche Ordnung gestört, ungebührlicherweise störenden Lärm erregt und den öffentlichen Anstand verletzt. Sie seien auch beim Bezirksgericht angezeigt worden.

 

In der Niederschrift vom 27.1.2001 sagte die Zeugin B**** S********* unter Hinweis auf ihre Wahrheitspflicht aus und belastete den Berufungswerber hinsichtlich der angezeigten lautstarken und gröblichen Beschimpfungen und der tätlichen Auseinandersetzungen.

 

Der Berufungswerber wurde bei der BPD St.P***** am 29.1.2001 niederschriftlich vernommen und zeigte sich bzgl. des vorgeworfenen Fehlverhaltens im Wesentlichen geständig.

Er gab ua an, dass er damals mit seiner Freundin eine Meinungsverschiedenheit gehabt habe. Danach seien sie gegen 14,30 Uhr in die sogenannte Lok gegangen, wo sie erneut Alkohol konsumiert und neuerlich zu streiten begonnen hätten. Er habe sie jedoch nicht geschlagen, sondern am Ohr erfasst. Es sei aber richtig, dass sie sich beschimpft und angeschrieen haben. Es seien außer ihnen noch etwa drei oder vier Leute im Lokal gewesen. Nachdem sie sich wieder versöhnt gehabt hätten, seien sie ins EKZ P********, wo sie mit einem Bekannten telefoniert habe. Darüber seien sie wieder in Streit geraten und hätten sich laut beschimpft. Daraufhin habe er sie mit der Hand ins Gesicht geschlagen, ihr vor lauter Zorn die Brillen vom Kopf gerissen und diese zu Boden geworfen. Es sei wieder zu Tätlichkeiten beider Personen gekommen, wobei S********* am Daumen verletzt worden sei. Dies habe sich alles in der B*********, nächst dem Lokal A**** abgespielt.

 

In seinem Einspruch gegen die Strafverfügung vom 27.4.2001 bestritt der Berufungswerber die Tatvorwürfe, ohne diesen näher entgegenzutreten.

 

Der Beamte BI H**** wurde am 25.6.2001 zeugenschaftlich vernommen und bestätigte die Richtigkeit seiner Anzeigeangaben.

 

In seiner abschließenden Rechtfertigung in der Beschuldigtenniederschrift vom 31.7.2001 bestätigte der Berufungswerber im Wesentlichen den ihm vorgeworfenen Sachverhalt bzgl der wörtlichen und tätlichen Auseinandersetzungen zwischen S********* und ihm. Er wies allerdings auch auf ein massives Fehlverhalten der Auffordererin S********* hin.

 

Die Berufungsbehörde holte im ergänzenden Ermittlungsverfahren den Gerichtsakt des BG St. P*****, GZ 1 U **/01z ein. Daraus ergibt sich, dass die Anzeige gegen den Berufungswerber wegen Verdachtes auf Körperverletzung und Sachbeschädigung am 6.11.2001 zu seiner Verurteilung wegen §§ 83 und 125 StGB führte.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat nun erwogen:

 

Aufgrund der Aktenlage (Angaben der Aufforderin zur Anzeige und zeugenschaftliche Aussage des Meldungslegers, sowie der gesamten ? weitgehende geständigen - Rechtfertigungen des Berufungswerbers) kommt die Berufungsbehörde zur Erkenntnis, dass der Berufungswerber das angelastete Fehlverhalten gesetzt hat. Er hat demnach zu den angelasteten Tatzeiten an den bezeichneten Tatorten tatsächlich wörtliche und tätliche Auseinandersetzungen mit B**** S********* gehabt.

 

Es kann aber auch nicht angenommen werden, dass der ? weitgehend geständig gewesene ? Berufungswerber durch die Belastungszeugen unwahr belastet worden wäre.

Deren Aussagen sind weitgehend widerspruchsfrei und schlüssig und konnte durch die bloß teilweise bestreitende Verantwortung des Berufungswerbers in der Berufung nicht mehr hinreichend in Frage gestellt werden.

 

Sohin kommt auch die Berufungsbehörde zweifelsfrei zu dem Schluss, dass der Berufungswerber das ihm angelastete Fehlverhalten verwirklicht hat.

 

Zu Spruchpunkt 1:

Wenngleich der Berufungswerber in seinem Vorbringen die angelastete Verwaltungsübertretungen lediglich global bestritten hat, so stünde diesem Vorbringen das belastende erstinstanzliche Ermittlungsergebnis entgegen.

Sohin käme auch die Berufungsbehörde zu dem Schluss, dass der Berufungswerber die ihm angelasteten Taten verwirklicht hätte. Er hätte dadurch, dass er das angelastete Fehlverhalten zeigte, gemäß § 81 Abs 1 SPG eine Störung der Ordnung verwirklicht.

 

Dennoch ist der Berufung hinsichtlich Spruchpunkt 1) Erfolg beschieden, da auf die in § 85 leg cit normierte Subsidiarität Bedacht zu nehmen ist.

 

Unbestrittene Tatsache ist nämlich, dass der Berufungswerber im oben angeführten Gerichtsverfahren zu eben denselben Vorfall, welcher ihm im gegenständlichen Strafverfahren auch als Störung der Ordnung angelastet wird, rechtskräftig gerichtlich verurteilt worden ist.

 

Gemäß § 81 Abs 1 SPG begeht eine Verwaltungsübertretung, wäre durch ein besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört.

 

Das durch den Berufungswerber gezeigte Verhalten hätte an sich ein ordnungsstörendes Gehaben sein können.

Jedoch liegt gemäß § 85 SPG eine Verwaltungsübertretung dann nicht vor, wenn eine Tat nach den §§ 81 bis 84 den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.

§ 85 SPG schränkt die Reichweite der Tatbestände der §§ 81 bis 84 SPG - in Abkehrung von der früheren Gesetzeslage (vgl etwa VfSlg 3597/1959) - ein: eine Verwaltungsübertretung liegt nämlich nicht vor, wenn die Tat den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung bildet; die Tatbestandsumschreibungen der §§ 81 ff SPG sind also um das Tatbestandsmerkmal: "soweit die Tat nicht gerichtlich strafbar ist" erweitert zu lesen.

 

Deshalb ist (im Gegensatz zur früheren Rechtslage nach Art IX Abs 1 Z 1 EGVG) nunmehr ein Täter, der an einem öffentlichen Ort den objektiven Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung setzt, nicht mehr vom Gericht (zB wegen eines Vergehens nach dem StGB) und zugleich auch von einer Verwaltungsbehörde wegen Ordnungsstörung (§ 81 SPG) zu bestrafen.

 

Da der Vorwurf der Verwaltungsübertretung sohin gemäß § 81Abs 1 SPG aus den oben angeführten Gründen nicht mehr aufrechterhalten werden kann, ist zu Spruchpunkt 1) zugunsten des Berufungswerbers zu entscheiden, das angefochtene Straferkenntnis insoweit aufzuheben und das Verfahren diesbezüglich einzustellen.

 

Zu den Spruchpunkten 2) und 3):

 

Gemäß § 1 lit a NÖ Polizeistrafgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt.

 

Der Berufungswerber hat durch dieses Verhalten störenden, ungebührlichen Lärm erregt. Der Lärm war störend, da er, wie o a, aufgrund seiner besonderen Intensität auch zur Tatzeit jedenfalls geeignet war, das Wohlbefinden normal empfindender Menschen zu beeinträchtigen.

 

Außerdem war der Lärm ungebührlich, da das Verhalten des Berufungswerbers jene Rücksichten vermissen ließ, die die Mitmenschen von ihm erwarten durften.

 

Gemäß § 1 lit b des NÖ Polizeistrafgesetzes begeht eine Verwaltungsübertretung der Anstandsverletzung, wer den öffentlichen Anstand verletzt.

 

Darunter versteht man die Verletzung der allgemein anerkannten Grundsätze der Schicklichkeit in der Öffentlichkeit, deren Schutzzweck empfindlich beeinträchtigt worden ist. Der Berufungswerber hat durch die wörtlichen und tätlichen Auseinandersetzungen und den Gebrauch von Schimpfwörtern zweifelsfrei ein Verhalten gesetzt, welches diesen Grundsätzen der Schicklichkeit widersprach.

 

Auch das sonstige Vorbringen des Berufungswerbers ist nicht geeignet, ihn zu entlasten.

 

Mit dem Hinweis auf das Fehlverhalten der Aufforderin S********* vermag sich der Berufungswerber deshalb nicht zu entlasten, da durch der Behauptung eines rechtwidrigen Verhaltens anderer Personen ein eigenes rechtswidriges Verhaltens nicht gerechtfertigt werden kann.

 

Die dem Berufungswerber angelasteten Taten waren daher als erwiesen anzunehmen, weshalb der Berufung in den Spruchpunkten 2) und 3) keine Folge zu geben und der erstinstanzliche Schuldspruch insoweit zu bestätigen war.

 

Zur Strafbemessung wird folgendes festgestellt:

 

Gemäß § 19 VStG hat als Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat, zu dienen.

 

Im ordentlichen Verfahren sind überdies gemäß Abs 2 leg cit die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Ebenso haben die allseitigen Verhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen Berücksichtigung zu finden.

 

Der Schutzzweck der vom Beschuldigten verletzten Norm, nämlich § 1 lit a und lit b NÖ Polizeistrafgesetz, liegt insbesondere darin, Belästigungen der Mitmenschen durch ungebührlichen Lärm und Anstandsverletzungen hintanzuhalten.

 

Dieser Schutzzweck wurde empfindlich verletzt, indem der Berufungswerber das bezeichnete Fehlverhalten gezeigt hatte.

 

Aufgrund der Aktenlage und der Rechtfertigung des Berufungwerbers muss vorsätzliches Verhalten angenommen werden.

 

Mildernd oder  erschwerend waren keine Umstände zu werten.

 

Eine Herabsetzung der Strafen kommt jedoch nicht in Betracht, da der jeweils bis zu

? 218,00 reichende Strafrahmen ohnedies nur zum Teil ausgeschöpft wurde und außerdem eine Herabsetzung der Strafen nicht geeignet erschiene, den Berufungswerber von der Begehung weiterer gleichartiger Straftaten abzuhalten.

 

Die Berufungsbehörde kann auch nicht finden, dass den Berufungswerber bloß ein geringfügiges Verschulden träfe, da keine entlastenden Umstände vorliegen und ist somit der Auffassung, dass die verhängten Geld- bzw Ersatzfreiheitsstrafen schuldangemessen sind.

 

Auch in Anbetracht eines geringen oder nicht regelmäßigen Einkommens des Berufungswerbers (ca ? 25 Taggeld v d NÖGKK, und fehlendem Vermögen) erscheint der Berufungsbehörde aus den oben angeführten Gründen eine Herabsetzung der verhängten Strafen als unvertretbar.

 

Gemäß § 51 e Abs 3 Z 3 VStG konnte die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unterbleiben, da lediglich eine S 3.000,-- (? 218,00) nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und der Berufungswerber die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich begehrt hat.

 

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die bezogenen Gesetzesstellen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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