Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn K P gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 21.06.2001, GZ.: 15.1 7188/2000, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 20.04.2000 um
11.38 Uhr in B a d M, K Höhe Haus Nr. als Lenker des Personenkraftwagens die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h um 15 km/h überschritten, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen wurde. Wegen Verletzung des § 52a Z 10a StVO wurde über ihn daher gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,--, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden, verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben und in dieser in verfahrensrelevanter Hinsicht das Vorbringen im erstinstanzlichen Strafverfahren insofern wiederholt, als auf den Hinweis der mangelhaften Beschilderung (Verbotszeichen, 30 km/h) in der K überhaupt nicht eingegangen worden sei. Wenn er, wie auf der der Berufung angeschlossenen Skizze ersichtlich, von der Sackgasse in die K nach rechts oder links einbiege, sei eine Geschwindigkeitsbeschränkung nicht ersichtlich.
Die Berufungsbehörde hat zufolge dieses Vorbringens zunächst eine Stellungnahme des Stadtpolizeiamtes B a d M hinsichtlich der vorhandenen Beschilderung im Tatortbereich angefordert, wie auch die entsprechende Verordnung bezüglich der Geschwindigkeitsbeschränkung. Nach Vorlage der Unterlagen wurde für den 07.11.2001 eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung anberaumt, zu der neben dem Berufungswerber als Partei auch der Zeuge RI S geladen wurde.
Zufolge des Verhandlungsergebnisses werden zunächst folgende Feststellungen getroffen:
Der Berufungswerber befuhr am 20.04.2000 um 11.38 Uhr mit dem Personenkraftwagen, behördliches Kennzeichen die K im Gemeindebereich B/M in Fahrtrichtung stadteinwärts. Zu diesem Zeitpunkt führte der Meldungsleger, der Zeuge RI S unter Verwendung eines ordnungsgemäß geeichten Verkehrs-Geschwindigkeitsmessgerätes der Bauart (Type) LTI 20.20 TS/KM-E mit der Fabrikationsnummer 4431 Geschwindigkeitsmessungen auf diesem Straßenzug, für den im Tatortbereich eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h verordnet war, durch. Die auf eine Entfernung von 160 m durch den Zeugen, der die Laserpistole sitzend und durch die Windschutzscheibe seines Fahrzeuges auf den Personenkraftwagen des Berufungswerbers richtete, durchgeführte Messung ergab, dass dieser auf Höhe des Hauses K die zulässige Höchstgeschwindigkeit von 30 km/h nach Abzug einer Messtoleranz von 3 km/h um 15 km/h überschritt. Diese Feststellungen stützen sich in erster Linie auf das Verhandlungsergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 07.11.2001. Der einvernommene Zeuge hinterließ einen durchaus glaubwürdigen Eindruck, seine Aussagen waren schlüssig und gut nachvollziehbar. Die erkennende Behörde nimmt in freier Beweiswürdigung als erwiesen an, dass es sich beim Zeugen RI S um eine geschulte und mit der Verwendung einer Laserpistole bestens betraute Person handelt, somit von einem in jeder Hinsicht verwertbaren Messergebnis ausgegangen werden kann. Vor diesem Hintergrund erscheint das im Wesentlichen undifferenzierte Vorbringen des Berufungswerbers, wonach im konkreten Fall (auch) eine Fehlmessung vorgelegen habe, zumal ihm zwei Fahrzeuge entgegen gekommen wären, als eine reine Schutzbehauptung. Auch sein Vorbringen, die durch die Windschutzscheibe erfolgte Messung betreffend - die im Übrigen durch die Verwendungsbestimmungen des eingesetzten Messgerätes gedeckt ist -, wodurch es zu Abweichungen kommen würde, war nicht geeignet, die Annahme der erkennenden Behörde, wonach eine durchaus taugliche Messung stattgefunden hat, zu widerlegen. Hinsichtlich seines Vorbringens, wonach die "Beschilderung" betreffend die 30 km/h Beschränkung im Tatortbereich nicht korrekt wäre, ist der Berufungswerber jedoch im Recht. Aus der im Rahmen der Berufungsverhandlung vom 07.11.2001 erörterten Stellungnahme des Stadtpolizeiamtes B/M vom 18.09.2001 samt Beilage ergibt sich, dass zunächst für die K (Bereich S - K) seitens der BH B/M am 25.03.1980 eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h verordnet wurde. Des Weiteren wurde in der Folge seitens des Gemeinderates der Stadtgemeinde B/M mit Verordnung vom 15.12.1995 für den Straßenzug K in der Verlängerung des zuvor erwähnten Bereiches, und zwar bis zur Einbindung in die E-W ebenfalls eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 30 km/h verordnet. Im Bereich des angeführten Straßenzuges - somit aber auch des Gültigkeitsbereichs der zitierten Geschwindigkeitsbeschränkung - befindet sich ua. die Kreuzung der K mit der sogenannten S. Wie übereinstimmend vom Berufungswerber, aber auch dem Zeugen RI S angegeben wurde, wobei auch auf die erwähnte Stellungnahme des Stadtpolizeiamtes B/M, insbesonders aber, das dieser angeschlossene Bildmaterial Bezug genommen wurde, fehlen sowohl bei der Ein- als auch bei der Ausfahrt der S in die K sowie auch in dem unmittelbaren Bereich dieser Kreuzung jegliche Hinweise auf die in der K geltende 30 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung. Dazu ist in rechtlicher Hinsicht auszuführen: Gemäß § 44 der Straßenverkehrsordnung 1960 sind die im § 43 bezeichneten Verordnungen - hiezu gehört ua. auch eine Verordnung mit der eine bestimmte zulässige Höchstgeschwindigkeit festgesetzt wird - durch Straßenverkehrszeichen kundzumachen.
Die entsprechenden Straßenverkehrszeichen sind dort anzubringen, wo der räumliche Geltungsbereich der Verordnung beginnt und endet. Geschwindigkeitsbeschränkungen (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) stehen immer in der betreffenden Fahrtrichtung in Bezug zu einem bestimmten Straßenzug, der auch durch Kreuzungen unterbrochen werden kann und erstrecken sich auf die Länge, die durch die in Betracht kommenden Vorschriftszeichen gekennzeichnet ist. Soll eine solche Geschwindigkeitsbeschränkung auch in davon abzweigende Straßenzüge hineinreichen, so muss dies durch Anbringung entsprechender Straßenverkehrszeichen zum Ausdruck kommen (vgl. VwGH 12.11.1982, 82/02/0151, 31.05.1985, 85/18/0255 ua.). Im konkreten Fall wurde jedoch "nur" für die angeführten Bereiche der K eine höchstzulässige Geschwindigkeit von 30 km/h verordnet und nicht auch zB für den Straßenzug "S", weshalb vor allem in Ermangelung entsprechender Hinweise, wie zB von Vorschriftszeichen, der letztgenannte Straßenzug ohne rechtliche Deckung ebenfalls de facto im Gültigkeitsbereich der 30 km/h-Beschränkung (Fehlen einer entsprechenden Verordnung) liegt, de jure jedoch - da innerhalb des Ortsgebietes gelegen - grundsätzlich mit 50 km/h befahren werden könnte. Aus dieser Situation ergibt sich in rechtlicher Hinsicht demnach, dass die im Anlassfall anzuwendende 30 km/h-Verordnung tatörtlich in verfahrensrelevanter Hinsicht mit einem Kundmachungsmangel behaftet ist, der im Ergebnis dazu führt, dass die Verordnung gegenüber den Verkehrsteilnehmern nicht rechtsverbindlich ist, wobei besonders darauf hinzuweisen ist, dass der Berufungswerber der ihm diesbezüglich im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht treffenden Verpflichtung, einen allfälligen Mangel der ordnungsgemäßen Kundmachung der Verordnung im Verwaltungsstrafverfahren konkret vorzubringen, nachweislich nachgekommen ist (vgl. VwGH 23.10.1986, 85/02/0284). Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen. Da im Anlassfall zufolge der getroffenen Feststellungen und unter Berücksichtigung des Verhandlungsergebnisses vom 07.11.2001 somit die der Bestrafung des Berufungswerbers zu Grunde liegende Verordnung nicht gehörig kundgemacht wurde, konnte sie auch keine Rechtswirkungen entfalten, weshalb der Berufung gegen das angefochtene Straferkenntnis Folge zu geben, dieses aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen war.