Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 AVG, BGBl. Nr. 51/1991, i.V.m. § 24 VStG, BGBl. Nr. 52/1991, jeweils in der derzeit geltenden Fassung, stattgegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben.
Gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG wird die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens verfügt.
Die Bezirkshauptmannschaft X verhängte über den Berufungswerber mit Straferkenntnis vom 16.7.2***, Zl 3-****-**, zwei Geldstrafen in der Höhe von je S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafen: jeweils 30 Stunden) wegen Übertretung der Z 4 und 6 des § 37 Abs 1 der NÖ Bauordnung 1996. Es wird ihm angelastet, dafür verantwortlich zu sein, dass hinsichtlich eines Bauwerks (Dampfkesselanlage und Laugentank)
1. die Bekanntgabe des Bauführers gemäß § 25 Abs 3 NÖ Bauordnung 1996 unterlassen und
2. das Bauwerk vor Vorlage der Bescheinigungen und Befunde nach § 30 Abs 2 legcit benützt wurde.
Der Beschuldigte rügt in der gegen das Straferkenntnis rechtzeitig eingebrachten Berufung ua einen Verstoß gegen § 44 a VStG.
Der Unabhängige Verwaltungssenat im Land NÖ hat erwogen:
Die Berufungsbehörde hat gemäß § 66 Abs 4 AVG, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gemäß § 25 Abs 2 der NÖ Bauordnung 1996 sind die Arbeiten für Vorhaben nach § 14 Z 1, 2, 4, 5, 7 und 8 durch einen Bauführer zu überwachen. Spätestens wenn der Bauherr der Baubehörde den Baubeginn meldet, hat er nach Abs 3 gleichzeitig den Bauführer bekannt zu geben.
Eine Verwaltungsübertretung begeht gemäß § 37 Abs 1 der NÖ Bauordnung 1996 in der zur Tatzeit geltenden Fassung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Handlung bildet,
* wer die Bekanntgabe des Bauführers unterlässt (Z 4) und * wer ein Bauwerk vor Anzeige der Fertigstellung und Vorlage der Bescheinigungen, Befunde und Pläne nach § 30 Abs 2 oder vor der Feststellung der bewilligungsgemäßen Ausführung durch die Baubehörde benützt (Z 6).
Der Spruch eines Straferkenntnisses hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, gemäß § 44 a VStG unter anderem die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten.
§ 44 a Z 1 VStG gebietet, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass eine Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.
?Unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat? bedeutet, dass im Spruch eines Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden, dass der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren (Wiederaufnahmeverfahren), auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen zu widerlegen und des weiteren muss der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Zur Unterlassung der Bekanntgabe des Bauführers:
Weder dem Spruch noch der Begründung des Straferkenntnisses ist zu entnehmen, ob Arbeiten für Vorhaben nach § 14 Z 1, 2, 4, 5, 7 oder 8 der NÖ Bauordnung 1996 durchgeführt wurden, sodass aus dem Straferkenntnis nicht zu entnehmen ist, dass die Bestellung eines Bauführers notwendig gewesen wäre. Folglich scheidet auch eine Bestrafung wegen Unterlassung der Bekanntgabe des Bauführers aus.
Zur Benützung des Bauwerks vor Vorlage der Bescheinigungen, und Befunde nach § 30 Abs 2 der NÖ Bauordnung 1996:
Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 22.2.1994, Zl 92/04/0214, festgestellt hat, wird eine sich im wesentlichen als Wiederholung des Gesetzestextes darstellende Umschreibung der Tatanlastung jedenfalls den Anforderungen des § 44 a Z 1 VStG nicht gerecht.
Anlässlich einer Bestrafung wegen Überschreitung behördlich festgelegter Betriebszeiten hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 24.11.1992, Zl 92/04/0148, ausgesprochen, dass der Vorwurf, die Betriebszeit sei überschritten worden, lediglich die rechtliche Wertung eines nicht näher dargestellten Sachverhaltes bildet. Aus dem Spruch müsse erkennbar sein, welche tatsächlichen Umstände ? etwa die Bewirtung von Gästen oder innerbetriebliche Arbeiten ? zur Last gelegt werden.
In diese Richtung geht auch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zu § 97 Abs 5 StVO vom 25.3.1992, Zl 91/03/0044, wonach es bei der Spruchfassung nicht genügt, die im Gesetz enthaltenen Worte ?durch deutlich sichtbare Zeichen ... zum Anhalten aufzufordern? zu verwenden, vielmehr ist in den Spruch aufzunehmen, welches bestimmte Zeichen vom Lenker nicht befolgt wurde.
Eine Wiederholung des Gesetzestextes (bei Anführung der Tatzeit und des Tatortes) wird dann ausreichen, wenn dieser bereits ausreichend konkretisiert ist. Nach Ansicht der Berufungsbehörde trifft dies im vorliegenden Fall aber nicht zu. Im Lichte der zitierten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes stellt der Vorwurf der Benützung die rechtliche Wertung eines nicht näher dargestellten Sachverhaltes dar. Ob tatsächlich eine rechtswidrige Benützung vorliegt, kann nur beurteilt werden, wenn die eigentliche Tathandlung beschrieben wird. Im gegenständlichen Fall wird aber die Tathandlung lediglich durch Wiederholung des vom Gesetzgeber verwendeten Zeitwortes ?benützt? umschrieben, die Art der Benützung ist keiner innerhalb der Frist für die Verfolgungsverjährung vorgenommenen Verfolgungshandlung zu entnehmen.
Das Straferkenntnis war daher aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Die Abhaltung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51 e Abs 2 Z 1 VStG unterbleiben, weil der Bescheid bereits aufgrund der Aktenlage aufzuheben war.