TE UVS Niederösterreich 2002/08/01 Senat-MI-01-0034

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Veröffentlicht am 01.08.2002
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Spruch

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom 31. Mai 2001, Zl 3-****-99, wurde über den Beschuldigten A******** W****** wegen einer Übertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 iVm § 205 GewO gemäß § 366 Abs 1 GewO eine Geldstrafe von S 5000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 60 Stunden) verhängt und ihm die Tragung eines anteiligen Kostenbeitrages zum erstinstanzlichen Verfahren in Höhe von S 500,-- auferlegt.

 

In diesem Straferkenntnis wird dem Beschuldigten die Verwaltungsübertretung wie folgt angelastet:

 

?Zeit:  18.02.1999

Ort:  **** L********, W******** **

 

Tatbeschreibung:

Sie haben als das gemäß § 9 VStG für die Vertretung nach außen hin berufene Organ (handelsrechtlicher Geschäftsführer) der Bauunternehmen F****** GesmbH, **** L********, W******** **, zu verantworten, dass der bei dieser Fa gemeldete Arbeitnehmer L****** B*** im Zuge der Errichtung eines Einfamilienhauses in **** L********, O*********** *, auf dem Dachstuhl Schalungsbretter montiert hat, obwohl die genannte Fa zur Ausübung dieser Tätigkeit, die unter das bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe der Zimmermeister gemäß § 205 GewO fällt, nicht berechtigt war.?

 

In der dagegen eingebrachten Berufung vom 21. Juni 2001 wird die Tat bestritten und ausgeführt, dass für die Zimmermannsarbeiten das Unternehmen Firma V***** beauftragt worden sei. Inmitten der Arbeiten habe die Firma V***** die Baustelle verlassen, um andernorts Arbeiten fertig zu stellen. Der Berufungswerber sei daher gezwungen gewesen, die lose aufgestellten Sparren zu fixieren. Sein Bauunternehmen, welches auch als Baukoordinator tätig sei, habe die Pflicht, jegliche Gefahren zu verhindern. Wenn die Wirtschaftskammer für NÖ dies als ein Eingreifen in fremde Gewerbeausübung bezeichne, könne er das nur als eine leichtsinnige Äußerung bezeichnen. Wäre von der Firma V***** als Gewerbeberechtigter nicht die Gefahrenquelle verursacht worden, hätte er keine Veranlassung gehabt, diesen Weg zu gehen. Er ersuche daher von der verhängten Geldstrafe abzusehen.

 

Zu diesem Berufungsvorbringen sowie zum Inhalt des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes und zu der vorgenommenen Tatanlastung stellt der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ in rechtlicher Hinsicht folgendes fest:

 

Gemäß § 366 Abs 1 Z 1 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu ? 3600,-- zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Gemäß § 201 Abs 1 GewO unterliegen die Tätigkeiten der Baumeister (§ 202 Abs 1), Zimmermeister (§ 205 Abs 1), Steinmetzmeister einschließlich Kunststeinerzeuger und Terrazzomacher (§ 206 Abs 1) und Brunnenmeister (§ 208 Abs 1) der Bewilligungspflicht.

 

Gemäß § 201 Abs 4 GewO sind die im Abs 1 angeführten Gewerbetreibenden berechtigt, in geringem Umfang mit der Ausführung eigener Arbeiten in unmittelbarem Zusammenhang stehende Arbeiten anderer Gewerbe auch selbst auszuführen.

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Demnach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass eine eindeutige Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und die Identität der Tat nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

 

?Unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat? bedeutet, dass im Spruch eines Straferkenntnisses, genauer in der Tatumschreibung, dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf zu machen ist, dass dieser rechtlich in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um diesen widerlegen zu können; weiters muss der Beschuldigte geschützt werden, wegen selbigen Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

Das Ausmaß der gebotenen Konkretisierung ist nicht isoliert zu betrachten und hängt vom einzelnen Tatbild und den Gegebenheiten des Falles ab.

 

Die Firma F****** GesmbH ist zur Tatzeit im Besitz einer Gewerbeberechtigung für das Baumeistergewerbe gewesen. Im gegenständlichen Fall wird dem Berufungswerber angelastet, dass das Bauunternehmen F****** GesmbH bei der im Spruch des Straferkenntnisses angeführten Baustelle ?auf dem Dachstuhl Schalungsbretter montiert hat?. Eine derart allgemeine, nichts über den Umfang dieser Arbeiten aussagende Formulierung lässt es nicht zu, auszuschließen, dass es sich bei den ausgeführten Schalungsbrettermontagearbeiten um Arbeiten im geringen Umfang im Sinne des § 201 Abs 4 GewO gehandelt hat. Es wäre daher im vorliegenden Fall erforderlich gewesen, das Ausmaß bzw den Umfang der inkriminierten Tätigkeiten in einer der Bestimmung des § 44a Z 1 VStG gerecht werdenden Weise in die Tatanlastung aufzunehmen, um überhaupt von einer unbefugten Gewerbeausübung sprechen zu können. Da die Behörde erster Instanz dies aber unterlassen hat und den Tatvorwurf auf die oben zitierte unbestimmte Formulierung gestützt hat, ist eine der Bestimmung des § 44a Z 1 VStG entsprechende Konkretisierung des Tatvorwurfes nicht vorgenommen worden.

 

Trotz der der Berufungsbehörde zustehenden Befugnisse nach § 66 Abs 4 AVG ist es ihr nicht erlaubt, die erforderlichen Ergänzungen im Spruch eines Straferkenntnisses vorzunehmen, wenn diese nicht durch eine taugliche Verfolgungshandlung gedeckt sind. Im vorliegenden Fall ist innerhalb der Verjährungsfrist nach § 31 Abs 2 VStG eine über die Formulierung im angefochtenen Straferkenntnis hinausgehende Tatanlastung nicht erfolgt. Das gegenständliche Straferkenntnis hätte daher in dieser Form nicht erlassen werden dürfen.

 

Gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung entfallen.

 

Es war daher schon aus den dargestellten Gründen ohne weiteres Eingehen auf die Ausführungen im eingebrachten Rechtsmittel spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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