TE UVS Tirol 2002/08/09 2002/20/071-2

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Veröffentlicht am 09.08.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung des Herrn H. Sch., I - 39028 Sch., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 17. 04. 2002, Zahl VK-540-2002, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz (VStG) wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe unter Anwendung des § 20 VStG von Euro 370,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) auf Euro 218,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) herabgesetzt wird.

 

Die Verfahrenskosten erster Instanz werden mit Euro 21,80 neu bestimmt.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird insofern berichtigt, als die Wortfolge ?da bei diesem die Einheit und Echtheit nicht mehr gegeben gewesen ist? aus dem Spruch eliminiert wird und die Übertretungsnormen ?§ 1 Abs 3 iVm § 37 Abs 1 und Abs 3 Z 1 FSG? anstelle von ?§ 37 Abs 1 iVm § 14 Abs 4 FSG? lauten.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 03. 03. 2002 um 20.45 Uhr auf der B 179 bei km 46.600 den PKW mit dem Kennzeichen XY gelenkt und dabei einen ungültigen Führerschein verwendet, da bei diesem die Einheit und Echtheit nicht mehr gegeben gewesen sei, da am 28.08.2001 die Gültigkeit bereits abgelaufen gewesen sei. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs 1 iVm

§ 14 Abs 4 FSG begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe von Euro 370,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) sowie ein Verfahrenskostenbeitrag verhängt wurden.

 

In der fristgerecht dagegen erhobenen Berufung brachte der Berufungswerber vor, dass er zum Zeitpunkt der Kontrolle am 03.03.2002 voll auf die Richtlinien zur Vereinfachung - Bestätigung durch das ärztliche Zeugnis, der Gültigkeit des Führerscheins, Dekret vom 01. 10. 1995 gemäß D.P.R. 575/94 vertraut habe und der Meinung gewesen sei, zwischenzeitlich das Fahrzeug auch im Ausland benutzen zu können. Er bitte daher um eine mündliche Aussprache und versichere, dass die Beschuldigung der Vorsätzlichkeit nicht zutreffe.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Akt.

 

Weiters wies die Berufungsbehörde den Berufungswerber mit Schreiben vom 13. 06. 2002 darauf hin, dass die von ihm beantragte persönliche Aussprache verfahrensrechtlich nicht vorgesehen sei, sondern es lediglich die Möglichkeit der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gebe, welche jedoch ausdrücklich beantragt werden müsse. Er werde daher gebeten, mitzuteilen, ob sein Ersuchen um persönliche Aussprache als An-trag zur Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu werten sei. Es wurde ihm jedoch auch mitgeteilt, dass die Berufungsbehörde die Durchführung einer mündlichen Verhandlung für nicht notwendig erachte, zumal der Sachverhalt bereits ausreichend geklärt scheine. Schließlich wurde er gebeten, bekanntzugeben, wann er die Verständigung über die Verlängerung der Gültigkeit seines Führerscheins vom Ministerium für Infrastruktur und Verkehr erhalten habe.

 

Mit Schreiben vom 27.06.2002 teilte der Berufungswerber mit, dass er die Führerscheinverlängerung, ausgestellt vom Ministerium für Transporte am 13.04.2002, in der Zwischenzeit erhalten und der Verkehrsabteilung der Bezirkshauptmannschaft Reutte geschickt habe. Gleichzeitig legte er das ärztliche Zeugnis vom 22.02.2002, Kopien seines (erneuerten) Führerscheins, eine Bestätigung betreffend die Erteilung der Verlängerung seines Führerscheins vom Ministerium für Transporte und Infrastruktur sowie eine Mitteilung des Automobilclubs Bozen, wonach es bis zur Bestätigung des erneuerten Führerscheins erlaubt sei, weiterhin Auto zu fahren, wenn das ärztliche Zeugnis mitgeführt werde, vor.

 

Aufgrund der augenommenen Beweise steht folgender entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:

 

Am 03.03.2002 lenkte der Berufungswerber, der italienischer Staatsbürger ist, um 20.45 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen XY auf der B 179 bei km 46.600 und führte dabei einen Führerschein mit, dessen Gültigkeit am 28.08.2001 abgelaufen war.

 

Dies ergibt sich zweifelsfrei aus dem erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt und wird vom Berufungswerber in objektiver Hinsicht auch ausdrücklich zugestanden.

 

Daraus ergibt sich in rechtlicher Hinsicht:

 

Nach § 37 Abs 1 FSG begeht, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von Euro 36,-- bis zu Euro 2.180,--, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Dies gilt auch für Zuwiderhandlungen, die auf dem Wege von einer österreichischen Grenzabfertigungsstelle, die auf ausländischem Gebiet liegt, zur Staatsgrenze begangen werden. Auch der Versuch einer solchen Zuwiderhandlung ist strafbar.

 

§ 37 Abs 3 Z 1 FSG sieht für das Lenken eines Kraftfahrzeuges entgegen der Bestim-mung des § 1 Abs 3 eine Mindeststrafe von Euro 363,-- vor.

 

Nach § 1 Abs 3 FSG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges und das Ziehen eines Anhängers, ausgenommen in den Fällen des Abs 5, nur zulässig mit einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung für die Klasse oder Unterklasse (§ 2), in die das Kraftfahrzeug fällt.

 

Im Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird dem Berufungswerber jedoch vorgeworfen, zum Tatzeitpunkt einen ungültigen Führerschein verwendet zu haben, dessen Einheit und Echtheit nicht mehr gegeben gewesen sei, zumal bereits am 28.08.2001 die Gültigkeit abgelaufen sei. Da er es unterlassen habe, unverzüglich die Ausstellung eines neuen Führerscheins zu beantragen, wurde ihm eine Verwaltungsübertretung nach § 37 Abs 1 iVm § 14 Abs 4 FSG zur Last gelegt.

 

§ 14 Abs 4 FSG hat folgenden Wortlaut:

 

?Wenn ein Führerschein ungültig geworden ist, hat dessen Besitzer ohne unnötigen Aufschub den Führerschein bei der Behörde abzuliefern und gegebenenfalls die Ausstellung eines neuen Führerscheines zu beantragen (§ 15). Ein Führerschein ist ungültig, wenn die behördlichen Eintragungen, Unterschriften oder Stempel unkenntlich geworden sind, das Lichtbild fehlt oder den Besitzer nicht mehr einwandfrei erkennen lässt, oder Beschädigungen oder Merkmale seine Vollständigkeit, Einheit oder Echtheit in Frage stellen.?

 

Im vorliegenden Fall ist der Führerschein des Berufungswerbers zwar tatsächlich am 28.08.2001 abgelaufen und damit ungültig geworden, es liegt jedoch kein Fall der in § 14 Abs 4 FSG genannten Ungültigkeitsgründe vor, weshalb der Berufungswerber keine Verwaltungsübertretung nach § 14 Abs 4 FSG begangen, sondern gegen § 1 Abs 3 FSG verstoßen hat.

 

Dennoch ist im gegenständlichen Fall keine Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

Nach § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person nur dann unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist. Nach Abs 2 leg cit beträgt die Verjährungsfrist in Fällen wie dem vorliegenden sechs Monate ab dem Zeitpunkt, ab dem die strafbare Handlung abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat.

 

Nach § 32 Abs 2 VStG ist eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigter gerichtete Amtshandlung, und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat. Um den Eintritt der Verfolgungsverjährung auszuschließen, muss die Verfolgungshandlung wegen eines bestimmten Sachverhaltes erfolgen und sich nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auf alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente beziehen. Nur dann unterbricht eine Verfolgungshandlung die Verjährung (VwGH 22.12.1992, 91/04/0199).

 

Da dem Berufungswerber in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 14.03.2002 und somit innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist vorgehalten wurde, einen ungültigen Führerschein, dessen Gültigkeit am 28.08.2001 abgelaufen war, verwendet und dadurch eine Verwaltungsübertretung gemäß § 1 Abs 3 FSG begangen zu haben, wurde eine taugliche, die Verfolgungsverjährung unterbrechende Verfolgungshandlung gesetzt und war die Berufungsbehörde daher auch zur Spruchverbesserung berechtigt und verpflichtet.

 

Da der Berufungswerber in der Stellungnahme vom 14.04.2002 und in jener vom 27.06.2002 selbst eingesteht, zum Tatzeitpunkt keinen gültigen Führerschein mitgeführt zu haben, steht für die Berufungsbehörde als erwiesen fest, dass er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten hat.

 

Betreffend die subjektive Tatseite ist zunächst auszuführen, dass für die Verwirklichung der angelasteten Übertretung nicht vorsätzliches Verhalten erforderlich ist, sondern bereits Fahrlässigkeit ausreicht. Fahrlässigkeit ist gemäß § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand der Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Bei den angelasteten Delikten besteht das Tatbild in einem bloßen Verhalten ohne Merkmal eines Erfolges (Ungehorsamsdelikt). Dies bedeutet, dass der Beschuldigte glaubhaft zu machen hat, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Dies ist dem Berufungswerber im gegenständlichen Fall jedoch nicht gelungen.

 

Der Berufungswerber macht geltend, dass er der Ansicht gewesen sei, das ärztliche Zeugnis, welches in der Übergangszeit bis zur Erneuerung seines abgelaufenen Führer-scheins in Italien als gültige Lenkberechtigung gelte, berechtige auch in Österreich zum Lenken von Kraftfahrzeugen. Dass dies in Italien tatsächlich der Fall ist, kann der vom Berufungswerber vorgelegten Bestätigung des Automobilclubs Bozen entnommen werden. Dem ist allerdings entgegenzuhalten, dass nach Ansicht des VwGH ausländische Kraftfahrzeuglenker verpflichtet sind, sich über die in Österreich geltenden Vorschriften, die bei der Teilnahme am Straßenverkehr zu beachten sind, ausreichend zu unterrichten (VwGH 26.02.1968 Slg 7297 A; VwGH 21.05.1970, 1058/69; 23.10.1986, 86/02/ 0064). Der Berufungswerber hätte sohin überprüfen müssen, ob die (italienische) Regelung, dass er ein Kraftfahrzeug bis zum Erhalt des erneuerten Führerscheins lenken darf, wenn er das ärztliche Zeugnis mitführt, auch in Österreich gilt.

 

Im österreichischen Recht findet sich in § 8 Abs 5 FSG eine vergleichbare Regelung, die besagt, dass ein Lenker, dessen Lenkberechtigung gemäß Abs 3 Z 2 durch eine Befristung abgelaufen ist, berechtigt ist, in Österreich bis zu drei Monate nach Ablauf der Befristung ein Kraftfahrzeug dieser Klasse oder Unterklasse weiter zu lenken, wenn er den Antrag auf Verlängerung der Lenkberechtigung vor Ablauf der Befristung eingebracht hat; über die rechtzeitige Einbringung ist ihm von der Behörde eine Bestätigung auszustellen, die der Lenker gemäß § 14 Abs 1 mit sich zu führen hat.

 

Im vorliegenden Fall hat der Führerschein des Berufungswerbers am 28.08.2001 seine Gültigkeit verloren. Tattag war der 03.03.2002. Das bedeutet, dass § 8 Abs 5 FSG schon deshalb nicht zur Anwendung gelangen konnte, weil zwischen dem Ablauf der Befristung und dem Lenken des Kraftfahrzeuges ein Zeitraum von mehr als 3 Monaten verstrichen ist.

 

Da der Berufungswerber nicht einmal behauptet, dass er sich nach den diesbezüglich in Österreich geltenden Vorschriften erkundigt hat, ist ihm die zur Last gelegte Verwal-tungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

Zur Strafbemessung:

 

Gemäß § 20 VStG kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden, wenn die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich überwiegen oder der Be-schuldigte ein Jugendlicher ist. Allerdings räumt die Bestimmung der Behörde ungeachtet der Verwendung des Gesetzeswortlautes ?kann? kein Ermessen ein. Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich, dann hat der Beschuldigte einen Rechtsanspruch auf Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes. Die Behörde hat in diesem Falle der Strafbemessung einen Strafrahmen zugrundezulegen, dessen Untergrenze die Hälfte der (gesetzlichen) Mindeststrafe beträgt und ausgehend davon die Strafe innerhalb des solcherart (nach unten) geänderten Strafrahmens festzusetzen (vgl VwGH 21.05.1992; 92/09/0015).

 

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß Abs 2 leg cit sind überdies im ordentlichen Verfahren die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegenein-ander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Des weiteren sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Im vorliegenden Fall hat der Berufungswerber dem Interesse der Verkehrssicherheit in einem nicht unerheblichen Ausmaß zuwidergehandelt, da das Lenken eines KFZ ohne gültige Lenkberechtigung zu den schwerwiegendsten Übertretungen des FSG zählt. In subjektiver Hinsicht liegt Fahrlässigkeit vor. Mildernd waren die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers sowie die Tatsache, dass der Täter die Tat in einem die Schuld nicht ausschließenden Rechtsirrtum begangen und trotz Vollendung der Tat keinen Schaden herbeigeführt hat, zu werten. Erschwerende Umstände waren dagegen bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen.

 

Aus diesem Grund war im vorliegenden Fall die Bestimmung des § 20 VStG heranzuziehen und konnte die in § 37 Abs 3 Z 1 FSG vorgesehene Mindeststrafe von Euro 363,-- unterschritten werden. Die nunmehr verhängte Geldstrafe erscheint der Beru-fungsbehörde schuld- und tatangemessen sowie ausreichend, um den Berufungswerber in Zukunft von gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten. Sie ließe sich auch mit ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen in Einklang bringen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Führerschein, Gültigkeit, verloren, drei, Monate
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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