TE UVS Steiermark 2002/09/03 30.6-50/2002

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Veröffentlicht am 03.09.2002
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Michael Herrmann über die Berufung des Herrn A H, vertreten durch Dr. H S, Mag. H S und Dr. H H, Rechtsanwälte in G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 03.04.2002, Zl.: III/S-33.505/01, wie folgt entschieden:

Die Berufung hinsichtlich der Punkte 1.), 3.) 4.) 6.) und 7.) wird gemäß § 66 Abs 4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von ? 50,87 binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird zu Punkt 3.) dahingehend präzisiert, als sich durch das geschilderte Verhalten des Berufungswerber "andere Straßenbenützer nicht auf den Vorgang einstellen konnten".

Der Berufung hinsichtlich der Punkte 2.), 5.), 8.) und 9.) wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 und 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem im Spruch genannten Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 14.10.2001, als Lenker des Kraftfahrzeuges (Mercedes Benz A 170) mit dem Kennzeichen

1.) um 09.40 Uhr, in Graz 4., Bahnhofgürtel 85-89 bzw. Europaplatz gegenüber 3, vorschriftswidrig einen selbstständigen Gleiskörper in der Längsrichtung befahren und

2.) um 09.40 Uhr, in Graz 4., Bahnhofgürtel gegenüber Nr. 85, das deutlich sichtbar aufgestellte Vorschriftszeichen "Einfahrt verboten" missachtet.

3.) Um 09.41 Uhr, sei er mit dem Kraftfahrzeug im nordwestlichen Bereich der Kreuzung Bahnhofgürtel - Annenstraße nach rechts eingebogen, ohne die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung anzuzeigen.

4.) Um 09.41 Uhr, habe er seine Fahrt am nördlich gelegenen Geh- und Radweg der Annenstraße in Richtung Westen fortgesetzt und somit vorschriftswidrig einen Geh- und Radweg benützt.

5.) Um 09.42 Uhr, habe er auf Höhe der Kreuzung Annenstraße - Zufahrt Europaplatz 1 mit dem Kraftfahrzeug den Geh- und Radweg verlassen und sei nach rechts in den Europaplatz eingebogen, ohne die Fahrtrichtungsänderung anzuzeigen.

6.) Um 09.44 Uhr, habe er in Graz 4., Europaplatz 1, bei dieser Fahrt keine geeignete Warneinrichtung für mehrspurige Kraftfahrzeuge mitgeführt.

7.) Um 09.46 Uhr, Graz 4., Europaplatz 1, habe er durch Verwenden der Schimpfwörter "Leck mich doch am Arsch, geh Scheiße, wo ist denn nur das Pannendreieck" den öffentlichen Anstand verletzt. Das angeführte Verhalten habe der herrschenden Sitte widersprochen und habe die allgemein anerkannten Grundsätze der Schicklichkeit in der Öffentlichkeit verletzt.

8.) Um 09.47 Uhr, in Graz 4., Europaplatz 1, durch lautes Schreien der Worte "Ich lass mir doch nicht von einem Burschen sagen, was ich zu tun habe. Machen Sie Ihre Arbeit, ich werde mich schon zur Wehr setzen. Sie wissen wohl nicht was schreien heißt. Nehmens mich fest, machen Sie was Sie wollen. Und das alles wegen einer Sportveranstaltung" in ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt. Der angeführte Lärm sei vermeidbar gewesen und habe störend gewirkt. 9.) Um 09.50 Uhr, in Graz 4., an der Kreuzung Europaplatz - Annenstraße, sei der Berufungswerber nach rechts eingebogen, ohne die Änderung der Fahrtrichtung ordnungsgemäß anzuzeigen. Hiedurch habe der Berufungswerber für Punkt 1.) eine Übertretung des § 8 Abs 5 StVO, für Punkt 2.) eine Übertretung des § 52 a Z 2 StVO, für Punkt 3.) eine Übertretung des § 11 Abs 2 StVO, für Punkt 4.) eine Übertretung des § 8 Abs 4 StVO, für Punkt 5.) eine Übertretung des § 11 Abs 2 StVO, für Punkt 6.) eine Übertretung des § 102 Abs 10 KFG, für Punkt 7.) eine Übertretung des § 1 LGBl. Nr. 158/1975 1. Fall, für Punkt 8.) eine Übertretung des § 1 LGBl. Nr. 158/1975 2. Fall und für Punkt 9.) eine Übertretung des § 11 Abs 2 StVO begangen und wurde hiefür jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von ? 50,87 (je ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Mit Schreiben vom 23.4.2002 wurde fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht und beantragt, den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben und das eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellte hiezu Nachfolgendes fest:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat am 7.8.2002 eine öffentliche, mündliche Verhandlung vor Ort in Anwesenheit des Berufungswerbers sowie seines anwaltlichen Vertreters unter Beiziehung des Zeugen RI R H (Meldungsleger) durchgeführt.

Aufgrund dieser Verhandlung und des Inhalts der Verwaltungsakten wurde folgender Sachverhalt festgestellt:

Entsprechend der Ausführungen des Berufungswerbers hat dieser am 14.10.2001 die Tatörtlichkeit als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen befahren. Im genaueren hat der Berufungswerber damals den Bahnhofgürtel in Fahrtrichtung Süden befahren, wobei er das Fahrzeug verkehrsbedingt unmittelbar nach der Kreuzung des Bahnhofgürtels mit der Keplerstraße anhalten musste. Der Grund hiefür war ein Verkehrsstau auf dem Bahnhofgürtel. Der Berufungswerber wechselte vorerst nach rechts auf eine Busspur, welche im Halbkreis nach ca. 50 m wiederum auf den Bahnhofgürtel zurückführt. Da sich auch in diesem Bereich sich die Fahrzeug stauten, entschloss sich der Berufungswerber, den parallel zum Bahnhofgürtel verlaufenden baulich getrennten Gleiskörper in Richtung Süden zu befahren. Das sich im Bereich des Überganges von der Busspur zu dem selbstständigen Gleiskörper befindlichen Schild "Einfahrt verboten" nach § 52 a Z 2 StVO hat der Berufungswerber dabei gesehen. Der Berufungswerber befuhr den selbstständigen Gleiskörper über eine Fahrtstrecke von vielleicht 100 Metern bis zur Kreuzung mit der Annenstraße. Dort standen einige Personen und ist der Berufungswerber nach rechts auf den unmittelbar an den selbstständigen Gleisköper anschließenden kombinierten Rad- bzw. Gehweg abgebogen und befuhr diesen nunmehr über eine Strecke von vielleicht 15 Metern in Fahrtrichtung Westen. Nunmehr ist der Berufungswerber nach rechts in die Zufahrt zum Hotel D Zufahrt Europaplatz abgebogen. Ob der Berufungswerber die beiden Fahrtrichtungsänderungen mittels Blinkzeichen angezeigt hat, konnte dieser aus der Erinnerung nicht sagen. Jedenfalls hielt der Berufungswerber dann sein Fahrzeug seitlich des Hotel D an und näherte sich ihm zu diesem Zeitpunkt ein Polizeibeamter, welcher aus dem Bereich der Kreuzung der Annenstraße mit dem Bahnhofgürtel im Laufschritt gekommen ist. In Folge kam es zu einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle und hat der Berufungswerber, wie er ausführte, dem amtshandelnden Polizeibeamten auf Verlangen die Warneinrichtung (Pannendreieck) nicht zeigen können. Er hat die Warneinrichtung zwar im Fahrzeug gesucht, konnte sie jedoch nicht finden. Der Berufungswerber bestätigte, dass er die ihm unter Punkt 7.) und 8.) des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegten Aussagen getätigt hat, wobei er diese in normaler Lautstärke vor sich hinsagte. Nach Beendigung der Amtshandlung ist der Berufungswerber in sein Fahrzeug gestiegen und befuhr das kurze Stück bis zur Einmündung der genannten Zufahrt in die Annenstraße. Dort ist der Berufungswerber nach rechts, also Richtung Westen, abgebogen. Dies war zu diesem Zeitpunkt möglich, da sich der Verkehrsstau aufgelöst hatte. Auch hat der Berufungswerber beim Abbiegen rechts geblinkt. Entsprechend der Ausführungen des Zeugen RI H stand dieser zum fraglichen Zeitpunkt im Bereich der Kreuzung Annenstraße mit dem Bahnhofgürtel und zwar mit dem Rücken zu dem tatgegenständlichen selbstständigen Gleiskörper. Es war damals gerade der Grazer Stadtmarathon im Gange und war diesbezüglich auch die genannte Kreuzung gesperrt worden. Der Zeuge wurde von Passanten auf das Fahrzeug des Berufungswerber aufmerksam gemacht und konnte er, als er sich umdrehte, sehen, wie das tatgegenständliche Fahrzeug vorerst den selbstständigen Gleiskörper in Richtung Süden befuhr und dann, in Fahrtrichtung des Berufungswerbers gesehen, nach rechts, also in Richtung Westen, ohne ein Blinkzeichen zu setzen, abgebogen ist. Nunmehr befuhr der Berufungswerber nicht die eigentliche Fahrbahn der Annenstraße, sondern den unmittelbar an den Gleiskörper anschließenden Geh- und Radweg in Richtung Westen. In Folge ist der Berufungswerber laut dem Meldungsleger nach rechts in die Zufahrt zum Hotel D (Europaplatz 1) abgebogen, wobei er auch hier nicht geblinkt hat. Der Meldungsleger ist sodann dem Fahrzeug des Berufungswerbers nachgegangen und fand die weitere Amtshandlung seitlich des Hotel D statt. Im Zuge dieser Amtshandlung (Lenker- und Fahrzeugkontrolle) konnte der Meldungsleger feststellen, dass der Berufungswerber keine geeignete Warneinrichtung für mehrspurige Kraftfahrzeuges mitführte, da er diese trotz 2- bis 3-minütiger Suche nicht vorweisen konnte. Hinsichtlich der vom Berufungswerber damals getätigten Aussagen verwies der Zeuge auf die Ausführungen in der Anzeige, da er sich an diese wörtlich nicht mehr erinnern konnte. Wie der Zeuge weiters angab, standen damals bereits Passanten in unmittelbarer Nähe der Amtshandlung. Der Berufungswerber war sehr erregt und stand schon knapp vor einer Festnahme. Hinsichtlich der Lautstärke gab der Zeuge an, dass der Berufungswerber laut geredet hat - er stand kurz vor dem Schreien. Nach Beendigung der Amtshandlung konnte der Zeuge noch wahrnehmen, wie der Berufungswerber von der Zufahrt zum Hotel D kommend nach rechts in die Annenstraße eingebogen ist, wobei er kein Blinkzeichen setzte. Zu diesem Zeitpunkt war die Sperre der Annenstraße bereits aufgehoben worden. Wie der Zeuge ergänzend angab, hat er die gegenständliche Anzeige noch am selben Tag (14.10.2001) geschrieben, wobei er die Uhrzeiten entsprechend des Zeitablaufes nachvollziehbar in die Anzeige aufgenommen hat. Der Zeuge hat auch während des Vorfalles auf die Uhr gesehen, und zwar, als er den Berufungswerber das erste Mal gesehen hat (als dieser somit auf dem selbstständigen Gleiskörper gefahren ist). Zu Punkt 1.) des angefochtenen Straferkenntnisses: Aufgrund der übereinstimmenden Angaben des Berufungswerbers sowie des Meldungslegers ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber den tatgegenständlichen, selbstständigen Gleiskörper in Graz 4., Bahnhofgürtel bzw. Europaplatz als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen befahren hat. Auch ist aufgrund der Ausführungen des Meldungslegers davon auszugehen, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung am 14.10.2001 um 09.40 Uhr gesetzt hat. Aufgrund der Erhebungen vor Ort steht zweifelsfrei fest, dass es sich bei der Tatörtlichkeit um einen selbstständigen Gleiskörper handelt, da dieser durch bauliche Maßnahmen (Grünstreifen) von der Fahrbahn des Bahnhofgürtels getrennt ist. Es ist damals aufgrund des Grazer Stadtmarathons immer wieder zu Verkehrsanhaltungen im Bereich der Kreuzung des Bahnhofgürtels mit der Annenstraße gekommen und bildete sich diesbezüglich ein Verkehrsstau. Dass der Berufungswerber, um diesem Stau auszuweichen, den genannten selbstständigen Gleiskörper befahren hat, ist von diesem selbst zu verantworten. Somit hat der Berufungswerber die ihm unter Punkt 1.) zur Last gelegte Verwaltungs- übertretung des § 8 Abs 5 StVO begangen. Zu Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses: Wie der Berufungswerber selbst ausführt, ist er damals, als er von der Busspur auf den selbstständigen Gleiskörper wechselte, an dem dort befindlichen Vorschriftszeichen gemäß § 52 a Z 2 StVO "Einfahrt verboten" vorbeigefahren. Allerdings ist davon auszugehen, dass das Verbot des Befahrens des tatgegenständlichen selbstständigen Gleiskörpers (§ 8 Abs 5 StVO) sowie das Einfahrtsverbot gemäß § 52 a Z 2 StVO demselben Schutzzweck dienen. So soll das Einfahrtsverbot ausschließlich dazu dienen, das Befahren des selbstständigen Gleiskörpers zu verbieten bzw. auf das gesetzliche Verbot des § 8 Abs 5 StVO aufmerksam zu machen. Somit ist hinsichtlich der zweitgenannten Übertretung (§ 52 a Z 2 StVO) Konsumation eingetreten und war, um eine Doppelbestrafung zu verhindern, diesbezüglich die Einstellung zu verfügen (vgl. VwGH 16.9.1983, 82/02/0204). Zu Punkt 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses: Diesbezüglich folgt die entscheidende Behörde vollinhaltlich den Ausführungen des Zeugen RI H, wobei dieser zweifelsfrei feststellen konnte, dass der Berufungswerber unmittelbar vor ihm vom Gleiskörper kommend, im nordwestlichen Bereich der Kreuzung Bahnhofgürtel - Annenstraße nach rechts (in Fahrtrichtung des Berufungswerbers) abgebogen ist, ohne die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung anzuzeigen. In Folge setzte der Berufungswerber seine Fahrt am nördlich gelegenen Geh- und Radweg der Annenstraße in Richtung Westen fort. Aufgrund des zu diesem Zeitpunkt stattfindenden Grazer Stadtmarathons ist weiters davon auszugehen, dass durch das Verhalten des Berufungswerbers Personen sowohl behindert als auch potentiell gefährdet wurden, wobei auch in der Anzeige vom 17.10.2001 ausgeführt ist, dass zu diesem Zeitpunkt sowohl der Gehweg als auch der Radweg von zahlreichen aktiven und passiven Teilnehmern sowie von Schaulustigen benutzt wurde. Diese mussten laut Anzeige dem rücksichtslosen Fahrzeuglenker teilweise ausweichen und auf die Fahrbahn treten. Gerade dieser Umstand hätte jedoch den Berufungswerber dazu veranlassen müssen, umso deutlicher auf sein Fahrverhalten aufmerksam zu machen - also ein Blinkzeichen zu setzen. Ergänzend sei erwähnt, dass der Berufungswerber selbst keinerlei Angaben dazu machen konnte, ob er damals ein Blinkzeichen gesetzt hat bzw. selbst eingestand, dass sich im fraglichen Bereich Fußgänger befanden. Gemäß § 11 Abs 2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigte Vorgang einstellen können. Er hat die Anzeige zu beenden, wenn er sein Vorhaben ausgeführt hat oder von ihm Abstand nimmt. Entsprechend der höchstgerichtlichen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in einer Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs 2 VStG innerhalb der im § 31 Abs 2 VStG festgesetzten 6-monatigen Frist zu beschreiben, worin die Voraussetzungen für eine solche Anzeigepflicht bestanden. Es ist daher auszuführen, inwiefern sich andere Straßenbenützer auf den bevorstehenden Vorgang nicht einstellen konnten, insbesondere ob eine Behinderung oder Gefährdung gegeben war. Im gegenständlichen Fall ist, wie ausgeführt, von einer Behinderung anderer Straßenbenützer auszugehen. Ergänzend sei erwähnt, dass eine Präzisierung des Spruchs des angefochtenen Straferkenntnisses erfolgen konnte, da eine fristgerechte alle die Tat betreffenden Sachverhaltselemente umfassende Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs 2 VStG (innerhalb der Frist des § 31 Abs 2 VStG) von der Behörde I. Instanz gesetzt wurde.

Es war somit davon auszugehen, dass der Berufungswerber die ihm unter Punkt 3.) zur Last gelegte Verwaltungsübertretung des § 11 Abs 2 StVO begangen hat.

Zu Punkt 4.) des angefochtenen Straferkenntnisses:

Die entscheidende Behörde folgt vollinhaltlich den Ausführungen des Meldungslegers RI H und konnte dieser zweifelsfrei feststellen, dass der Berufungswerber zum fraglichen Zeitpunkt mit dem tatgegenständlichen PKW seine Fahrt am nördlich gelegenen Geh- und Radweg der Annenstraße in Richtung Westen fortgesetzt hat. Der diesbezügliche Sachverhalt ist auch vom Berufungswerber unbestritten geblieben. Es sei auch darauf verwiesen, dass der tatgegenständliche Geh- bzw. Radweg sowohl optisch (durch Bodenmarkierungen) als auch baulich (durch Randsteine) eindeutig erkennbar ist. Somit hat der Berufungswerber die ihm unter Punkt

4.) des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegte Verwaltungsübertretung des § 8 Abs 4 StVO zu verantworten.

Zu Punkt 5.) und 9.) des angefochtenen Straferkenntnisses:

Gemäß § 11 Abs 2 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die bevorstehende Änderung der Fahrtrichtung oder den bevorstehenden Wechsel des Fahrstreifens so rechtzeitig anzuzeigen, dass sich andere Straßenbenützer auf den angezeigten Vorgang einstellen können. Er hat die Anzeige zu beenden, wenn er sein Vorhaben ausgeführt hat oder von ihm Abstand nimmt.

Entsprechend der höchstgerichtlichen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist in einer Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs 2 VStG innerhalb der im § 31 Abs 2 VStG festgesetzten 6-monatigen Frist zu beschreiben, worin die Voraussetzungen für eine solche Anzeigepflicht bestanden. Es ist daher auszuführen, inwiefern sich andere Straßenbenützer auf den bevorstehenden Vorgang nicht einstellen konnten, insbesondere ob eine Behinderung oder Gefährdung gegeben war.

Nunmehr ist festzuhalten, dass RI H zwar angegeben hat, dass der Berufungswerber jeweils kein Blinkzeichen gesetzt hat, also die Fahrtrichtungsänderung jeweils nicht anzeigte, allerdings ist nicht dokumentiert, dass etwaig andere Straßenbenützer (Fußgänger) behindert wurden. So konnte diesbezüglich nichts näheres in der Verhandlung erhoben werden und ist auch in der Anzeige selbst nichts entsprechendes ausgeführt worden.

Es war daher im Zweifel davon auszugehen, dass der Berufungswerber die ihm unter Punkt 5.) und 9.) des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen des § 11 Abs 2 StVO nicht begangen hat.

Ergänzend sei erwähnt, dass eine etwaige Präzisierung des Spruchs des Straferkenntnisses diesbezüglich nicht erfolgen hätte können, da keine entsprechende Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs 2 VStG (innerhalb der in § 31 Abs 2 VStG festgesetzten 6-monatigen Frist) ergangen ist, in welcher beschrieben wurde, worin die Voraussetzungen für eine solche Anzeigepflicht bestanden. Somit wäre jedoch das Verfahren hinsichtlich Punkt 5.) und 9.) des angefochtenen Straferkenntnisses auch unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 44 a VStG einzustellen gewesen, da dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses unter Punkt 5.) und 9.) nicht zu entnehmen ist, worin die Behinderung im Sinne des § 11 Abs 2 StVO bestanden hat und eine Präzisierung, wie ausgeführt, nicht möglich gewesen ist. Zu Punkt 6.) des angefochtenen Straferkenntnisses: Entsprechend der Ausführungen des Zeugen RI H ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle unterzogen worden ist. Dabei konnte der Berufungswerber keine geeignete Warneinrichtung für mehrspurige Kraftfahrzeuges vorweisen. RI H schätzte, dass der Berufungswerber ca. 2 bis 3 Minuten nach der Warneinrichtung vergeblich gesucht hat. Auch der Berufungswerber bestätigte, dass er im Zuge der Lenker- und Fahrzeugkontrolle aufgefordert wurde, eine geeignete Warneinrichtung für mehrspurige Kraftfahrzeuge vorzuzeigen, wobei er diese im Fahrzeug gesucht hat, jedoch nicht finden konnte. Daraus kann logisch der Schluss gezogen werden, dass der Berufungswerber gar keine Warneinrichtung mitführte. Zusammenfassend ist somit davon auszugehen, dass der Berufungswerber am 14.10.2001, um 09.44 Uhr, in Graz 4., Europaplatz, als Lenker des tatgegenständlichen Fahrzeuges keine geeignete Warneinrichtung für mehrspurige Kraftfahrzeuge mitgeführt hat. Zu Punkt 7.) des angefochtenen Straferkenntnisses:

Es ist festzuhalten, dass es unbestritten ist, dass der Berufungswerber im Zuge der Lenker- und Fahrzeugkontrolle die Äußerung "Leck mich doch am Arsch, geh Scheiße, wo ist denn nur das Pannendreieck" getätigt hat. Dass es sich hiebei um Schimpfwörter handelt, ist offensichtlich.

Den Ausführungen des Berufungswerbers, wonach außer dem Meldungsleger niemand diese Äußerungen wahrnehmen konnte, ist entgegen zu halten, dass entsprechend der Ausführungen des Zeugen RI H zu diesem Zeitpunkt bereits Passanten in unmittelbarer Nähe zu dem amtshandelnden Polizeibeamten standen. Auch waren die Worte gegen RI H gerichtet. Es sei auch erwähnt, dass bereits in der Anzeige vom 17.10.2001 ausgeführt ist, dass das Verhalten des Berufungswerbers von einer größeren Menschenmenge wahrgenommen worden ist. Die entscheidende Behörde folgt vollinhaltlich den diesbezüglichen Ausführungen des Meldungslegers, welcher bei seiner Aussage unter Wahrheitspflicht bei sonstiger strafgerichtlicher Sanktion gestanden ist, währenddessen den Berufungswerber bei seinen Ausführungen keinerlei derartiger Verpflichtungen treffen. Auch gibt es keinerlei Beweismittel für das Vorbringen des Berufungswerbers und erscheint es schon allein aufgrund des Grazer Stadtmarathons als wahrscheinlich, dass sich damals Zeugen im Nahbereich aufgehalten haben. Weiters ist festzuhalten, dass laut ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Gebrauch von Schimpfworten gegen einen einschreitenden Sicherheitswachebeamten den öffentlichen Anstand verletzt, wobei es ohne Belang ist, ob die Schimpfworte geschrieen oder auf sonstige Weise gebraucht wurden. Somit hat der Berufungswerber die ihm unter Punkt 7.) zur Last gelegte Verwaltungsübertretung des § 1 LGBl. Nr. 158/1975 1. Fall zu verantworten.

Zu Punkt 8.) des angefochtenen Straferkenntnisses:

Diesbezüglich wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 14.10.2001, um 09.47 Uhr, in Graz 4., Europaplatz, durch lautes Schreien der Worte "Ich lass mich doch nicht von einem Burschen sagen, was ich zu tun habe. Machen Sie Ihre Arbeit, ich werde mich schon zur Wehr setzen. Sie wissen wohl nicht, was Schreien heißt. Nehmens mich fest, machen Sie was Sie wollen. Und das alles wegen einer Sportveranstaltung" in ungebührlicher Weise störenden Lärm erregt.

Störender Lärm ist dann als ungebührlich erregt anzusehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärms führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss. Unter störendem Lärm sind die wegen ihrer Lautstärke für das menschliche Empfindungsvermögen unangenehm in Erscheinung tretende Geräusche zu verstehen.

Gegenständlich ist festzuhalten, dass RI H in der Verhandlung bezüglich der Lautstärke der vom Berufungswerber getätigten gegenständlichen Äußerungen ausführte, dass der Berufungswerber laut geredet hat. Nunmehr ist jedenfalls lautes Schreien mit einem Polizeibeamten als ungebührlicher Lärm anzusehen. Lautes Reden allein ist hiefür jedoch noch nicht genug. So war gegenständlich auch zu berücksichtigen, dass aufgrund des Grazer Stadtmarathons ohnedies ein bereits lauterer Umgebungslärm bestanden hat. Anderslautende Beweismittel sind nicht vorhanden.

Es war daher im Zweifel davon auszugehen, dass der Berufungswerber die ihm unter Punkt 8.) zur Last gelegte Verwaltungsübertretung des § 1 LGBl. Nr. 158/1975 2. Fall nicht begangen hat. Ergänzend sei noch betreffend der genauen Tatzeiten der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen darauf verwiesen, dass RI H, als er die dem Berufungswerber unter Punkt

1.) zur Last gelegte Verwaltungsübertretung wahrnahm, auf die Uhr gesehen hat. Die weiteren Tatzeiten (Uhrzeiten) hat der Zeuge noch am selben Tag in seiner Anzeige entsprechend des Zeitablaufes nachvollziehbar dokumentiert. Für die entscheidende Behörde besteht keinerlei Veranlassung, diese Aussagen in Zweifel zu ziehen. So wurde der Zeit- bzw. Handlungsablauf vom Zeugen logisch und folgerichtig wiedergegeben und besteht auch keine Gefahr einer etwaigen Doppelbestrafung. Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Die übertretenen Normen zielen wie nahezu alle Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung darauf ab, die mit dem Straßenverkehr naturgemäß verbundenen Gefahren und Gefährdungsmomente auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Wer gegen diese Vorschriften verstößt, trägt zur Erhöhung der Gefahren des Straßenverkehrs bei und gefährdet die Verkehrssicherheit.

Der Schutzzweck des § 102 Abs 10 KFG soll gegenständlich gewährleisten, dass nach einem Unfall die Unfallstelle möglichst rasch ordnungsgemäß abgesichert werden kann. Durch das Nichtmitführen einer geeigneten Warneinrichtung wurde diesem Schutzzweck widersprochen.

Hinsichtlich der Übertretung des § 1 LGBl. Nr. 158/1975 1. Fall. ist auszuführen, dass durch die vom Berufungswerber gegenüber dem einschreitenden Beamten verwendeten Schimpfwörter eindeutig die allgemein anerkannten Grundsätze der Schicklichkeit in der Öffentlichkeit verletzt wurden.

Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Von der Behörde I. Instanz wurde als erschwerend bzw. mildernd nichts gewertet. Auch unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers erscheinen die von der Behörde I. Instanz unter den nunmehr bestätigten Punkten 1.), 3.), 4.), 6.) und 7.) verhängten Geldstrafen als schuldangemessen, wobei der Berufungswerber selbst ausführte, dass er über eine Pension von netto ? 774,00 verfügt, sowie kein Vermögen, keine Sorgepflichten und keine Belastungen hat. Weiters bewegen sich die verhängten Strafen ohnedies im untersten Strafbereich. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Einfahrtverbot Gleiskörper Schutzzweck Konsumption Doppelbestrafung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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